Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.01.2010, Az. VIII ZR 81/08

8. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10558

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Erdgasliefervertrag mit Normsonderkunden: Inhaltskontrolle einer Preisanpassungsklausel und Folgen der Unwirksamkeit


Leitsatz

1. Zur Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Erdgaslieferverträgen mit Normsonderkunden .

2. Bei Unwirksamkeit einer solchen Preisänderungsklausel tritt weder § 4 AVBGasV an deren Stelle noch kommt dem Energieversorgungsunternehmen im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Recht zur Änderung des vereinbarten Preises zu, wenn ihm ein Festhalten am vereinbarten Preis deshalb nicht unzumutbar ist, weil es sich innerhalb überschaubarer Zeit durch Kündigung vom Vertrag lösen kann (Bestätigung von BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009,VIII ZR 320/07, WM 2010, 228) .

Tenor

Auf die Revision der Kläger zu 1 bis 143 und 145 bis 181 wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 6. März 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die vorgenannten Kläger betrifft. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 19. Zivilkammer des [X.] vom 17. April 2007 wird insoweit mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidungsformel des erstinstanzlichen Urteils wie folgt gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten gegenüber den Klägern zu 1 bis 143 und 145 bis 181 vorgenommenen Erhöhungen der [X.] zum 1. Oktober 2004, 1. April 2005, 1. Oktober 2005, 1. Januar 2006 und 1. Oktober 2006 unwirksam sind.

Da der Kläger zu 144 die Revision zurückgenommen hat, wird er des Rechtsmittels für verlustig erklärt.

Dem Kläger zu 144 fallen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten jeweils zu 1/181 und seine eigenen außergerichtlichen Kosten zur Last. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen, die von der [X.], einem kommunalen Versorgungsunternehmen, einseitig vorgenommen wurden. Die Kläger - mit Ausnahme des [X.] zu 144 - schlossen spätestens im September 2004 mit der [X.] [X.] nach den [X.] SOA1 und [X.] Die von der [X.] vorformulierten Bedingungen für das [X.] lauten auszugsweise wie folgt:

"4. Die Stadtwerke [= Beklagte] behalten sich eine Änderung der Preise und Bedingungen dieses [X.]s vor. Für das Wirksamwerden genügt eine entsprechende Veröffentlichung in der [X.]. Ist der Kunde mit einer Änderung nicht einverstanden, so kann er das [X.] mit zweiwöchiger Frist auf das Ende des der öffentlichen Bekanntmachung folgenden Monats schriftlich kündigen und eine weitere Belieferung zu den Preisen und Bedingungen der Sondervereinbarung oder als Tarifkunde nach den [X.] und den hierzu jeweils gültigen Anlagen der Stadtwerke und damit insbesondere zu den "Allgemeinen Tarifen" verlangen. Die vereinbarte Vertragslaufzeit bleibt hiervon unberührt.

5. Soweit in diesem [X.] nichts anderes vereinbart ist, gelten die Bestimmungen der [X.] entsprechend. …

9. Die Laufzeit dieses Vertrages beträgt - soweit nichts anderes vereinbart - zwei Jahre; er verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird."

2

Bei Verträgen, die vor 1984 abgeschlossen wurden, haben die Bedingungen für das [X.] einen geringfügig abweichenden Wortlaut:

"4. Die Stadtwerke behalten sich eine Änderung der Preise und Bedingungen dieses [X.]s vor. Für das Wirksamwerden genügt eine entsprechende Veröffentlichung in der [X.]. Ist der Kunde mit einer Änderung nicht einverstanden, so kann er das [X.] fristlos kündigen und eine weitere Belieferung als Tarifkunde nach den [X.] und den hierzu jeweils gültigen Anlagen der Stadtwerke und damit insbesondere zu den "Allgemeinen Tarifen" verlangen.

9. Soweit in diesem [X.] nicht etwas anderes vereinbart ist, gelten die Bestimmungen der [X.] entsprechend. …

10. Dieses [X.] gilt zunächst bis zum 31. Dezember des auf den Abschluß folgenden Jahres. Es verlängert sich jeweils um 1 Jahr, wenn es nicht spätestens 1 Monat vorher schriftlich gekündigt wird."

