Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.04.2011, Az. II ZB 9/10

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7741

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Gegenstand

Neugründung einer Unternehmergesellschaft durch Abspaltung: Sacheinlagenverbot


Leitsatz

Die Neugründung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) durch Abspaltung verstößt gegen das Sacheinlagenverbot nach § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 9. März 2010 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.

Gründe

1

I. [X.]führerin, eine GmbH, begehrt die Eintragung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) (im Folgenden: UG) in das Handelsregister. Die UG sollte durch Abspaltung vom Vermögen der GmbH neu gegründet werden (§ 123 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

2

Im September 2009 meldete die Geschäftsführerin der GmbH die UG zur Eintragung in das Handelsregister an. Nach den Feststellungen des [X.] wurden mit der Anmeldung der [X.], der [X.], [X.] nach § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 3 und § 12 Abs. 3 [X.], eine Liste der [X.]er, eine Liste der übernommenen Stammeinlagen, ein Sachgründungsbericht, eine Werthaltigkeitsbescheinigung sowie der [X.]svertrag der UG vorgelegt.

3

§ 2 a) des [X.]s lautete:

Auf die durch die Spaltung entstehende [X.] übertragen wird aus der Kasse ein Betrag in Höhe von [X.] 1,00.

4

§ 5 des [X.]svertrags der UG lautete auszugsweise zuletzt:

1. Das Stammkapital der [X.] beträgt € 1,00 (in Worten: [X.] eins).

2. Vom Stammkapital übernimmt Frau [...] eine Stammeinlage in Höhe von € 1,00 (in Worten: [X.] eins).

3. Die Einlage wird dadurch erbracht, dass die [… GmbH] einen Teil ihres Vermögens abgespalten hat und ihrer [X.]erin dafür einen Geschäftsanteil von [X.] 1,00 gewährt hat.

5

Das Registergericht hat den Eintragungsantrag wegen Verstoßes gegen § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen ([X.], [X.], 1798).

6

II. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Entstehung einer Unternehmergesellschaft im Wege der Umwandlung durch Abspaltung zur Neugründung stehe das in § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG verankerte Verbot von Sacheinlagen entgegen. Bei einer durch Abspaltung neu gegründeten [X.] erfolge die Erbringung des Stammkapitals zwingend durch eine Vermögensübertragung vom übertragenden Rechtsträger in Form einer Sacheinlage. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass hier die Vermögensübertragung durch die Einbringung einer1-[X.]-Münze erfolgen solle. Denn rechtlich finde keine Bareinlage statt, sondern - wie in § 5 Abs. 3 des [X.]svertrages festgehalten - die Abspaltung eines Teils des Vermögens der GmbH als übertragendem Rechtsträger.

7

III. [X.] hat keinen Erfolg.

8

1. Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 des [X.] und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ([X.]) das seit 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, da der das Verfahren einleitende Antrag am2. September 2009 bei Gericht eingegangen ist. [X.] ist nach § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen nach § 71 FamFG zulässig.

9

2. [X.]führerin war auch beschwerdeberechtigt.

Nach § 59 Abs. 2 FamFG steht die Beschwerde allein dem Antragsteller zu, wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann. Im vorliegenden Fall hat die Geschäftsführerin der GmbH die Anmeldung vorgenommen, weil das Vertretungsorgan des übertragenden Rechtsträgers gemäß § 137 Abs. 1 [X.] den neuen Rechtsträger bei dem Gericht, in dessen Bezirk er seinen Sitz haben soll, zur Eintragung in das Register anzumelden hat. Da die Anmeldung im Zusammenspiel mit der Eintragung der Abspaltung im Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers die Entstehung des neuen Rechtsträgers bewirkt (vgl. § 130 Abs. 1, § 135, § 137 Abs. 1 und 2 [X.]), ist sie wegen dieser konstitutiven Wirkung aber (zugleich) im Namen der GmbH erfolgt (vgl. - zu § 20 Abs. 2 [X.] - [X.], Beschluss vom 24. Oktober 1988 - [X.], [X.]Z 105, 324, 327 f.; Beschluss vom 16. März 1992 - [X.], [X.]Z 117, 323, 325). Die GmbH war somit Antragstellerin im Sinne des § 59 Abs. 2 FamFG (vgl. dazu ferner [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 19 Rn. 12; [X.] in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 2. Aufl., § 59 Rn. 30; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., Rn. 2453). Durch die Ablehnung der Eintragung der Spaltung in das Register des neuen Rechtsträgers ist sie ferner in eigenen Rechten beeinträchtigt, so dass auch die Voraussetzungen ihrer Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 1 FamFG gegeben sind, die neben denen nach § 59 Abs. 2 FamFG erfüllt sein müssen ([X.], Beschluss vom 1. März 2011 - [X.] Rn. 9, m.w.N).

3. Das Registergericht hat die Eintragung zu Recht nach § 9c Abs. 1 GmbHG abgelehnt, weil die UG nicht ordnungsgemäß errichtet wurde. Der Neugründung einer Unternehmergesellschaft durch Abspaltung steht das Sacheinlagenverbot des § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG entgegen.

a) Nach dem [X.] sollte vom Vermögen der Rechtsbeschwerdeführerin ein Betrag in Höhe von 1 € abgespalten und auf die UG zur Neugründung übertragen werden. Die Abspaltung eines Teils des Vermögens eines Rechtsträgers und die Übertragung dieses Teils zur Neugründung einer [X.] mit beschränkter Haftung auf diese stellt nach der gesetzlichen Konzeption zwingend eine Sachgründung im Sinne des § 5 Abs. 4 GmbHG dar. Dies wird unter anderem dadurch deutlich, dass nach § 138 [X.] bei der Spaltung unter Gründung einer [X.] mit beschränkter Haftung stets ein Sachgründungsbericht einschließlich der Wertnachweisunterlagen (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) erforderlich ist.

