Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2012, Az. XII ZR 66/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7206

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Gegenstand

Kindesunterhalt: Berücksichtigung einer nach der Scheidung erhaltenen Abfindung bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs; Umrechnung eines dynamisierten Titels über den Kindesunterhalt in einen Prozentsatz des Mindestunterhalts nach Gesetzesänderung


Leitsatz

1. Für die Verwendung einer arbeitsrechtlichen Abfindung zur Aufstockung des für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs minderjähriger Kinder maßgeblichen Einkommens des Unterhaltspflichtigen gelten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie beim Ehegattenunterhalt (im Anschluss an Senatsurteil vom 18. April 2012, XII ZR 65/10, BGHZ 193, 78).

2. Die Umrechnung dynamisierter Titel über den Kindesunterhalt zum 1. Januar 2008 nach § 36 Nr. 3 Satz 4 lit. a EGZPO in einen Prozentsatz des Mindestunterhalts nach § 1612a BGB hat für jedes Kind gesondert zu erfolgen. Sie ergibt bezogen auf den 1. Januar 2008 nur einen einheitlichen Prozentsatz, der sodann auch Anwendung findet, wenn das Kind in eine höhere Altersstufe wechselt.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. [X.] des [X.] in [X.] vom 31. März 2010 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten über die Abänderung des für die drei gemeinsamen Kinder durch [X.] titulierten Unterhalts.

2

Die Parteien schlossen 1992 die Ehe. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, die im September 1992 (S.), im Dezember 1994 ([X.]) und im September 1997 ([X.]) geboren wurden. Nach der Trennung der Parteien ließ der Kläger im August 2007 [X.] errichten, die den Kindesunterhalt auf jeweils 190 % des jeweiligen [X.] und der jeweiligen Altersstufe nach der (damaligen) [X.] abzüglich des hälftigen Kindergelds festlegten. Der Kläger hat mit seiner vor Rechtskraft der Scheidung gegen die Beklagte als Prozessstandschafterin der Kinder erhobene Klage die Herabsetzung des Unterhalts ab Januar 2008 geltend gemacht und sich hierfür auf sein gesunkenes Einkommen berufen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Unterhalt nur in geringerem Umfang herabgesetzt und die Abänderungsklage überwiegend abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, die der Kläger auf den Zeitraum ab September 2009 beschränkt hat. Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über die Berücksichtigung der vom Kläger nach dem Verlust seiner früheren Arbeitsstelle erhaltene Abfindung. In einem weiteren bei dem Senat anhängigen Verfahren ([X.]) streiten die Parteien über den nachehelichen Unterhalt.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat keinen Erfolg.

4

Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3. November 2010 - [X.] 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

5

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist bei dem Einkommen des Klägers zu berücksichtigen, dass er zwischenzeitlich den Arbeitgeber gewechselt habe und kurzfristig arbeitslos gewesen sei. Allerdings habe er im Oktober 2009 eine Abfindung seines Arbeitgebers von brutto 70.000 € (netto jedenfalls 33.663 €) erhalten. Mit der Abfindung müsse er ab September 2009 sein durch den Arbeitsplatzwechsel und die kurzfristige Arbeitslosigkeit gesunkenes Einkommen auf das bisherige Niveau aufstocken. Eine Abfindung sei dem Arbeitseinkommen hinzuzurechnen, wenn sie im Rahmen einer Einzelmaßnahme des Arbeitgebers anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt worden sei, soweit sie dem Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes diene und somit den [X.] Besitzstand wahren solle, d.h. eine Entschädigungsfunktion habe, die den durch den Wegfall des Arbeitsplatzes entstehenden Lohnverlust ausgleichen und insbesondere den [X.]raum bis zur Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses überbrücken solle. Das sei im vorliegenden Fall verwirklicht, weil dem (seinerzeit) 44 Jahre alten Kläger nach langjähriger [X.] sein Arbeitsverhältnis in leitender Funktion gekündigt worden sei und ihm die Abfindung aufgrund des in dem von ihm angestrengten Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleichs gezahlt worden sei. Sie habe demnach eine Entschädigungsfunktion für den Wegfall des Arbeitsplatzes gehabt. Auf die Frage, ob dem Kläger der Verlust des Arbeitsplatzes vorzuwerfen sei, komme es nicht an. Habe der Unterhaltspflichtige schon vor Ablauf des prognostizierten Überbrückungszeitraums eine neue Arbeitsstelle gefunden, sei mit dem nicht verbrauchten Teil der Abfindung im Einzelfall unterschiedlich zu verfahren. Wenn das Einkommen aus der neuen Arbeitsstelle geringer sei als das frühere, werde in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt, ob die Abfindung weiter zur Aufstockung diene oder wie sonstiges Vermögen zu behandeln sei. Letzteres sei vom [X.] bei einer annähernd gleichwertigen Erwerbstätigkeit und einer [X.] von 25 % angenommen worden. Dann komme es maßgeblich darauf an, ob der Arbeitsplatzverlust dem Unterhaltspflichtigen unterhaltsrechtlich vorzuwerfen sei. Hier liege der Fall anders. Der Arbeitsplatzwechsel sei mit einer Einkommenseinbuße von ca. einem Drittel verbunden, so dass es sich nicht um eine der Vergütung nach gleichwertige Tätigkeit handele. Unter den hier vorliegenden Umständen habe die Abfindung unterhaltsrechtlich eine Lohnersatzfunktion. Das ergebe sich insbesondere aus der Rechtsprechung zu den wandelbaren Lebensverhältnissen und der ihr zugrunde liegenden Annahme, dass die Familienmitglieder von einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in gleicher Weise betroffen wären, wenn sie weiter zusammen gelebt hätten. Wenn eine nicht vorwerfbare Einkommensminderung zu Einbußen führe, dürften andererseits die aus solchen Veränderungen resultierenden wirtschaftlichen Vorteile nicht dem Unterhaltspflichtigen verbleiben, wenn diese bei Fortsetzung der [X.] von Eltern mit Kindern [X.] zugute gekommen wären. Auch angesichts der Höhe sei die Abfindung hier einzusetzen, um die bisherigen Lebensverhältnisse einstweilen - für einen [X.]raum von eineinhalb bis zwei Jahren - beizubehalten und die Anpassung an die veränderten Einkommensverhältnisse vorzubereiten.

