Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.08.2016, Az. 24 W (pat) 557/16

24. Senat | REWIS RS 2016, 7020

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Profiplus (Wort-Bild-Marke)" – Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 109 103

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] am 8. August 2016 durch [X.], den Richter [X.] und die Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

I. Der Anmelderin wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gewährt.

[X.] Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Zeichen

Abbildung

2

ist am 17. Dezember 2015 für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 2, 6, 8, 11, 19, 20, 27, 35, 37, 39, 40, 44 und 45 zur Eintragung als Wort-Bild-Marke in das vom [X.] ([X.]) geführte Markenregister angemeldet worden:

3

Klasse 02: Farben; Firnisse; Lacke; Rostschutzmittel; Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Naturharze im Rohzustand;

4

Klasse 06: Baumaterial aus Metall insbesondere für den Dach-, Hoch-, Tief-, Fassaden-, Trocken-, und Innenausbau; Schornsteinaufsätze und [X.] aus Metall [soweit in Klasse 06 enthalten]; Fliesenbeläge und Fliesen [Platten] aus Metall; Fenster und Türen aus Metall; Fenster- und Türbeschläge aus Eisen und Metall; Fenster- und Türgriffe aus Metall; Fensterläden aus Metall; [X.] [Basküleverschlüsse]; Fensterrollen;

5

Klasse 08: handbetätigte Werkzeuge und Geräte für die Bautechnik;

6

Klasse 11: sanitäre Apparate und Anlagen insbesondere Waschbecken [Teile von Sanitäreinrichtungen], wasserführende Armaturen, Badewannen, Duschkabinen und Whirlpools [[X.]]; Saunaanlagen;

7

Klasse 19: Baumaterial nicht aus Metall insbesondere für den Dach-, Hoch-, Tief-, Fassaden-, Trocken- und Innenausbau; Schornsteinaufsätze und [X.] nicht aus Metall [soweit in Klasse 19 enthalten]; Fliesenbeläge und Fliesen [Platten] nicht aus Metall; Fensterglas ausgenommen Glas für Fahrzeuge; Fensterläden, nicht aus Metall; Parkett; Laminat;

8

Klasse 20: Waschtische [Möbel]; Spiegelfliesen; Fenster- und Türbeschläge nicht aus Metall; Fenster- und Türgriffe nicht aus Metall;

9

Klasse 27: Fußbodenbeläge nicht aus Metall; Tapeten [ausgenommen aus textilem Material] insbesondere Raufasertapeten;

Klasse 35: Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen mit Bau-, Heimwerker- und Gartenartikeln; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Handwerksleistungen; Personalvermittlung; Energieberatung als Verbraucherberatung; Aufstellen von Kosten-Preisanalysen; Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte insbesondere das Verhandeln von Preisnachlässen; verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; Buchführung und Buchhaltung; Fakturierung; Lohn- und Gehaltsabrechnung; Preisvergleichsdienste; Dateienverwaltung mittels Computer; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Werbung; Layoutgestaltung für Werbezwecke; Öffentlichkeitsarbeit;

Klasse 37: Bauwesen, Reparaturwesen und Installationsarbeiten, nämlich Bauarbeiten, Reparaturarbeiten und Installationsarbeiten als Dienstleistungen eines Dachdeckers, [X.], [X.], Installateurs, Schreiners, Malers, soweit in Klasse 37 enthalten; Hoch-, Tief- und Trockenbauarbeiten; Vermietung von Baumaschinen, Bau- und Lastenaufzügen sowie Farbauftragsmaschinen; Beratung und Auskünfte in Bauangelegenheiten und Renovierungsmaßnahmen [soweit in Klasse 37 enthalten];

Klasse 39: Entsorgung von Bauschutt durch Abtransport und Lagerung; Vermietung von Containern, insbesondere von Lagercontainern und Entsorgungscontainern, soweit in Klasse 39 enthalten;

Klasse 40: Holzzuschnitt;

Klasse 44: Garten- und Landschaftsbauarbeiten; Beratung im Garten- und Landschaftsbau; Dienstleistungen eines Gartenbauarchitekten; Dienstleistungen eines Landschaftsbauers;

Klasse 45: Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten; Verwaltung von Urheberrechten.

