Leitsätze
zum [X.]eschluss des [X.] vom 31. Januar 1973
- 2 [X.]vR 454/71 -
- Das Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 GG schützt auch Rechtspositionen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit notwendig sind. Dazu gehört in bestimmten Grenzen, ebenso wie das Recht am eigenen [X.]ild, das Recht am gesprochenen Wort. Deshalb darf grundsätzlich jedermann selbst und allein bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll sowie ob und vor wem seine auf einen Tonträger aufgenommene Stimme wieder abgespielt werden darf.
- Damit ist allerdings noch nicht ausgeschlossen, daß in Fällen, wo überwiegende Interessen der Allgemeinheit dies zwingend gebieten, auch das schutzwürdige Interesse des [X.]eschuldigten an der Nichtverwertung einer heimlichen Tonbandaufnahme im Strafverfahren zurücktreten muß.
[X.]
- 2 [X.]vR 454/71 -
IM NAMEN DES VOLKKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn [X.]... |
- [X.]evollmächtigter:
Rechtsanwalt [X.], Osnabrück, [X.] 1 [X.] -
gegen |
den [X.]eschluß des [X.]s Osnabrück vom 3. Mai 1971 - 12 [X.] - |
hat das [X.] - Zweiter Senat -
unter Mitwirkung [X.]
Vizepräsident [X.] als Vorsitzender,
Dr. [X.],
Dr. Geiger,
[X.],
Dr. Rinck,
Dr. Rottmann,
Wand
am 31. Januar 1973 beschlossen:
- Der [X.]eschluß des [X.]s Osnabrück vom 3. Mai 1971 - 12 [X.] - verletzt das Grundrecht des [X.]eschwerdeführers aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben, soweit die [X.]eschwerde gegen die Anordnung der Verwertung des zu [X.].Nr. 10319/70 der Kriminalpolizei übergebenen [X.] verworfen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache an das [X.] Osnabrück zurückverwiesen.
- Das [X.] hat dem [X.]eschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
A.
I.
[X.] betrifft die Zulässigkeit der Verwertung einer heimlich aufgenommenen privaten Tonbandaufnahme in einem Ermittlungsverfahren, das gegen den [X.]eschwerdeführer wegen Verdachts der Steuerhinterziehung, des [X.]etrugs und der Urkundenfälschung geführt wird.
1. Dem Verfahren liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
a) Die Eheleute [X.] veräußerten am 11. Mai 1970 an den [X.]eschwerdeführer ein Wohn- und Geschäftshaus in Osnabrück. Der Kaufpreis für dieses Anwesen wurde im notariellen Vertrag mit 425 000 DM, der Preis für das Inventar einer zugehörigen Schlachterei mit 20 000 DM angegeben. Die vereinbarte Anzahlung von 25 000 DM leistete der [X.]eschwerdeführer durch [X.] im [X.]eisein des beurkundenden Notars. Der restliche Kaufpreis sollte erst später fällig werden.
b) Am 14. Dezember 1970 erstattete der Ehemann [X.] Strafanzeige gegen den [X.]eschwerdeführer. Er gab an, mündlich seien als Kaufpreis für das Haus 495 000 DM und für das Inventar 20 000 DM vereinbart worden. Zur Einsparung von Grunderwerbsteuer sei jedoch auf Wunsch des [X.]eschwerdeführers für das Haus lediglich ein Kaufpreis in Höhe von 425 000 DM beurkundet worden. Zum Ausgleich dafür habe der [X.]eschwerdeführer vor [X.]eurkundung des Kaufvertrages am 11. Mai 1970 gegen 18.45 Uhr einen [X.]etrag von 70 000 DM als "schwarzes Geld" in bar bezahlt. Zugleich habe er von ihm und seiner Ehefrau die Unterzeichnung einer vorbereiteten Quittung verlangt. Das Schriftstück habe sinngemäß wie folgt gelautet:
"Quittung
Hiermit bestätigen wir, ein zinsloses Darlehen in Höhe von 70 000 DM - siebzigtausend - in bar von [X.]..., erhalten zu haben."
