Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2021, Az. XII ZB 544/20

12. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 2454

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Gegenstand

Altersvorsorgeunterhalt: Berechtigung zum Abschluss einer privaten Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht; Pflicht des Unterhaltsberechtigten zur Anlage des Unterhalts in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung


Leitsatz

1. Dem Empfänger von Altersvorsorgeunterhalt obliegt es, die erhaltenen Unterhaltsbeträge in einer für die spätere Erzielung von Alterseinkünften geeigneten Form anzulegen. Statt freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, kann er auch eine private Rentenversicherung abschließen (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04, FamRZ 2007, 117). Dass diese ein Kapitalwahlrecht vorsieht, steht nicht entgegen.

2. Aufgrund des Unterhaltsrechtsverhältnisses obliegt es zwar grundsätzlich beiden (geschiedenen) Ehegatten, ihre (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten. Der Unterhaltsberechtigte ist aber, insbesondere im Rahmen des steuerlichen Realsplittings, nicht gehalten, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (hier sog. Rürup-Rente) anzulegen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. [X.] des [X.] vom 13. November 2020 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind geschiedene Ehegatten. Sie streiten über den Ausgleich von Steuernachteilen nach Durchführung des begrenzten steuerlichen [X.]s.

2

Die 1989 geschlossene Ehe der Beteiligten ist seit dem 16. November 2011 rechtskräftig geschieden. In einer der Scheidung vorausgegangenen Scheidungsfolgenvereinbarung vom 3. Mai 2011 hatte sich der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) zur Zahlung monatlichen nachehelichen [X.] (1.600 €), [X.] (500 €) und [X.] verpflichtet. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) zahlt die auf die Altersvorsorge entfallenden Unterhaltsbeträge seit Dezember 2011 in eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ein, welche ab dem 1. Dezember 2024 eine monatliche Rente von 303,14 € oder wahlweise eine Kapitalabfindung von 82.514 € vorsieht.

3

Nach Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung erteilte die Ehefrau dem Ehemann die Zustimmung zur Durchführung des begrenzten [X.]s. Für die Folgejahre bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2016 ersetzte der Ehemann der Ehefrau, die selbst nur über geringe Einkünfte unterhalb des einkommensteuerlichen Grundfreibetrags verfügt, jeweils auf entsprechende Aufforderung die gegen sie festgesetzten Einkommensteuerbeträge.

4

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Ehefrau den Ausgleich des ihr für das [X.] entstandenen [X.] von 466 €. Der Ehemann begehrt mit seinem [X.] die Rückzahlung des von ihm für das [X.] geleisteten [X.] von 572 €. Er beruft sich darauf, dass die Ehefrau durch eine steuerlich günstigere Anlage des gezahlten [X.] ihre Einkommensteuerpflicht vollständig habe vermeiden können.

5

Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben und den [X.] abgewiesen. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seinen [X.] und [X.] weiter.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

7

1. Das [X.] hat seine in FamRZ 2021, 355 veröffentlichte Entscheidung damit begründet, der Antragsgegner sei gemäß § 242 BGB im Rahmen des zwischen den Beteiligten bestehenden [X.] zum Ausgleich des für das [X.] nachgewiesenen [X.] verpflichtet.

8

Die Antragstellerin habe keine Obliegenheit getroffen, den Altersvorsorgeunterhalt für eine steuerlich begünstigte Anlageform zu verwenden. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers liege das Schwergewicht der Altersvorsorge zwar auf der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dem Unterhaltsberechtigten stehe aber die Wahl der Altersvorsorge grundsätzlich frei. Er sei gleichermaßen berechtigt, auf eine private Kapitallebensversicherung mit oder ohne Rentenwahlrecht auszuweichen oder aber Immobilien, Wertpapiere oder Fondsbeteiligungen zu erwerben. Insoweit würden die Grundsätze des [X.] zur sekundären Altersvorsorge auch für den Altersvorsorgeunterhalt gelten.

