Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2004, Az. II ZB 6/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3500

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[X.]/03vom26. April 2004in dem [X.] [X.] hat am 26. April 2004 durchden Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und [X.],[X.], [X.] und [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß des9. Zivilsenats des [X.] vom 10. Januar 2003aufgehoben.Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegendie Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.Gründe:[X.] Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch aus ei-nem Gesellschaftsvertrag über eine ärztliche Gemeinschaftspraxis geltend. [X.] vom 19. September 2002 hat das [X.] die Klage abgewiesen. [X.] ist dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des [X.], [X.], am 24. September 2002 zugestellt worden. Aus nicht mehrnachvollziehbaren Gründen ist der Prozeßbevollmächtigte später von der Ge-schäftsstelle des [X.]s erneut aufgefordert worden, den Empfang [X.] auf einem beigefügten [X.]formular zu bestätigen. [X.] hat er am 7. Oktober 2002 das weitere [X.] unterzeich-- 3 -net. Nur dieses [X.] und nicht auch dasjenige vom24. September 2002 ist zunächst zur Gerichtsakte genommen worden.Ohne Vermittlung seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten hatsich der Kläger persönlich an den bei dem Berufungsgericht zugelassenenRechtsanwalt S. gewandt und ihn beauftragt, Berufung einzulegen. [X.] die Gerichtsakte angefordert und Berufung eingelegt. Nach Einsicht in [X.] hat er aufgrund des dort abgehefteten [X.] 7. Oktober 2002 den 9. Dezember 2002 (Montag) als Ende der [X.] notiert. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2002, [X.] selben Tage, hat er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist [X.].Mittlerweile war das [X.] vom 24. September 2002 zurAkte genommen worden. Nachdem der [X.]atsvorsitzende den zweitinstanzli-chen Prozeßbevollmächtigten des [X.] über dieses [X.] hatte, hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand [X.].Das [X.] hat den Antrag zurückgewiesen und die Berufungwegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen.Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.].I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO) und begründet. [X.] ist durch die Ablehnung seines [X.] und die dar-an anknüpfende Verwerfung der Berufung als unzulässig in seinem [X.] -rensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt.1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Den erstinstanzlichen Prozeß-bevollmächtigten des [X.] treffe an der Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist ein Verschulden. Er habe zwar dem Kläger mit Schreiben vom27. September 2002 die richtige Berufungsfrist mitgeteilt. Er habe jedoch nichtsichergestellt, daß dieses Schreiben den Kläger auch erreichen würde, [X.] gewußt habe, daß bei dem Kläger schon öfters Post abhanden gekommensei. Deshalb sei er gehalten gewesen, bei der anschließend zusätzlich veran-laßten "Niederlegung" einer Urteilsabschrift in dem Briefkasten des [X.] einBegleitschreiben beizufügen, in dem nochmals auf die Frist hinzuweisen war.Jedenfalls hätte er sich bei dem Telefonat mit dem Kläger am 8. Oktober 2002vergewissern müssen, ob dem Kläger die Frist bekannt gewesen sei. Das seiinsbesondere deshalb geboten gewesen, weil er durch die zweimalige Unter-zeichnung eines [X.]ses eine unklare Lage geschaffen habe,bei der es leicht zu einer Verwirrung über den tatsächlichen Fristbeginn habekommen können. Als ihm das zweite [X.] zugesandt [X.], habe er erkennen müssen, daß er bereits ein [X.] [X.] gehabt habe und daher kein Anlaß für eine nochmalige Bestätigungbestanden habe.2. Diese Ausführungen tragen die Ablehnung des [X.] nicht. Zwar mag dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des [X.] jedenfalls insofern ein Vorwurf zu machen sein, als er das ihm zugesandtezweite [X.] unterschrieben hat, anstatt dem Gericht mitzutei-len, daß