6

Das Berufungsgericht hat den Unterhalt aufgrund des durch die Abfindung auf das bisherige Niveau aufgestockten Einkommens (im September 2009 Arbeitslosengeld und ab Oktober 2009 Arbeitseinkommen) ermittelt. Für 2009 hat es den Unterhalt nach Herabstufung um eine Gruppe der Einkommensgruppe 9 der [X.] Tabelle (2009) entnommen. Ab 2010 hat es den Unterhalt nach Herabstufung um nunmehr zwei Gruppen nach der Einkommensgruppe 8 der [X.] Tabelle (2010) bemessen. Ein Vergleich mit den dynamisiert titulierten und nach § 36 Nr. 3 Satz 4 lit. a EGZPO umgerechneten Unterhaltsbeträgen ergebe, dass die jeweils geschuldeten Unterhaltsbeträge niedriger lägen und daher eine Herabsetzung zu erfolgen habe.

II.

7

Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Abänderungsklage richtet sich nach § 323 Abs. 1, 4 ZPO aF und ist zulässig. Weitergehende als die vom Berufungsgericht berücksichtigten Veränderungen kann der Kläger nicht anführen.

8

1. Dass das Berufungsgericht bei der Bedarfsermittlung nach § 1610 BGB die Abfindung zur Aufstockung des ab September 2009 verringerten Einkommens herangezogen hat, hat im Ergebnis Bestand. Der [X.] hat dies - in dem im Parallelverfahren ergangenen Urteil vom 18. April 2012 ([X.]/10 - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt) - in Bezug auf den nachehelichen Unterhalt entschieden. Entsprechendes hat auch für den Kindesunterhalt zu gelten.

9

a) Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung die Besonderheiten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Die Abfindung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des mit diesem verbundenen sog. [X.] Besitzstandes (vgl. Kaiser Festschrift [X.] 2005 S. 495, 500 ff. [X.]). Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen.

Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im [X.] an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Für diesen Fall hat der [X.] entschieden, dass eine nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bei der Bemessung des [X.] unberücksichtigt bleibt ([X.]surteil vom 2. Juni 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 1311 Rn. 28 f.). Ob dies auch für den Kindesunterhalt gilt, was allerdings in Anbetracht einer insoweit wohl zulässigen Vermögensbildung durch den Unterhaltspflichtigen naheliegen dürfte, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil die Abfindung hier lediglich zur Aufstockung auf das frühere Niveau herangezogen worden ist.