Diese Quittung sei nur von ihm unterschrieben worden. Sie habe vereinbarungsgemäß nach Abschluß des notariellen Vertrages vom [X.]eschwerdeführer vernichtet werden sollen. Der [X.]eschwerdeführer habe auch am Abend des 11. Mai 1970 in seinem [X.]eisein ein Schriftstück zerrissen. Er sei aber nicht sicher, ob es sich dabei um die Originalquittung gehandelt habe. Auf den ihm anschließend vom [X.]eschwerdeführer ausgehändigten Papierfetzen hätten zwar [X.]ruchstücke des erwähnten [X.], nicht jedoch seine Unterschrift gestanden.
[X.]ei Fälligkeit der letzten [X.] habe der [X.]eschwerdeführer eine Quittung über den Erhalt eines Darlehens in Höhe von 70 000 DM vorgelegt und erklärt, er rechne mit dieser Summe gegen den [X.] von 70 000 DM auf. Diese bei den Akten befindliche Quittung hat folgenden Wortlaut:
"Quittung
Hiermit bestätigen wir, ein zinsloses Darlehen in Höhe von 70 000 DM - siebzigtausend - in bar von [X.]..., erhalten zu haben. Die Kündigung des Darlehens kann mit 3-monatiger Frist erfolgen. Aufrechnung = spätestens mit Restkaufgeld/Inventar."
Sie trägt neben dem Datum "11.5.1970" die Namenszüge "Erwin [X.]" und "Anni [X.]".
Weder er noch seine Ehefrau hätten indes eine [X.] in dieser Form unterzeichnet. Die Urkunde sei eine Fälschung.
Der [X.]eschwerdeführer hat bei seiner polizeilichen Vernehmung erklärt, der notariell beurkundete Kaufpreis sei auch das tatsächlich vereinbarte Entgelt. Von einer mündlichen Vereinbarung über eine Zahlung von "Schwarzgeld" wisse er nichts. Auf Wunsch des Ehemanns [X.] habe er diesem am 11. Mai 1970 gegen 20.00 Uhr in dessen Wohnung ein zinsloses Darlehen von 70 000 DM in bar gewährt. Darüber sei die vorgelegte Quittung ausgestellt worden.
c) Mit der eingangs erwähnten Tonbandaufnahme hat es folgende [X.]ewandtnis:
Die Tonbandaufnahme soll im August 1970 - also nach der [X.]eurkundung des Grundstückskaufes - anläßlich einer Unterredung zwischen dem [X.]eschwerdeführer und den Eheleuten [X.] ohne Wissen des [X.]eschwerdeführers hergestellt worden sein. Zum Zeitpunkt der Aufnahme will [X.] von der später vorgelegten [X.] noch nichts gewußt haben. Anlaß der auf dem Tonband festgehaltenen Unterredung soll die Ankündigung des [X.]eschwerdeführers gewesen sein, den Kaufpreis wegen einer Erhöhung der Hypothekenzinsen zu mindern. In dem aufgenommenen Gespräch soll unter anderem von der Angemessenheit des Kaufpreises, von "Schwarzgeld" und von einer darüber erteilten Quittung die Rede sein.
Das Tonband ist der Polizei am 23. Februar 1971 von dem Ehemann [X.] für [X.] zur Verfügung gestellt worden. Ein Polizeibeamter hat drei Tage danach das [X.]and mehrmals abgehört und, soweit die schlechte Tonqualität dies zuließ, eine Niederschrift gefertigt, die zu den Akten genommen worden ist.
2. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Osnabrück am 10. März 1971 gemäß §§ 94, 98, 110 StPO die [X.]eschlagnahme einiger bei einer Durchsuchung der Wohnung des [X.]eschwerdeführers am 3. März 1971 sichergestellten Schriftstücke verfügt. Es hat ferner die Verwertung des der Kriminalpolizei übergebenen [X.] angeordnet, da dies als [X.]eweismittel für die Untersuchung von [X.]edeutung sein könne.
