Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. AnwZ (Brfg) 4/14

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2014, 6951

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 4/14
vom

19. März 2014

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen
Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
-

2

-

Der [X.]undesgerichtshof, [X.],
hat
durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr.
Kayser, die Richterin [X.], den Richter
Seiters
sowie den Rechtsanwalt
Dr. [X.]raeuer
und
die Rechtsanwältin Schäfer
am
19. März 2014

beschlossen:

Der Antrag der Klägerin
auf Zulassung der [X.]erufung gegen das am 6.
November 2013 verkündete Urteil des II.
Senats des [X.] wird abgelehnt.

Die
Klägerin
hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000

t-gesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin
wendet
sich gegen den Widerruf ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
wegen [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO). Ihre
Klage hat der
[X.] abgewiesen
und die [X.]erufung nicht zugelas-sen. Hiergegen richtet sich der
Antrag der
Klägerin auf
Zulassung
der [X.]erufung.

1
-

3

-

II.

Der
nach §
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124a Abs.
4 VwGO statthafte
Antrag
hat keinen Erfolg.
Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe (§
112e Satz
2 [X.]RAO, §
124 Abs.
2 Nr.
1, 2, 3 und
5 VwGO) liegen nicht vor.

1. Nach
§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall
wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§
26 Abs.
2 [X.], §
882b ZPO) eingetragen ist. Hierbei ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung für die
[X.]eurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs infolge des ab 1.
September 2009 geltenden Verfahrensrechts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des be-hördlichen Widerrufsverfahrens -
hier [X.] vom 17.
Mai 2013
-
abzustellen; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der [X.]eurteilung in ei-nem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, [X.], 187 Rn.
9
ff.; vom 28.
Oktober 2011 -
AnwZ ([X.]) 20/11, [X.], 106 Rn.
7 und vom 14.
November 2013
-
AnwZ ([X.]) 65/13, juris Rn.
5).

a) Die Klägerin hat am 23.
August 2012 aufgrund offener Forderungen des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in [X.].

beim Amtsgericht S.

(32
M

) die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Sie ist seither -
und ist es im Übrigen bis heute noch
-
im zentralen Schuldnerverzeichnis beim

2
3
4
-

4

-

Amtsgericht Sch.

eingetragen. Die daraus resultierende gesetzliche Vermutung des [X.] hat die Klägerin, wie der [X.], auf dessen [X.]egründung der Senat zunächst [X.]ezug nimmt, zutreffend [X.] hat, nicht widerlegt.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der [X.]egründung des [X.] merkt der Senat lediglich ergänzend Folgendes an:

Der Umstand, dass es sich bei dem Versorgungswerk um den
einzigen
vollstreckenden
Gläubiger handelt, steht der Annahme eines [X.] nicht entgegen (vgl. nur Senatsbeschluss
vom 26.
August 2013 -
AnwZ ([X.]) 31/13, juris Rn.
4).

Der Hinweis der Klägerin darauf, dass sie Miteigentümerin zu ½ des von ihr und ihrem Ehemann bewohnten Grundstücks im F.

Weg

in [X.].

(gleichzeitig Kanzleianschrift) sei
und ihr Miteigentumsanteil wertmäßig die [X.] deutlich übersteige, ist unerheblich. Immobilienvermögen ist nur dann von Relevanz, wenn es dem
[X.]etroffenen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner [X.] zur Verfügung gestanden hat. Auf die Liquidität entsprechender Mittel kommt es insoweit entscheidend an (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16.
Juni 2004 -
AnwZ
([X.]) 3/03, [X.] 2004, 598, 599; vom 25.
Juli 2005
-
AnwZ
([X.]) 43/04, juris Rn.
6
f.; vom 24.
Mai 2013 -
AnwZ ([X.]) 15/13, juris Rn.
4;
vom 7.
Oktober 2013 -
AnwZ ([X.]) 44/13,
juris Rn.
5
und vom 14. No-vember 2013
-
AnwZ ([X.]) 65/13, juris Rn. 4). Eine Veräußerung des Objekts

5
6
7
-

5

-

zur Tilgung der Schulden war -
und ist bis heute -
von der Klägerin (und ihrem Ehemann) aber nicht beabsichtigt. Die Klägerin sieht dies vielmehr -
wie in der Klage ausgeführt -
als "unbillige Härte", die ihr -
so die [X.]egründung im Zulas-sungsantrag -
im Verhältnis zur [X.]eklagten unter [X.]erücksichtigung der Rechts-gedanken der § 76 Abs. 2 Satz
1 Nr. 3 SG[X.] IV, § 90 Abs. 2 Nr. 8 SG[X.] XII un-zumutbar sei; stattdessen hat die Klägerin es zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und zum Widerruf kommen lassen, ohne ihre Verbindlichkeiten gegenüber dem Versorgungswerk zu bereinigen. Gegenüber der [X.]eklagten hat sie mit Schreiben vom 6. Mai 2013 selbst erklärt, sie könne dem Versorgungs-werk zum derzeitigen Zeitpunkt nicht einmal Raten anbieten.
Die gesetzliche Vermutung des [X.] ist damit aber nicht widerlegt.

