Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2003, Az. X ZB 7/02

X. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4705

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSX ZB 7/02vom28. Januar 2003in dem [X.] 2 -Der X. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.] [X.] und [X.] Dr. Jestaedt, Scharen,[X.] und [X.] 28. Januar 2003beschlossen:Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der [X.]uß des22. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 17. [X.] aufgehoben.Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegenVersäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.Der [X.] beträgt 258.236,15 Gründe:[X.] Die Klägerin begehrt in dem wegen eines Schenkungsvertrags ge-führten Rechtsstreit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäu-mung der Berufungsbegründungsfrist, die nach Verlängerung durch den Vorsit-zenden des [X.] am 27. September 2001 ablief. Das Original der- 3 -14-seitigen, von Rechtsanwalt [X.], einem der zweitinstanzlichen Prozeßbe-vollmächtigten der Klägerin, auf der letzten Seite unterschriebenen Berufungs-begründungsschrift ging erst am 28. September 2001 beim [X.] ein.Zuvor, nämlich laut Eingangsstempel des [X.] am 26. September2001, erreichte das Berufungsgericht lediglich die erste Seite dieser [X.] als Telefax.Das [X.] hat die Berufung der Klägerin durch am [X.] 2001 gefaßten [X.]uß unter Zurückweisung des [X.] als unzulässig verworfen, weil es im Zusammenhang mit der [X.] zu einer Häufung von Fehlern gekom-men sei, die den Schluß rechtfertigten, daß entweder die erforderlichen Anwei-sungen an das Büropersonal in der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten derKlägerin nicht umfassend oder nicht mit der hinreichenden Klarheit erfolgt [X.] oder daß eine ausreichende Kontrolle des [X.] bezüglich [X.] der Anweisungen nicht stattgefunden habe.Gegen diesen, den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klä-gerin laut [X.] am 21. Januar 2002 zugegangenen [X.] die Klägerin am 4. Februar 2002 sofortige Beschwerde einlegt, mit der sieihren Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt und Aufhebung des angefochte-nen [X.]usses begehrt.I[X.] 1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach §§ 519 b Abs. 2,577 Abs. 2 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung [X.]. Diese Fassung ist nach § 26 Nr. 10 EGZPO maßgeblich, weil der die Be-rufung der Klägerin verwerfende [X.]uß des [X.] vom- 4 -17. Dezember 2001 der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts vor [X.] Januar 2002 übergeben worden ist.2. Das auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.a) Der Klägerin ist gemäß §§ 234, 235 ZPO auf ihren in rechter Formund Frist angebrachten Antrag Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs-begründungsfrist zu gewähren. Daß die von Rechtsanwalt [X.] [X.], 14 Seiten umfassende [X.] erst am 28. Sep-tember 2001 und damit verspätet beim [X.] eingegangen ist, be-ruhte darauf, daß sie am 25. September 2001 als einfacher Brief bei der [X.] unter versehentlicher Angabe einer unrichtigen [X.] [X.] übrigen zutreffender Anschrift des [X.] aufgegeben wurde. [X.] jedoch kein Verschulden eines Prozeßbevollmächtigten zugrunde, das dieKlägerin gemäß § 85 ZPO zu vertreten hat, so daß die Klägerin ohne ihr [X.] verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten.(1) Den zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin [X.] vorgeworfen werden, daß die [X.] erst zweiWerktage vor Ablauf der geltenden Berufungsbegründungsfrist abgesandt [X.] ist. Einem Anwalt ist es nicht verwehrt, die einzuhaltende Frist bis zumletztmöglichen Tag auszunutzen (vgl. [X.], 118, 119). Außerdem darf - [X.] [X.] wiederholt ausgesprochen hat - damit gerech-net werden, daß von der mit der Beförderung eines Schriftstücks [X.] die von ihr nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungenfür den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten werden (vgl.z.[X.]. v. 27.02.1992 - 1 BvR 1294/91, [X.], 1952). Diese [X.] 5 -sprechung hat - jedenfalls in dem hier interessierenden Rahmen - ihre Berech-tigung nicht durch die "Privatisierung" der [X.] verloren, weildie [X.] hinsichtlich der Beförderung von normalen Briefen nachwie vor ein Monopol hat. Da die normale Postlaufzeit bei derartigen Briefenerfahrungsgemäß nicht mehr als zwei Werktage (Zustelltage; vgl. [X.], [X.]. 11.10.1989 - [X.], NJW 1990, 188) beträgt, genügte es deshalb, die[X.] - wie geschehen - am 25. September 1991 andas [X.] abzusenden.