Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.10.2021, Az. 8 AZR 96/20

8. Senat | REWIS RS 2021, 1867

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Entgeltumwandlung - Pfändbares Arbeitseinkommen


Leitsatz

1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin in eine wertgleiche Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt wird (Entgeltumwandlung), die im Wege der Direktversicherung durchgeführt wird, entstehen insoweit keine pfändbaren Ansprüche auf Arbeitseinkommen (§ 850 Abs. 2 ZPO) mehr.

2. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses über das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin getroffen haben, sofern der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin von seinem/ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG Gebrauch gemacht hat und der umgewandelte Entgeltbetrag den in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehenen Betrag nicht überschreitet. In einem solchen Fall liegt in der Entgeltumwandlungsvereinbarung auch keine den Gläubiger benachteiligende Verfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. August 2019 - 11 Sa 26/19 - teilweise aufgehoben.

Die Berufung des [X.] gegen das Endurteil des [X.] vom 18. Dezember 2018 - 40 [X.] 6119/18 - wird insgesamt zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Wege der [X.] darüber, ob die monatlich von der [X.] aufgrund einer mit der [X.] vereinbarten Entgeltumwandlung zu zahlende [X.]icherungsprämie in eine von der [X.] zugunsten der [X.] abgeschlossene Lebensversicherung (Direktversicherung) zum pfändbaren Einkommen der [X.] gehört.

2

Der Kläger ist der geschiedene Ehemann der [X.]. Die [X.] ist deren Arbeitgeberin. Die monatliche Bruttovergütung der [X.] bei der [X.] belief sich im [X.] auf 3.020,00 [X.].

3

Im Rahmen der Scheidung des [X.] und der [X.] war es zu einer [X.]ereinbarung über die Aufteilung von Schulden aus einem Baudarlehen gekommen. In diesem Zusammenhang wurde die Streitverkündete durch [X.]äumnisbeschluss des Amtsgerichts [X.] - Abteilung für Familiensachen - vom 3. Juni 2015 zur Zahlung von 22.679,60 [X.] nebst Zinsen an den Kläger verpflichtet. Der Kläger erwirkte aufgrund dieses [X.]äumnisbeschlusses beim [X.] am 24. November 2015 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeitseinkommen der [X.] bei der [X.]. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der [X.] als Drittschuldnerin Ende des Jahres 2015 zugestellt. Ab Dezember 2015 leistete die [X.] aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses monatliche Zahlungen an den Kläger.

4

Im Mai 2016 schlossen die Streitverkündete und die [X.] eine Entgeltumwandlungsvereinbarung. Diese hatte eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand. Nach dem [X.]icherungsvertrag ist [X.]icherungsnehmerin die [X.], Begünstigte ist die Streitverkündete. Der von der [X.] monatlich in die Direktversicherung einzuzahlende Beitrag beträgt 248,00 [X.]. Auch in der Folgezeit leistete die [X.] aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses monatliche Zahlungen an den Kläger, allerdings ließ sie bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens der [X.] den monatlichen [X.]icherungsbeitrag iHv. 248,00 [X.] unberücksichtigt.

5

Mit seiner Klage hat der Kläger von der [X.] um 248,00 [X.] höhere monatliche Zahlungen begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Entgeltumwandlung das pfändbare Einkommen der [X.] nicht reduziere. Diese habe mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die [X.] über ihre Forderung verloren. Ferner gelte der Rechtsgedanke der dem Gläubigerschutz dienenden Bestimmung des § 850h ZPO entsprechend, wonach verhindert werden solle, dass das Schuldnereinkommen dem Gläubigerzugriff durch unlautere Manipulationen entzogen werde. Im Übrigen sei von einem sittenwidrigen [X.]erhalten der [X.] auszugehen. Diese habe bis dahin keine Altersvorsorge betrieben und sich ersichtlich erst in Anbetracht der Pfändung ihres Arbeitseinkommens zur Entgeltumwandlung entschlossen, um sich so auf seine Kosten einen finanziellen [X.]orteil zu verschaffen. Letztlich sei zu berücksichtigen, dass es sich um einen familienrechtlichen Anspruch handle und dass der umgewandelte Betrag über acht Prozent des monatlichen Bruttoentgelts der [X.] ausmache und damit in einem auffälligen Missverhältnis zu ihrem Arbeitseinkommen stehe.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die [X.] zu verurteilen, an ihn 6.646,00 [X.] nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten seit 1. August 2018 zu zahlen;

