Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2021, Az. III ZR 353/20

3. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 1869

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Gegenstand

Gebührenanspruch des Arztes: Einsatz eines Femtosekundenlasers bei Durchführung einer ambulanten Katarakt-Operation


Leitsatz

Der Einsatz eines Femtosekundenlasers bei Durchführung einer Katarakt-Operation ist nach Nummer 1375 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), zu welcher der Zuschlag nach Nummer 441 GOÄ für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen gegebenenfalls hinzukommt, zu honorieren und nicht zusätzlich nach den Nummern 5800 und 5855 GOÄ analog abrechenbar.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 16. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Kosten einer [X.] unter Verwendung eines Femtosekundenlasers.

2

Der Kläger unterhält bei der Beklagten einen privaten Krankheitskostenversicherungsvertrag. Am 11. und 13. November 2013 unterzog er sich in einer fachärztlichen Praxis für Augenheilkunde operativen Eingriffen unter Einsatz eines Femtosekundenlasers. Je Auge wurden eine [X.] (Behandlung des Grauen Stars) sowie eine Astigmatismus-Operation (Korrektur von Hornhautverkrümmungen) ausgeführt. Die unter dem 26. November 2013 erstellte Rechnung wies einen Gesamtbetrag von 6.528,62 € aus, wobei neben den Nummern 1345 (Hornhautplastik) und 1375 (extrakapsuläre [X.]) des Gebührenverzeichnisses der Gebührenverordnung für Ärzte (im Folgenden: Nummer … [X.]) zusätzlich die Nummern 5800 [X.] (Erstellung eines Bestrahlungsplans) und 5855 [X.] (interoperative Strahlenbehandlung mit Elektronen) analog zum Ansatz gebracht wurden. Die Beklagte, die eine Analogberechnung der Nummern 5800 und 5855 [X.] als nicht gerechtfertigt ansah, erstattete dem Kläger unter Zubilligung eines Zuschlags für die ambulante Laseranwendung nach Nummer 441 [X.] 4.746,54 €. Ein Betrag von 1.782,11 € ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

3

Der Kläger hat geltend gemacht, bei dem Einsatz eines Femtosekundenlasers handele es sich nicht um eine bloße [X.], sondern um einen von der herkömmlichen [X.] abzugrenzenden eigenständigen Eingriff. Die Methode sei bei Abfassung der [X.] noch nicht bekannt gewesen, weshalb eine Abrechnung in Analogie zu Nummer 5855 [X.] gerechtfertigt sei.

4

Das Amtsgericht hat die auf Zahlung des vorgenannten Differenzbetrags (nebst Zinsen und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten) gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Im Rahmen der verfahrensgegenständlichen [X.] lägen die Voraussetzungen für eine Abrechnung nach den Nummern 5800 und 5855 [X.] analog nicht vor. Die [X.] enthalte für den Einsatz eines [X.] keinen ausdrücklichen Gebührentatbestand. Eine Analogberechnung nach den vorgenannten Nummern setze zum einen voraus, dass es sich um eine selbständige ärztliche Leistung im Sinne des § 6 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 2, Abs. 2a [X.] handele, und zum anderen, dass die weiteren Analogievoraussetzungen nach § 6 Abs. 2 [X.] vorlägen (nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung). Das Amtsgericht habe die Voraussetzungen einer selbständigen ärztlichen Leistung zu Recht als nicht erfüllt angesehen. Die Selbständigkeit einer ärztlichen Leistung sei danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation bestehe (Hinweis auf Senatsurteil vom 21. Januar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1355). Nach der Rechtsprechung des [X.] seien insbesondere Leistungen nicht abrechenbar, deren Zweck darin bestehe, beim Erreichen des [X.] benachbarte Strukturen zu schonen und nicht zu verletzen. Dementsprechend habe das [X.] (veröffentlicht in [X.], 1348) entschieden, dass für den Einsatz des [X.] keine eigenständige Indikation gegeben sei. Es handele sich vielmehr um eine unselbständige Teilleistung der Zielleistung "Kataraktoperation", die nach dem derzeitigen Stand der [X.] nicht zusätzlich nach Nummer 5855 [X.] abgerechnet werden könne. Die erkennende Berufungskammer schließe sich dieser Auffassung an, die auch vielfach in der jüngeren Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte sowie der Verwaltungsgerichte vertreten werde. Obwohl der Kläger mit Beschluss vom 23. Oktober 2019 ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Voraussetzungen einer eigenständigen medizinischen Indikation für den Einsatz eines [X.] nicht dargelegt seien, habe er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2020 keine für eine eigenständige medizinische Indikation sprechenden Umstände vorgetragen. Soweit er in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29. Juni 2020 erstmals unter Berufung auf einen [X.]sbericht vom 11. November 2013 behauptet habe, eine individuelle Indikation zum [X.] habe jedenfalls für das linke Auge bestanden (sog. "harte Linse"), sei das Vorbringen gemäß § 296a Satz 1 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 296a Satz 2 i.V.m. § 156 ZPO komme nicht in Betracht.

