Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.06.2018, Az. 4 StR 103/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 7115

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Gegenstand

Keine volle Strafschärfung bei geistig-seelischer Beeinträchtigung


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. November 2017 im Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weiter gehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten führt mit der allgemeinen Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.

2

Die durch die [X.] angestellten Strafzumessungserwägungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] dürfen einem Angeklagten Anlass und Modalitäten der Tat nur dann ohne Abstriche strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie in vollem Umfang vorwerfbar sind, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht oder nur eingeschränkt zu vertretenden geistig-seelischen Beeinträchtigung zu finden ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Oktober 2002 - 5 [X.], [X.], 104, 105; vom 31. Januar 2012 - 3 StR 453/11, [X.], 169; vom 12. März 2014 - 5 StR 69/14, [X.], 140 mwN).

3

Diesen Maßstäben wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das [X.] hat bei der [X.] einen minder schweren Fall nach § 213 StGB „auch unter Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten“ wegen der konkreten Tatausführung mit wechselnden [X.], „die in dem von einer keinen Widerspruch tolerierenden Konsequenz gekennzeichneten Stich in den Kopf mit der Mistgabel gipfelten“, und wegen des nichtigen Tatanlasses verneint. Bei der konkreten Strafzumessung hat die [X.] diese Strafzumessungsgesichtspunkte erneut bedacht. Indessen hat der an einem Asperger-Syndrom, einer Variante der autistischen Störung, leidende Angeklagte die Tat nach den Feststellungen nach einem massiven Affektstau aus scheinbar nichtigem Anlass in einem seine Steuerungsfähigkeit erheblich einschränkenden [X.] mit einem hieraus resultierenden massiven Gewaltausbruch und einem exzessiven Gewaltverhalten im Sinne des „over-kills“ begangen ([X.]). Hiermit setzen sich die Urteilsgründe nicht auseinander, obgleich die genannten Umstände Ausfluss des beim Angeklagten bestehenden und zur Unterbringung nach § 63 StGB führenden gravierenden Defektzustandes waren. Trotz der Erwähnung erheblich verminderter Schuldfähigkeit bei der [X.] kann der Senat letztlich nicht ausschließen, dass das [X.] dies bei der strafschärfenden Berücksichtigung der angeführten Strafzumessungstatsachen aus den Augen verloren hat.

4

Der Strafausspruch bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Die der Strafzumessung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen werden von dem [X.] nicht berührt und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen bleiben zulässig, sofern sie den bisher getroffenen nicht widersprechen.

Sost-Scheible     

        

Roggenbuck     

        

Cierniak

        

Bender     

        

Feilcke     

        

Meta

4 StR 103/18

27.06.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Paderborn, 24. November 2017, Az: 1 Ks 50/17

§ 46 Abs 2 StGB, § 63 Abs 1 S 1 StGB, § 212 Abs 1 StGB, § 213 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.06.2018, Az. 4 StR 103/18 (REWIS RS 2018, 7115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7115

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