Kann der Unterhaltspflichtige sein früheres Einkommen nicht mehr erzielen, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen. Das gilt zum einen, wenn der Unterhaltspflichtige nur noch Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld bezieht, die erheblich hinter dem bisherigen Einkommen zurückbleiben. Dementsprechend hat der [X.] entschieden, dass die Abfindung als Ersatz des fortgef[X.]en Arbeitseinkommens in solchen Fällen dazu diene, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können ([X.]surteil [X.] 172, 22 = [X.], 983; vgl. auch [X.]surteil vom 14. Januar 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 359, 360; [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 29 f., 93). Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein neues Arbeitsverhältnis erlangt hat, das daraus bezogene Einkommen aber hinter dem früheren zurückbleibt, hat der [X.] hingegen zum Ehegattenunterhalt entschieden, dass eine Abfindung und die Erträge daraus nicht für den Unterhalt zu verwenden seien ([X.]surteil [X.] 153, 358 = FamRZ 2003, 590 m. Anm. [X.] FamRZ 2003, 746). Daran hat der [X.] nicht festgehalten ([X.]surteil vom 18. April 2012 - [X.]/10 - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt).

Damit steht allerdings noch nicht fest, dass die Abfindung unabhängig von ihrer Höhe notwendig zur kompletten Aufstockung zu verwenden ist und stets das frühere Einkommens- und Unterhaltsniveau erreicht werden muss. Vielmehr kann je nach den Umständen des Falles, insbesondere bei dauerhafter Arbeitslosigkeit oder aber bei nicht bestehenden Aussichten auf eine künftige Steigerung des Einkommens, auch eine nur teilweise Aufstockung angemessen sein, um die Abfindung auf einen längeren [X.]raum zu verteilen. Auf welchen [X.]raum die Abfindung im Einzelfall umzulegen ist, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung.

b) Diese vornehmlich für den Ehegattenunterhalt aufgestellten Grundsätze gelten entsprechend auch für die Bemessung des [X.] von Kindern nach der [X.] Tabelle. Denn vergleichbar mit dem Ehegattenunterhalt wird der Unterhaltsbedarf von wirtschaftlich nicht selbständigen Kindern regelmäßig vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitet (vgl. [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 2 Rn. 200 ff.). Die für den Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu Kindern geltenden unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten stehen jedenfalls bei minderjährigen Kindern nicht denjenigen im Verhältnis von Ehegatten nach (vgl. auch [X.]surteil [X.] 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 18 ff.). Daher darf der Unterhaltspflichtige die Abfindung in diesen Fällen auch gegenüber seinen Kindern nicht zur Vermögensbildung verwenden, sondern muss sie als Einkommen für den Kindesunterhalt einsetzen.

Im Hinblick auf den konkreten Umfang muss durch die Abfindung - wie ausgeführt - nicht das frühere Einkommens- und Unterhaltsniveau erreicht werden, sondern ist die Abfindung nach den Umständen des Einzelfalls ggf. über eine längere [X.] zu strecken. Das ist bereits im Rahmen der Bedarfsermittlung nach § 1610 BGB zu berücksichtigen, zumal die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB nur eingreift, wenn der Mindestunterhalt des Kindes nicht gewährleistet ist.

c) Das Berufungsurteil entspricht den genannten Maßstäben. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Einkommen des Klägers gegenüber seinem früheren Einkommen um etwa ein Drittel gesunken ist. Damit ist eine Aufstockung des gesunkenen Einkommens angezeigt. Auch der Umfang der Heranziehung hält sich im zulässigen Rahmen einer tatrichterlichen Angemessenheitsbetrachtung. Zwar erscheint der [X.]raum der Umlegung auf (nur) eineinhalb bis zwei Jahre und die dadurch bewirkte vollständige Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards als recht kurz bemessen. [X.] hat der Kläger auch in seinem neuen Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer künftigen Verbesserung seines Einkommens. Die Dauer der Aufstockung, über die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu entscheiden ist, kann dann gegenüber dem vorläufig veranschlagten [X.]raum durchaus länger ausf[X.]. In Anbetracht des vom Berufungsgericht zu Recht angenommenen (jedenfalls) unterhaltsrechtlichen Zwecks der Abfindung, den Einkommensrückgang ganz oder teilweise aufzufangen, bewegt sich seine Unterhaltsbemessung insoweit noch im zulässigen Rahmen tatrichterlicher Beurteilung, die nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Um den vollständigen Verbrauch der Abfindung geltend zu machen, steht dem Kläger ein Abänderungsantrag nach § 238 FamFG offen.

2. Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsbedarf ausgehend von dem um die Abfindung aufgestockten Einkommen nach der [X.] Tabelle bemessen.

a) Es hat den Unterhalt für 2009 um eine Einkommensgruppe und ab 2010 um zwei Gruppen herabgestuft und sich dabei an seinen Unterhaltsleitlinien orientiert, die mit den Anmerkungen zur [X.] Tabelle übereinstimmen. Diese gehen für 2009 noch von dem Leitbild aus, dass drei Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, während seit 2010 vom Leitbild zweier Unterhaltsberechtigter ausgegangen wird.

