Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.10.2013, Az. 8 B 24/13

8. Senat | REWIS RS 2013, 2296

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Gegenstand

Zum vermögensrechtlichen Vorrang der Unternehmensrestitution


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Februar 2013 ergangenen Urteil des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die [X.]lägerin begehrt festzustellen, dass ihr eine Entschädigung für den [X.] an dem [X.] [X.], [X.] 35 in [X.], zusteht. Der [X.]eklagte hat dieses [X.]egehren mit [X.]escheid vom 3. Juli 2009 abgelehnt. Die dagegen erhobene [X.]lage zum [X.] blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung des [X.], die Revision nicht zuzulassen, richtet sich die [X.]eschwerde der [X.]lägerin.

2

Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

3

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

4

Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung zukommt ([X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26). Dazu muss die [X.]eschwerde darlegen, dass gerade die angeblich verletzte bundesrechtliche Regelung rechtsgrundsätzliche Fragen aufwirft ([X.]eschlüsse vom 9. März 1984 - [X.]VerwG 7 [X.] 238.81 - [X.] 401.84 [X.]enutzungsgebühren Nr. 49 und vom 15. Juni 2009 - [X.]VerwG 6 [X.] - Rn. 6). Eine Rechtsfrage revisiblen Rechts ist nicht schon klärungsbedürftig, wenn sie noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung war, sondern nur, wenn ihre [X.]lärung gerade eine solche Entscheidung voraussetzt. Das ist nicht der Fall, wenn die Frage sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt (vgl. [X.] vom 24. August 1999 - [X.]VerwG 4 [X.] 72.99 - [X.]VerwGE 109, 268 <270> = [X.] 310 § 60 VwGO Nr. 228 S. 13).

5

Danach kommt der von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage keine grundsätzliche [X.]edeutung zu. Soweit sie Fragen revisiblen Rechts aufwirft, würden sich diese in einem Revisionsverfahren so nicht stellen; darüber hinaus sind sie nicht klärungsbedürftig.

6

Die Fragen,

ob das Unternehmen als Ganzes oder nur die einzelnen Vermögensgegenstände von einer schädigenden Maßnahme im Sinne des Vermögensgesetzes betroffen waren, wenn der [X.]etrieb eines Unternehmens vor der Durchführung schädigender Maßnahmen eingestellt und jedenfalls nach der Durchführung schädigender Maßnahmen - hier der Anordnung einer staatlichen Verwaltung - von einer staatlichen Stelle wieder aufgenommen wurde, ohne dass feststeht, dass von der staatlichen Stelle Arbeitnehmer des vormaligen privaten Inhabers weiterbeschäftigt oder dessen Verbindlichkeiten, wie etwa dessen Lieferverpflichtungen übernommen wurden,

und

ob eine Wiederaufnahme des [X.]etriebes eines Unternehmens im Sinne der Rechtsprechung des [X.] vorliegt, wenn der [X.]etrieb eines Unternehmens vor der Durchführung schädigender Maßnahmen eingestellt und jedenfalls nach der Durchführung schädigender Maßnahmen - hier der Anordnung einer staatlichen Verwaltung - von einer staatlichen Stelle wieder aufgenommen wurde, ohne dass feststeht, dass von der staatlichen Stelle Arbeitnehmer des vormaligen privaten Inhabers weiterbeschäftigt oder dessen Verbindlichkeiten, wie etwa dessen Lieferverpflichtungen, übernommen wurden,

würden sich in einem Revisionsverfahren so nicht stellen, weil das Verwaltungsgericht gerade festgestellt hat, dass die ehemaligen Arbeitnehmer des [X.] von diesem zum 15. Juli 1958 gekündigt wurden und außer dem Inventar und den Räumlichkeiten des ehemaligen [X.]etriebes nichts von dem [X.] H. übernommen wurde.