Die hiergegen vom [X.]eschwerdeführer erhobene [X.]eschwerde hatte nur teilweise Erfolg. Das [X.] ordnete lediglich an, daß dem [X.]eschwerdeführer ein Teil der beschlagnahmten Schriftstücke wieder auszuhändigen sei. Im übrigen verwarf es die [X.]eschwerde. Zur Zulässigkeit der Verwertung des [X.] führte es in dem angefochtenen [X.]eschluß aus:
Zwar sei die Verwertung eines heimlich erstellten [X.] zu [X.]eweiszwecken grundsätzlich unzulässig, weil das heimliche Vorgehen das Recht des Sprechenden auf die freie Selbstbestimmung seiner Persönlichkeit verletze (Art. 2 Abs. 1 GG). Die Heimlichkeit eines solchen Vorgehens könne jedoch gerechtfertigt sein - mit der Folge der Verwertbarkeit des [X.] als [X.]eweismittel -, wenn das Interesse des [X.]etroffenen am Schutz seiner Persönlichkeitssphäre mit überwiegenden privaten oder öffentlichen Interessen am Eindringen in diese Sphäre in Kollision gerate. Diese Interessen müßten im Hinblick auf die [X.]edeutung des verletzten Grundrechts überwiegen und der Eingriff sich daher nach Form, Inhalt und [X.]egleitumständen als das gebotene und notwendige Mittel zur Erreichung des durch ihn beabsichtigten Zwecks darstellen. Diese Voraussetzungen könnten im vorliegenden Falle erfüllt sein. Selbst wenn man unterstelle, daß eine Urkundenfälschung zum Nachteil der Eheleute [X.] nicht vorliege, so bleibe doch der Verdacht eines [X.]etruges und einer Steuerhinterziehung bestehen. Der Anspruch des Staates auf die Grunderwerbsteuer und die gleichmäßige [X.]esteuerung aller seien öffentliche Interessen, die im Einzelfall den Grundrechten des Einzelnen vorgehen könnten. Anders als mit Hilfe des [X.] sei dem [X.]eschwerdeführer möglicherweise nicht nachzuweisen, daß er sich strafbar gemacht habe, da anderes geeignetes [X.]eweismaterial nicht vorliege. Ob das in der Hauptverhandlung erkennende Gericht von dem [X.]eweismittel Gebrauch machen wolle, müsse ihm überlassen bleiben.
II.
1. [X.] richtet sich gegen diesen [X.]eschluß. Der [X.]eschwerdeführer rügt die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG und trägt dazu vor:
Art. 2 Abs. 1 GG gewähre ein Recht am eigenen Wort, gewissermaßen ein Grundrecht darauf, "in Kladde" sprechen zu dürfen, ohne später auf jedes Wort festgelegt zu werden. Im Gespräch komme die Eigenart der Persönlichkeit des Sprechenden zum Ausdruck, der ein Recht darauf habe, das Gespräch frei, unbefangen und ohne das Gefühl von Mißtrauen und Argwohn führen zu können.
Der Gesetzgeber habe die heimliche Tonbandaufnahme in § 298 StG[X.] unter Strafe gestellt. Gegen diesen Straftatbestand habe die Aufnahme des Gesprächs verstoßen. Die Rechtswidrigkeit der [X.]andaufnahme ergebe sich auch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG herzuleiten sei. Werde eine Tonbandaufnahme rechtswidrig erstellt, sei auch deren Verwertung im staatlichen Verfahren illegal. Aber selbst wenn man die Unzulässigkeit der Verwertung nicht schon aus der Rechtswidrigkeit der Aufnahme folgern wolle, stehe im vorliegenden Fall einer Verwertung jedenfalls das unterschiedliche Gewicht der widerstreitenden Interessen entgegen. In [X.]etracht komme allenfalls die Hinterziehung eines Steuerbetrages in Höhe von 4 900 DM. Die in dieser Zahl sich ausdrückenden fiskalischen [X.]elange hätten nicht ein solches Gewicht, daß sie einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Persönlichkeitssphäre zu rechtfertigen vermöchten. Auch sei zu berücksichtigen, daß bisher nicht mehr als der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung gegeben sei.
