Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.06.2013, Az. 30 W (pat) 702/13

30. Senat | REWIS RS 2013, 5077

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Gegenstand

Geschmacksmusterbeschwerdeverfahren – "Verfahrenskostenhilfe für Aufrechterhaltungsgebühren" - Verfahrenskostenhilfe kann nur für erfolgsversprechende Anträge bewilligt werden - Schutzdauer des Geschmacksmusters endete mangels Zahlung der Verlängerungsgebühr – keine Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Geschmacksmuster …

(hier: Verfahrenskostenhilfe)

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 13. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist Inhaber des am 23. Juni 1994 angemeldeten Geschmacksmusters „…", das am 2. Januar 1996 in das [X.] eingetragen worden ist. Die Aufrechterhaltung des Schutzes für das 6. bis 10. und das 11. bis 15. Jahr ist unter Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die [X.]en erfolgt.

2

Mit Bescheid vom 7. Oktober 2009 gab das Patentamt Nachricht, dass der Schutz für die Geschmacksmustereintragung am 23. Juni 2009 ende, wenn die Gebühr für die Verlängerung der Schutzdauer um weitere fünf Jahre einschließlich Verspätungszuschlag, insgesamt 200,- €, nicht bis zum 31. Dezember 2009 entrichtet werde. Diese Nachricht gelangte mit dem Postvermerk „Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ an das Patentamt zurück. Zahlung erfolgte nicht.

3

Mit Schreiben vom 11. Februar 2010 beantragte der Geschmacksmusterinhaber die Verlängerung der Schutzdauer für weitere fünf Jahre und fügte dem Antrag einen Bescheid der [X.] vom 23. November 2009 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei.

4

Mit Schreiben vom 17. Februar 2010 wies das Patentamt darauf hin, dass eine Aufrechterhaltung des Schutzes nicht mehr möglich sei, da die Zahlungsfrist für die [X.] und damit die Frist für die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe abgelaufen sei.

5

Mit Schreiben vom 22. Februar 2010 beantragte der Geschmacksmusterinhaber, ihm die Aufrechterhaltung zu ermöglichen; er sei im Hinblick auf ein Schreiben des Patentamts vom 15. Juni 2005, mit dem ihm die Aufrechterhaltung des Schutzes für weitere fünf Jahre mitgeteilt worden sei, davon ausgegangen, dass eine Verlängerung der Schutzdauer bis zum 14. Juni 2010 möglich wäre.

6

[X.] des [X.] hat durch Beschluss vom 1. April 2010 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen, weil der Antrag verspätet gestellt worden sei. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die am 30. Juni 2009 zur Zahlung fällig gewesene [X.] für das 16. - 20. Jahr der Schutzdauer des am 23. Juni 1994 angemeldeten Geschmacksmusters mit dem Verspätungszuschlag noch bis zum 31. Dezember 2009 hätte gezahlt werden können. Diese Frist gelte auch für den Fall, dass Verfahrenskostenhilfe beantragt werde. Mit dem Antrag auf Verlängerung der Schutzdauer vom 11. Februar 2010, in dem im Hinblick auf die Beifügung des Bescheids der [X.] ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu sehen sei, sei dies verspätet erfolgt. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der [X.] wäre unbegründet. Die irrige Annahme des Antragstellers, dass die Schutzrechtsverlängerung noch bis zum 14. Juni 2010 möglich wäre, stelle einen Rechtsirrtum dar, der kein Wiedereinsetzungsgrund sei. Für die Überwachung der Zahlungsfristen sei der Inhaber des Schutzrechts selbst verantwortlich. Dass ihm die Information des Patentamts nicht habe zugestellt werden können, beruhe auf der nicht mitgeteilten Adressänderung. Zudem bestehe keine Verpflichtung des Patentamts zur Information über die Möglichkeit der Aufrechterhaltung sowie den Ablauf von Zahlungsfristen.

7

Der Geschmacksmusterinhaber hat am 30. April 2010 Beschwerde eingelegt. Er bezieht sich für die Nichteinhaltung der Frist für die Aufrechterhaltung des Schutzes auf Umzüge im Mai 2009 und im Mai 2010, Wohnungen ohne Ruhe, Besuch der Abendschule von 2003 bis 2007, seit 2004 Elektrosensibilität sowie eine Krankheitsbehandlung vom 31. August 2009 bis 18. Februar 2010 mit erheblichen Nebenwirkungen, die nur mit viel Anstrengung den Fortbestand von Haushalt und Existenz möglich gemacht hätten.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

9

Die Beschwerde gegen den einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückweisenden Beschluss der [X.] des [X.] ist zulässig, aber unbegründet. [X.] hat diesen Antrag zu Recht zurückgewiesen.

Verfahrenskostenhilfe für die [X.]en nach § 28 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann nur für erfolgversprechende Anträge bewilligt werden (vgl. § 24 S. 1 und 2 [X.] i. V. m. § 114 S. 1 ZPO). Ein erfolgversprechender Antrag liegt hier nicht vor. Wie die [X.] zutreffend ausgeführt hat, war im Zeitpunkt des Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe die Aufrechterhaltung des Schutzes nicht mehr möglich, weil die [X.] für das 16. bis 20. Jahr weder innerhalb der Frist noch mit dem Verspätungszuschlag bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Fälligkeit, hier dem 31. Dezember 2009, gezahlt worden ist (vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 PatKostG). Mit dem fruchtlosen Ablauf dieser Nachfrist endete die Schutzdauer des Geschmacksmusters (§ 28 Abs. 3 [X.]).

