Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2013, Az. 5 StR 246/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5156

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5 StR 246/13
(alt: 5 [X.])

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 11. Juni 2013
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 11. Juni 2013
beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten
wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 19. Dezember 2012 mit den Fest-stellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

G r ü n d e

Das [X.] hatte den Angeklagten mit Urteil vom 2. Dezem-ber
2011 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und wegen vorsätzlicher [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der es sechs Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt hat. Mit Beschluss vom
23. Mai 2012

5 [X.] ([X.], 582) hat der Senat dieses Urteil auf die Revision des Angeklagten hin aufgehoben und die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Nunmehr hat das [X.] den Angeklagten erneut wegen der genannten Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der es acht Monate für vollstreckt erklärt hat. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen und formellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel dringt mit der Sach-beschwerde durch, weswegen es eines [X.] auf die erhobenen [X.] nicht bedarf.

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1. Nach den Feststellungen des [X.] vergewaltigte der [X.] Jahre alte Angeklagte die seinerzeit 49-jährige Nebenklägerin Ende Dezember 2007 vaginal und im März 2008 anal (Taten 1 und 2). Nach den Vergewaltigungen
wohnte die Nebenklägerin weiterhin mit dem Angeklagten zusammen, wobei es jedenfalls vor Tat 2 gelegentlich auch noch zu einver-nehmlichem Geschlechtsverkehr kam. Strafanzeige gegen den Angeklagten erstattete sie nach einem Vorfall vom 26. April 2008, bei dem der Angeklagte sie am Hals gepackt und gegen ein Treppengeländer gedrückt hatte (Tat 3). Die Strafanzeige vom 26. April 2008 beschränkte sich auf den Vorwurf der Körperverletzung. Auf Nachfrage der Polizeibeamtin nach sexuellen Übergrif-fen sagte die Nebenklägerin, dass dies vor zwei oder drei Jahren der Fall gewesen sei. Ähnlich verlief eine Vernehmung im Mai 2008. Details über die sexuellen Gewalthandlungen berichtete sie in einer Vernehmung im Au-gust
2008. Gegenstand eines von ihr angestrengten zivilrechtlichen Gewalt-schutzverfahrens war nur die Körperverletzung vom 26. April 2008.

2. Die Beweiswürdigung genügt nicht den in der hier gegebenen [X.] [X.], Urteil vom 29. Juli 1998

1 StR 94/98, [X.]St 44, 153, 158 f., Beschluss vom 24. Januar 2008

5 StR 585/07, [X.], 254). Sie weist Lücken auf und hält deshalb rechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Auch die neu entscheidende Strafkammer befasst sich unzu-reichend mit der Aussageentstehung und dem [X.] der Neben-klägerin. Namentlich setzt sich das [X.] nicht erkennbar mit dem [X.] auseinander, dass die Nebenklägerin nach ihrer auf den Vorwurf der Körperverletzung beschränkten Strafanzeige auf Frage der Polizeibeamtin nach etwaigen sexuellen Übergriffen solche als zwei oder drei Jahre zurück-liegend bezeichnete, wohingegen nach ihren späteren Angaben und den hie-rauf beruhenden Feststellungen die abgeurteilte Tat 1 (vaginale Vergewalti-gung) rund vier Monate und die anale Vergewaltigung (Tat 2) gar erst rund einen Monat vor der Strafanzeige begangen wurde. Die im Urteil nur referier-2
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lungen keine Stütze. Denn danach hat die Nebenklägerin etwa seit 2005 zwar vielfach [X.] nicht gewaltsam erzwungen. Auch eingedenk der Tatsache, dass es sich bei der Nebenklägerin um
eine juristische Laiin handelt, bedürfte es deshalb der Erklärung, weshalb sie

wenn sie sexuelle Übergriffe nicht gänzlich [X.] wollte

dann den hierfür angegebenen Tatzeitraum nicht auf die auch nach ihren eigenen Empfindungen schwersten Taten, vor allem den sie au-ßerordentlich traumatisierenden und mit körperlichen Verletzungen verbun-denen erzwungenen Analverkehr erstreckte, der kurze Zeit vor der Anzeige erfolgt sein soll. Die insoweit vorgenommenen Wertungen der [X.].

Angesichts der auch ansonsten überaus schwierigen
Beweislage kommt diesem Aspekt zentrale Bedeutung für die Beurteilung der Glaubhaf-tigkeit der Angaben der Nebenklägerin insgesamt zu. Der Rechtsfehler ent-zieht daher dem Schuldspruch wegen zweimaliger Vergewaltigung die Grundlage.

b) Darüber hinaus sieht die Strafkammer kein Falschbelastungsmotiv. [X.] man, dass es der Nebenklägerin um einen Auszug des Angeklag-ten aus der gemeinsamen Wohnung gegangen sei, so hätte sie die Vorwürfe schon bei der Strafanzeige erheben können; ferner sei der Angeklagte schon am 26. April 2008 der Wohnung verwiesen worden ([X.]). Abgesehen davon, dass die Nebenklägerin den Vorwurf sexueller Übergriffe

wenn-gleich pauschal und erst auf Nachfrage

bei der [X.] gerade doch erhoben hatte, lässt das [X.] mit diesen Darlegungen ein sich nach Sachlage aufdrängendes [X.] außer [X.]. Denn nach der 5
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Strafanzeige und vor den weiteren Vernehmungen der Nebenklägerin hatte sich ein heftiger Streit zwischen dieser und dem Angeklagten um die ge-meinsame Wohnung sowie Einrichtungsgegenstände entsponnen, im Zuge dessen die Nebenklägerin unter sie sehr belastenden Umständen die [X.] verlor, wohingegen der Angeklagte im Haus verblieb ([X.] f.). Dies hätte das [X.] bei seiner Widerlegung eines möglichen Falschbezich-tigungsmotivs erörtern müssen. Die Beweiswürdigung erweist sich daher auch unter diesem Blickwinkel als lückenhaft.

3. Da auch der Hergang der von der Nebenklägerin bekundeten [X.] im Wesentlichen auf deren Aussage gestützt
ist, hebt der [X.] den deswegen ergangenen Schuldspruch mit auf. Die Sache bedarf [X.] insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue [X.] weist der Senat

namentlich im Blick auf neuerliche Aussage-erweiterungen ([X.])

auf die von der Revision im Rahmen einer Verfah-rensrüge vorgetragenen Erwägungen zu möglichen auf autosuggestiven Prozessen beruhenden Verzerrungen und Übertreibungen im [X.] der Nebenklägerin hin, die auch im Rahmen der subjektiven Voraus-setzungen des § 177 StGB zu bedenken wären.

[X.] Dölp

König Bellay

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Meta

5 StR 246/13

11.06.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2013, Az. 5 StR 246/13 (REWIS RS 2013, 5156)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5156

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