7

Unabhängig davon ist in der Rechtsprechung des [X.] geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Unternehmensrestitution nach § 6 [X.] Vorrang vor einer [X.] gemäß § 3 Abs. 1 [X.] hat. Im Hinblick darauf, dass [X.] Vermögenswerte im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.] sowohl einzelne, dort näher bezeichnete Vermögensgegenstände als auch organisatorische Zusammenfassungen solcher Gegenstände (Unternehmen) sein können, hat der Gesetzgeber die Rückgabevorschrift unterschiedlich ausgestaltet, je nachdem, ob die Schädigung (§ 1 [X.]) einen einzelnen Vermögensgegenstand oder ein Unternehmen betraf. Der [X.]erechtigte hat daher nicht die Wahl zwischen einem Anspruch auf das Unternehmen als Ganzes und der Rückforderung einzelner Teile, insbesondere der [X.]. Der Vorrang der Unternehmensrestitution dient dem Zweck, lebensfähige Unternehmen zu erhalten und die Gläubiger vor Schmälerung der Haftungsgrundlage zu schützen. Maßgeblich für die Anwendbarkeit der die [X.] ausschließenden Vorschriften einer Unternehmensrestitution ist daher, dass das Unternehmen als solches einer Schädigung im Sinne von § 1 [X.] ausgesetzt war. Unter einem Unternehmen im Verständnis des Vermögensgesetzes wird in Anlehnung an den [X.] eine organisatorische Einheit verstanden, in der ein Inbegriff von gemeinsamen wirtschaftlichen Zwecken dienenden Sachen und Rechten sowie sonstigen wirtschaftlichen Werten, wie unternehmerische Erfahrung, Geschäftsbeziehung, Ruf, [X.]undenstamm, zusammengefasst ist. Die Unternehmensrestitution nach § 6 [X.] hat nur Vorrang vor der Singular-, insbesondere der Grundstücksrestitution -, wenn die Schädigungsmaßnahme im Sinne von § 1 [X.] eine lebende und entwicklungsoffene Vermögensgesamtheit oder - anders ausgedrückt - eine lebensfähige, werbende Organisationseinheit getroffen hatte. Ein stillgelegtes Unternehmen lebte nicht mehr. Der [X.]egriff der Stilllegung ist unmittelbar aus dem [X.] zu verstehen. [X.]ei wirtschaftlicher [X.]etrachtung muss von einem Entzug eines bestehenden Unternehmens als solchem gesprochen werden können; das Unternehmen muss durch den in Rede stehenden Eingriff als organisatorische Einheit endgültig aufgehört haben zu bestehen oder - anders ausgedrückt - als Zusammenfassung vermögenswerter Gegenstände zerschlagen worden sein. Für den Fortbestand eines Unternehmens im dargestellten Sinne ist die Person des Inhabers grundsätzlich unerheblich (Urteil vom 28. März 2001 - [X.]VerwG 8 [X.] 6.00 - [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 42).

8

Gemessen an diesen Maßstäben handelte es sich nach den Feststellungen des [X.] bei der Übernahme des Inventars und der Räumlichkeiten des ehemaligen [X.]etriebes des [X.] der [X.]lägerin durch den [X.] H. nicht um die Übernahme eines bestehenden Unternehmens, sondern lediglich um die Übernahme der noch vorhandenen sachlichen und räumlichen Mittel des vom ehemaligen [X.]etriebsinhaber stillgelegten [X.]. Das Unternehmen hat als organisatorische Einheit mit der [X.]ündigung der Arbeitnehmer, der Gewerbeabmeldung und der Löschung des [X.]etriebes in der Handwerksrolle endgültig aufgehört zu bestehen. Eine Wiederbelebung dieses Unternehmens ist in der späteren Übernahme des Inventars und der Räumlichkeiten durch den bestehenden [X.] nicht zu sehen.

9

2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht von Entscheidungen des [X.] abgewichen wäre, § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

Die [X.] setzt die Darlegung voraus, dass dem angefochtenen Urteil ein entscheidungstragender abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz der in der [X.]eschwerde angegebenen höchstrichterlichen Entscheidung abweicht (stRspr, vgl. u.a. [X.]eschluss vom 1. September 1997 - [X.]VerwG 8 [X.] 144.97 - [X.] 406.11 § 128 [X.]auG[X.] Nr. 50).