3

Die Beklagte erhöhte die [X.] zum 1. Oktober 2004, 1. April 2005, 1. Oktober 2005, 1. Januar 2006 und 1. Oktober 2006. Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage. Sie haben beantragt festzustellen, dass die genannten Preiserhöhungen unwirksam sind. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Kläger - mit Ausnahme des [X.] zu 144, der die Revision zurückgenommen hat - die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstreben.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat Erfolg.

I.

5

[X.] ([X.], [X.], 183) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

6

[X.] betreffend den Kläger zu 144 mangels Feststellungsinteresses bereits unzulässig. Für die übrigen Kläger sei das erforderliche Feststellungsinteresse hingegen zu bejahen.

7

Die auf Feststellung der Unwirksamkeit oder Unbilligkeit der Preiserhöhungen gerichtete Klage sei jedoch unbegründet. Zwar seien die [X.] in den beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen für das Sonderabkommen unwirksam. Die Preiserhöhungen seien jedoch nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung wirksam.

8

Die [X.] verstießen gegen § 307 BGB. Sie räumten der [X.] das Recht ein, den Gaspreis zu ändern, enthielten jedoch keine Regelung über Grund und Umfang eines Rechts zur Erhöhung des Gaspreises oder eine Verpflichtung zur Senkung des Gaspreises. Jedenfalls bei den streitgegenständlichen Gaslieferungsverträgen mit Haushaltskunden sei ein einseitiges Preisänderungsrecht, das keine Einschränkungen, insbesondere keinerlei Konkretisierung der Preisänderungsfaktoren enthalte, mit dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu vereinbaren. Die Formulierung der [X.] erlaube bei kundenfeindlichster Auslegung eine Preisgestaltung nach freiem Belieben. Die Intransparenz der [X.] werde auch nicht durch ein Kündigungsrecht der Kläger ausreichend kompensiert.

9

Ein [X.] der [X.] ergebe sich nicht aus einer vertraglichen Einbeziehung von § 4 Abs. 1 und 2 [X.], denn die Bestimmungen der [X.] sollten nach den Bedingungen für das Sonderabkommen nur für den Fall zur Anwendung kommen, dass diese Bedingungen keine Regelung enthielten. Hier sei unter Ziffer 4 der Bedingungen aber eine - wenn auch nach § 307 BGB unwirksame - [X.] vorgesehen.

Die umstrittenen Preiserhöhungen seien jedoch nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung wirksam. Eine durch die Unwirksamkeit von AGB-Klauseln entstehende Lücke sei nach ständiger Rechtsprechung stets dann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, wenn die ersatzlose Streichung der betreffenden Klausel keine interessengerechte Lösung biete und kein [X.] Gesetzesrecht zur Verfügung stehe, das in geeigneter Weise zur Vertragsergänzung herangezogen werden könne. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Lücke ausfüllungsbedürftig sei, weil bei langfristigen [X.] ein anerkennenswertes Bedürfnis bestehe, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten. Mit der Vereinbarung der - unwirksamen - [X.] hätten die Parteien auch verdeutlicht, dass nach ihrem Willen der zunächst vereinbarte [X.] nicht für die gesamte Vertragsdauer Gültigkeit haben sollte, sondern sich im Wege eines angemessenen Wertausgleichs anpassen sollte. Damit seien im Vertrag ausreichende Anhaltspunkte für einen hypothetischen Parteiwillen gegeben, der nur eine ernsthafte Gestaltungsmöglichkeit zulasse. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien jedenfalls eine Regelung dahingehend getroffen hätten, dass die Bezugskosten an die Kunden weiterzugeben seien, mithin eine Preiserhöhung im Rahmen der tatsächlichen Bezugskostensteigerungen zulässig sei.