        

2.    

die [X.] zu verurteilen, künftig mit Wirkung ab August 2018 für die Dauer der Beschäftigung der Streitverkündeten bei der [X.] die pfändbaren Beträge des Einkommens der Streitverkündeten an den Kläger zu zahlen bis zum vollständigen Ausgleich des Betrags von 20.382,35 [X.] nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. August 2018 mit der Maßgabe, dass die Beträge an die Direktversicherung beim [X.], [X.].Nr. , das pfändbare Einkommen der Streitverkündeten nicht reduzieren;

        

3.    

hilfsweise festzustellen, dass die [X.] im Rahmen der Pfändung des Einkommens der Streitverkündeten, AZ des AG München: 1531 M 55848/15 verpflichtet ist, die Beiträge an die Direktversicherung beim [X.] nicht dem unpfändbaren Einkommen der Streitverkündeten hinzuzurechnen.

7

Die [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Sie hat die Ansicht vertreten, die zwischen ihr und der [X.] vereinbarte Entgeltumwandlung, bei der die betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung durchgeführt werde, bewirke eine zulässige [X.]erringerung des pfändbaren Einkommens. Aufgrund der familiären Situation der [X.] sei es zudem als treuwidrig anzusehen, wenn man ihr diese Möglichkeit der Altersversorgung verweigere.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die [X.] verurteilt, an den Kläger rückständige 1.648,00 [X.] für die Zeit von Mai 2016 bis Juli 2018 nebst Zinsen zu zahlen. Ferner hat es die [X.] verurteilt, ab August 2018 für die Dauer der Beschäftigung der [X.] bei ihr die pfändbaren Beträge des Einkommens der [X.] an den Kläger zu zahlen bis zum vollständigen Ausgleich von 20.382,35 [X.] nebst Zinsen, mit der Maßgabe, dass die Beiträge an die Direktversicherung das pfändbare Einkommen der [X.] nicht reduzieren, sondern dem Bruttoeinkommen hinzuzurechnen sind. Im Übrigen hat das [X.] die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die [X.] die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.] ist begründet. Das [X.] hat der [X.]erufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die monatlich von der [X.] aufgrund der mit der [X.] vereinbarten Entgeltumwandlung zu zahlende [X.]ersicherungsprämie in die von der [X.] zugunsten der [X.] abgeschlossene Lebensversicherung (Direktversicherung) gehört nicht zum pfändbaren Einkommen der [X.] iSv. § 850 Abs. 2 ZPO. Abweichendes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Streitverkündete und die [X.]eklagte die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst getroffen haben, nachdem der [X.] der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des [X.] vom 24. November 2015 zugestellt worden war.

A. Die Klage ist zulässig. Das gilt in der gebotenen Auslegung auch für den Klageantrag zu 2. Danach fällt der Klageantrag zu 3. nicht mehr zur Entscheidung an.

I. Das Revisionsgericht hat prozessuale [X.]nserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für [X.]nserklärungen des [X.]ürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 [X.]G[X.] ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte [X.] zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale [X.]nserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen [X.]elange des [X.] zu berücksichtigen (vgl. etwa [X.] 25. März 2021 - 8 [X.] - Rn. 43 mwN).

II. Soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2. künftige Leistungen begehrt, ist der Antrag unzulässig, weil er den Anforderungen des § 259 ZPO nicht entspricht.

1. Nach § 259 ZPO kann Klage auf künftige Leistung außer in den [X.]ällen der §§ 257 und 258 ZPO, die hier nicht in [X.]etracht kommen, nur erhoben werden, wenn den Umständen nach die [X.]esorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

2. Diese [X.]oraussetzung ist nicht erfüllt. Es besteht vorliegend nicht die [X.]esorgnis, dass die [X.]eklagte, die aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses stets Zahlungen an den Kläger erbracht hatte, sich im [X.]all einer vollständigen oder teilweisen Stattgabe des auf Zahlung rückständiger [X.]eträge gerichteten Klageantrags zu 1. einer weitergehenden Leistung entziehen würde. Allein das [X.]estreiten der vom Kläger geltend gemachten [X.]orderung durch die [X.]eklagte reicht hierfür nicht aus (vgl. [X.] 22. Oktober 2014 - 5 [X.] 731/12 - Rn. 43 mwN, [X.]E 149, 343). Weitere Anhaltspunkte, die die [X.]esorgnis der Leistungsverweigerung durch die [X.]eklagte zum [X.]älligkeitstermin begründen könnten, hat der Kläger nicht dargelegt.