Der als Rechtssatz bezeichneten Aussage in dem [X.]eschluss vom 27. Juli 1993 ([X.]VerwG 7 [X.] 15.93 - [X.] 112 § 6 [X.] Nr. 1), dass im Fall der endgültigen Einstellung des [X.]etriebes eines Unternehmens vor der Durchführung schädigender Maßnahmen in der danach erfolgenden Veräußerung einzelner Gegenstände des [X.]etriebsvermögens durch den staatlichen Verwalter nur diese von einer schädigenden Maßnahme betroffen waren (Einzelrestitution), hat das Verwaltungsgericht nicht widersprochen. Wenn die [X.]lägerin meint, das Verwaltungsgericht hätte von der Identität des Unternehmens ausgehen müssen, das der [X.] H. weitergeführt habe, so macht sie keinen Rechtssatzwiderspruch geltend, sondern allenfalls eine fehlerhafte Anwendung dieses Rechtssatzes. Ein Fehler bei der Zuordnung von Sachverhaltselementen zu den Voraussetzungen der einschlägigen Norm führt nicht zu einer erfolgreichen [X.] ([X.]eschluss vom 12. Dezember 2007 - [X.]VerwG 8 [X.] 64.07 - juris).

Auch bezüglich der Entscheidung des [X.] vom 18. Januar 1996 ([X.]VerwG 7 [X.] 45.94 - [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 17) macht die [X.]lägerin keine Divergenz geltend, sondern eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, weil dieses nicht angenommen habe, zum Zeitpunkt der Flucht des [X.] am 30. Oktober 1958 habe das Unternehmen noch bestanden und sei mit dem von dem [X.] betriebenen Unternehmen identisch gewesen. Unabhängig davon sind die beiden Fälle vom Sachverhalt her nicht vergleichbar, so dass schon deswegen eine Divergenz ausscheidet. Dem [X.]eschluss vom 18. Januar 1996 lag die [X.]onstellation zugrunde, dass die ursprüngliche Eigentümerin das Grundstück mitsamt Inventar (Gaststätte) vor ihrer Flucht für die Dauer von drei Jahren verpachtet hatte, mithin zum Zeitpunkt ihrer Flucht der [X.]etrieb von ihr nicht eingestellt worden war. Vorliegend war nach den Feststellungen des [X.] der [X.]etrieb gerade vor der Flucht durch den [X.]etriebsinhaber eingestellt worden.

3. Entgegen der Auffassung der [X.]lägerin hat das Verwaltungsgericht auch nicht gegen den Überzeugungsgrundsatz verstoßen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das [X.] darf nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In einem solchen Fall fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts und zugleich für die Überprüfung seiner Entscheidung darauf, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist (Urteil vom 5. Juli 1994 - [X.]VerwG 9 [X.] 158.94 - [X.] 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 m.w.N.).

a) Die [X.]eschwerdeführerin ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe aktenwidrig angenommen, dass der Vater der [X.]lägerin mit dem [X.] H. am 1. Oktober 1958 einen Inventar-Mietvertrag über Einrichtungsgeräte und Arbeitsgeräte der Fleischerei abgeschlossen habe. Es sei aufgrund dieser Annahme zu dem Schluss gekommen, dass der Vater der [X.]lägerin vor seiner Flucht den [X.]etrieb selbst und freiwillig aufgegeben habe. Hätte das Verwaltungsgericht den Akteninhalt beachtet, wäre es von einer Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes bereits am 1. Oktober 1958 ausgegangen. Damit stünde fest, dass zum Zeitpunkt der Flucht das Unternehmen geschädigt worden sei.

Ausgehend vom rechtlichen Standpunkt des [X.], der für die [X.]eurteilung eines Verfahrensfehlers maßgeblich ist (vgl. dazu [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 23. Januar 1996 - [X.]VerwG 11 [X.] 150.95 - [X.] 424.5 [X.] Nr. 1 und vom 24. September 1996 - [X.]VerwG 1 [X.] 165.96 - [X.] 1997, 22), ist dem Verwaltungsgericht der geltend gemachte Verstoß nicht unterlaufen.