9

Steuerliche Belange des Unterhaltspflichtigen habe der Unterhaltsberechtigte bei der Auswahl der Altersvorsorge nicht zu beachten. Sinn und Zweck des [X.] sei es vielmehr, dem unterhaltsberechtigten Ehegatten einen eigenständigen Versorgungsanspruch zu verschaffen. Belange des Unterhaltspflichtigen seien nur insoweit geschützt, als dieser eine zweckwidrige Verwendung des [X.] durch den Berechtigten dem Unterhaltsanspruch entgegenhalten könne. Durch eine Obliegenheit zur steuergünstigsten Anlage würde hingegen das Recht auf freie Wahl der Altersvorsorge aufgeweicht.

Unabhängig davon habe die Ehefrau für ihre Auswahl der Altersvorsorge beachtenswerte Gründe vorgebracht. Sie habe aufgrund ihrer bestehenden Morbus Hodgkin-Erkrankung auf die Vererblichkeit der von ihr gewählten Altersvorsorge verwiesen, ferner auf die Notwendigkeit, gegebenenfalls kurzfristig über einen höheren Kapitalbetrag verfügen zu können. Überdies berufe sie sich zu Recht auf den [X.]. Denn der Ehemann habe über Jahre hinweg den geforderten Nachteilsausgleich gezahlt und damit bei der Ehefrau das berechtigte Vertrauen begründet, dass er auf die Art der Anlage keinen Wert lege.

Dementsprechend sei der [X.] des Ehemanns unbegründet, unabhängig davon, dass eine Anspruchsgrundlage hierfür nicht ersichtlich sei.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s besteht eine Verpflichtung zur Zustimmung des unterhaltsberechtigten Ehegatten zum begrenzten [X.] grundsätzlich nur, wenn der Unterhaltsverpflichtete die finanziellen Nachteile ausgleicht, die dem Berechtigten aus der Zustimmung erwachsen ([X.]surteile vom 17. Februar 2010 - [X.]/07 - FamRZ 2010, 717 Rn. 10 und vom 29. April 1998 - [X.] - FamRZ 1998, 953, 954 [X.]).

Der Anspruch des Berechtigten auf Nachteilsausgleich ist ein Anspruch eigener Art, der weder von der Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten noch von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen abhängt ([X.]surteil vom 9. Oktober 1985 - [X.] - FamRZ 1985, 1232, 1233; vgl. [X.], 888 zur steuerlichen Behandlung des Nachteilsausgleichs). Die auf das [X.] bezogenen Verpflichtungen beider Seiten sind Ausprägungen des Grundsatzes von [X.] und Glauben (§ 242 BGB) im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden gesetzlichen [X.] ([X.]surteil vom 9. Oktober 1985 - [X.] - FamRZ 1985, 1232, 1233).

Der Unterhaltsberechtigte ist durch den Nachteilsausgleich so zu stellen, dass ihm der gezahlte Unterhalt ungeschmälert verbleibt. Daher sind vom Unterhaltspflichtigen grundsätzlich sämtliche Nachteile auszugleichen, die durch die Durchführung des [X.]s verursacht worden sind ([X.]surteil vom 17. Februar 2010 - [X.]/07 - FamRZ 2010, 717 Rn. 10 [X.]).

b) Der Unterhaltsberechtigte ist allerdings nach [X.] und Glauben gehalten, die durch das steuerliche [X.] entstehenden Nachteile möglichst gering zu halten.