III. Der nach § 259 ZPO unzulässige Klageantrag zu 2. auf Zahlung künftiger Leistungen ist - wie der Kläger in der mündlichen [X.]erhandlung vor dem [X.] ausdrücklich bestätigt hat - dahin zu verstehen, dass er zwar in der Hauptsache auf künftige Leistung, aber hilfsweise auf entsprechende [X.]eststellung gerichtet ist.

Eine solche Auslegung ist schon deshalb geboten, weil der Kläger mit seinem hilfsweise gestellten Klageantrag zu 3. deutlich macht, dass er wegen der [X.]erechnung des pfändbaren Einkommens der [X.] hilfsweise [X.]eststellung begehrt. Dabei gibt der Klageantrag zu 3. das Rechtsschutzziel des [X.] allerdings nur unvollständig wieder. Es fehlt das eigentliche [X.]egehren des [X.] auf Zahlung der jeweils pfändbaren [X.]eträge sowie der Hinweis, dass Zahlung nur für die Dauer der [X.]eschäftigung der [X.] bei der [X.] und zudem nur bis zum vollständigen Ausgleich des [X.]etrags von 20.382,35 [X.] zuzüglich Zinsen begehrt wird. [X.]ei verständiger Auslegung der Klageanträge zu 2. und zu 3. ist daher davon auszugehen, dass der Kläger mit dem Antrag zu 2. hilfsweise [X.]eststellung nach Maßgabe des [X.] zu 2. begehrt.

I[X.]. Das für den hilfsweise gestellten [X.]eststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche [X.]eststellungsinteresse liegt vor. Es ist auch nicht insoweit entfallen, als die nach August 2018 entstandenen Ansprüche im Lauf des Rechtsstreits fällig und bezifferbar geworden sind und daher eine Leistungsklage möglich wäre. Die im Laufe des Rechtsstreits nachträglich eingetretene Möglichkeit einer Leistungsklage lässt das ursprünglich bestehende [X.]eststellungsinteresse nicht entfallen ([X.] 12. Dezember 2012 - 4 [X.] 327/11 - Rn. 16; 18. März 1997 - 9 [X.] 84/96 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 85, 306). Einer Aufspaltung in einen Leistungsantrag für die bereits fälligen und einen [X.]eststellungsantrag für die noch nicht fälligen Ansprüche bedarf es in einem solchen [X.]all nicht (vgl. etwa [X.] 12. Dezember 2006 - 3 [X.] 57/06 - Rn. 17 mwN).

[X.]. Die Klage ist unbegründet.

I. Die monatlich von der [X.] aufgrund der mit der [X.] vereinbarten Entgeltumwandlung zu zahlende [X.]ersicherungsprämie in die von der [X.] zugunsten der [X.] abgeschlossene Lebensversicherung (Direktversicherung) gehört nicht zum pfändbaren Einkommen der [X.] iSv. § 850 Abs. 2 ZPO.

1. § 850 Abs. 2 ZPO bestimmt, was Arbeitseinkommen im Sinne der [X.] ist. Dazu gehört insbesondere das laufende Arbeitsentgelt. [X.]ereinbaren die Arbeitsvertragsparteien allerdings, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung abschließt und dass ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet wird, liegt insoweit kein pfändbares Arbeitseinkommen mehr vor ( [X.] 17. [X.]ebruar 1998 - 3 [X.] 611/97  - zu 2 der Gründe, [X.]E 88, 28 ). [X.]ei einer solchen [X.]ereinbarung entstehen in Höhe der [X.]elastungen des Arbeitgebers, der zur Erfüllung seines [X.]ersorgungsversprechens einen [X.]ersicherungsvertrag schließt und als [X.]ersicherungsnehmer die mit dem [X.]ersicherer vereinbarten Prämien zu zahlen hat, keine Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Arbeitseinkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr, die der Pfändung unterliegen könnten ( [X.] 30. Juli 2008 - 10 [X.] 459/07 - Rn. 16 mwN).