Nach der Rechtsauffassung des [X.] erfordert die Veräußerung eines Unternehmens durch den staatlichen Verwalter (§ 1 Abs. 1 [X.]uchst. c [X.]) nicht notwendig einen einheitlichen, das gesamte [X.]etriebsvermögen betreffenden Veräußerungsvorgang. Ausreichend sei vielmehr, dass über das wesentliche [X.]etriebsvermögen verfügt worden ist, selbst wenn diese Verfügung aus mehreren einzelnen, unter Umständen auch zeitlich gestreckten Veräußerungsvorgängen bestehe. Dass es sich um ein bei Einsetzen der Maßnahme nach § 1 [X.] noch bestehendes Unternehmen handeln müsse, ergebe sich aus dem Umstand, dass gesonderte gesetzliche Regelungen für die Rückgabe von Unternehmen bestünden, und aus der Art und Weise der [X.]erechnung der Entschädigung. Nach der gebotenen wirtschaftlichen [X.]etrachtungsweise sei davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Fleischerei des [X.] der [X.]lägerin nicht als bestehendes Unternehmen durch eine schädigende Maßnahme des staatlichen Verwalters entzogen worden sei.

Das Verwaltungsgericht ist laut Tatbestand im Urteil vom 25. Februar 2013 davon ausgegangen, dass zwischen dem Vater der [X.]lägerin und dem [X.] H. am 1. Oktober 1958 ein "Inventar-Mietvertrag" über Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte der Fleischerei abgeschlossen worden ist. Der Tatbestand wurde auf Antrag der [X.]lägerin mit [X.]eschluss vom 2. Mai 2013 wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass "zwischen der Wohnungsverwaltungs- und Grundstücksverwaltung des Rates der Stadt [X.] handelnd für den Rechtsvorgänger der [X.]lägerin als Vermieter und dem [X.] H. als Mieter am 1. Oktober 1958 ein 'Inventar-Mietvertrag' über Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte der Fleischerei geschlossen worden" sei. Für die richterliche Überzeugungsbildung waren nicht die Parteien, die den Mietvertrag abgeschlossen haben, entscheidend, sondern der Vertragsgegenstand und die Art des Vertrages. Aufgrund der Tatsache, dass bezüglich des Inventars ein Mietvertrag mit dem [X.] H. abgeschlossen und das Inventar entsprechend diesem Vertrag übergeben worden ist, hat das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der vorherigen [X.]egutachtung des Inventars am 25. September 1958 den Schluss gezogen, dass erstens kein aktives bestehendes Unternehmen bewertet worden sei und dass zweitens der abgeschlossene Mietvertrag nur eine Maßnahme der Abwicklung eines bereits vorher freiwillig aufgegebenen Geschäftsbetriebes durch den [X.]etriebsinhaber darstellte. Ob die Fleischerei am 1. Oktober 1958 vor der Flucht des ursprünglichen [X.] durch den [X.] H. wieder aufgenommen worden ist, spielt nach der rechtlichen Einschätzung des [X.] keine Rolle; denn es wurde nach seinen tatsächlichen Feststellungen, gegen die die [X.]eschwerdeführerin keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben hat, kein lebendes Unternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1 [X.]uchst. c [X.] durch eine Veräußerungsmaßnahme eines staatlichen Verwalters geschädigt.

b) Die [X.]lägerin rügt ferner, das Verwaltungsgericht habe wesentlichen Akteninhalt nicht beachtet, der belege, dass der Geschäftsbetrieb des [X.] der [X.]lägerin durch den [X.] H. fortgeführt und nicht vorher durch diesen aufgegeben worden sei. Dies werde belegt durch das Schreiben des Rates der Stadt [X.] vom 22. September 1958, die [X.] der Handwerkskammer vom 11. November 1958, die [X.]escheinigung über die Gewerbeabmeldung vom 17. Oktober 1958 und das Sitzungsprotokoll der [X.], kommunale Wirtschaft, Handel und Versorgung vom 9. Dezember 1958.

Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung das Schreiben des Rates der Stadt [X.] vom 22. September 1958 und die [X.] der Handwerkskammer vom 11. November 1958 sowie die [X.]escheinigung über die Gewerbeabmeldung vom 17. Oktober 1958 nicht übergangen (vgl. [X.], 9). Dass es hieraus nicht die von der [X.]eschwerdeführerin gezogenen Schlüsse gewonnen hat, stellt keinen Verstoß gegen die richterliche Überzeugungsbildung dar. Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], ergibt sich aus dem Schreiben des Rates der Stadt [X.] vom 22. September 1958, dass [X.] am 15. Juli 1958 seine Fleischerei an den [X.] H. übergeben hat und er zugleich aufgefordert worden ist, bei einer Vorsprache eidesstattlich zu versichern, dass der Gewerbeschein abhanden gekommen ist, und auf diesem Weg sein Gewerbe abzumelden. Ausweislich der Gewerbeabmeldung vom 17. Oktober 1958 wurde das Gewerbe von [X.] zum 31. Juli 1958 wegen Übergabe an den [X.] H. abgemeldet und im Zuge dessen am 11. November 1958 ab dem 31. Juli 1958 in der Handwerksrolle gelöscht. Laut [X.] wurden als Grund „Gewerbeaufgabe" und als Nachfolger [X.] angegeben. Es ist weder denklogisch falsch noch willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht aufgrund dieser Schriftstücke im Zusammenhang mit der eigenen Einlassung des [X.] der [X.]lägerin davon ausgeht, dass an den [X.] nicht ein tätiges Unternehmen übergeben wurde, sondern der [X.]etrieb infolge der Entlassung sämtlicher Arbeitnehmer bereits zum 15. Juli 1958 und der Löschung des [X.]etriebes in der Handwerksrolle sowie der Gewerbeabmeldung zum 31. Juli 1958 durch [X.] selbst vor seiner Flucht Ende Oktober 1958 aufgegeben worden war.

c) Schließlich ist das Verwaltungsgericht auch nicht aktenwidrig davon ausgegangen, dass der Vater der [X.]lägerin durch seine Unterschrift am 14. Oktober 1958 bestätigt habe, dass nur einzelne Inventargegenstände seiner Fleischerei an den VE[X.]([X.]) Wurstfabrik W. übergeben worden sind. Die [X.]eschwerdeführerin meint, hätte das Verwaltungsgericht den Akteninhalt beachtet, insbesondere die beiden Gutachten des Schätzers Arthur [X.]., hätte es von einer [X.]estätigung der Übergabe des gesamten Anlagevermögens des [X.] und nicht nur einzelner Gegenstände an den VE[X.]([X.]) Wurstfabrik W. ausgehen müssen.

Es trifft zu, dass das Verwaltungsgericht bezüglich der Übergabe am 14. Oktober 1958 im Tatbestand lediglich den handschriftlichen Vermerk auf [X.]latt 55 der Altakten festgehalten hat, der sich am Schluss des Gutachtens vom 25. September 1958 "[X.] der [X.], [X.]eleuchtungen, sonstige Gegenstände usw." befindet. Das zweite Gutachten vom 25. September 1958 des Sachverständigen Arthur [X.]. bezüglich der Abschätzung der Neu- und Zeit- bzw. Handelswerte sowie Errechnung der Höchstmietbeträge der [X.]etriebseinrichtung, Maschinen usw. mit den Räumlichkeiten trägt am Schluss ebenfalls einen Vermerk "übergeben am 14. Oktober 1958" mit Unterschrift und "übernommen" mit Unterschrift. Das hat das Verwaltungsgericht in seinem Tatbestand nicht ausdrücklich erwähnt. Das Verwaltungsgericht hat jedoch bei der tatrichterlichen Würdigung und Überzeugungsbildung berücksichtigt, dass neben dem Inventar auch die Geschäftsräume, in denen die Fleischerei betrieben worden war, vom Vater der [X.]lägerin am 14. Oktober 1958 offensichtlich an dieselbe Person übergeben worden ist, die die Übernahme des Inventars auf der [X.] der [X.], [X.]eleuchtungen, sonstigen Gegenstände usw. bestätigte (vgl. [X.] unten). Die Tatsache, dass auch die Räumlichkeiten übergeben wurden, hat das Verwaltungsgericht allerdings nicht zum Anlass genommen, hierin die Übergabe eines noch bestehenden Gewerbebetriebes zu sehen, weil die ehemaligen Arbeitnehmer von [X.] dort nicht weiterbeschäftigt worden seien und infolge der Übernahme der Räumlichkeiten samt Inventar durch den [X.] weder Lieferverträge noch Verbindlichkeiten aus dem bisherigen Geschäftsbetrieb an diesen übergegangen sind.