II.

8

Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.

9

Der Einsatz eines [X.] bei Durchführung einer [X.] ist nach Nummer 1375 [X.], zu welcher der Zuschlag nach Nummer 441 [X.] für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen gegebenenfalls hinzukommt, zu honorieren und nicht zusätzlich nach den Nummern 5800 und 5855 [X.] analog abrechenbar. Da der behandelnde Augenarzt diese Gebührenpositionen nicht hätte in Rechnung stellen dürfen, hat der Kläger keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus dem Krankheitskostenversicherungsvertrag i.V.m. § 1 Satz 1, § 192 Abs. 1 VVG.

1. Für den Einsatz eines [X.] bei der hier durchgeführten [X.] nach Nummer 1375 [X.] enthält das Gebührenverzeichnis der [X.] keinen eigenen Vergütungstatbestand. Dieser Umstand allein rechtfertigt es allerdings noch nicht, die Abrechenbarkeit des [X.]es von vornherein zu verneinen. Die Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982 ist am 1. Januar 1983 in [X.] getreten ([X.] I S. 1522). Das dazugehörige Gebührenverzeichnis wurde letztmals im Rahmen der zum 1. Januar 1996 in [X.] getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. Dezember 1995 ([X.] I S. 1861) überarbeitet. Femtosekundenlaser, die mit Infrarotimpulsen im Bereich von [X.] arbeiten, werden seit 2001 in der Augenheilkunde eingesetzt (insbesondere bei sog. [X.]). Die erste klinische Anwendung eines [X.] bei der Katarakt-Chirurgie wurde im Jahre 2008 durchgeführt (vgl. Griebau, [X.] 2021, 145, 146 [X.]. 10, [X.]; [X.], [X.] 2020, 212, 214; https://de.wikipedia.org/Katarakt [Medizin] und [X.]). Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der mit der Bereitstellung einer solchen Technik verbundene Aufwand bei der Bewertung der [X.] nach Nummer 1375 [X.] berücksichtigt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1355 Rn. 6 zu der vergleichbaren Situation beim Einsatz einer computerunterstützten [X.] bei Durchführung einer Totalendoprothese nach Nummer 2153 [X.]; siehe auch [X.], [X.], 246, 247 den Femtosekundenlasereinsatz betreffend).

2. Gleichwohl kommt eine gesonderte Abrechnung des Einsatzes des [X.] durch die analoge Anwendung eines im Gebührenverzeichnis explizit enthaltenen Gebührentatbestands, insbesondere die analoge Anwendung der Nummern 5800 und 5855 [X.], nicht in Betracht.

a) Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 [X.] kann der Arzt Gebühren, die nach Abs. 1 Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis genannten ärztlichen Leistungen sind, nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen. Auch soweit das Gebührenverzeichnis eine bestimmte Leistung nicht aufführt, ist die in § 6 Abs. 2 [X.] vorgesehene Analogberechnung, das heißt die Heranziehung einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses, nur für selbständige ärztliche Leistungen eröffnet (Senatsurteil vom 13. Mai 2004 - [X.], [X.], 142, 143). Grundvoraussetzung einer gesonderten Abrechnung des Einsatzes des [X.] im Rahmen einer [X.] ist somit, dass es sich dabei um eine selbständige ärztliche Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 2 [X.] handelt.