2. Der Arbeitgeber, der zur Erfüllung seines [X.]ersorgungsversprechens eine [X.]erbindlichkeit gegenüber einem [X.]ersicherungsunternehmen eingeht, will in Höhe der [X.]elastungen den Anspruch des Arbeitnehmers auf die laufende [X.]ergütung endgültig beseitigen. Der Arbeitnehmer, der anstelle der [X.]arvergütung eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung will, ist damit einverstanden, dass in Zukunft in dieser Höhe kein Anspruch mehr auf [X.]arvergütung entsteht. Deshalb handelt es sich um mehr als um eine Lohnverwendungsabrede. Diese [X.]ereinbarung über die Entgeltumwandlung ist [X.]estandteil des Arbeitsvertrags. Die neue [X.]ergütungsvereinbarung tritt an die Stelle der alten ([X.] 30. Juli 2008 - 10 [X.] 459/07 - Rn. 16; 17. [X.]ebruar 1998 - 3 [X.] 611/97 - zu 2 der Gründe, [X.]E 88, 28).

II. Abweichendes folgt nicht aus dem Umstand, dass die Streitverkündete und die [X.]eklagte die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst getroffen haben, nachdem der [X.] der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des [X.] vom 24. November 2015 zugestellt worden war.

1. Die von der [X.] mit der [X.] getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung ist nicht wegen eines [X.]erstoßes gegen § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO nach §§ 135, 136 [X.]G[X.] im [X.]erhältnis zum Kläger als Gläubiger der [X.] unwirksam.

Allerdings sind gegen das [X.]erbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO verstoßende [X.]erfügungen des Pfändungsschuldners dem Pfändungsgläubiger gegenüber nach §§ 135, 136 [X.]G[X.] relativ unwirksam, soweit sie ihn rechtlich oder tatsächlich beeinträchtigen (vgl. etwa [X.] 19. November 2020 - [X.]/19 - Rn. 15 mwN). Es kann vorliegend dahinstehen, wie die Entgeltumwandlung, die zum endgültigen Untergang des Anspruchs auf [X.]arauszahlung und zu dessen Ersetzung durch eine [X.]ersorgungsanwartschaft führt, rechtsdogmatisch einzuordnen ist (offengelassen auch von [X.] 15. September 2009 - 3 [X.] 17/09 - Rn. 19, [X.]E 132, 100) und ob es sich hierbei um eine „[X.]erfügung“ iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO handelt (so zu § 81 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.] 30. Juli 2008 - 10 [X.] 459/07 - Rn. 17; zu § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO [X.]engelsdorf [X.] 2009, 196, 203). Jedenfalls stellt die von der [X.] mit der [X.] getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung bei einer an § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] orientierten normativen [X.]etrachtung (vgl. hierzu [X.] 10. [X.]ebruar 2004 - 9 [X.] 401/02 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 109, 294) keine den Kläger benachteiligende [X.]erfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar, da die Streitverkündete mit der Entgeltumwandlungsvereinbarung von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und mit dem monatlichen [X.]ersicherungsbeitrag iHv. 248,00 [X.] der in § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgesehene [X.]etrag von vier vom Hundert der jeweiligen [X.]eitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht überschritten wurde. Ob eine andere [X.]ewertung dann geboten ist, wenn - anders als hier - ein höherer [X.]etrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgesehene umgewandelt wird, musste der [X.] nicht entscheiden.

a) Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu vier vom Hundert der jeweiligen [X.]eitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden.

b) Die sozialpolitische [X.]unktion der betrieblichen Altersversorgung erfasst nicht nur generelle sozialpolitische Aspekte wie das staatliche Interesse, dass ein Arbeitnehmer im Alter nicht der Allgemeinheit zur Last fällt. Sie dient auch der notwendigen Ergänzung der durch die Sozialversicherung gewährten Sicherung der Arbeitnehmer im Alter ([X.]. 7/1281 S. 19). Mit ihrer Hilfe soll, da das beständig sinkende Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung zu [X.]ersorgungslücken führt, auch der Lebensstandard des Arbeitnehmers oder gegebenenfalls seiner Hinterbliebenen nach Ausscheiden aus dem [X.]erufs- bzw. Erwerbsleben zumindest teilweise gesichert werden (vgl. [X.] 26. April 2018 - 3 [X.] 586/16 - Rn. 16 mwN, [X.]E 162, 354).

c) Mit der Einführung eines gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltumwandlung in § 1a [X.] hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Interesse fördern will. Die Regelung steht im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung der [X.]evölkerungsstruktur und der daran geknüpften Senkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Gesetzgeber wollte den eigenverantwortlichen Aufbau auch einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung begünstigen, den er zur Schließung drohender [X.]ersorgungslücken im Alter als unerlässlich ansah ([X.] 26. April 2018 - 3 [X.] 586/16 - Rn. 17 mwN, [X.]E 162, 354).