2. Der [X.]undesminister der Justiz, der sich im Namen der [X.]undesregierung geäußert hat, hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig und begründet.
[X.] an seinem gesprochenen Wort gehöre zum Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, dem die Verfassung eine besondere [X.]edeutung beimesse. Grundsätzlich werde der Persönlichkeitsbereich des Sprechers verletzt, wenn der Gesprächspartner das Wort heimlich auf einem Tonband festhalte oder wenn das Tonband ohne Zustimmung des Sprechers anderen Personen gegenüber wiedergegeben werde. Dieser Schutz sei jedoch nicht unbegrenzt. [X.] müsse staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots getroffen würden, soweit sie nicht den unantastbaren [X.]ereich privater Lebensgestaltung beeinträchtigten. Dabei sei im Einzelfall zu prüfen, ob die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege oder das Interesse des [X.]ürgers am Schutz seiner Persönlichkeitssphäre höher stehe. Die angefochtene Entscheidung lasse eine derartige Abwägung vermissen. Weder der staatliche Steueranspruch noch der Verdacht einer Steuerhinterziehung der hier in [X.]etracht kommenden Art seien von einem solchen Gewicht, daß sie die Verwertung der Tonbandaufnahme rechtfertigen könnten.
[X.].
I.
Die rechtzeitig eingelegte Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1. Der Rechtsweg ist erschöpft. Gegen den angefochtenen [X.]eschluß ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 310 Abs. 2 StPO).
2. [X.]ei dem angegriffenen [X.]eschluß handelt es sich um eine Zwischenentscheidung, die in einem besonderen Verfahren ergangen ist und die, falls sie aufrechterhalten bleibt, für den [X.]eschwerdeführer einen bleibenden Nachteil nach sich zieht (vgl. [X.]VerfGE 1, 322 [325]; st. Rspr.).
II.
[X.] ist begründet.
Der angefochtene [X.]eschluß verletzt dadurch, daß er die Verwertung der heimlichen Tonbandaufnahme im Strafverfahren gegen den [X.]eschwerdeführer als [X.]eschuldigten ohne dessen Einwilligung zuläßt, das Grundrecht des [X.]eschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
1. Das [X.] hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß das Grundgesetz dem einzelnen [X.]ürger einen unantastbaren [X.]ereich privater Lebensgestaltung gewährt, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist ([X.]VerfGE 6, 32 [41]; 389 [433]; 27, 1 [6], 344 [350 f.]; 32, 373 [378 f.]; [X.]eschluß vom 19. Juli 1972 - 2 [X.]vL 7/71, S. 12 f.1 - im folgenden zitiert als 2 [X.]vL 7/71 -). Das verfassungskräftige Gebot, diesen Kernbereich, die Intimsphäre des Einzelnen, zu achten, hat seine Grundlage in dem durch Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. [X.]ei der [X.]estimmung von Inhalt und Reichweite des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG muß berücksichtigt werden, daß nach der Grundnorm des Art. 1 Abs. 1 GG die Würde des Menschen unantastbar ist und gegenüber aller staatlichen Gewalt Achtung und Schutz beansprucht. Überdies darf nach Art. 19 Abs. 2 GG auch das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht in seinem Wesensgehalt angetastet werden ([X.]VerfGE 27, 344 [350 f.]; 32, 373 [379]). Selbst überwiegende Interessen der Allgemeinheit können einen Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht rechtfertigen; eine Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes findet nicht statt.