Die Markenstelle für Klasse 37 des [X.], besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 10. Februar 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 37 Abs. 1 [X.] sowie wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

Die in dem Zeichen enthaltene Angabe „Profiplus“ bringe zum Ausdruck, dass die Offerten des Anbieters der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen den Ansprüchen professioneller/berufsmäßiger Anwender gerecht würden, dass sie beruflich und/oder fachkundig erbracht würden und dass sie darüber hinaus im Hinblick auf Vergleichsangebote einen Vorzug aufweisen würden, sie also ein „Plus“ gegenüber anderen Angeboten dieser Art hätten. Für das Verständnis der Bezeichnung als beschreibender Sachhinweis sei es dabei nicht erforderlich, dass die Kunden übereinstimmende und richtige Vorstellungen über die Art und Qualität, über die Beschaffenheit, Bestimmung und Wirkungsweise der Waren und Dienstleistungen hätten.

Auch die graphische Ausgestaltung der aus Sicht der Markenstelle rein sachbezogenen Angabe beschränke sich auf eine lediglich einfache und gebräuchliche Gestaltung bzw. Verzierung des [X.] sowie die farbliche Hinterlegung der Wortkombination. Sie vermöge einen über die sachliche Aussage hinausgehenden schutzfähigen Gesamteindruck nicht zu bewirken. Das angemeldete Zeichen werde damit nur als beschreibende Angabe verstanden, nicht aber als Kennzeichen eines ganz bestimmten Geschäftsbetriebes, so dass ihm keine Unterscheidungskraft zukomme.

Zudem bestehe auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Die Konkurrenten der Markenanmelderin müssten ebenso wie diese selbst die Möglichkeit haben, mit der dargestellten Bezeichnung „Profiplus“ auf die Eigenart, Qualität, Wirkungsweise, Bestimmung etc. der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinzuweisen.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 1. März 2016, eingegangen beim [X.] am selben Tage, hat die Anmelderin gegen den ihrer [X.]n am 15. Februar 2016 zugestellten Beschluss der Markenstelle Beschwerde eingelegt. In diesem Schriftsatz heißt es: „

Mit weiterem Schriftsatz vom 6. Mai 2016, eingegangen beim [X.] am selben Tage, hat die Anmelderin erneut Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, ihr wegen Versäumung der Beschwerdefrist mangels Gebühreneinzahlung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 91 [X.] zu gewähren. Das ausgefüllte Formblatt [X.] war dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügt.

Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages führt die Anmelderin aus, dass die Versäumung der Beschwerdefrist weder von ihr noch von ihrer [X.]n zu vertreten sei. Das Fristversäumnis beruhe vielmehr auf einem einmaligen Versehen des [X.], welches sich die Anmelderin bzw. deren [X.] nicht zurechnen lassen müssten.

[X.] der Anmelderin habe das Notieren und Bearbeiten von Fristen und Postausgängen sowie von [X.] dergestalt organisiert, dass Versäumnisse bei ordnungsgemäßem Ablauf sicher vermieden würden. Die beiden bei der [X.]n beschäftigen Rechtsanwaltsfachangestellten würden sehr sorgfältig arbeiten und hätten langjährige Erfahrung in Bezug auf die in Markenangelegenheiten zu beachtenden Fristen; Fehler dieser beiden Angestellten seien vor dem vorliegenden Fall nicht vorgekommen.