er den Empfang des Urteils bereits bestätigt habe. Dieses [X.] sich jedoch bei wertender Betrachtung auf die Fristversäumung nicht mehr- 5 -ausgewirkt. Entscheidend war dafür vielmehr - was das Berufungsgericht nichtbeachtet hat - die fehlerhafte Führung der Gerichtsakte durch das [X.].Dieses hätte das erste [X.] des Prozeßbevollmächtigten des[X.] umgehend zur Akte nehmen müssen. Hätte es das getan, dann [X.] zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des [X.] bei seiner Aktenein-sicht dieses [X.] vorgefunden und die zutreffende [X.] eingetragen. Nur weil lediglich das zweite - unrichtige - [X.] in die Akte eingeheftet war, ist die falsche Frist notiert worden.Ein weiterer Fehler ist dem [X.] unterlaufen, als es festgestellt hat, daßdas (erste) [X.] nicht zur Akte gelangt war. Es hätte dem [X.] des [X.] dann nicht ein neues [X.]-formular zuschicken dürfen, sondern hätte ihn an die Rücksendung des (ersten)[X.]ses erinnern müssen. Hätte es das getan, hätte der [X.] im Zweifel mitgeteilt, daß er das [X.]schon mit Datum vom 24. September 2002 zurückgeschickt habe. Auch dannwäre es nicht zu der Fristversäumung gekommen.Allerdings scheidet eine Wiedereinsetzung grundsätzlich auch dann aus,wenn zu der Fristversäumung neben dem Verschulden der [X.] oder [X.] auch ein Mitverschulden des Gerichts beigetragen hat([X.], Urt. v. 5. April 1990 - [X.], [X.]R ZPO § 233 - Verschulden 5;Beschl. v. 4. Februar 1992 - [X.], [X.], 1700; Beschl. v. 16. Juni1994 - [X.], NJW 1994, 2299; Beschl. v. 19. Oktober 1994 - [X.]/94,NJW-RR 1995, 574, 575; Urt. v. 6. Mai 1999 - [X.], [X.], 515,516). Das ist aber dann anders, wenn sich das Verschulden der [X.] oderihres Anwalts aufgrund des Fehlers des Gerichts nicht mehr entscheidend [X.], sondern die Fristversäumung bei einer wertenden Betrachtung allein aufden gerichtlichen Fehler zurückzuführen ist. Das hat der [X.]at im Anschluß an- 6 -die Rechtsprechung des [X.] (Beschl. v. 20. Juni 1995- [X.] 93, 99, 112 ff. = NJW 1995, 3171, 3175) für den Fall angenommen,daß eine Rechtsmittelschrift irrtümlich an das erstinstanzliche Gericht adressiertwar und von dort - trotz ausreichender Zeit - nicht an das Rechtsmittelgerichtweitergeleitet worden ist ([X.].Urt. v. 1. Dezember 1997 - [X.], [X.], 908; ebenso Beschl. v. 24. September 1997 - [X.], [X.], 354). Gleichermaßen hat der [X.]at in einem Fall entschieden, in [X.] dem Geschäftsstellenbeamten des Gerichts der - unzutreffende - Eindruckvermittelt worden war, eine telefonische Ergänzung der [X.]bezeichnungensei ausreichend ([X.].Beschl. v. 20. Januar 1997 - [X.], [X.]). Auch bei einer falschen Rechtsmittelbelehrung hat der [X.] Wiedereinsetzung gewährt, obwohl die [X.] durch einen Rechtsanwaltvertreten war (Beschl. v. 23. September 1993 - [X.] 10/92, NJW 1993, 3206),ebenso bei einem offensichtlichen Schreibversehen des Anwalts, das dem [X.] hätte auffallen müssen (Beschl. v. 11. Februar 1998 - [X.], [X.], 2291, 2292).So liegt der Fall auch hier. Es geht um mehr als ein mitwirkendes Fehl-verhalten des Gerichts. Das Gericht hat den entscheidenden Grund für [X.] gelegt, den Kläger und seinen zweitinstanzlichen Prozeßbe-vollmächtigten trifft daran keinerlei Verschulden, und der Fehler des erstin-stanzlichen Prozeßbevollmächtigten tritt bei einer Gesamtwürdigung völlig inden Hintergrund.3. Der [X.]at kann gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache entscheidenund dem Kläger Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbe-gründungsfrist gewähren, da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu er-- 7 -warten sind. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig ist damit gegen-standslos.Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 51.305,48 festgesetzt.RöhrichtGoette[X.]StrohnCaliebe

Meta

II ZB 6/03

26.04.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.04.2004, Az. II ZB 6/03 (REWIS RS 2004, 3500)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3500

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