Jedoch steht nicht der gesamte [X.]ereich des privaten Lebens unter dem absoluten Schutz des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ([X.]VerfGE 6, 389 [433]; 27, 1 [7]; 27, 344 [351]; 32, 373 [379]; 2 [X.]vL 7/71, S. 131 ). Als gemeinschaftsbezogener und gemeinschaftsgebundener [X.]ürger muß vielmehr jedermann staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots getroffen werden, soweit sie nicht den unantastbaren [X.]ereich privater Lebensgestaltung beeinträchtigen. Dabei ist von den Grundsätzen auszugehen, die das [X.] in seiner Rechtsprechung über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit entwickelt hat ([X.]VerfGE 16, 194 [201 f.]; 17, 108 [117f.]; 27, 211 [219]; 344 [351]; 32, 373 [379]).
2. Art. 2 Abs. 1 GG verbrieft jedem das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das [X.] verstößt. Dieses Grundrecht schützt auch Rechtspositionen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit notwendig sind. Dazu gehört in bestimmten Grenzen, ebenso wie das Recht am eigenen [X.]ild, das Recht am gesprochenen Wort. Deshalb darf grundsätzlich jedermann selbst und allein bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll sowie ob und vor wem seine auf einen Tonträger aufgenommene Stimme wieder abgespielt werden darf.
Wort und Stimme des Menschen sind auf dem Tonband von ihm losgelöst und in einer verfügbaren Gestalt verselbständigt. Die Unantastbarkeit der Persönlichkeit würde erheblich geschmälert, dürften andere ohne oder gar gegen den Willen des [X.]etroffenen über sein nicht öffentlich gesprochenes Wort nach [X.]elieben verfügen. Die Unbefangenheit der menschlichen Kommunikation würde gestört, müßte ein jeder mit dem [X.]ewußtsein leben, daß jedes seiner Worte, eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte Äußerung, eine bloß vorläufige Stellungnahme im Rahmen eines sich entfaltenden Gesprächs oder eine nur aus einer besonderen Situation heraus verständliche Formulierung bei anderer Gelegenheit und in anderem Zusammenhang hervorgeholt werden könnte, um mit ihrem Inhalt, Ausdruck oder Klang gegen ihn zu zeugen. Private Gespräche müssen geführt werden können ohne den Argwohn und die [X.]efürchtung, daß deren heimliche Aufnahme ohne die Einwilligung des Sprechenden oder gar gegen dessen erklärten Willen verwertet wird. Dem tragen im materiellen Strafrecht die §§ 298, 353 d (vgl. dazu die [X.]egründung des Entwurfs eines StG[X.], [X.], - [X.]undesratsvorlage - Drucks. 200/62, [X.]) und im Zivilrecht die Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht seit langem Rechnung (vgl. dazu [X.]GHZ 27,284 ff. mit weiteren Nachweisen).
3. Das Gespräch zwischen den Eheleuten [X.] und dem [X.]eschwerdeführer war vertraulich. Seine Aufnahme erfolgte heimlich. Der [X.]eschwerdeführer hat der Auswertung der Aufnahme zu [X.]eweiszwecken widersprochen. [X.]ei dieser Sachlage stellt sich die Verwertung im Ermittlungsverfahren als ein Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht am eigenen Wort dar.
Zwar gibt es Fallgruppen, in denen auch eine ohne Wissen des Sprechenden hergestellte Tonbandaufnahme von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG herausfällt, weil in diesen Fällen nach allgemeiner Auffassung von einem Recht am eigenen Wort nicht mehr die Rede sein kann. Soweit es z.[X.]. im geschäftlichen Verkehr üblich geworden ist, fernmündliche Durchsagen, [X.]estellungen oder [X.]örsennachrichten mittels eines Tonabnehmers festzuhalten, ist in aller Regel das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des Sprechers noch nicht betroffen. [X.]ei derartigen Mitteilungen steht der objektive Gehalt des Gesagten so sehr im Vordergrund, daß die Persönlichkeit des Sprechenden nahezu vollends dahinter zurücktritt und das gesprochene Wort damit seinen privaten Charakter einbüßt. So aber liegt es hier nicht. Die Unterredung fand unter sechs Augen statt. Sie hatte Vertragsverhandlungen zum Gegenstand. Der [X.]eschwerdeführer brauchte nicht damit zu rechnen, daß seine Worte auf einem Tonband festgehalten würden. Er kann sich daher auf den durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des Rechts am eigenen Wort berufen.
