Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2012, Az. VIII ZB 80/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5738

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB
80/11

vom

12. Juni
2012

in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am
12. Juni 2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin Dr.
Hessel sowie die Richter Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] vom 12.
Juli 2011 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
[X.]:

Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung restlichen [X.] und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Der Beklagte wendet sich im Wege der Widerklage gegen eine (angebliche) Monopolstellung des [X.] auf der Insel H.

und verlangt Zahlung wegen Mangelhaftigkeit mehrerer vom Kläger gelieferter
Gegenstände.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abge-wiesen. Das Urteil des Amtsgerichts ist dem damaligen Prozessbevollmächtig-ten des Beklagten am 13.
Mai 2011 zugestellt worden. Mit vom ihm selbst ver-fasstem, als "Berufungsschrift"
überschriebenem [X.] vom 14.
Juni 2011 (Dienstag nach [X.]), der bei dem Berufungsgericht am selben Tag eingegangen ist, hat der Beklagte beim
Landgericht Berufung gegen das Urteil 1
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des Amtsgerichts eingelegt und diese begründet. Der [X.] enthält unter anderem folgende Ausführungen:
"bis sich ein Rechtsanwalt zur Akte legitimiert. Und weise des Weiteren auf die Notwendigkeit einer anwaltlichen Ausarbeitungszeit für die ausstehende Beru-fungs-Formulierung hin.
Begründung zur Fristverlängerung: Dem Beklagten ist bekannt, dass vor dem [X.] besteht. Es ist ihm in der Berufungsfrist jedoch nicht gelungen, einen qualifizierten Rechtsanwalt zu finden, der den umfänglichen Fall zu übernehmen bereit wäre. Zur eigentlichen Sache kann insoweit lediglich eine vorläufige Begründung abgegeben werden. In diesem Sinne ist die nach-"
Nach einem dem Beklagten am nächsten Tag erteilten Hinweis des Be-rufungsgerichts auf den vor den Landgerichten bestehenden Anwaltszwang, auf die Dauer der Berufungsfrist und auf die Notwendigkeit einer unverzüglichen Beauftragung eines Rechtsanwalts hat Rechtsanwältin M.

mit [X.] vom 27.
Juni 2011, eingegangen beim Berufungsgericht am darauffolgenden Tag, die Vertretung des Beklagten angezeigt, Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegt und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt.
Das Berufungsgericht hat den Antrag des Beklagten auf Wiedereinset-zung in den vorigen Stand mit Beschluss vom 12.
Juli 2011 zurückgewiesen
und die Berufung nach Ablauf einer Stellungnahmefrist von zwei Wochen durch Beschluss vom 22. August 2011 wegen Versäumung der Berufungsfrist als [X.] verworfen. Gegen den erstgenannten Beschluss wendet sich der [X.] mit der vorliegenden Rechtsbeschwerde. Gegen den die Berufung ver-werfenden Beschluss des Berufungsgerichts hat der Beklagte im Verfahren
[X.] ebenfalls Rechtsbeschwerde eingelegt.