Nach Zugang des angegriffenen Beschlusses am 15. Februar 2016 seien sowohl die am 15. März 2016 ablaufende Beschwerdefrist als auch die am 1. März 2016 endende Vorfrist doppelt notiert worden, nämlich jeweils als Frist zur Einreichung der Beschwerde sowie als Frist zur Zahlung der Gebühren. Die Fristen seien zudem jeweils sowohl im Fristenkalender in Papierform als auch elektronisch in der Kanzleisoftware RA-Micro erfasst worden. [X.] habe das vom [X.] vorbereitete Formblatt [X.] zusammen mit der Beschwerdebegründung am 1. März 2016 unterzeichnet sowie den Versand verfügt. Durch ein unglückliches Versehen sei das bereits ausgefertigte Schriftstück von der Mitarbeiterin [X.] liegengelassen und weder dem Postausgang per Telefax noch dem Postausgang auf dem Postweg beigefügt worden. Erst am 26. April 2016 habe die [X.] im Rahmen der Wiedervorlage der Akte festgestellt, dass sich keine Kopie des Formblatts [X.] in der Akte befand.

In der Sache ist die Anmelderin der Ansicht, dass der Eintragung des angemeldeten Zeichens Schutzhindernisse nicht entgegenstünden. Die Markenstelle habe zu Unrecht angenommen, dass für die Bejahung der Unterscheidungskraft eine „gewisse schutzbegründende Originalität“ erforderlich sei.

Selbst wenn der Wortbestandteil „Profiplus

Zudem weise das angemeldete Zeichen ein gewisses Maß an Originalität und Prägnanz auf. Das Wort „Profiplus

Darüber hinaus sei die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens aufgrund der graphischen Gestaltung zu bejahen. Die gedrungene und auffällige bauchig/runde Schriftform zeige keinerlei Ähnlichkeit mit den üblichen und dem Verkehr bekannten Schriftarten, die Buchstaben seien zudem von einem [X.] Hintergrund umgeben, der die Buchstabenfolge dem Betrachter strahlend entgegentreten lasse. Die verwandten Farben „Blau“ und insbesondere „Grasgrün“ würden den Gesamteindruck des Zeichens in besonderer Weise prägen.

Auch ein Freihaltebedürfnis sei nicht ersichtlich, es gäbe keinen Grund, dass die Konkurrenten zwingend das Wort Profiplus in der konkret zur Anmeldung gebrachten graphischen und farblichen Ausgestaltung nützen können müssten.

In der Sache beantragt die Anmelderin sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 vom 10. Fe-bruar 2016 aufzuheben.

Die Anmelderin hat zunächst hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Nachdem der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und im Wege eines [X.] einen Hinweis erteilt hatte, hat die Anmelderin mitgeteilt, den Termin nicht wahrzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Der Anmelderin wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gewährt. Die Entscheidung über die Wiedereinsetzung kann zusammen mit der Hauptsacheentscheidung erfolgen gem. § 82 Abs. 1 S. 1 [X.] i. V. m. § 238 Abs. 1 ZPO. Eine gesonderte Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag gem. § 82 Abs. 1 S. 1 [X.] i. V. m. § 238 Abs. 1 S. 2 ZPO wäre vorliegend unzweckmäßig, da das Verfahren auch in der Hauptsache entscheidungsreif ist.

Der gem. § 91 Abs. 1 [X.] in Bezug auf die Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr (§§ 66 Abs. 2, 82 Abs. 1 S. 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 PatKostG) statthafte Antrag auf Wiedereinsetzung vom 6. Mai 2016 wurde rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist des § 91 Abs. 2 [X.] gestellt. Fristbeginn war der 26. April 2016 als der Zeitpunkt, zu dem die Vertreterin der Anmelderin das Versehen ihrer Büroangestellten bemerkt hat und ab dem eine weitere Säumnis nicht mehr unverschuldet war (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 91 Rn. 23).

Die versäumte Handlung, die gem. §§ 82 Abs. 1 S. 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 PatKostG erforderliche Zahlung der Beschwerdegebühr, wurde ebenfalls innerhalb dieser Frist nachgeholt, § 91 Abs. 4 S. 1 [X.], da dem Wiedereinsetzungsantrag nunmehr das ordnungsgemäß ausgefüllte Formblatt [X.] zum Verwendungszweck des Mandats der Kanzlei beigefügt war.