Der [X.] hat die dem Ziel einer gleichmäßigen Anwendung des Unterhaltsrechts zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" dienende Festlegung der Unterhaltsbemessung in [X.] und -leitlinien grundsätzlich als in tatrichterlicher Verantwortung liegend gebilligt (vgl. [X.]surteil vom 19. Juli 2000 - [X.] - [X.], 1492 [X.]). Dazu gehört neben der Bestimmung der [X.] auch die damit im Zusammenhang stehende Festlegung, auf welchen Durchschnittsfall diese zugeschnitten sind, sofern gewährleistet ist, dass die Besonderheiten des Einzelfalls beachtet werden (vgl. auch [X.]surteil [X.] 178, 79 = [X.], 2189 Rn. 17 ff.).

b) Die sich aus Einkommensgruppe 9 der [X.] Tabelle 2009 und Einkommensgruppe 8 der [X.] Tabelle 2010 ergebenden Beträge hat das Berufungsgericht mit den umgerechneten (auf 190 % der damaligen Regelbeträge dynamisierten) Beträgen der [X.] verglichen. Es hat diese gemäß § 36 Nr. 3 a EGZPO für die beiden älteren Kinder, die zum 1. Januar 2008 schon in die dritte Altersstufe fielen, auf je 150,1 % des [X.] umgerechnet. Für den jüngsten [X.], der erst seit September 2009 in die dritte Altersstufe fällt, hat es für die [X.] zuvor einen Prozentsatz von 144,7 errechnet und diesen für die [X.] ab September 2009 ebenfalls auf 150,1 % bemessen (ebenso [X.], 42; [X.] FamRZ 2010, 1349).

Letzteres begegnet allerdings rechtlichen Bedenken. Nach § 36 Nr. 3 Satz 1, 2 EGZPO gelten auf einen Prozentsatz des jeweiligen [X.] nach der [X.] lautende Titel auch nach Inkrafttreten des [X.] vom 21. Dezember 2007 fort. An die Stelle des [X.] tritt der Mindestunterhalt. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes tritt ein neuer Prozentsatz. Dieser ergibt sich gemäß § 36 Nr. 3 Satz 4 lit. a EGZPO bei Titeln, die die Anrechnung des hälftigen Kindergelds vorsehen, indem dem bisher zu zahlenden [X.] das hälftige Kindergeld hinzugerechnet wird und der sich so ergebende Betrag in Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Mindestunterhalt gesetzt wird.

Schon der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass es sich um einen einheitlichen Prozentsatz handelt, der sodann auch für weitere Altersstufen gilt. Die Umrechnung dient nur der Anpassung an die neue gesetzliche Systematik in § 1612 a Abs. 1 BGB. Auch dieser entspricht es, dass der Prozentsatz für alle Altersstufen einheitlich festgelegt wird und sich nicht beim Wechsel von einer Altersstufe zur nächsten verändert. Dass danach - wie auch im vorliegenden Fall - in den [X.] mehrerer Kinder aufgrund des Altersstufenwechsels Differenzen entstehen können, liegt in den zum 1. Januar 2008 durch § 36 Nr. 4 EGZPO für eine Übergangszeit abweichend von der Staffelung des § 1612 a Abs. 1 BGB festgelegten Beträgen begründet (vgl. [X.] [X.], 193, 195). Demnach hat die Umrechnung bestehender dynamisierter Titel zum 1. Januar 2008 nicht nur nach dem jeweils am 31. Dezember 2007 gültigen Zahlbetrag, sondern auch nach der seinerzeit gültigen Altersstufe zu erfolgen (so bereits [X.] FamRZ 2010, 819; [X.] 2011, 73 [X.]; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 293; [X.]/[X.] aaO § 2 Rn. 225).

Der Fehler wirkt sich indessen im Ergebnis nicht aus. Denn der für den jüngsten [X.] nach dem richtigen Prozentsatz (144,7 %) ermittelte Unterhalt beträgt 522 € (= 144,7 % x 426 € Mindestunterhalt = 617 € ./. 95 € hälftiges Kindergeld für ein drittes Kind) und liegt noch geringfügig über dem vom Berufungsgericht festgelegten Unterhalt von 519 €. Dass das Berufungsgericht den Unterhalt wie das Amtsgericht nicht dynamisiert festgesetzt hat, beschwert den Kläger als Revisionskläger schließlich nicht.

Dose                                                 Weber-Monecke                                                  [X.]

                        Schilling                                                         [X.]

Meta

XII ZR 66/10

18.04.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 31. März 2010, Az: 15 UF 115/09

§ 1610 BGB, § 1612a BGB, § 36 Nr 3 S 4 Buchst a ZPOEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2012, Az. XII ZR 66/10 (REWIS RS 2012, 7206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7206

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