b) Nach der in §
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]RAO zum Ausdruck kommenden [X.] des Gesetzgebers ist
mit einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines [X.] folgt, kann die Gefährdung im nach der ge-setzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 18.
Oktober 2004 -
AnwZ
([X.]) 43/03, [X.], 511; vom 31.
Mai 2010 -
AnwZ
([X.]) 54/09, juris Rn.
6 und vom 24.
Mai 2013 -
AnwZ ([X.])
15/13, juris Rn.
5). Hierfür trägt der Rechtsanwalt die Feststellungslast (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 8.
Feb-ruar 2010 -
AnwZ
([X.]) 67/08, [X.]RAK-Mitt. 2010, 129 Rn.
11; vom 5.
September

8
-

6

-

2012 -
AnwZ ([X.]) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn.
5 und vom 26.
August 2013 -
AnwZ ([X.]) 31/13, juris
Rn.
5).

Der bloße Hinweis der Klägerin darauf, dass sie kein Konto unterhalte und auch keine Fremdgelder entgegennehmen werde, ist nicht geeignet, einen solchen Ausnahmefall zu begründen. Die Klägerin ist als Einzelanwältin tätig und kann von daher nicht daraufhin überwacht werden, ob sie selbst auferlegte [X.]eschränkungen hinsichtlich der Annahme von Fremdgeld einhält (vgl. nur
Senatsbeschlüsse vom 15.
März 2012 -
AnwZ ([X.]) 55/11, juris Rn.
10; vom 14.
November 2013 -
AnwZ ([X.]) 65/13, juris Rn. 6 und vom 18. Januar 2014
-
AnwZ ([X.]) 53/13, juris Rn. 6
m.w.[X.]). Genauso wenig ist von [X.]edeutung, dass es in der Vergangenheit noch nicht zu Unregelmäßigkeiten im Zusam-menhang mit Fremdgeldern gekommen ist (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 15.
März 2012,
aaO; vom
19.
November
2012
-
AnwZ ([X.]) 56/12, juris Rn.
5 und vom 5.
November 2013 -
AnwZ ([X.]) 36/13, juris Rn.
6), zumal eine Ge-fährdung völlig unabhängig von einem kriminellen Verhalten des [X.]etroffenen eintreten kann (vgl. nur Senatsbeschluss vom 22.
Mai 2013 -
AnwZ ([X.]) 73/12, juris Rn.
4).

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es auch ohne [X.]edeutung, dass vormals, nachdem sie am 21. Januar 2008
bereits einmal auf Antrag des Versorgungswerks die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, die Zulas-sung nicht widerrufen wurde. Dieser Umstand hat auf die Rechtmäßigkeit des [X.]escheids vom 17.
Mai 2013
keinerlei Einfluss.

9
10
-

7

-

2.
Aus den vorstehenden Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO); vielmehr ist auch nach Auffassung des Senats der Widerruf der Zulassung zu Recht er-folgt
und verletzt damit nicht -
entgegen der Auffassung der Klägerin -
ihr Grundrecht auf [X.]erufsfreiheit.

Die Rechtssache wirft weder besondere rechtliche Schwierigkeiten auf (§
124 Abs.
2 Nr.
2 VwGO) noch ist eine grundsätzliche [X.]edeutung gegeben (§
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO). Vielmehr sind -
wie ausgeführt
-
die entschei-dungserheblichen Fragen in der Senatsrechtsprechung längst geklärt.

Es liegt -
entgegen der Auffassung der Klägerin
-
auch kein Verfahrens-mangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann

124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO). Die Klägerin
rügt insoweit, der [X.] hätte sie vorab darauf hinweisen müssen, dass ihr Vortrag zur Widerlegung des ver-muteten [X.] nicht ausreichend substantiiert sei. Dann hätte sie sich gegenüber dem
Versorgungswerk darum bemüht, eine Stundung, eine Niederschlagung
oder einen Erlass, zumindest aber einen Aufschub zu errei-chen. Dieser Vortrag ist bereits aus Rechtsgründen unbeachtlich. Denn für die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung kommt es -
wie dargelegt
-
auf den Zeitpunkt des [X.]s an. Im Übrigen bedurfte es keines [X.] an die Klägerin. Diese hätte sich rechtzeitig um die Regelung ihrer
finanziellen Verbindlichkeiten gegenüber dem Versorgungswerk kümmern müs-sen, um die gesetzliche Vermutung des [X.] und der daran an-knüpfenden Vermutung der Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden zu entkräften.

11
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-

8

-

3.
Die
Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.]RAO,
§
154 Abs.
2 VwGO, die Festsetzung
des Streitwerts
auf §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.]RAO.

Kayser

[X.]

Seiters

[X.]raeuer
Schäfer
Vorinstanz:
AGH [X.]erlin, Entscheidung vom 06.11.2013 -
II AGH 10/13 -

14

Meta

AnwZ (Brfg) 4/14

19.03.2014

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2014, Az. AnwZ (Brfg) 4/14 (REWIS RS 2014, 6951)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6951

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