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II.
1. Die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung statthafte Rechtsbe-schwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) ist unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Ent-scheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
a) Allerdings gibt die Begründung des
angefochtenen Beschlusses [X.] zu Bedenken, soweit das Berufungsgericht den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung mit der Begründung zurückgewiesen hat, die Versäu-mung der Berufungsfrist beruhe letztlich darauf, dass der Beklagte nach der Beendigung des Mandats durch seinen bisherigen Prozessbevollmächtigten keinen vertretungsbereiten Rechtsanwalt gefunden habe. Von einer unver-schuldeten Versäumnis einer Rechtsmittelfrist könne aber lediglich dann aus-gegangen werden, wenn die betreffende Partei, was der Beklagte hier aber nicht vorgetragen habe, wegen Mittellosigkeit außerstande sei, einen Rechts-anwalt mit der
Einlegung (und Begründung) eines Rechtsmittels zu beauftra-gen. Ansonsten falle die Beauftragung eines vertretungsbereiten Rechtsanwalts in die Risikosphäre der Partei.
b) Nach der vom Berufungsgericht insoweit nicht erwähnten Rechtspre-chung des [X.] ist aber einer Partei, welche keinen zu ihrer Ver-tretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, nach denselben Grundsätzen Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist zu gewähren wie einer solchen [X.], welche aus finanziellen Gründen zur Fristwahrung nicht in der Lage war und deshalb Prozesskostenhilfe beantragt hat ([X.], Beschluss vom 19. Januar 2011 -
IX [X.] 2/11, [X.], 323 Rn. 4 mwN). Die Entscheidung des Beru-5
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fungsgerichts erweist sich gleichwohl im Ergebnis als richtig, da es an einem Wiedereinsetzungsgrund fehlt.
aa) Dabei sind, wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend geltend macht, die eingangs erwähnten Ausführungen des Berufungsgerichts im Zu-sammenhang mit dem Verfahrensgang zu sehen, der dadurch gekennzeichnet ist, dass der Beklagte an das Berufungsgericht nicht mit einem Antrag auf Bei-ordnung eines [X.] (§ 78b ZPO) herangetreten ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind daher entgegen der Auffassung der Rechtsbe-schwerde nicht so zu verstehen, dass das Berufungsgericht
einen von der oben genannten Rechtsprechung des [X.] abweichenden Obersatz bilden wollte.
bb) Nach der Rechtsprechung des [X.] kann einer Partei, welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, nur dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn innerhalb der Frist ein Antrag auf Beiordnung ei-nes [X.] bei Gericht eingegangen ist ([X.], Beschluss vom 19. Januar 2011 -
IX [X.] 2/11, aaO mwN). Entgegen der Auffassung der [X.] hat der Beklagte einen solchen Antrag nicht gestellt, so dass es im Ergebnis auch unschädlich ist, dass sich das Berufungsgericht mit diesem Gesichtspunkt nicht befasst hat. Die Beiordnung eines [X.] setzt voraus, dass die [X.] trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechts-anwalt nicht gefunden hat. Ihre diesbezüglichen Bemühungen hat die Partei dem Gericht -
innerhalb der Rechtsmittelfrist ([X.], Beschluss vom 24. August 2011 -
V [X.] 14/11, [X.], 699 Rn. 3) -
substantiiert darzulegen und nach-zuweisen ([X.], Beschlüsse vom 8. Dezember 2011 -
AnwZ ([X.]) 46/11, juris Rn. 4; vom 19. Oktober 2011 -
I [X.], juris Rn. 2; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29.
Aufl., § 78b Rn. 4; jeweils mwN). [X.] ist in diesem Zusammenhang, 8
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welche Rechtsanwälte aus welchen Gründen zur Übernahme des Mandats nicht bereit waren ([X.], Beschluss vom 24.
August 2011 -
V [X.] 14/11, aaO).
An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
Das Berufungsgericht hat daher im Ergebnis zutreffend auch davon abgesehen, eine Umdeutung des wegen des [X.] unwirksamen [X.] des Beklag-ten in einen Antrag auf Bestellung eines [X.] vorzunehmen. Denn eine Umdeutung kommt nur dann in Betracht, wenn
die Voraussetzungen einer an-deren, dem gleichen Zweck dienenden Prozesshandlung erfüllt sind ([X.], [X.] vom 8. Dezember 2011 -
AnwZ ([X.]) 46/11, aaO Rn. 8). Daran fehlt es
hier.
2. Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen (§
577 Abs.
6 Satz
3 ZPO).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ball
Dr. Hessel
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.05.2011 -
69 [X.]/06 -

LG [X.], Entscheidung vom 12.07.2011 -
9 [X.]/11 -

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Meta

VIII ZB 80/11

12.06.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2012, Az. VIII ZB 80/11 (REWIS RS 2012, 5738)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5738

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VIII ZR 84/11

V ZR 245/11

IX ZA 2/11

V ZA 14/11

I ZR 98/11

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