Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. XII ZR 66/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7168

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII [X.]
Verkündet am:

18. April 2012

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB §§ 1610, 1612 a; EGZPO § 36 Nr. 3 Satz 4 lit. a
a) Für die Verwendung einer arbeitsrechtlichen Abfindung zur Aufstockung des für die Bemessung des [X.] minderjähriger Kinder maßgeblichen [X.] des Unterhaltspflichtigen gelten grundsätzlich die gleichen Anforderun-gen wie beim Ehegattenunterhalt (im [X.] an [X.]surteil vom 18.
April
2012 -
XII
ZR 65/10
-
zur [X.] in [X.]Z bestimmt).
b) Die Umrechnung dynamisierter Titel über den Kindesunterhalt
zum 1.
Januar
2008 nach §
36 Nr.
3 Satz
4 lit.
a EGZPO in einen Prozentsatz des [X.] nach §
1612
a BGB
hat für jedes Kind gesondert zu erfolgen. Sie ergibt bezogen auf den 1.
Januar
2008 nur einen einheitlichen Prozentsatz, der sodann auch An-wendung findet, wenn das Kind in eine höhere Altersstufe wechselt.

[X.], Urteil vom 18. April 2012 -
XII [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18.
April 2012 durch [X.], Weber-Monecke, Dr.
[X.], Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5.
[X.]s für Familiensachen des [X.] in [X.] vom 31.
März 2010 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten über die Abände-rung des für die drei gemeinsamen Kinder durch [X.] titulier-ten Unterhalts.
Die Parteien
schlossen 1992 die Ehe. Aus der Ehe sind drei Kinder her-vorgegangen, die im September 1992 (S.), im Dezember 1994 ([X.]) und im Sep-tember 1997 ([X.]) geboren
wurden. Nach der Trennung der Parteien ließ der Kläger im August 2007 [X.]
errichten, die den Kindesunterhalt
auf jeweils 190
% des jeweiligen [X.] und der jeweiligen Altersstufe nach der (damaligen) [X.] abzüglich des hälftigen Kindergelds fest-legten. Der Kläger hat mit seiner vor Rechtskraft der Scheidung gegen die [X.] als Prozessstandschafterin der Kinder erhobene Klage die Herabsetzung des Unterhalts ab Januar 2008 geltend gemacht
und sich hierfür auf sein ge-1
2
-
3
-
sunkenes Einkommen
berufen. Das Amtsgericht
hat der Klage stattgegeben. Auf die
Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht
den Unterhalt nur in geringerem Umfang herabgesetzt und die Abänderungsklage überwiegend ab-gewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene [X.], die der Kläger auf den [X.]raum ab September 2009 beschränkt hat. Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über die Berücksichtigung der vom Kläger nach dem Verlust seiner früheren Arbeitsstelle erhaltene Abfindung. In einem weiteren bei dem [X.] anhängigen Verfahren (XII
ZR
65/10) streiten die Parteien über den nachehelichen Unterhalt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision
hat
keinen Erfolg.
Auf das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 3.
November 2010 -
XII
ZB 197/10
-
FamRZ 2011, 100 Rn.
10).

I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist bei dem Einkommen
des [X.]
zu berücksichtigen, dass er zwischenzeitlich den Arbeitgeber gewech-selt habe und kurzfristig arbeitslos gewesen sei. Allerdings habe er im Oktober 2009 eine Abfindung seines Arbeitgebers von
brutto
70.000