Der Wiedereinsetzungsantrag enthält den die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachenvortrag und die dazugehörigen Glaubhaftmachungsmittel, § 91 Abs. 3 [X.]. Unter Zugrundelegung des u. a. mittels eidesstattlicher Versicherung der [X.]n [X.] gemachten Sachverhalts kann weder von einem Verschulden der Anmelderin selber, noch von einem ihr gem. §§ 82 Abs. 1 S. 1 [X.], 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden der [X.]n der Anmelderin ausgegangen werden, sondern lediglich von einem Versehen des [X.] der [X.]n, für das die Anmelderin nicht einzustehen hat ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 91 Rn. 11).

Die Anmelderin hat u. a. mittels Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ausreichend glaubhaft gemacht, dass es sich um ein einmaliges Versehen einer ansonsten zuverlässigen Mitarbeiterin ihrer [X.]n handelt. Ein Verschulden der [X.]n bei der Beaufsichtigung oder der Auswahl dieser Mitarbeiterin sowie ein Organisationsverschulden sind nicht ersichtlich. Insbesondere wurde glaubhaft gemacht, dass das Fristenmanagement und dessen Dokumentation in der Kanzlei der [X.]n ordnungsgemäß organisiert sind. Routinemäßige Bürotätigkeiten wie beispielsweise die Wiedervorlage von Akten, der Postversand und ähnliche Tätigkeiten dürfen in die Hände zuverlässiger Büromitarbeiter gelegt werden ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 91 Rn. 14).

2. Die – nach Wiedereinsetzung – gem. § 82 Abs. 1 S. 3 [X.] i. V. m. §§ 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 PatKostG, § 66 Abs. 2 [X.] wirksam eingelegte und zulässige, insbesondere gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 [X.] zu Recht zurückgewiesen hat.

a) § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 – [X.]; [X.], 850, [X.]. 18 – [X.]; [X.], 952, [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (oder Dienstleistungen) zu gewährleisten ([X.] GRUR 2006, 229, [X.]. 27 - BioID; [X.] [X.], 608, [X.]. 66 – [X.]; [X.], 565, [X.]. 12 – smartbook; [X.], 952, [X.]. 9 - [X.]).

Dabei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, [X.]. 60 – [X.]; [X.], 565, [X.]. 17 – smartbook).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht ([X.] 2012, 1143, [X.]. 9 – [X.]; [X.], 952, [X.]. 10 – [X.]; [X.], 850, [X.]. 19 – [X.]; [X.] 2005, 417 – [X.]). Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42; [X.] GRUR 2006, 411, [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] GRUR 1999, 723, [X.]. 29 – Chiemsee).

Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an ([X.] 2013, 1143, [X.]. 15 – Aus Akten werden Fakten).

b) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens in Bezug auf die vorliegend beanspruchten [X.] und Dienstleistungen zu verneinen.

aa) Vorliegend wenden sich die in den Klassen 35 und 45 beanspruchten Dienstleistungen teilweise in erster Linie an gewerbliche Kunden, im Übrigen wenden sich sämtliche Waren und Dienstleistungen jedenfalls auch an den Verbraucher, unter anderem an Haus- oder Wohnungseigentümer bzw. Heimwerker.

bb) Diese angesprochenen Verkehrskreise werden das angemeldete Zeichen im vorliegenden Waren- und [X.] nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen.