4. Wann eine heimliche Tonbandaufnahme den schlechthin unantastbaren [X.]ereich privater Lebensgestaltung berührt und wann sie lediglich den unter bestimmten Voraussetzungen dem staatlichen Zugriff offenstehenden [X.]ereich des privaten Lebens betrifft, läßt sich nur schwer abstrakt umschreiben. Diese Frage kann befriedigend nur von Fall zu Fall unter [X.]erücksichtigung seiner [X.]esonderheiten beantwortet werden.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine geschäftliche Unterredung. Die Geschäftspartner legten in Rede und Gegenrede ihre unterschiedlichen Auffassungen zur Abwicklung eines Grundstückskaufs und zur Angemessenheit des vereinbarten Kaufpreises dar. Höchstpersönliche Dinge, die der unantastbaren Intimsphäre zugerechnet werden könnten, kamen dabei nicht zur Sprache.
5. Da nicht ein Zugriff der öffentlichen Gewalt auf den absolut geschützten Persönlichkeitsbereich in Frage steht, wäre die Verwertung des [X.] zulässig, wenn sie sich durch ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit rechtfertigen ließe. Das ist nicht der Fall.
a) Das Grundgesetz weist dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit einen hohen Rang zu. Staatliche Maßnahmen, die es beeinträchtigen, sind, wenn überhaupt, nur unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots zulässig. Andererseits mißt das Grundgesetz auch den Erfordernissen einer wirksamen Rechtspflege eine besondere [X.]edeutung bei. Das [X.] hat deshalb wiederholt die unabweisbaren [X.]edürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung ([X.]VerfGE 19, 342 [347]; 20, 45 [49]; 144 [147]), das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafprozeß - zur Überführung von Straftätern ebenso wie zur Entlastung Unschuldiger - betont ([X.]VerfGE 32, 373 [381]), die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens gewürdigt ([X.]VerfGE 29, 183 [194]) und auf die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden könne, abgehoben (2 [X.]vL 7/71, [X.]).
Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Erfordernisse einer wirksamen Rechtspflege können in mannigfacher Weise miteinander in Widerspruch geraten. Ein gerechter Ausgleich dieser Spannungen läßt sich nur dadurch erreichen, daß den unter dem [X.]lickpunkt der Erfordernisse einer wirksamen Rechtspflege erforderlich erscheinenden Eingriffen das Schutzgebot des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ständig als Korrektiv entgegengehalten wird (vgl. dazu [X.]VerfGE 19, 342 [347]; 20, 45 [49]; 144 [147]). Das bedeutet, daß jeweils zu ermitteln ist, welchem dieser beiden verfassungsrechtlich bedeutsamen Prinzipien im konkreten Fall das größere Gewicht zukommt.
b) Den bei einer solchen Abwägung schutzwürdigen [X.]elangen des [X.]eschuldigten trägt die Strafprozeßordnung unter anderem dadurch Rechnung, daß sie ihn nicht zwingt, gegen sich selbst auszusagen (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). Schutzwürdig ist aber der [X.]eschuldigte auch, wenn eine ohne sein Wissen auf Tonband festgehaltene Äußerung im Strafverfahren gegen ihn verwendet werden soll.
c) Damit ist allerdings noch nicht ausgeschlossen, daß in Fällen, wo überwiegende Interessen der Allgemeinheit dies zwingend gebieten, auch das schutzwürdige Interesse des [X.]eschuldigten an der Nichtverwertung einer heimlichen Tonbandaufnahme zurücktreten muß.