aa) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die Selbständigkeit einer ärztlichen Leistung danach zu beurteilen ist, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht. Dies lässt sich nicht ohne Einbeziehung wertender Gesichtspunkte bestimmen. Hierbei ist für die Frage, welche von mehreren gleichzeitig oder im Zusammenhang erbrachten Leistungen selbständig berechnungsfähig sind, neben [X.] im Gebührenverzeichnis selbst vor allem das in § 4 Abs. 2a [X.] niedergelegte Zielleistungsprinzip in den Blick zu nehmen. Nach Satz 1 dieser Bestimmung kann der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt nach § 4 Abs. 2a Satz 2 [X.] auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. In dem Abschnitt L (Chirurgie, Orthopädie) des Gebührenverzeichnisses wird das Zielleistungsprinzip ausdrücklich anerkannt, wenn es dort heißt, dass zur Erbringung der in Abschnitt L aufgeführten typischen operativen Leistungen in der Regel mehrere operative Einzelschritte erforderlich sind und dass diese Einzelschritte nicht gesondert berechnet werden können, soweit sie methodisch notwendige Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genannten Zielleistung sind. Durch das Zielleistungsprinzip wird somit gewährleistet, dass ein und dieselbe ärztliche Leistung, die zugleich Bestandteil einer vom behandelnden Arzt gleichfalls vorgenommenen umfassenderen Leistung ist, nicht zweimal abgerechnet wird (vgl. Senatsurteile vom 13. Mai 2004 aaO [X.], 145, 152 f; vom 16. März 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 919 Rn. 6; vom 5. Juni 2008 - [X.], [X.], 43 Rn. 6 und vom 21. Januar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1355 Rn. 7, 10).

bb) Im vorliegenden Fall kommt es daher entscheidend darauf, ob - wie die Beklagte geltend macht - die in Nummer 1375 des Gebührenverzeichnisses beschriebene Leistung als eine solche Zielleistung der durchgeführten [X.] angesehen werden muss und die femtosekundenlaser-assistierte [X.] keine eigenständige neue [X.]smethode, sondern lediglich eine besondere Ausführungsart der in Nummer 1375 beschriebenen extrakapsulären [X.] mittels Linsenkernverflüssigung ([X.]) darstellt, die auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann. Diese in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur unterschiedlich beurteilte Frage ist zu bejahen. Die herkömmliche [X.], zu der als Bestandteil die Linsenkernverflüssigung ([X.]) gehört, wird durch den [X.] nicht ersetzt, sondern lediglich hinsichtlich einzelner Teilschritte bei der Vorbereitung der Entfernung der getrübten Linse modifiziert, so dass die Voraussetzungen einer "besonderen Ausführung" im Sinne des § 4 Abs. 2a [X.]. 2 [X.] erfüllt sind (gegen die Abrechenbarkeit als selbständige Leistung nach § 6 Abs. 2 [X.] z.B. [X.], [X.], 246; [X.], [X.], 1348; [X.], [X.], 1350; [X.], Urteil vom 15. Oktober 2019 - 16 S 57/18, juris; [X.], Urteil vom 10. Dezember 2019 - 2 S 14/19, juris; [X.], Urteil vom 23. Januar 2020 - 2 S 7365/18, juris; [X.], Urteil vom 11. März 2020 - 2 S 283/18, juris; [X.], Urteil vom 8. September 2020 - 3 S 37/19, juris; Fenercioglu/[X.]/[X.], [X.] 2018, 83; Fenercioglu/Patt/[X.]/[X.], [X.] 2019, 70; Fenercioglu/[X.], [X.], 252; für die Möglichkeit einer Abrechnung nach § 6 Abs. 2 [X.] i.V.m. Nummer 5855 [X.] analog insbesondere [X.], Urteile vom 28. Februar 2018 - 23 O 159/15; vom 15. Januar 2020 - 23 O 215/17 und vom 4. November 2020 - 23 O 94/18; jeweils juris; Griebau, [X.] 2021, 145; [X.], [X.] 2018, 755 und [X.] 2020, 212; [X.], [X.], 127).