(1) Sein Wortelement setzt sich ohne weiteres erkennbar aus den Wortbestandteilen „Profi“ und „plus“ zusammen. Im einschlägigen Warenbereich werden Produkte mit dem Schlagwort „Profi“ beworben (vgl. die als Anlagen 1 und 2 zum Ladungszusatz vom 14. Juli 2016 der Anmelderin übersandten Belege), wodurch den angesprochenen Verkehrskreisen suggeriert wird, dass es sich um Produkte handelt, die entweder von Anbietern mit besonders hohen professionellen Fähigkeiten stammen oder für Kunden mit entsprechenden Fähigkeiten z. B. im Bereich von Handwerkern oder auch Heimwerkern gedacht sind. Der Bestandteil „Plus“ weist in diesem Zusammenhang auf ein „Mehr“ an Qualität der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vergleich zu Konkurrenzprodukten und -dienstleistungen hin.

Die Wortkombination „Profiplus“ wird bereits als Hinweis auf ein besonders hohes Qualitätsniveau der damit gekennzeichneten Produkte verwendet (vgl. die als Anlagen 3 und 4 zum Ladungszusatz vom 14. Juli 2016 der Anmelderin übersandten Belege), auch im Sinne einer gegenüber einer hohen Produktqualität noch einmal zusätzlich gesteigerten Qualität (vgl. die als Anlagen 5 und 6 zum Ladungszusatz vom 14. Juli 2016 der Anmelderin übersandten Belege).

Vor diesem Hintergrund werden die angesprochenen Verkehrskreise die Wortkombination „Profiplus“, wenn sie ihnen in Verbindung mit den vorliegend beanspruchten Waren der Klassen 2, 6, 8, 11, 19, 20, 27 begegnet, als bloße Anpreisung der besonderen Qualität dieser Waren sowohl hinsichtlich des professionellen Könnens des Herstellers als auch hinsichtlich der Zielgruppe der beanspruchten Waren auffassen, zumal es sich bei den beanspruchten Waren im Wesentlichen um Produkte und Materialien zum Einsatz bei Bauvorhaben handelt und sich diese an besonders befähigte Hand- und Heimwerker richten können. Ebenso werden die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „Profiplus“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 37, 39, 40, 44 und 45 als Sachhinweis auf die Qualität dieser Dienstleistungen auffassen, die von einem Profi – ggf. auch für einen Profi, beispielsweise einen Handwerksbetrieb – erbracht werden und eine im Vergleich zu Konkurrenzdienstleistungen gesteigerte („plus“) Qualität aufweisen.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin ergibt sich eine Herkunftsfunktion nicht daraus, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein gewisser Interpretationsaufwand dahingehend erforderlich sei zu ermitteln, welches „Plus“ im Hinblick auf jeweils welche Waren und Dienstleistungen welche Art von professionellem Bezug aufweisen könnte.

Die Wortkombination „Profiplus“ verfügt im vorliegenden Waren- und [X.] nicht über eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit. Eine solche ergibt sich insbesondere weder daraus, dass der Hinweis auf die Qualität der beanspruchten Waren und Dienstleistungen insofern vage bleibt, als keine genaueren Angaben zu dieser Qualität getroffen werden (s. auch [X.] 2000, 882, 883 – „Bücher für eine bessere Welt"), noch daraus, dass die Wortkombination sowohl dahingehend verstanden werden kann, dass es sich um Waren und Dienstleistungen „vom Profi“ als auch um solche „für den Profi“ handeln könne. Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden das angemeldete Zeichen in jedem Fall im Sinne einer bloßen Qualitätsanpreisung verstehen. Die mögliche Mehrdeutigkeit einer Bezeichnung beseitigt für sich genommen nicht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft, vielmehr ist das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bereits dann anzunehmen, wenn ein Zeichen jedenfalls mit einer seiner möglichen Bedeutungen die beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen beschreibt ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 149; [X.], 952, [X.]. 15 - [X.]; [X.], 569, [X.]. 20 – [X.]). Erst recht begründet die Mehrdeutigkeit einer Angabe nicht deren Unterscheidungskraft, wenn – wie vorliegend – sämtliche Deutungsmöglichkeiten als sachbezogen anzusehen sind; denn der lediglich durch die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten hervorgerufene Interpretationsaufwand des Verkehrs ist für die Annahme der erforderlichen Unterscheidungskraft nicht ausreichend ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 150).