d) Der gesetzgeberische [X.], Arbeitnehmern den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung im Interesse der damit verbundenen Sicherungsfunktion zu ermöglichen, wird ergänzt durch die dem [X.] zugrundeliegende Intention, [X.]etriebsrentenanwartschaften angesichts ihrer zunehmenden [X.]edeutung für die spätere Alterssicherung der Arbeitnehmer möglichst lückenlos bis zum Eintritt des [X.] zu sichern und zu erhalten (vgl. auch  [X.]. 15/2150  S. 52; [X.]. 7/1281 S. 26). Es soll verhindert werden, dass unverfallbare Anwartschaften vor Eintritt des [X.] ausgezahlt und für die [X.]ermögensbildung, den [X.], aber auch den Ausgleich von Schulden statt für die vorgesehene [X.]ersorgung verwendet werden ([X.] 26. April 2018 - 3 [X.] 586/16 - Rn. 18, [X.]E 162, 354).

e) Diese, mit der Schaffung eines Anspruchs auf Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] umgesetzte gesetzgeberische Grundentscheidung, zur Schließung andernfalls drohender [X.]ersorgungslücken im Alter auch den eigenverantwortlichen Aufbau einer gesicherten kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung zu fördern, würde indes missachtet, wenn eine nach Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Arbeitgeber als Drittschuldner zwischen diesem und dem Arbeitnehmer getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung als eine den Gläubiger benachteiligende [X.]erfügung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO qualifiziert würde. Ob eine andere [X.]ewertung dann geboten ist, wenn ein höherer [X.]etrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgesehene umgewandelt wird, musste der [X.] nicht entscheiden.

2. Eine [X.] des in die Direktversicherung einzuzahlenden [X.]eitrags iHv. 248,00 [X.] monatlich folgt nicht aus einer unmittelbaren oder einer entsprechenden Anwendung von § 850h Abs. 1 und Abs. 2 ZPO.

a) Diese [X.]estimmungen sind nicht unmittelbar anwendbar.

aa) Nach § 850h Abs. 1 Satz 1 ZPO kann der Anspruch des Drittberechtigten insoweit aufgrund des Schuldtitels gegen den Schuldner gepfändet werden, wie wenn der Anspruch dem Schuldner zustände, als sich der Empfänger der vom Schuldner geleisteten Arbeiten oder Dienste verpflichtet hat, Leistungen an einen Dritten zu bewirken, die nach Lage der [X.]erhältnisse ganz oder teilweise eine [X.]ergütung für die Leistung des Schuldners darstellen. Eine solche „Lohnverschiebung“ liegt im vorliegenden [X.]all nicht vor. Dies folgt bereits daraus, dass die Entgeltumwandlung zum endgültigen Untergang des Anspruchs auf [X.]arauszahlung und zu dessen Ersetzung durch eine [X.]ersorgungsanwartschaft führt. Demzufolge kann die Zahlung des [X.]eitrags iHv. monatlich 248,00 [X.] durch die [X.]eklagte in die zugunsten der [X.] abgeschlossene Lebensversicherung beim [X.] keine Auskehrung eines [X.]ergütungsanteils an einen Dritten sein ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]eit Entgeltumwandlung 3. Aufl. Teil [X.] Rn. 15).

bb) Nach § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO gilt im [X.]erhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- oder Dienstleistung eine angemessene [X.]ergütung als geschuldet, wenn der Schuldner einem Dritten unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe [X.]ergütung in einem ständigen [X.]erhältnis Arbeiten oder Dienste leistet, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden. Anhaltspunkte für das [X.]orliegen einer unverhältnismäßig geringen [X.]ergütung bestehen im vorliegenden [X.]all nicht, und zwar auch dann nicht, wenn man annähme, das Entgelt der [X.] sei um 248,00 [X.] monatlich verringert worden. Zudem bewirkt die Entgeltumwandlung keine [X.]erringerung der für die Arbeitsleistung gewährten Gegenleistung, sondern lediglich, dass an die Stelle des [X.] des Arbeitnehmers eine [X.]ersorgungsanwartschaft tritt.

b) Auch eine analoge Anwendung von § 850h Abs. 1 Satz 1 sowie § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO scheidet vorliegend aus (anders wohl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.]eit Entgeltumwandlung 3. Aufl. Teil [X.] Rn. 17; [X.] 19. August 2010 - 4 [X.]/09 [X.] - zu II 1 b bb der Gründe).