(1) Die Zielleistung zur Behandlung des Grauen Stars wird in Nummer 1375 [X.] wie folgt beschrieben:

"Extrakapsuläre [X.] des Grauen Stars mittels gesteuerten [X.] oder Linsenkernverflüssigung ([X.]) - gegebenenfalls einschließlich Iridektomie -, mit Implantation einer intraokularen Linse."

Die [X.] mittels [X.] ist heutzutage der gängige Standardeingriff, der darin besteht, dass nach kreisrunder Eröffnung des vorderen Kapselblattes die Linse zerkleinert und abgesaugt wird, wobei zur Zertrümmerung der Linse bei konventioneller Vorgehensweise Ultraschall eingesetzt wird. Anschließend wird in den leeren [X.] eine Kunstlinse eingesetzt. Die [X.] wird insgesamt "manuell-chirurgisch" ausgeführt.

Beim Einsatz eines [X.] zerfällt die [X.] in zwei regelmäßig auch räumlich getrennte Abschnitte. Nachdem der Patient in einem separaten Behandlungsraum liegend unter dem Lasergerät platziert worden ist, übernimmt der Laser im Wesentlichen drei Teilschritte zur Vorbereitung der eigentlichen [X.], nämlich die computergesteuerte Öffnung der [X.], die (Vor-)Zerkleinerung der getrübten Linse und die Vorbereitung der Schnittführung des Zugangs in das Auge. Im [X.] an die Zerkleinerung der Linse kann auch eine Astigmatismus-Korrektur nach Nummer 1345 [X.] mittels Lasertechnologie vorgenommen werden. Im nächsten manuell-chirurgischen [X.]sabschnitt werden die mit dem Laser in der Hornhaut angelegten Zugänge eröffnet. Durch die Vorzerkleinerung der Linse kann die zu ihrer Zertrümmerung sonst benötigte Ultraschallenergie deutlich reduziert und auf sie unter Umständen sogar ganz verzichtet werden. Nach dem Absaugen der zerteilten Linse wird die Kunstlinse eingesetzt (zu allem Vorstehenden siehe das vom Amtsgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. T.      vom 13. Oktober 2015, [X.] = [X.] 81-83, und das [X.] vom 15. Juli 2016, S. 1 f = [X.] 157 f, sowie [X.] aaO [X.]; [X.], [X.] 2018, 755, 757 und [X.] 2020, 212, 214; [X.], [X.]. 2017, Jg. 114, Heft 31-32, [X.]; [X.] aaO; siehe auch https://de.wikipedia.org/[X.], Katarakt [Medizin] und [X.]).

Für einen davon abweichenden Verlauf des laserunterstützten Eingriffs im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen, dass bei ihm eine "Laser-Refractive-Cataract-[X.]" und eine [X.] durchgeführt worden seien (Schriftsatz vom 9. März 2015, S. 1 = [X.] 39). Auch der erstinstanzlich tätige Sachverständige Dr. T.     hat keine Abweichungen festgestellt.