(netto jedenfalls 33.663

)
erhalten.
Mit der Abfindung müsse er ab September 2009 sein durch den Arbeitsplatzwechsel und die kurzfristige Arbeitslosigkeit gesunkenes
Ein-3
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-
4
-
kommen
auf das bisherige Niveau aufstocken.
Eine Abfindung sei dem Arbeits-einkommen hinzuzurechnen, wenn sie im Rahmen einer Einzelmaßnahme des Arbeitgebers anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt [X.] sei, soweit sie dem Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes diene und somit den [X.] Besitzstand wahren solle, d.h. eine Entschädigungsfunktion habe, die den durch den Wegfall des Arbeitsplatzes entstehenden Lohnverlust ausgleichen und insbesondere den [X.]raum bis zur Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses überbrücken solle. Das sei im vorliegenden Fall verwirklicht, weil dem (seinerzeit) 44 Jahre alten Kläger
nach langjähriger Un-ternehmenszugehörigkeit sein Arbeitsverhältnis in leitender Funktion gekündigt worden sei und ihm die Abfindung aufgrund des in dem von ihm angestrengten Kündigungsschutzprozess geschlossenen Vergleichs gezahlt worden sei. Sie habe demnach eine Entschädigungsfunktion für den Wegfall des Arbeitsplatzes gehabt. Auf die Frage, ob dem Kläger
der Verlust des Arbeitsplatzes vorzuwer-fen sei, komme es nicht an. Habe der Unterhaltspflichtige schon vor Ablauf des prognostizierten Überbrückungszeitraums eine neue Arbeitsstelle gefunden, sei mit dem nicht verbrauchten Teil der Abfindung im Einzelfall unterschiedlich zu verfahren. Wenn das Einkommen
aus der neuen Arbeitsstelle geringer sei als das frühere, werde in der Rechtsprechung
unterschiedlich beurteilt, ob die Ab-findung weiter zur Aufstockung diene oder wie sonstiges Vermögen zu [X.] sei. Letzteres sei vom [X.] bei einer
annähernd gleichwerti-gen Erwerbstätigkeit und einer [X.] von 25
% angenommen [X.].
Dann komme es maßgeblich darauf an, ob der Arbeitsplatzverlust dem Unterhaltspflichtigen unterhaltsrechtlich vorzuwerfen sei. Hier liege der Fall [X.]. Der Arbeitsplatzwechsel sei mit einer Einkommenseinbuße von ca. einem Drittel
verbunden, so dass es sich nicht um eine der Vergütung nach [X.] Tätigkeit handele. Unter den hier vorliegenden Umständen habe die [X.] unterhaltsrechtlich eine Lohnersatzfunktion. Das ergebe sich insbesonde--
5
-
re aus der Rechtsprechung
zu den wandelbaren Lebensverhältnissen und der ihr zugrunde liegenden Annahme, dass die Familienmitglieder von einer Ände-rung der wirtschaftlichen Verhältnisse in gleicher Weise betroffen wären, wenn sie weiter zusammen gelebt hätten. Wenn eine nicht vorwerfbare Einkom-mensminderung zu Einbußen führe, dürften andererseits die aus solchen Ver-änderungen resultierenden wirtschaftlichen Vorteile nicht dem [X.] verbleiben, wenn diese bei Fortsetzung der [X.] von Eltern mit Kindern [X.] zugute gekommen wären.
Auch angesichts der Höhe sei die Ab-findung hier einzusetzen, um die bisherigen Lebensverhältnisse einstweilen -
für einen [X.]raum von eineinhalb bis zwei Jahren
-
beizubehalten und die An-passung an die veränderten Einkommensverhältnisse vorzubereiten.

Das Berufungsgericht hat den Unterhalt
aufgrund des durch die [X.] auf das bisherige Niveau aufgestockten Einkommens (im September 2009 Arbeitslosengeld und ab Oktober 2009 Arbeitseinkommen) ermittelt. Für 2009 hat es den Unterhalt nach Herabstufung um eine Gruppe der [X.] der [X.] Tabelle (2009) entnommen. Ab 2010 hat es den [X.] nach Herabstufung um nunmehr zwei Gruppen nach der [X.] der [X.] Tabelle
(2010) bemessen. Ein Vergleich mit den dy-namisiert titulierten und nach §
36 Nr.
3 Satz
4 lit.
a EGZPO umgerechneten Unterhaltsbeträgen ergebe, dass die jeweils geschuldeten Unterhaltsbeträge niedriger lägen und daher eine Herabsetzung zu erfolgen habe.

II.
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung
im Ergebnis stand.
Die Abände-rungsklage richtet sich nach §
323 Abs.
1, 4
ZPO aF und ist zulässig. Weiterge-6
7
-
6
-
hende als die vom Berufungsgericht berücksichtigten Veränderungen kann der
Kläger nicht anführen.