Eine Obliegenheit, die (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten, trifft beide Beteiligte des [X.] gleichermaßen. Sie dient dem Zweck, eine ungerechtfertigte Verminderung der Leistungsfähigkeit auf Seiten des Unterhaltspflichtigen wie auch eine ungerechtfertigte Erhöhung der Bedürftigkeit auf Seiten des Unterhaltsberechtigten zu vermeiden. Ausdruck dieses Grundsatzes sind insbesondere auch die Verpflichtungen zur Zustimmung zum steuerlichen [X.] durch den Unterhaltsberechtigten und zu dessen Geltendmachung durch den Unterhaltspflichtigen ([X.]surteile vom 12. Januar 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 670, 673 und vom 23. März 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 576, 577; [X.]/[X.] Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 14. Aufl. Rn. 931 [X.]). Ähnlich verhält es sich bei der Verpflichtung der Ehegatten zur Mitwirkung an der Zusammenveranlagung während der Ehe (vgl. [X.]surteile vom 18. November 2009 - [X.]/06 - FamRZ 2010, 269 Rn. 11 ff. und vom 23. Mai 2007 - [X.]/04 - FamRZ 2007, 1229).

Dementsprechend ist der Anspruch auf Nachteilsausgleich auf die Nachteile beschränkt, die dem Unterhaltsberechtigten bei Erfüllung der ihn treffenden Obliegenheiten entstehen.

[X.]) Ob es dem Unterhaltsberechtigten in diesem Rahmen obliegt, die sich aus dem [X.] ergebende Steuerschuld zu vermindern, indem er den ihm gewährten Altersvorsorgeunterhalt in Form einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (hier sog. Rürup-Rente nach § 2 [X.]) anlegt, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur unterschiedlich beurteilt.

Eine Auffassung bejaht diese Frage ([X.], 1684, 1685 f.; grundsätzlich auch [X.]/Dose/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis 10. Aufl. § 4 Rn. 872 f.; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 1578 Rn. 854).

Dagegen vertreten andere mit dem [X.] die Meinung, dass auch in Bezug auf das [X.] eine Wahlfreiheit des Unterhaltsberechtigten bestehe ([X.], 356 f.; jurisPK-BGB/[X.] [Stand: 19. August 2021] § 1578 Rn. 82.1; wohl auch [X.] 2016, 506; vgl. auch [X.] FamRZ 2018, 1081, 1082 allgemein zur Zweckbindung).

[X.]) Nach zutreffender Auffassung besteht grundsätzlich keine Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten zum Abschluss einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s ist der Altersvorsorgeunterhalt gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ein zweckgebundener, in der Entscheidung besonders auszuweisender Bestandteil des nachehelichen Unterhalts, den der Berechtigte für eine entsprechende Versicherung zu verwenden hat. Im Fall einer zweckwidrigen Verwendung der als Vorsorgeunterhalt geleisteten Beträge ist der Unterhaltsgläubiger so zu behandeln, als hätten diese zu einer entsprechenden Versicherung geführt ([X.]sbeschluss [X.], 54 = [X.], 171 Rn. 35 [X.]).

Dem Unterhaltsberechtigten steht es dabei frei, den Altersvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB als freiwillige Leistung in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen oder ihn ganz oder teilweise für eine private Altersvorsorge, insbesondere eine private Rentenversicherung, zu verwenden ([X.]surteil vom 25. Oktober 2006 - [X.]/04 - FamRZ 2007, 117, 119 [X.]; vgl. [X.]/Dose [X.], 1974, 1977 f.).

Wenn der Unterhaltsberechtigte - wie im vorliegenden Fall - eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht abschließt, hält sich dies im Rahmen der Zweckbindung. Der Zweck des [X.] besteht darin, dass die aus dem angesparten Kapital fließenden Renteneinkünfte zur Deckung des Bedarfs im Alter zur Verfügung stehen. Durch eine optionale Kapitalleistung wird dieser Zweck nicht beeinträchtigt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die vertragliche Fälligkeit der Kapitalleistung der erstmaligen Fälligkeit der Rentenleistung entspricht und ein vorzeitiger Bezug der vertraglichen Versicherungsleistung nicht möglich ist. Dass auch andere Leistungsformen als die Rentenleistung eine geeignete Altersvorsorge darstellen, wird nicht zuletzt durch die Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 [X.] bestätigt, wonach unter anderem auch auf Kapitalleistung gerichtete Anrechte dem Versorgungsausgleich unterliegen können.

Eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht lässt sich sodann im Fall der Ausübung des Kapitalwahlrechts bei der künftigen Unterhaltsbemessung vereinfacht in der Weise berücksichtigen, dass der optional mögliche Rentenbezug nach [X.] und Glauben als unterhaltsrechtliches Einkommen des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen ist.

Die Rechtsbeschwerde zieht damit übereinstimmend die Eignung der von der Ehefrau gewählten Altersvorsorge für sich genommen nicht in Zweifel. Der [X.] sieht darüber hinaus keine Veranlassung, seine Rechtsprechung zum Abzug der zusätzlichen Altersvorsorge beim Unterhaltspflichtigen und gegebenenfalls beim Unterhaltsberechtigten (vgl. [X.]sbeschluss [X.], 203 = [X.], 21 Rn. 35, 43 ff. [X.]) - wie das [X.] meint - auf die Verwendung des [X.] zu übertragen.

(2) Durch die Anlage des [X.] in einer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. [X.] 2 EStG aufgrund der Kapitalisierbarkeit des Rentenanspruchs nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigenden Rentenversicherung verstößt der Unterhaltsberechtigte auch nicht gegen weitere Obliegenheiten, insbesondere nicht gegen seine Obliegenheit, die ihm durch das [X.] entstehende Steuerbelastung möglichst gering zu halten.

Ist das Interesse des Unterhaltspflichtigen an einer zweckentsprechenden Verwendung des [X.] gewahrt, kann der Unterhaltsberechtigte die Anlage- und Leistungsform grundsätzlich frei wählen. So kann es etwa in seinem schützenswerten Interesse liegen, eine bereits von ihm unterhaltene zusätzliche Altersvorsorge aufzustocken. Durch die Gestaltung der konkreten Leistungsform kann aber vor allem auch individuellen Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten Rechnung getragen werden. Dementsprechend bleibt es grundsätzlich der Entscheidung des Unterhaltsberechtigten vorbehalten, welches geeignete Altersvorsorgeprodukt seinen Bedürfnissen am besten gerecht wird. Das gilt auch, wenn im Einzelfall mit weniger Kosten verbundene oder ertragreichere Anlageformen zur Verfügung stehen (vgl. [X.]surteil vom 25. März 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 684, 686 [X.]).

Dem steht kein überwiegendes Interesse des Unterhaltspflichtigen an der Erzielung von Steuerersparnissen gegenüber. Denn aufgrund der Durchführung des [X.]s erzielt der Unterhaltspflichtige regelmäßig einen steuerlichen Vorteil, der den Betrag des Nachteils auf Seiten des Unterhaltsberechtigten ohnehin übersteigt. Das gilt erst recht, wenn der [X.]vorteil sich nicht durch entsprechende Einkommenserhöhung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen auf die Unterhaltsbemessung ausgewirkt hat (vgl. [X.]surteile [X.], 182 = [X.], 968 Rn. 36 ff.; vom 23. Mai 2007 - [X.]/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 19 f. und [X.], 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 41 f.).

Hinzu kommt, dass sich aus der Wahl einer privaten kapitalgedeckten Altersversorgung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b litt. [X.] EStG ohnedies nur ein beschränkter dauerhafter Steuervorteil ergibt. Zwar berechtigt diese zum Abzug der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben. Die damit verbundene Steuerersparnis ist dennoch jedenfalls zum Großteil nur vorläufiger Natur. Denn daraus folgt gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a litt. [X.] EStG im Wege der sogenannten nachgelagerten Besteuerung eine Einkommensteuererhebung auf die aus dem jeweiligen Vertrag später bezogenen Rentenleistungen (mit dem vom Beginn der Rentenzahlung abhängigen jeweiligen Besteuerungsanteil). Dagegen unterliegt bei einer nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigenden Anlageform nach § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a litt. [X.] EStG nur der wesentlich niedrigere Ertragsanteil der Rentenleistung der Besteuerung.