b) Für die Unternehmergesellschaft als Rechtsformvariante der [X.] mit beschränkter Haftung gilt dies ebenso. Aus dem in § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG geregelten Verbot von Sacheinlagen, das über § 135 Abs. 2 Satz 1 [X.] zur Anwendung kommt, folgt daher, dass eine Unternehmergesellschaft nicht durch Abspaltung von einem anderen Rechtsträger nach § 123 Abs. 2 Nr. 2 [X.] neu gegründet werden kann (so auch die überwiegende Meinung in der Literatur, vgl. [X.] in [X.]/Winter, [X.], 4. Aufl., § 124 Rn. 2; Priester in [X.]/Winter, [X.], 4. Aufl., § 138 Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.]berger, [X.], 2009, § 138 Rn. 6; [X.] in HK-[X.], § 136 Rn. 9; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand: September 2008, § 1 Rn. 48.10; [X.]., Das [X.] in der notariellen Praxis, 2009, Rn. 228, 243; MünchKomm-GmbHG/[X.], 2010, § 5a Rn. 52; [X.] in Bork/[X.], GmbHG, 2010, § 5a Rn. 39; [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 19. Aufl., § 5a Rn. 17; [X.]/[X.], GmbHG, 2. Aufl., § 5a Rn. 13; [X.] in [X.]/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 5a Rn. 30; [X.], GmbHG, 2008, § 5a Rn. 17; [X.]/Freitag in Priester/[X.], [X.] Handbuch des [X.]srechts, Bd. 3, 2009, § 8a Rn. 15; [X.] in [X.]/Winkeljohann, [X.] Handbuch der GmbH, 2009, § 18 Rn. 47; [X.], [X.] 2008, 767, 768;Heinemann, [X.] 2008, 820, 822; Tettinger, Der Konzern 2008, 75, 77;Römermann/[X.], [X.], 1497, 1500; [X.], GmbHR 2010, 63, 69).

Der Wortlaut des § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG unterscheidet nicht nach der Entstehungsweise der [X.]. Auch die Verweisung in § 135 Abs. 2 Satz 1 [X.] enthält keine einschlägige Einschränkung. Überzeugende systematische Anhaltspunkte für eine Verdrängung des Sacheinlageverbots des § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG durch die umwandlungsspezifischen Vermögensübertragungsformen finden sich nicht. Das Sacheinlagenverbot nach § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG lässt weder die Sonderregelungen für Umwandlungen unberührt (so aber [X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 17. Aufl., § 5a Rn. 33; [X.]/[X.], GmbHG, [X.], 2010, § 5 a Rn. 73 f.; [X.], [X.] 2009, 1161, 1163 f.) noch stehen die [X.] über die umwandlungsspezifische Gesamtrechtsnachfolge der Anwendung von § 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG auf die Abspaltung zur Neugründung entgegen ([X.], [X.] der gesellschaftsrechtlichen Gründungsvorschriften bei Umwandlungen, 2009, [X.]; [X.], [X.] 2009, 1364, 1367 f.). Vielmehr zeigt das in § 138 [X.] geregelte Erfordernis eines Sachgründungsberichts bei der Spaltung zur Neugründung einer [X.] mit beschränkter Haftung, dass die für diese [X.]sform geltenden Sachgründungsvorschriften zu beachten sind.

Diese Sicht stimmt auch mit dem Willen des Gesetzgebers überein. Nach der Begründung zu § 5a Abs. 2 GmbHG werden Sacheinlagen nicht für erforderlich und deshalb für nicht zulässig erachtet. Da die Höhe der Barmittel nach dem tatsächlichen Bedarf für die Anfangszeit nach der Gründung als Mindeststammkapital passend gewählt werden kann, soll dieses dann aber auch in bar einbezahlt werden (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 16/6140, S. 32).

Aus dem mit der Einführung der Unternehmergesellschaft verfolgten Ziel, eine [X.]sform mit erheblich reduziertem Stammkapital als Einstiegsform für Existenzgründer anzubieten (BT-Drucks. 16/6140, [X.]), ist weiter zu schließen, dass das Sacheinlagenverbot jedenfalls auch der Beschleunigung und Vereinfachung der Gründung dient. Es sollen Bewertungs- und Kapitalaufbringungsprobleme vermieden werden, die durch Sacheinlagen bei Neugründungen entstehen können. Dieser Zweck erfasst – ganz unabhängig davon, ob diese Probleme nur im Interesse einer beschleunigten und vereinfachten Gründung der neuen Rechtsform (so zB Bayer in [X.]/[X.], GmbHG, 17. Aufl., § 19 Rn. 59; [X.], [X.] 2009, 1161, 1162) oder ebenfalls im Interesse der Gläubiger (so zB Priester in [X.]/Winter, [X.], 4. Aufl., § 138 Rn. 3; [X.] in Bork/[X.], GmbHG, 2010, § 5a Rn. 20) vermieden werden sollen – auch die Situation der Neugründung durch Abspaltung mit dem nach § 138 [X.] zwingenden Erfordernis der Aufstellung eines Sachgründungsberichts.

Bergmann                              Strohn                        Reichart

                      Drescher                           Born

Meta

II ZB 9/10

11.04.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 9. März 2010, Az: 20 W 7/10, Beschluss

§ 5a Abs 2 S 2 GmbHG, § 123 Abs 2 Nr 2 UmwG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.04.2011, Az. II ZB 9/10 (REWIS RS 2011, 7741)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7741

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