So wird es im allgemeinen keinen verfassungsrechtlichen [X.]edenken unterliegen, wenn die Strafverfolgungsbehörden in Fällen schwerer Kriminalität - sei es gegen Leib und Leben anderer, sei es gegen die existentiellen Grundlagen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder gegen sonstige Rechtsgüter vergleichbaren Ranges - zur Feststellung der Identität von Straftätern wie zur Entlastung zu Unrecht [X.]eschuldigter notfalls auf heimlich hergestellte Tonbandaufnahmen Dritter zurückgreifen. Der vorliegende Fall nötigt nicht zur abschließenden Klärung der Frage, wo die Grenze für die unter diesen [X.]lickpunkten zulässigen Eingriffe in das Recht am eigenen Wort im einzelnen verläuft, sowie zur Entscheidung der Frage, ob diese Grenzlinie etwa so zu ziehen wäre, wie der Gesetzgeber sie in § 100a StPO für den verwandten [X.]ereich der Überwachung des Fernmeldeverkehrs und seiner Aufnahme auf Tonträger konkretisiert hat.
Hier - wie sonst - kommt es allerdings entscheidend darauf an, ob ein derartiger Eingriff bei einer Abwägung, die alle Umstände des Einzelfalles in [X.]etracht zieht, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Das heißt: Einerseits ist zu berücksichtigen, wie tief die beabsichtigte Verwertung einer konkreten Tonbandaufnahme - gemessen an deren Inhalt und Form - in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des [X.]etroffenen eingreifen würde. Andererseits ist bei der Abwägung der so ermittelten Schwere des Eingriffs in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gegen berechtigte Erfordernisse der Strafrechtspflege nicht lediglich auf den in einem Straftatbestand abstrakt umschriebenen Deliktsvorwurf abzuheben, sondern auf das im Einzelfall in [X.]etracht kommende konkrete Tatunrecht. Anders wäre bei der Vielzahl möglicher Tatbegehungen im Rahmen vieler Straftatbestände eine sachgemäße und gerechte Abwägung nicht möglich.
Auch wird es nicht ohne [X.]elang sein, ob die Heranziehung der Tonbandaufnahme sich nach Ausschöpfung aller anderen rechtlich zulässigen Möglichkeiten als das einzige Mittel zur Überführung des Täters bei schweren Straftaten oder zur Entlastung eines [X.]eschuldigten erweist.
Schließlich wird darauf [X.]edacht zu nehmen sein, ob und inwieweit eine rechtliche und tatsächliche Gewähr dafür gegeben ist, daß das Wissen um die auf dem Tonband festgehaltenen, für das Strafverfahren möglicherweise nicht relevanten Äußerungen - etwa durch Erörterung des Inhalts der Tonbandaufnahme in nichtöffentlicher Verhandlung - auf den Kreis der unmittelbar am Verfahren [X.]eteiligten beschränkt werden kann (vgl. dazu [X.]VerfGE 32, 373 [381]).
6. Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Die vom [X.] bestätigte Verwertungsanordnung eröffnet den mit der Aufklärung des Falles befaßten Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit, die heimlich aufgenommene Tonbandaufnahme ohne die Zustimmung des [X.]eschwerdeführers zur Kenntnis zu nehmen und den Inhalt gegen ihn zu verwerten. Dieser Eingriff läßt sich nicht mit dem Interesse an der Aufklärung der vom [X.] genannten Straftatbestände rechtfertigen. Der angegriffene [X.]eschluß läßt nicht erkennen, daß hier ein so gewichtiges Unrecht vorliegt oder öffentliche [X.]elange in einem solchen Maße berührt sind, daß demgegenüber das Grundrecht des [X.]eschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zurücktreten müßte. Der [X.]eschluß war daher aufzuheben.
III.
Die dem [X.]eschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen sind zu erstatten (§ 34 Abs. 4 [X.]VerfGG). Die Erstattungspflicht trifft das [X.], dem die erfolgreich gerügte Grundrechtsverletzung zuzurechnen ist.
Die Entscheidung ist mit 6 gegen 1 Stimme ergangen.
[X.] | Dr. [X.] | Dr. Geiger | |||||||||
[X.] | Dr. Rinck | Dr. Rottmann | |||||||||
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