1. Dass das Berufungsgericht bei der Bedarfsermittlung nach §
1610 BGB
die Abfindung zur Aufstockung des ab September 2009 verringerten [X.] herangezogen hat,
hat im Ergebnis Bestand.
Der [X.] hat dies -
in dem
im Parallelverfahren ergangenen Urteil vom 18.
April 2012 (XII
ZR
65/10
-
zur [X.] in [X.]Z bestimmt)
-
in Bezug auf den nachehelichen [X.] entschieden. Entsprechendes hat auch für den Kindesunterhalt
zu gel-ten.
a) Allerdings sind bei der Behandlung einer Abfindung die Besonderhei-ten zu beachten, die sich daraus ergeben, dass es sich um Einkommen im Zu-sammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt. Die Ab-findung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeits-platzes und des
mit diesem verbundenen sog. [X.] Besitzstandes
(vgl. Kai-ser Festschrift [X.] 2005 S.
495, 500 ff. [X.]). Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich indessen noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beur-teilen.
Einer Heranziehung der Abfindung bedarf es demnach nicht, wenn der Unterhaltspflichtige im [X.] an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle erlangt, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt. Für diesen Fall hat der [X.] entschieden, dass eine 8
9
10
-
7
-
nach Ehescheidung zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Ein-kommen erhaltene Abfindung bei der Bemessung des [X.] unbe-rücksichtigt bleibt ([X.]surteil vom 2.
Juni 2010 -
XII
ZR 138/08
-
FamRZ 2010, 1311 Rn.
28
f.). Ob dies auch für den Kindesunterhalt
gilt, was allerdings in Anbetracht einer insoweit wohl zulässigen Vermögensbildung durch den [X.]spflichtigen naheliegen dürfte, bedarf im vorliegenden Fall keiner Ent-scheidung, weil die Abfindung hier lediglich zur Aufstockung auf das frühere Niveau herangezogen worden ist.
Kann der Unterhaltspflichtige
sein früheres Einkommen nicht mehr erzie-len, so ist die Abfindung grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten [X.] einzusetzen. Das gilt zum einen, wenn der Unterhaltspflichtige nur noch Lohnersatzleistungen
wie Arbeitslosengeld bezieht, die erheblich hinter dem bisherigen Einkommen zurückbleiben. Dementsprechend hat der [X.] entschieden, dass die Abfindung als Ersatz des fortgef[X.]en Arbeitseinkom-mens in solchen Fällen dazu diene, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können ([X.]surteil [X.]Z 172, 22 = [X.], 983; vgl. auch [X.]surteil vom 14.
Januar 1987 -
IVb
ZR 89/85
-
FamRZ 1987, 359, 360; [X.]/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
29
f., 93).
Für den Fall, dass der Unterhaltspflichtige zwar ein neues Arbeitsverhältnis erlangt hat, das daraus bezogene Einkommen
aber hinter dem früheren zurückbleibt, hat der [X.] hingegen zum Ehegattenunterhalt entschieden, dass eine Abfindung und die Erträge daraus nicht für den Unterhalt zu verwenden seien ([X.]surteil [X.]Z 153, 358 = FamRZ 2003, 590 m. Anm. [X.] FamRZ 2003, 746). Daran hat der [X.] nicht festgehalten ([X.]surteil vom 18.
April 2012 -
XII
ZR 65/10
-
zur [X.] in [X.]Z bestimmt).