(2) Daß bei dieser Absendung der Kanzlei der zweitinstanzlichen Pro-zeßbevollmächtigten der Klägerin ein Fehler unterlief, weil die Anschrift des[X.] mit einer unrichtigen [X.] angegeben war, gereicht [X.] ebenfalls nicht zum Verschulden. Aufgrund der eides-stattlichen Versicherungen von Rechtsanwältin Dr. [X.]und der in der[X.]er Praxis als Büroleiterin tätigen Rechtsanwaltsfachangestellten [X.] ,deren Richtigkeit in dieser Hinsicht keinen greifbaren Zweifeln unterliegt, istinsoweit als glaubhaft gemacht davon auszugehen, daß diese zweitinstanzlicheProzeßbevollmächtigte der Klägerin, als sie die hergestellte Berufungsbegrün-dungsschrift am Vormittag des 25. September 2001 auf Vollständigkeit und in-haltliche Richtigkeit überprüfte, die Büroleiterin anwies, vor Absendung, dienoch am selben Tag erfolgen sollte, die auf der Schrift vermerkte [X.] kontrollieren und im Falle eines Fehlers zu berichtigen, daß die [X.] Anweisung jedoch versehentlich nicht Folge leistete. Hiernach ist durcheinen zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eine konkreteEinzelanweisung an eine bestimmte weisungsgebundene Angestellte gegebenworden, die für den betreffenden Einzelfall bestimmt, geeignet und ausreichendwar, bei entsprechender Befolgung den dann aufgetretenen Fehler zu [X.] 6 -dern. Die Kontrolle und eventuell notwendig werdende Korrektur einer Postleit-zahl der Anschrift eines ortsansässigen Gerichts sind einfache Aufgaben, vondenen ein Rechtsanwalt ohne weiteres annehmen darf, daß sie auf entspre-chende Anweisung hin von einer ausgebildeten Rechtsanwaltsfachangestelltenohne weitere Anleitung und Überprüfung erledigt werden (vgl. [X.], [X.]. v.06.07.2000 - [X.], [X.], 2823; auch [X.].[X.]. v. 27.10.1998- X ZB 20/98, [X.], 429). Sie durften deshalb - ohne sich einem [X.]svorwurf auszusetzen - auch Frau [X.]übertragen werden, die aus-weislich der bereits genannten eidesstattlichen Versicherungen und der eides-stattlichen Versicherung der Rechtsanwältin N. damals bereits seit fünfJahren im Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten tätig war und sich [X.] zuverlässig und gewissenhaft erwiesen hatte. Unter den glaubhaft ge-machten Umständen beruhte die Fristversäumung mithin ausschließlich aufeinem schuldhaften Fehlverhalten einer durch eine konkrete Einzelanweisungherangezogenen Kanzleiangestellten. Für deren Fehlverhalten hat eine [X.]nach § 85 ZPO jedoch nicht [X.]) Daran, daß die Klägerin, ohne es vertreten zu müssen, verhindertwar, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten, ändert auch der ebenfallsdurch die eidesstattlichen Versicherungen der Rechtsanwältin [X.] und der Büroleiterin [X.]glaubhaft gemachte Umstand nichts, daß erst nachder Einzelanweisung an Frau [X.]die [X.] Rechtsan-walt [X.] zur Unterschrift vorgelegt wurde und dieser zweitinstanzliche Pro-zeßbevollmächtigte der Klägerin seine Unterschrift leistete, ohne den [X.] der Angabe der [X.] zu bemerken. Denn ein Prozeßbevollmächtig-ter ist bei Unterzeichnung eines fristwahrenden Schriftstücks nach ständigerRechtsprechung nicht gehalten, die Vollständigkeit einer im übrigen richtigen- [X.] des Empfängers selbst zu prüfen (z.B. [X.], [X.]. v. 15.10.1999- [X.], [X.], 82).(4) Da die Überprüfung der [X.] durch einen Prozeßbevollmäch-tigten der Klägerin mittels einer Einzelanweisung an eine Kanzleiangestellteveranlaßt war, die - nach Maßgabe des unter (1) Ausgeführten - bei [X.] Fristversäumung verhindert hätte, berührt es die [X.] im vor-liegenden Fall auch nicht, ob in der [X.]er Kanzlei der zweitinstanzlichenProzeßbevollmächtigten der Klägerin allgemein geeignete anwaltliche Maß-nahmen ergriffen waren, die sicherstellten, daß fristwahrende Schriftstücke vonden Mitarbeitern vollständig und richtig adressiert werden (vgl. [X.], [X.]. v.06.07.2000 - [X.], [X.], [X.]) Unter den gegebenen Umständen ist es schließlich auch ohne Be-lang, ob ein Fehlverhalten der zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten derKlägerin dazu beigetragen hat, daß bei der am 25. September 2001 ebenfallsversuchten Telefaxübermittlung der [X.] nur derenerste Seite an das [X.] übertragen wurde. Die Übermittlung einer[X.] per Telefax stellt gegenüber der [X.] per Post eine zusätzliche Maßnahme dar, zu welcher ein [X.] nicht verpflichtet ist. Daß sie und wie sie im Einzelfall tat-sächlich durchgeführt wurde, kann deshalb der vertretenen [X.] nicht [X.] gereichen (vgl. [X.], [X.]. v. 08.04.1992 - [X.], [X.], 1020, 1021 m.w.[X.] 8 -3. Da sonach der Klägerin Wiedereinsetzung in die Berufungsbegrün-dungsfrist zu gewähren ist, ist die Verwerfung der Berufung durch das [X.] gegenstandslos (vgl. [X.], [X.]. v. 01.07.2002 - [X.]/01,MDR 2002, 1095, 1096 m.w.N.).MelullisJestaedtScharen[X.]Asendorf

Meta

X ZB 7/02

28.01.2003

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2003, Az. X ZB 7/02 (REWIS RS 2003, 4705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4705

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