Die von den Klägern beanstandeten Preiserhöhungen entsprächen dem im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zugrunde zu legenden Erfordernis der allein zulässigen Weitergabe tatsächlicher Kostensteigerungen an die Kläger. Die Beklagte habe vorgetragen, dass sie lediglich die [X.] ihrer Vorlieferanten im Rahmen der angegriffenen Gaspreiserhöhungen an die Kläger weitergegeben habe. Ferner habe die Beklagte dargetan, dass die Bezugskostensteigerungen nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen hätten ausgeglichen werden können.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die umstrittenen Gaspreiserhöhungen sind unwirksam, weil der [X.] ein Recht zur einseitigen Änderung des Gaspreises nicht zusteht. Die [X.] in den von der [X.] vorformulierten Bedingungen für das Sonderabkommen halten einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand. Der [X.] ist auch, anders als das Berufungsgericht meint, nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisänderungsrecht zuzubilligen.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Klage, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, als zulässig angesehen. Insbesondere haben die im Revisionsverfahren noch vertretenen Kläger zu 1 bis 143 und 145 bis 181 ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der mit der Klage angegriffenen Gaspreiserhöhungen (§ 256 Abs. 1 ZPO). Auf eine Leistungsklage können sie schon deshalb nicht verwiesen werden, weil das Rechtsschutzziel der hier gegebenen negativen Feststellungsklage mit einer Leistungsklage nicht erreicht werden kann ([X.], 315, [X.]. 10).

2. [X.] hat auch mit Recht angenommen, dass die von der [X.] verwendeten [X.] einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) nicht standhalten und deshalb unwirksam sind.

a) Die [X.] in beiden Fassungen der Ziffer 4 der Bedingungen für das Sonderabkommen sind als Versorgungsbedingungen in [X.] eines [X.] mit [X.] (dazu Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - [X.], [X.], 1717, [X.]. 12 ff., und [X.], [X.], 1711, [X.]. 11 ff., jeweils zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) nicht durch § 310 Abs. 2 BGB der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB entzogen ([X.] 138, 118, 123 zu den [X.] in § 23 Abs. 2 Nr. 2 und § 9 [X.]). Sie unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB als Preisnebenabreden der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 18, und [X.], aaO, [X.]. 17, jeweils m.w.[X.]). Dieser Inhaltskontrolle halten sie nicht stand.

b) Die mit der Klage angegriffenen [X.] benachteiligen die Kunden der [X.] entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Zwar stellt eine [X.] in einem Sondervertrag, die das im [X.] bestehende gesetzliche Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 [X.] (dazu [X.], 315, [X.]. 16 f.; 176, 244, [X.]. 26; 178, 362, [X.]. 26) unverändert in einen Normsondervertrag übernimmt, also davon nicht zum Nachteil des Kunden abweicht, keine unangemessene Benachteiligung des [X.] im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BGB dar (Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 19 f., 21; vgl. auch Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 23, zu § 5 Abs. 2 [X.]). Die von der [X.] verwendeten [X.] enthalten aber, anders als die Revisionserwiderung geltend macht, keine unveränderte Übernahme der Regelungen des § 4 Abs. 1 und 2 [X.], die im Zeitpunkt der umstrittenen Gaspreiserhöhungen noch Geltung hatten (außer [X.] getreten am 8. November 2006 nach Art. 4 der Verordnung zum Erlass von Regelungen des Netzanschlusses von Letztverbrauchern in Niederspannung und Niederdruck vom 1. November 2006, [X.] [X.] 2477).

Aus der Bindung des [X.] an billiges Ermessen folgt, dass das Preisänderungsrecht des [X.] nach § 4 [X.] mit der Rechtspflicht einhergeht, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den Zeitpunkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist ([X.] 176, 244, [X.]. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 28, und vom 28. Oktober 2009, aaO, [X.]. 29). Diesen Anforderungen werden die umstrittenen [X.] - jedenfalls in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. [X.] 176, 244, [X.]. 19) - nicht gerecht.