11
-
8
-
Damit steht allerdings noch nicht fest, dass die Abfindung unabhängig von ihrer Höhe notwendig zur kompletten Aufstockung zu verwenden ist und stets das frühere Einkommens-
und [X.] erreicht werden muss. Vielmehr kann je nach den Umständen des Falles, insbesondere bei [X.] oder aber bei nicht bestehenden Aussichten auf eine [X.] Steigerung des Einkommens, auch eine nur teilweise Aufstockung [X.] sein, um die Abfindung auf einen längeren [X.]raum zu verteilen. Auf welchen [X.]raum die Abfindung im Einzelfall umzulegen ist, unterliegt der tat-richterlichen Beurteilung.
b) Diese vornehmlich für den Ehegattenunterhalt aufgestellten [X.] gelten entsprechend auch für die Bemessung des [X.] von Kindern nach der [X.] Tabelle. Denn vergleichbar mit dem Ehegatten-unterhalt wird der Unterhaltsbedarf von wirtschaftlich nicht selbständigen [X.] regelmäßig
vom Einkommen
des Unterhaltspflichtigen abgeleitet (vgl. [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
2 Rn.
200 ff.).
Die für den Unterhaltspflichtigen im Verhältnis zu [X.] geltenden unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten stehen jedenfalls bei min-derjährigen Kindern nicht denjenigen im Verhältnis von Ehegatten nach (vgl. auch [X.]surteil [X.]Z 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn.
18 ff.).
Daher darf der Unterhaltspflichtige die Abfindung in diesen Fällen auch gegenüber seinen [X.] nicht zur Vermögensbildung verwenden, sondern muss sie als Einkommen
für den Kindesunterhalt einsetzen.
Im Hinblick auf den konkreten Umfang muss durch die Abfindung -
wie ausgeführt
-
nicht das frühere Einkommens-
und [X.] erreicht wer-den, sondern ist die Abfindung nach den Umständen des Einzelfalls ggf. über eine längere [X.] zu strecken. Das ist bereits im Rahmen der Bedarfsermittlung nach §
1610 BGB
zu berücksichtigen, zumal die gesteigerte Unterhaltspflicht 12
13
14
-
9
-
nach §
1603 Abs.
2 BGB nur eingreift, wenn der Mindestunterhalt
des Kindes nicht gewährleistet ist.
c) Das Berufungsurteil entspricht den genannten Maßstäben. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass das Einkommen des [X.]
gegen-über seinem früheren Einkommen um etwa ein Drittel gesunken ist. Damit ist eine Aufstockung des gesunkenen Einkommens angezeigt. Auch der Umfang der Heranziehung hält sich im zulässigen Rahmen einer tatrichterlichen Ange-messenheitsbetrachtung. Zwar erscheint der [X.]raum der Umlegung auf (nur) eineinhalb bis zwei Jahre und die dadurch bewirkte vollständige Aufrechterhal-tung des bisherigen Lebensstandards als recht kurz bemessen. Indessen hat der Kläger
auch in seinem neuen Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer [X.]n Verbesserung seines Einkommens. Die Dauer der Aufstockung, über die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu entscheiden ist, kann dann gegenüber dem vorläufig veranschlagten [X.]raum durchaus länger ausf[X.]. In Anbetracht des vom Berufungsgericht zu Recht angenommenen (jedenfalls) unterhaltsrechtlichen Zwecks der Abfindung, den Einkommensrückgang ganz
oder teilweise aufzufangen, bewegt sich seine Unterhaltsbemessung insoweit noch im zulässigen Rahmen tatrichterlicher Beurteilung, die nach revisions-rechtlichen Maßstäben nicht zu beanstanden ist. Um den vollständigen Ver-brauch der Abfindung geltend zu machen, steht dem Kläger
ein [X.] nach §
238 FamFG offen.
2. Das Berufungsgericht hat den Unterhaltsbedarf ausgehend von dem um die Abfindung aufgestockten Einkommen nach der [X.] Tabelle bemessen.
a) Es hat den Unterhalt für 2009 um eine Einkommensgruppe und ab 2010 um zwei Gruppen herabgestuft und sich dabei an seinen Unterhaltsleitli-15
16
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-
10
-
nien orientiert, die mit den Anmerkungen zur [X.] Tabelle überein-stimmen. Diese gehen für 2009 noch von dem Leitbild aus, dass drei [X.] vorhanden sind, während seit 2010 vom Leitbild zweier [X.]r ausgegangen wird.
Der [X.] hat die dem Ziel einer gleichmäßigen Anwendung des Unter-haltsrechts zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemesse-nen Unterhalts"
dienende Festlegung der Unterhaltsbemessung in Unter-haltstabellen und -leitlinien grundsätzlich als in tatrichterlicher Verantwortung liegend gebilligt (vgl. [X.]surteil vom 19.
Juli 2000 -
XII
ZR 161/98
-
FamRZ 2000, 1492 [X.]). Dazu gehört neben der Bestimmung der [X.] auch die damit im Zusammenhang stehende
Festlegung, auf welchen Durchschnitts-fall diese zugeschnitten sind, sofern gewährleistet ist, dass die Besonderheiten des Einzelfalls beachtet werden (vgl. auch [X.]surteil [X.]Z 178, 79 =
[X.], 2189 Rn.
17 ff.).
b) Die sich aus Einkommensgruppe 9 der [X.] Tabelle 2009 und Einkommensgruppe 8 der [X.] Tabelle 2010 ergebenden Beträge hat das Berufungsgericht mit den umgerechneten (auf 190
% der damaligen Regel-beträge
dynamisierten) Beträgen der [X.] verglichen. Es hat diese gemäß §
36 Nr.
3
a EGZPO für die beiden älteren Kinder, die zum 1.
Januar 2008 schon in die dritte Altersstufe fielen, auf je 150,1
% des [X.] umgerechnet. Für den jüngsten [X.], der erst seit September 2009 in die dritte Altersstufe fällt, hat es für die [X.] zuvor einen Prozentsatz von 144,7 errechnet und diesen für die [X.] ab September 2009 ebenfalls auf 150,1
% bemessen (ebenso [X.] FamRZ
2011, 42; [X.] FamRZ 2010, 1349).