(2) Nach alledem kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei Verwendung eines [X.] im Rahmen einer [X.] eine eigenständige neue Methode zur Beseitigung des Grauen Stars zum Einsatz kommt. Die Zielleistung "extrakapsuläre [X.] des Grauen Stars mittels Linsenkernverflüssigung ([X.])" bleibt unabhängig von der Ausführungsart dieselbe. Die [X.] beinhaltet die Zertrümmerung beziehungsweise Zerkleinerung der Linse, ohne dass dies zwingend durch Ultraschall erfolgen muss (vgl. [X.], [X.] 2013, 89, 90; Fenercioglu/[X.]/[X.], [X.] 2018, 83, 85). Auch bei Einsatz eines [X.] wird die Linse jedenfalls (vor-)zerkleinert. Entgegen der Auffassung der Revision begründet der [X.] keinen selbständigen operativen Eingriff mit einem eigenständigen Therapiezweck. Der Femtosekundenlaser modifiziert als Teil des [X.]sgeschehens nur einzelne [X.]sschritte im Sinne einer unselbständigen Vorbehandlung, indem er einen Zugang zum [X.]sgebiet schafft beziehungsweise vorbereitet und den Linsenkörper (vor-)zerkleinert (vgl. [X.] aaO [X.]). Da die Leistungslegende der Nummer 1375 [X.] das methodische Vorgehen lediglich als "Linsenkernverflüssigung ([X.])" beschreibt, ohne das hierfür verwendete Verfahren näher zu spezifizieren, ist es im Rahmen der Zielleistung "[X.] des Grauen Stars mit Implantation einer intraokularen Linse" unerheblich, ob einzelne vorbereitende Teilschritte händisch mittels herkömmlicher Schnitt- und Ultraschalltechnik oder unter Zuhilfenahme eines [X.] - als "besondere Ausführung" im Sinne des § 4 Abs. 2a [X.]. 2 [X.] - durchgeführt werden. Der Operateur hat die Wahl: Er kann entweder "manuell-chirurgisch" oder aber "femtosekundenlaser-assistiert" vorgehen. Beide Methoden und [X.] zielen indes auf dieselbe in der [X.] abgebildete Zielleistung ab: [X.] des Grauen Stars mittels Linsenkernverflüssigung ([X.]) und Einsetzen einer Kunstlinse. Der Einsatz des [X.] ist daher zwar nicht notwendiger Bestandteil dieser [X.] (die auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann), aber eine besondere (unselbständige) Ausführungsart. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass diese Lasertechnologie bei der Bewertung der unter der Nummer 1375 [X.] erfassten Leistung durch den Verordnungsgeber noch nicht bekannt war und der Einsatz des Lasers in sachlicher, zeitlicher und räumlicher Hinsicht abgrenzbar ist (vgl. [X.] aaO; [X.] aaO S. 1349; Fenercioglu/[X.]/[X.] aaO S. 84 f; siehe auch Senatsurteil vom 21. Januar 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1355 Rn. 11).

b) Eine eigenständige medizinische Indikation für den Einsatz eines [X.] bei einer [X.] ergibt sich auch nicht daraus, dass die Lasertechnologie eine präzisere Schnittführung ermöglicht und durch die Reduzierung der benötigten Ultraschallenergie gegenüber der Standard-[X.] für die Gewebestrukturen, die sich im Nahbereich der getrübten Linse befinden, schonender sein soll, insbesondere auf Grund einer geringeren Belastung des Hornhautendothels (vgl. Griebau, [X.] 2021, 145, 153; [X.], [X.] 2020, 8, 9). Nach der Rechtsprechung des Senats sind die angestrebte Schonung benachbarter Strukturen beim Erreichen des [X.] und die bloße Optimierung einer bereits in das Gebührenverzeichnis aufgenommenen Zielleistung, sofern die Beschreibung der Zielleistung das methodische Verfahren - wie im Fall der [X.] des Grauen Stars "mittels Linsenkernverflüssigung" nach Nummer 1375 [X.] - nicht nach Techniken und Methoden (z.B. Ultraschall- bzw. [X.]) spezifiziert, nicht geeignet, eine selbständige ärztliche Leistung zu begründen (Senatsurteile vom 13. Mai 2004 - [X.], [X.], 142, 145 und vom 21. Januar 2010 aaO Rn. 10 f; siehe auch [X.] aaO; [X.] aaO).

c) [X.] der Revision, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht berücksichtigt, dass schon aus der vorgelegten Rechnung des behandelnden Arztes ein erschwerter, aufwändiger Eingriff wegen "harter Linse und tiefer Vorderkammer" eindeutig ersichtlich sei und der Kläger - in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29. Juni 2020 - eine individuelle Indikation zum [X.] mit dem Vorhandensein einer "harten Linse" am linken Auge begründet habe, vermag einen Rechtsfehler nicht aufzuzeigen. Der Kläger legt nicht dar, dass er vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2020 vorgetragen hat, dass bei ihm wegen einer "harten Linse" der Einsatz des [X.] medizinisch indiziert gewesen sei. Es genügt nicht, dass in der als Anlage [X.] vorgelegten Arztrechnung ein "erschwerter/aufwändiger Eingriff wegen harter Linse und tiefer Vorderkammer" zur Rechtfertigung eines 3,5-fachen Gebührensatzes bei der Nummer 1375 [X.] aufgeführt ist. Anlagen können zwar zur Konkretisierung und Erläuterung schriftsätzlichen Vortrags dienen; sie ersetzen diesen aber nicht (Senatsurteil vom 17. März 2016 - [X.]/15, NJW 2016, 2747 Rn. 19 mwN). Den erstmaligen Vortrag zum Vorliegen einer eigenständigen medizinischen Indikation auf Grund einer "harten Linse" am linken Auge in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 29. Juni 2020 hat das Berufungsgericht zu Recht gemäß § 296a Satz 1 ZPO unberücksichtigt gelassen. Denn das Gericht hatte den Kläger bereits mit Beschluss vom 23. Oktober 2019 darauf hingewiesen, dass keine konkrete medizinische Indikation im Einzelfall für den Einsatz des [X.] vorgetragen sei. Es bestand daher kein Anlass, auf Grund des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 29. Juni 2020 die mündliche Verhandlung nach § 296a Satz 2 i.V.m. § 156 ZPO wieder zu eröffnen.