cc) Im Ergebnis rechtfertigen die berechtigten Interessen des Unterhaltspflichtigen eine Einschränkung der Wahlfreiheit des Unterhaltsberechtigten zwischen mehreren geeigneten Formen der zusätzlichen Altersvorsorge grundsätzlich nicht. Die insgesamt bei Abschluss einer zertifizierten Rentenversicherung nur geringe und zum großen Teil auch nur vorübergehende Steuerentlastung vermag eine derart weitgehende Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Unterhaltsberechtigten nicht zu begründen. Im Regelfall muss der Unterhaltspflichtige die vom Unterhaltsberechtigten getroffene Wahl vielmehr respektieren.

Nur ausnahmsweise kann eine entsprechende Obliegenheit neben einer durch Unterhaltsvereinbarung übernommenen Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten zur Anlage in einer zertifizierten Rentenversicherung angenommen werden, wenn dieser eine der zertifizierten Versicherung vergleichbare Anlageform wählt und der damit verbundene Steuernachteil auch aus seiner Sicht nicht durch andere Vorteile aufgewogen wird.

c) Nach den genannten Maßstäben hat der Ehemann die der Ehefrau entstandenen Steuernachteile in vollem Umfang auszugleichen.

Durch die Anlage der Vorsorgebeträge in einer privaten Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht hat die Ehefrau ihre Obliegenheit zur zweckentsprechenden Anlage des [X.] erfüllt. Dass sie keine zertifizierte und zum Sonderausgabenabzug berechtigende Rentenversicherung abgeschlossen hat, stellt nach den genannten Maßstäben für sich genommen keine Obliegenheitsverletzung dar.

Besondere Einzelfallumstände, die ausnahmsweise eine Obliegenheit zum Abschluss einer zertifizierten Rentenversicherung begründen könnten, liegen nicht vor. Die Ehefrau hat vielmehr mit der bei ihr bestehenden Erkrankung einen nachvollziehbaren Grund dafür angegeben, dass sie mit Eintritt der Fälligkeit der vertraglichen Versicherungsleistung ein besonderes Interesse an einem Kapitalwahlrecht hat. Die von den Beteiligten geschlossene Unterhaltsvereinbarung enthält überdies keine auf eine zertifizierte Versicherung gerichtete Verpflichtung. Dementsprechend erstattete der Antragsgegner die in den Vorjahren von der Ehefrau als Nachteilsausgleich angemeldeten Beträge, ohne sich nach der konkreten Anlageform zu erkundigen. Schließlich ist der durch das [X.] erzielte Vorteil des Ehemanns jedenfalls höher als die jeweils auszugleichenden Nachteile. Der Vorteil schlägt sich wegen des in der getroffenen Vereinbarung festgelegten konkreten [X.] wiederum zugunsten des Ehemanns nicht in einer entsprechenden Erhöhung des Unterhalts nieder.

Dose     

        

Klinkhammer     

        

Günter

        

Botur      

        

Krüger      

        

Meta

XII ZB 544/20

22.09.2021

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Düsseldorf, 13. November 2020, Az: 6 UF 92/20, Beschluss

§ 242 BGB, § 1578 Abs 3 BGB, § 10 Abs 1 Nr 2 EStG, § 10 Abs 1a Nr 1 EStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2021, Az. XII ZB 544/20 (REWIS RS 2021, 2454)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1393-1395 NJW 2021, 3530 REWIS RS 2021, 2454


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 45 F 291/19

Amtsgericht Mettmann, 45 F 291/19, 05.05.2020.


Az. XII ZB 544/20

Bundesgerichtshof, XII ZB 544/20, 22.09.2021.


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45 F 291/19 (Amtsgericht Mettmann)


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