Denn die in beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen für das Sonderabkommen verwendete Formulierung "Die Stadtwerke [= Beklagte] behalten sich eine Änderung der Preise … vor" lässt eine Auslegung zu, nach der die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, nach gleichlaufenden Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich die Gasbezugskosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die Wahl des [X.] erhöhten Bezugskosten umgehend, niedrigeren Bezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen (vgl. [X.] 176, 244, [X.]. 20 f.; Senatsurteile vom 15. Juli 2009, aaO, jeweils [X.]. 29; vom 28. Oktober 2009, aaO, [X.]. 27). Dies verschafft der [X.] die Möglichkeit einer ungerechtfertigten Erhöhung ihrer Gewinnspanne (vgl. [X.] 176, 244, [X.]. 18; Senatsurteil vom 28. Oktober 2009, aaO, [X.]. 25).

c) Die darin liegende unangemessene Benachteiligung der Kunden der [X.] wird nicht durch das den Kunden der [X.] für den Fall der Preisänderung in beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen des Sonderabkommens eingeräumte Kündigungsrecht ausgeglichen (vgl. insoweit Senatsurteil vom 13. Dezember 2006, aaO, [X.]. 27; vgl. ferner [X.] 180, 257, [X.]. 36 f.; [X.], Urteile vom 15. November 2007 - [X.], [X.], 308, [X.]. 34; jeweils m.w.[X.]). Insofern erscheint schon zweifelhaft, ob es sich angesichts der in beiden Fassungen enthaltenen zusätzlichen Formulierungen überhaupt um ein vollwertiges Kündigungsrecht handelt. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung durch den Senat.

aa) Denn ein angemessener Ausgleich der mit den [X.] verbundenen Nachteile durch ein Kündigungsrecht würde zumindest voraussetzen, dass der Kunde vorab über die beabsichtigte Preiserhöhung informiert wird und sich vom [X.] kann, bevor sie wirksam wird (Senatsurteil vom 13. Dezember 2006, aaO, [X.]. 30 m.w.[X.]). Daran fehlt es hier, weil eine rechtzeitige Information des Kunden, die es ihm ermöglicht, vor Wirksamwerden der Preisänderung zu kündigen, bei der in beiden Fassungen von Ziffer 4 der Bedingungen des Sonderabkommens vorgesehenen Veröffentlichung der Preisänderungen in der E. Tagespresse nicht hinreichend sichergestellt ist (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 32 f., und vom 28. Oktober 2009, aaO, [X.]. 34).

bb) Ferner scheitert ein angemessener Ausgleich der Benachteiligung durch Einräumung eines Sonderkündigungsrechts hier schon daran, dass die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in dem Zeitraum, in dem die umstrittenen Preisänderungen stattgefunden haben, eine faktische Monopolstellung innehatte, weil es im fraglichen Zeitraum keinen weiteren Gasversorger für Haushaltskunden in E. gab. Das Kündigungsrecht stellte deshalb für die Mehrzahl der Kunden der [X.], die entweder an die Entscheidung des Vermieters für den [X.] gebunden sind oder selbst die Entscheidung dafür getroffen und entsprechende Investitionen getätigt haben, keine echte Alternative dar, weil sie dann nur die Möglichkeit hätten, sich von der [X.] zu dem (regelmäßig teureren) Allgemeinen Tarif mit Gas beliefern zu lassen (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 34, und vom 28. Oktober 2009, aaO, [X.]. 35).

3. Die Revisionserwiderung macht geltend, dass die Unwirksamkeit der von der [X.] verwendeten [X.] jedenfalls zu einer entsprechenden Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 [X.] auf die Belieferung von [X.] führen müsse. Dem kann nicht gefolgt werden.

a) Die in Ziffer 5 (bei [X.], die vor 1984 geschlossen wurden: Ziffer 9) der Bedingungen des Sonderabkommens enthaltene Verweisung auf die [X.] führt nicht zu einer Anwendbarkeit des im Verhältnis zu [X.] gemäß § 4 Abs. 1 und 2 [X.] bestehenden Preisänderungsrechts des [X.]. Denn die Verträge enthalten in Ziffer 4 jeweils eine eigenständige Vereinbarung zur Preisanpassung, die sich als abschließende Regelung darstellt. Eine ergänzende oder (für den Fall der Unwirksamkeit der [X.]) hilfsweise Anwendbarkeit von § 4 Abs. 1 und 2 [X.] lässt sich der ausgesprochenen Verweisung nicht, zumindest nicht mit der erforderlichen Klarheit, entnehmen.

b) [X.] - hier die formularmäßigen [X.] - nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag grundsätzlich nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam und richtet sich sein Inhalt gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. § 4 Abs. 1 und 2 [X.] zählt schon deshalb nicht zu den an die Stelle der unwirksamen [X.] tretenden gesetzlichen Vorschriften, weil es sich bei den Klägern jeweils um [X.] und nicht um [X.] im Sinne von § 1 Abs. 2 [X.] handelt. Auch eine entsprechende Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 [X.] auf die zwischen den Parteien bestehenden [X.]verträge kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 - [X.], aaO, [X.]. 41 f.).

4. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der [X.] auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisänderungsrecht zuzubilligen.

Zwar zählen zu den gemäß § 306 Abs. 2 BGB bei Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen anwendbaren gesetzlichen Vorschriften auch die Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB über die ergänzende Vertragsauslegung ([X.] 90, 69, 75 zu der Vorgängerregelung in § 6 Abs. 2 [X.]; Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 36). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt aber nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt ([X.] 90, 69, 77 f.; 137, 153, 157; Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 36). Das ist hier, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht der Fall.

Gemäß Ziffer 9 der Bedingungen für das Sonderabkommen steht der [X.] das Recht zu, sich jeweils mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ablauf der [X.] von zwei Jahren und sodann zum Ablauf der um je ein Jahr verlängerten Vertragslaufzeit vom [X.]. Bei [X.], die vor 1984 geschlossen wurden, endete gemäß Ziffer 10 der Bedingungen die [X.] spätestens am 31. Dezember 1984; die Vertragslaufzeit verlängert sich bei diesen [X.] ebenfalls um je ein Jahr, die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Wenn die Beklagte für diese Zeiträume an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, so führt bereits dies nicht ohne Weiteres zu einem die ergänzende Vertragsauslegung gebietenden unzumutbaren Ergebnis (vgl. [X.] 176, 244, [X.]. 33; [X.] 179, 186, [X.]. 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 37; vom 28. Oktober 2009 - [X.], aaO, [X.]. 45).

Soweit die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend macht, es sei mit Rückforderungsansprüchen von [X.] der [X.] in erheblicher Höhe zu rechnen, die zu einer Existenzbedrohung für die Beklagte führen könnten, zeigt sie entsprechenden Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen nicht auf, obwohl dazu Anlass bestanden hätte, nachdem das Landgericht die [X.] gemäß § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam angesehen hat. Es kann deshalb offen bleiben, ob ein sich aus dem Abschluss einer Vielzahl gleich lautender Verträge ergebender wirtschaftlicher Nachteil überhaupt geeignet sein kann, eine nicht mehr hinnehmbare einseitige Verschiebung des im [X.] zu beurteilenden konkreten Vertragsgefüges zulasten des Verwenders zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - [X.], aaO, [X.]. 37).

Da es somit schon an den Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung fehlt, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Art und Weise der Vertragsergänzung.

III.

Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Feststellungsklage der Kläger zu 1 bis 143 und 145 bis 181 als begründet erweist, ist die Berufung der [X.] gegen das der Klage stattgebende Urteil des [X.] zurückzuweisen.

Ball                                    Hermanns                                [X.]

                 [X.]                                  Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 81/08

13.01.2010

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 6. März 2008, Az: 2 U 114/07, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 306 BGB, § 307 BGB, § 310 BGB, § 315 BGB, § 4 AVBGasV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.01.2010, Az. VIII ZR 81/08 (REWIS RS 2010, 10558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10558


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VIII ZR 81/08

Bundesgerichtshof, VIII ZR 81/08, 13.01.2010.


Az. 2 U 114/07

Oberlandesgericht Hamm, 2 U 114/07, 06.03.2008.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 81/08 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 320/07 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 162/09 (Bundesgerichtshof)

Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Energieversorgungsunternehmens: Inhaltskontrolle von Preisänderungsklauseln in Gaslieferungsverträgen mit Sonderkunden


VIII ZR 246/08 (Bundesgerichtshof)

Allgemeine Geschäftsbedingungen für einen Gasbelieferungsvertrag: Inhaltskontrolle für Preisanpassungsklauseln


2 U 114/07 (Oberlandesgericht Hamm)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.