Ungeachtet dessen vermag allein eine "harte Linse" keine eigenständige Indikation des [X.] zu begründen. Auch bei harten Linsen kann die [X.] auf herkömmliche Weise ohne [X.] durchgeführt werden (siehe [X.], Urteil vom 10. Dezember 2019 - 2 S 14/19, juris Rn. 26; Fenercioglu/[X.], [X.], 252, 254 f). Bei besonders harten Linsen wird der Einsatz von Ultraschallenergie sogar als sinnvoll angesehen (vgl. Griebau, [X.] 2021, 145, 150). [X.] unterscheidet die Leistungslegende der Nummer 1375 [X.] ebenfalls nicht nach verschiedenen Härtegraden der Linse. Fällt bei harten Linsen ein zusätzlicher Aufwand an, kann dem gegebenenfalls bei Bemessung des [X.] nach § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] Rechnung getragen werden (Fenercioglu/[X.] aaO S. 255), wie dies im Streitfall auch erfolgt ist.

Ob der Einsatz des [X.] bei Kindern oder Patienten mit verlagerten Linsen individuell eigenständig medizinisch indiziert sein kann, wie das [X.] erwogen hat (aaO S. 1349; dies verneinend Fenercioglu/[X.] aaO S. 254), kann dahinstehen, da ein solcher Ausnahmefall hier nicht vorliegt beziehungsweise dafür nichts vorgetragen ist.

d) Auch eine Vergütung durch den doppelten Ansatz der Nummer 1375 [X.] (direkt und analog) statt der Berechnung der Nummer 5855 [X.], wie sie die Revision unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 13. Mai 2004 ([X.], [X.], 142, 152 f) in den Raum stellt, kommt nicht in Betracht. Der seinerzeit vom Senat entschiedene Fall betraf eine hochspezialisierte und komplexe [X.] (systematische Kompartmentausräumung mit weitgehender Freilegung von Blutgefäßen und Nervenbahnen im Zusammenhang mit einer Radikaloperation der bösartigen Schilddrüsengeschwulst), die von der einschlägigen Nummer 2757 [X.] nur unvollkommen erfasst wurde. Auf Grund des medizinischen Fortschritts war der zeitliche Aufwand für die Durchführung der [X.] auf das Zwei- bis Vierfache des Aufwands bei Erlass der [X.] angewachsen. Das eingeholte Sachverständigengutachten hatte zum Ergebnis, dass die [X.] nur eine Teilmenge der vorgenommenen ärztlichen Leistungen erfasste und dass weitere erhebliche Leistungen im Bereich anderer [X.]n erbracht worden waren. Der Senat hielt es deshalb ausnahmsweise für zulässig, die entstandene Regelungslücke durch eine weitere den [X.] ausschöpfende Berechnung der [X.] nach § 6 Abs. 2 [X.] zu schließen.

