Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.09.2013, Az. 30 W (pat) 33/12

30. Senat | REWIS RS 2013, 2606

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Direktswitch" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 062 685.2

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Dr. Hoppe und Winter

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 19. Juli 2011 und vom 7. Mai 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Direktswitch ist als Wortmarke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 37 und 42 zur Eintragung in das vom [X.] geführte Register angemeldet worden. Das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis lautet nach einer Einschränkung im Beschwerdeverfahren:

2

"Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen; Feuerlöschgeräte;

3

Bauwesen".

4

Die Markenstelle für [X.] des [X.]s hat die Eintragung auf der Grundlage des ursprünglich eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] versagt. Da "Direkt" mit der [X.] Entsprechung "direct" im [X.] "unmittelbar" bedeute, und das [X.] Wort "switch" im [X.] mit "Schalter, Schaltgerät, Koppler" übersetzt werde, sei die angemeldete Bezeichnung ein sachbezogener Hinweis darauf, dass es sich um [X.] oder direkt geschaltete Schalt- bzw. Kopplungselemente handele, die Netzwerksegmente direkt, unmittelbar miteinander verbinden könnten; die Dienstleistungen der Klasse 37 stünden in direktem Zusammenhang mit den so gekennzeichneten Produkten, insbesondere im Bereich der Netzwerktechnik. Für die Dienstleistungen der [X.] sei die Bezeichnung ein Hinweis auf deren Inhalt bzw. Schwerpunkt.

5

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hält die angemeldete Bezeichnung für schutzfähig und hat ausgeführt, dass die Markenstelle nicht erläutert habe, dass das nicht zum [X.] Sprachschatz gehörende Markenwort für alle Waren der [X.] ein sachbezogener Hinweis sei; in der [X.] seien, nur um einige Beispiele zu nennen, auch Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten und Feuerlöschgeräte angeführt, die gewöhnlich keine Schaltung oder Kopplung aufwiesen. Auch einen sachbezogenen Hinweis bezüglich der Dienstleistungen lasse die von der Markenstelle herangezogene Bedeutung nicht erkennen. In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis wie oben wiedergegeben beschränkt.

6

Der Anmelder beantragt mit dieser Maßgabe sinngemäß,

7

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

9

Direktswitch stehen hinsichtlich der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen.

Der angemeldeten Bezeichnung kann zunächst nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Nr. 13 - [X.]; [X.], 935 Nr. 8 - Die Vision; [X.], 850, 854 Nr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Nr. 27 - [X.]; [X.] a. a. [X.] - [X.]; [X.] 2008, 710 Nr. 12 - [X.]; [X.], 949 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Nr. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Nr. 11 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise. Hierbei ist auf die Wahrnehmung des Handels sowie des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ([X.] [X.], 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Nr. 24 - SAT 2; [X.] - Die Vision; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Wortzeichen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link Economy; [X.], 952, 953 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] Nr. 19 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Nr. 23 - [X.]!; a. a. [X.] Nr. 28 f. - [X.]).

Direktswitch auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren beschränkten Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses über die erforderliche Unterscheidungskraft.

Direktswitch ist - worauf der Anmelder zutreffend hinweist - in der Gesamtheit kein Wort des [X.] Sprachschatzes. Die Anmeldung ist allerdings erkennbar gebildet aus "Direkt" und "switch". Dabei ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass das Wort "direkt" im Sinn von "unmittelbar" oder auch "ohne Vermittlung" verwendet wird (vgl. [X.] Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., [X.]) und das [X.] Wort "switch" im [X.] als Verb "schalten, umschalten", als Substantiv "Schalter, Verteiler" bedeutet (vgl. [X.], Wörterbuch der industriellen Technik, Band II, S. 1395; [X.], Suchwort "switch"). Im Bereich der Computertechnologie ist "switch" im [X.] wie im [X.] die Bezeichnung für eine Netzwerkkomponente, die Netzwerksegmente miteinander verbindet, und zwar in einer Weise, die eine geringere allgemeine Netzlast gewährleistet, indem der [X.] - sozusagen durch Direktschaltung - innerhalb der Segmente verbleibt und die übrigen Segmente nicht belastet (vgl. [X.]. [X.], Computer Lexikon 2013, S. 670).

Daraus ergibt sich, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung vor allem als Hinweis auf direkte Schalter bzw. Schaltungen oder Verteiler in Computernetzwerken versteht. In Verbindung mit den nunmehr maßgeblichen Waren und Dienstleistungen steht für die angesprochenen Verkehrskreise diese Bedeutung indessen nicht im Vordergrund. Denn es ist nicht nahegelegt, dass derartige direkte Schaltungen oder direkte Verteiler in diesen Bereichen zur näheren Beschreibung dienen könnten. Der angemeldeten Marke kann in Bezug auf die noch maßgeblichen Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt mehr zugeordnet werden, so dass sich damit keine Eignung zur beschreibenden Verwendung als Sachangabe hinsichtlich der Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen ergibt.

Direktswitch fehlt damit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen auch kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]; denn es ist aus obengenannten Gründen nicht ersichtlich, dass sie als konkrete Angabe über Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren und Dienstleistungen dienen könnte; es fehlt damit an einem Allgemeininteresse an der freien Verwendung.

Die Beschwerde hat daher Erfolg.

Meta

30 W (pat) 33/12

19.09.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.09.2013, Az. 30 W (pat) 33/12 (REWIS RS 2013, 2606)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2606

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