d) Schließlich meint die [X.]eschwerdeführerin, das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz der freien [X.]eweiswürdigung verletzt, weil es aus den Tatsachen, dass das gesamte Anlagevermögen dem VE[X.]([X.]) Wurstfabrik W. übergeben worden sei, dass ferner der Vater der [X.]lägerin keinerlei Gegenleistung für den [X.]etrieb oder dessen Anlagevermögen bzw. Inventar erhalten habe und dass schließlich die Wohnungs- und Grundstücksverwaltung des Rates der Stadt [X.] am 1. Oktober 1958 ohne Vertretungsmacht im Namen des [X.] als Vermieter mit dem [X.] H. auf unbestimmte Zeit einen Inventar-Mietvertrag über Anlagevermögen des [X.] des [X.] abgeschlossen habe, obgleich das Inventar laut Vermerk erst am 14. Oktober 1958 übergeben worden sein soll und eine staatliche Verwaltung vor der Flucht des [X.] aus der [X.] noch gar nicht bestanden habe, nicht den indiziellen Schluss auf das Vorliegen einer unlauteren Machenschaft im Sinne von § 1 Abs. 3 [X.] gezogen habe.

Die Verletzung allgemeiner [X.]eweiswürdigungsgrundsätze gilt als Verletzung sachlichen Rechts und nicht des Prozessrechts. Die Annahme eines [X.] setzt voraus, dass die dem [X.]eweisgang zugrunde gelegten Indizien aus logischen Gründen ungeeignet sind, die [X.] zu tragen. Das Verwaltungsgericht hat seine rechtliche Annahme, dass die [X.] in [X.] keiner schädigenden Maßnahme im Sinne von § 1 Abs. 3 [X.] ausgesetzt war, aus einer Gesamtschau festgestellter Indizien gewonnen und dies nachvollziehbar dargelegt. Demgegenüber führen die von der [X.]eschwerde aufgeführten Tatsachen nicht zwingend zu der Annahme, der [X.]etrieb des [X.] der [X.]lägerin sei im Sinne von § 1 Abs. 3 [X.] geschädigt worden. Das gilt sowohl für den abgeschlossenen Inventarmietvertrag als auch für den Zeitpunkt der Übergabe der Räumlichkeiten. Soweit die [X.]lägerin der Auffassung ist, der Fleischereibetrieb sei ohne Gegenleistung geschädigt worden, ergibt sich sowohl aufgrund des [X.] als auch aufgrund der beiden Gutachten, dass eine Gegenleistung für die Überlassung des Inventars und der Räumlichkeiten in Form von Mietzahlungen beabsichtigt war; anhand dieser Gutachten wurde gerade der Mietwert ermittelt.

e) Schließlich stellt es keinen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dar, wenn das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung von der Auffassung des [X.] [X.]hemnitz in dessen Urteil vom 26. November 2008 abgewichen ist. im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung ist das entscheidende Gericht nur verpflichtet, rechtskräftige Urteile, die zwischen den Parteien ergangen sind, zu berücksichtigen, soweit über den Streitgegenstand bereits entschieden worden ist (§ 121 Nr. 1 VwGO). Das ist nicht der Fall. Streitgegenstand im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht [X.]hemnitz war nicht der [X.]escheid des [X.]eklagten vom 3. Juli 2009, mit welchem die Rückübertragung der Fleischerei [X.] in [X.] abgelehnt worden ist, sondern die Rückgängigmachung des [X.]escheids vom 12. Dezember 1991 durch den [X.]escheid vom 27. Mai 2005. Diese [X.]escheide verhalten sich nicht zum vorliegenden Streitgegenstand der Feststellung der Entschädigungsberechtigung, sondern zur Aufhebung einer staatlichen Treuhandverwaltung über ein Unternehmen.

Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 G[X.]G.

Meta

8 B 24/13

02.10.2013

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Dresden, 25. Februar 2013, Az: 6 K 1550/11, Urteil

§ 1 VermG, § 6 VermG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.10.2013, Az. 8 B 24/13 (REWIS RS 2013, 2296)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2296

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