Diese Gründe können auf den Einsatz des [X.] im Rahmen der [X.] nicht übertragen werden. Während in der damaligen Fallkonstellation bei wertender Betrachtung nicht nur eine besondere Ausführungsart der [X.] nach Nummer 2757 [X.] vorlag, weil in erheblichem Umfang zusätzliche Leistungen aus anderen [X.]n erbracht worden waren, dient der Einsatz des [X.] - wie ausgeführt - lediglich der Vorbereitung der herkömmlichen [X.] des Grauen Stars, so dass eine besondere Ausführung der Leistung vorliegt, die von der [X.] 1375 erfasst wird, zu welcher der Zuschlag nach Nummer 441 [X.] für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen in Höhe von 67,49 € hinzukommt (vgl. [X.] aaO [X.]). Unabhängig vom Einsatz des [X.] ist die ärztliche Maßnahme für den Patienten die gleiche und keine weitergehende: Die vom Grauen Star betroffene Linse wird durch eine Kunstlinse ersetzt (siehe auch Fenercioglu/[X.] aaO S. 255).

e) Dass die Honorierung einer [X.] bei Einsatz eines [X.] nach den Nummern 441, 1375 [X.] selbst bei Ausschöpfung des [X.]s gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] das Grundrecht des behandelnden Arztes aus Art. 12 GG verletzen würde, weil die Vergütung nicht "auskömmlich" wäre (siehe dazu Senatsurteil vom 13. Mai 2004 aaO S. 149 mwN), lässt sich auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens, dessen gehörswidrige Nichtberücksichtigung durch das Berufungsgericht die Revision rügt, nicht feststellen. Die Beurteilung, dass die Vergütung objektiv weder leistungsgerecht noch auskömmlich ist, setzt voraus, dass der mit dem Einsatz des [X.] verbundene Aufwand und die diesbezüglichen Kostenstrukturen substantiiert offengelegt werden. Es genügt nicht, unter Bezugnahme auf die Geräteanschaffungskosten (ca. 350.000 € bis 450.000 € laut [X.] des Sachverständigen Dr. T.      vom 15. Juli 2016, [X.] = [X.] 159) zu behaupten, bei Zugrundelegung eines 2,3-fachen [X.] und 1.000 [X.]en im Jahr sei ein kostendeckender Geräteinsatz nicht möglich. Ein Arzt, der die Anschaffung eines solchen Lasers in Erwägung zieht, muss Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit anstellen. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, bei wie vielen [X.]en ein [X.] in Betracht kommt. Dementsprechend muss die durchschnittliche Kalkulation für die einzelne Femtosekundenlaser-Anwendung dargetan und angegeben werden, welche Umsätze erreichbar sind. Erforderlich sind Ausführungen zur Nutzungsdauer, zur Auslastung im Rahmen der [X.]en und zu weiteren Einsatzgebieten des Lasers zum Beispiel bei Durchführung sogenannter [X.] (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 2004 aaO S. 149 f; Fenercioglu/[X.] aaO S. 255). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass jedenfalls bei komplizierteren [X.]en, deren Durchführung durch den Einsatz des Lasers erleichtert wird, der [X.] der Nummer 1375 [X.] gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] ausgeschöpft werden kann. Durch die Steigerung vom 2,3-fachen auf den 3,5-fachen Gebührensatz und den gleichzeitigen Ansatz der Nummer 441 [X.] verteuert sich die [X.] um gut 300 € je Auge ([X.] aaO [X.]). Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass das auf der Basis der Nummern 441, 1375 [X.] berechnete [X.] für eine insgesamt weniger als einstündige [X.] ([X.] des Sachverständigen Dr. T.      vom 15. Juli 2016, [X.] = [X.] 159) von vornherein nicht auskömmlich ist.

[X.]     

      

Reiter     

      

Kessen

      

Herr     

      

Liepin     

      

Meta

III ZR 353/20

14.10.2021

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Düsseldorf, 16. Juli 2020, Az: 9 S 50/17, Urteil

§ 4 Abs 2a GOÄ, § 6 Abs 2 GOÄ, § 4 Abs 1 Anlage Nr 441 GOÄ, § 4 Abs 1 Anlage Nr 1375 GOÄ, § 4 Abs 1 Anlage Nr 5800 GOÄ, § 4 Abs 1 Anlage Nr 5855 GOÄ

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2021, Az. III ZR 353/20 (REWIS RS 2021, 1869)

Papier­fundstellen: MDR 2022, 145 REWIS RS 2021, 1869

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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