Der Ablauf der Zahlungsfrist war auch nicht gehemmt, denn das Gesuch um Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe ist nicht vor Ablauf der für die Zahlung der Gebühr vorgeschriebenen Frist, dem 31. Dezember 2009, eingereicht worden (§ 24 Satz 3 [X.] i. V. m. § 134 [X.]), sondern erst mit Schreiben vom 11. Februar 2010.

[X.] ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass für ein Geschmacksmuster, dessen Schutz nicht aufrechterhalten worden ist und dessen Schutzdauer damit endete, Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden kann.

Die versäumte Gebührenzahlung ist auch nicht etwa deshalb nachgeholt, weil aufgrund eines begründeten Wiedereinsetzungsantrags die Verfahrenskostenhilfe, die die Zahlung ersetzt, hätte bewilligt werden können (vgl. Busse, [X.], 7. Aufl., § 134 Rn. 7). [X.] ist - unterstellend, mit dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe sei zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt - zutreffend davon ausgegangen, dass die Ausführungen des Geschmacksmusterinhabers keine Wiedereinsetzung begründen könnten.

Gemäß § 23 Abs. 1 S. 4 [X.] i. V. m. § 123 [X.] kann einem Verfahrensbeteiligten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn dieser ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlichen Vorschriften - wie hier - einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Verschulden liegt im Grundsatz vor, wenn der [X.] die gebotene und ihm nach den konkreten Umständen auch zumutbare Sorgfalt vermissen ließ ([X.] NJW 1985, 1710, 1711). Beurteilungsmaßstab ist, welche Vorkehrungen ein gewissenhafter [X.]r in gleicher Lage gegen die Fristversäumung objektiv getroffen hätte und ob diese im Einzelfall von ihm erwartet werden konnten. Auch ein juristischer Laie hat sich zu erkundigen und Bescheide des Patentamts sorgfältig zu lesen ([X.], [X.], 4. Auflage, § 23 Rn. 12).

Die vom Antragsteller vorgebrachten Tatsachen rechtfertigen nicht den Schluss, dass die Zahlungsfrist bzw. die Frist für den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ohne Verschulden versäumt worden ist. Denn er ist bei der Überwachung der Fristen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen. Die vorgebrachte irrige Annahme, dass eine erneute Verlängerung noch bis zum 14. Juni 2010 möglich gewesen sei, bildet keinen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 123 [X.]. Zudem ging es um die Aufrechterhaltung des Schutzes für das 16. bis 20. Jahr, so dass der Antragsteller durch die vorausgegangene Aufrechterhaltung für das 6. bis 10. und für das 11. bis 15. Jahr wusste, wie und mit welchen Fristen die Aufrechterhaltung bewirkt wird. Darauf ist er bereits bezüglich der Gebühr für das 11. bis 15. Jahr mit Schreiben des Patentamts vom 23. September 2004 hingewiesen worden. Auch in dem vom Antragsteller angeführten Schreiben vom 15. Juni 2005 ist darauf Bezug genommen, dass den anliegenden Hinweisen entnommen werden könne, wie der Schutz weiter aufrecht erhalten werde. Für ein Missverständnis war unter diesen Umständen gar kein Raum.

Einen entsprechenden Hinweis für die Aufrechterhaltung des Schutzes für das 16. bis 20. Jahr hat das Patentamt zudem mit Bescheid vom 7. Oktober 2009 verfasst. Dass dieser Bescheid den Antragsteller wegen nicht mitgeteilter Änderung der Anschrift nicht erreicht hat, beruht auf seinem Verschulden. Zur eindeutigen Identifizierung des Anmelders gehört die Angabe der Anschrift (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 2 [X.] i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 [X.]). Zur Mitteilung der Änderung dieser wichtigen Angabe war der Antragsteller verpflichtet. Diese unterbliebene Mitteilung lässt die gebotene und ihm nach den konkreten Umständen auch zumutbare Sorgfalt vermissen.

Soweit der Antragsteller im Beschwerdeverfahren weitere Gründe zur Nichteinhaltung der Frist vorgetragen hat, steht dies ersichtlich in keinem Zusammenhang mit dem Schreiben des Patentamts vom 15. Juni 2005, das ihn nach seinem Vorbringen zur Annahme geführt hat, dass Aufrechterhaltung bis 14. Juni 2010 möglich sei.

Der Antragsteller war demnach nicht ohne Verschulden verhindert, die versäumte Frist einzuhalten, also entweder innerhalb der Frist die [X.] mit dem Verspätungszuschlag zu zahlen oder einen [X.] zu stellen.

Meta

30 W (pat) 702/13

13.06.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 114 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.06.2013, Az. 30 W (pat) 702/13 (REWIS RS 2013, 5077)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5077

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