Unabhängig davon, ob überhaupt eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, ist der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nicht so weit mit den vom Gesetzgeber geregelten Tatbeständen vergleichbar, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Normen, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. zu dieser Anforderung etwa [X.] 25. Januar 2018 - 8 [X.] 309/16 - Rn. 64 mwN, [X.]E 161, 378). Zweck der Regelungen in § 850h Abs. 1 Satz 1 und § 850h Abs. 2 Satz 1 ZPO ist es zu verhindern, dass dem Gläubiger durch unlautere Machenschaften des Schuldners in [X.]orm einer Lohnverschiebung bzw. einer Lohnverschleierung der Zugriff auf die gepfändete [X.]orderung entzogen wird ([X.]/[X.] ZPO 33. Aufl. § 850h Rn. 1). Unter [X.]erücksichtigung des in § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Anliegens kann in der [X.]ereinbarung einer Entgeltumwandlung jedenfalls dann keine unlautere Machenschaft liegen, wenn - wie hier - der in § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgesehene [X.]etrag von vier vom Hundert der jeweiligen [X.]eitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht überschritten wurde.

3. Schließlich ist die Entgeltumwandlungsvereinbarung entgegen der Rechtsauffassung des [X.] nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 [X.]G[X.] nichtig.

a) Nach § 138 Abs. 1 [X.]G[X.] ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. [X.]oraussetzung hierfür ist, dass das Rechtsgeschäft nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und [X.]eweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist (vgl. etwa [X.] 21. April 2016 - 8 [X.] 474/14 - Rn. 31 mwN).

b) In Anbetracht des in § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Anliegens kann allein in der Realisierung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 Satz 1 [X.] durch einen Arbeitnehmer kein [X.] liegen. Eine andere [X.]ewertung könnte zwar dann geboten sein, wenn sich der/die Schuldner/in durch die Entgeltumwandlung vorsätzlich einer Unterhaltspflicht gegenüber seinen/ihren Kindern entziehen würde (vgl. [X.] 17. [X.]ebruar 1998 - 3 [X.] 611/97 - zu 2 der Gründe, [X.]E 88, 28). Dafür, dass dies bei der [X.] der [X.]all ist, fehlt es an jeglichem [X.]orbringen des [X.]. Im Übrigen wirkt sich aus, dass dem Kläger durch die zwischen der [X.] und der [X.] vereinbarte Entgeltumwandlung kein [X.]ermögensbestandteil, auf den er im Wege der Zwangsvollstreckung grundsätzlich zurückgreifen kann, auf Dauer entzogen wurde. Dem Kläger stehen die der [X.] mit dem Abschluss des [X.]ersicherungsvertrags zugewendeten [X.]orteile spätestens dann - im Rahmen der [X.] - zur [X.]erfügung, wenn er deren Ansprüche auf die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus der Direktversicherung pfänden und sich zur Einziehung überweisen lässt (vgl. [X.] 17. [X.]ebruar 1998 - 3 [X.] 611/97 - aaO).

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    [X.]ogelsang    

        

        

        

    R. Kandler    

        

    M. [X.]elderhoff    

                 

Meta

8 AZR 96/20

14.10.2021

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 18. Dezember 2018, Az: 40 Ca 6119/18, Urteil

§ 850 Abs 2 ZPO, § 829 Abs 1 S 2 ZPO, § 1a Abs 1 S 1 BetrAVG, § 850h Abs 1 ZPO, § 850h Abs 2 ZPO, § 135 BGB, § 136 BGB, § 138 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.10.2021, Az. 8 AZR 96/20 (REWIS RS 2021, 1867)

Papier­fundstellen: MDR 2022, 320-321 REWIS RS 2021, 1867

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

11 Sa 26/19 (LArbG München)

Gehaltsumwandlung


3 AZR 586/16 (Bundesarbeitsgericht)

Entgeltumwandlung - Anspruch auf Kündigung einer Direktversicherung


3 AZR 807/11 (Bundesarbeitsgericht)

Entgeltumwandlung - Aufklärungspflicht des Arbeitgebers


3 AZR 206/18 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebliche Altersversorgung - Informationspflichten


3 AZR 361/21 (Bundesarbeitsgericht)

Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG


Referenzen
Wird zitiert von

12 Sa 20/23

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.