18
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-
11
-
Letzteres begegnet allerdings rechtlichen Bedenken. Nach §
36 Nr.
3 Satz
1, 2 EGZPO gelten auf einen Prozentsatz des jeweiligen [X.] nach der [X.] lautende Titel auch nach Inkrafttreten des [X.] vom 21.
Dezember 2007 fort. An die Stelle des [X.] tritt der Mindestunterhalt. An die Stelle des bisherigen [X.] tritt ein neuer Prozentsatz.
Dieser ergibt sich gemäß §
36 Nr.
3 Satz
4 lit.
a EGZPO bei Titeln, die die Anrechnung des hälftigen Kindergelds vorsehen, indem dem bisher zu zahlenden [X.] das hälftige Kin-dergeld hinzugerechnet wird und der sich so ergebende Betrag in Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts gelten-den Mindestunterhalt gesetzt wird.
Schon der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass es sich um einen ein-heitlichen Prozentsatz handelt, der sodann auch für weitere Altersstufen gilt. Die Umrechnung dient nur der Anpassung an die neue gesetzliche Systematik in §
1612
a Abs.
1
BGB. Auch dieser entspricht es, dass der Prozentsatz für alle Altersstufen einheitlich festgelegt wird und sich nicht beim Wechsel von einer Altersstufe zur nächsten verändert. Dass danach -
wie auch im vorliegen-den Fall
-
in den Unterhaltssätzen mehrerer Kinder aufgrund des Altersstufen-wechsels Differenzen entstehen können, liegt in den zum 1.
Januar
2008 durch §
36 Nr.
4 EGZPO für eine Übergangszeit abweichend von der Staffelung des §
1612
a Abs.
1 BGB
festgelegten Beträgen
begründet (vgl. [X.]
FamRZ
2008, 193, 195).
Demnach hat die Umrechnung bestehender dynami-sierter Titel zum 1.
Januar 2008 nicht nur nach dem jeweils am 31.
Dezember 2007 gültigen Zahlbetrag,
sondern auch nach der seinerzeit gültigen Altersstufe zu erfolgen (so bereits [X.] FamRZ 2010, 819; [X.] 2011, 73 [X.]; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
8 Rn.
293; [X.]/[X.] [X.]O §
2
Rn.
225).
20
21
-
12
-
Der Fehler wirkt sich indessen im Ergebnis nicht aus. Denn der für den jüngsten [X.] nach dem richtigen Prozentsatz (144,7
%) ermittelte Unterhalt beträgt 522

% x 426

Mindestunterhalt
= 617

Kindergeld für ein drittes Kind) und liegt noch geringfügig über dem vom [X.] festgelegten Unterhalt von 519

Dass das Berufungsgericht den Unterhalt wie das Amtsgericht nicht dynamisiert festgesetzt hat, beschwert den Kläger als Revisionskläger schließlich nicht.
Dose

Weber-Monecke

[X.]

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.06.2009 -
13a [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom [X.] -
15 [X.]/09 -

22

Meta

XII ZR 66/10

18.04.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.04.2012, Az. XII ZR 66/10 (REWIS RS 2012, 7168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7168

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 66/10

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