(2) Des Weiteren ist die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens auch nicht aufgrund der graphischen Ausgestaltung des [X.] anzunehmen.

Die bildliche oder graphische Gestaltung des Schriftbildes eines sachbezogenen [X.] kann herkunftshinweisend sein, wenn die graphischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache graphische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, vermögen aber eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache graphische Gestaltungselemente auch für sich genommen wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können ([X.] 2001, 1153 – anti [X.]; [X.], 426 – [X.]). Aus diesem Grunde können insbesondere weder Schriftformen, die sich nicht wesentlich von [X.] unterscheiden ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 191), noch bildliche Gestaltungen, die sich in rein dekorativen Hervorhebungsmitteln erschöpfen oder ausschließlich die sachbezogenen Aussagen der anderen Markenteile illustrieren ([X.], Beschluss vom 28.09.2011, 26 W (pat) 545/10, BeckRS 2012, 00694 – regional ist 1. Wahl), das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft überwinden.

Bei den hier verwendeten Gestaltungsmitteln – der bauchigen, teils kursiven Schrift mit weißer „Umrandung“, dem Rahmen und der farblichen Gestaltung – handelt es sich um eine werbeübliche Ausgestaltung ohne besondere Eigentümlichkeiten (vgl. zur farblichen Hinterlegung in viereckiger Form als üblichem Gestaltungsmittel [X.] 2010, 640, [X.]. 16 – hey!; [X.], 376, [X.]. 18 - [X.]). Dieser werbeüblichen Ausgestaltung des Schriftzuges ist eine herkunftshinweisende Funktion nicht zuzumessen.

(3) Auch die Kombination der Wortfolge mit der graphischen Ausgestaltung in ihrer Gesamtheit ist nicht unterscheidungskräftig.

Zwar ist maßgeblich auf den Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens abzustellen, so dass die Kombination schutzunfähiger [X.] im Einzelfall eintragungsfähig sein kann ([X.]/Hacker, [X.], 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 196). Dies setzt jedoch voraus, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Kombination in ihrer Gesamtheit und der bloßen Summe der Bestandteile besteht, dass also der durch die Verbindung bewirkte Gesamteindruck über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgeht, und dass die Kombination in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig ist ([X.]/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 197).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks des angemeldeten Zeichens werden die angesprochenen Verkehrskreise in diesem keinen Herkunftshinweis sehen, vielmehr erschöpft es sich in einem – graphisch werbeüblich ausgestalteten – Sachhinweis auf die Qualität der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis der Anmelderin auf diverse Voreintragungen. Derartige Voreintragungen sind für die vorliegend zu treffende Entscheidung zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke nicht bindend. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], 667 – Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] [X.], 229, [X.]. 47-51 – BioID; GRUR 2004, 674, [X.]. 42-44 – Postkantoor; GRUR 2004, 428, [X.]. 63 – [X.]), des [X.] (vgl. [X.], 1093, [X.]. 18 – [X.]; GRUR 2011, 230, [X.]. 10 – [X.]) und des [X.] (vgl. z. B. [X.], 1175 - [X.]; [X.] 2010, 139 – [X.] und die Senatsentscheidung [X.] 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zur fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen zu verweisen.

c) Da das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen gegeben ist, kommt es auf die Prüfung eines Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht weiter an.

3. Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden. In der Ankündigung der Anmelderin, zum anberaumten Verhandlungstermin nicht zu erscheinen, ist eine konkludente Rücknahme des zunächst gestellten Terminsantrags (§ 69 Nr. 1 [X.]) zu sehen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten gem. § 69 Nr. 3 [X.].

Meta

24 W (pat) 557/16

08.08.2016

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 233 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.08.2016, Az. 24 W (pat) 557/16 (REWIS RS 2016, 7020)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7020

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