Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.07.2012, Az. 30 W (pat) 548/10

30. Senat | REWIS RS 2012, 4966

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Neuhof (Wort-Bild-Marke)" – freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 003 471.8

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 5. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

1

 I.    

2

Das [X.]

Abbildung

3

ist als Marke für folgende Waren und Dienstleistungen zur Eintragung in das Register angemeldet:

4

„Klasse 16:

5

[X.];

6

Klasse 35:

7

Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche Beratung; Dienstleistungen eines Steuerberaters; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form) für Werbezwecke;

8

Klasse 36:

9

Immobilienwesen; Immobilienverwaltung, sowie Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien; Vermögensverwaltung;

Klasse 45:

Rechtsberatung und -vertretung; juristische Dienstleistungen; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten.“

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 45 des [X.] hat die Anmeldung mit Beschluss vom 22. Juli 2010 wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines [X.] zurückgewiesen. „[X.]“ sei eine die geografische Herkunft beschreibende Ortsangabe, die vom Verkehr auch so verstanden werde. Die Markenstelle nimmt insoweit Bezug auf die Ortschaft [X.] bei [X.], die schon aufgrund ihrer Größe als Herkunftsangabe in Betracht komme. Auch die grafische Gestaltung sei nicht geeignet, dem Zeichen Schutzfähigkeit zu verleihen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle vom 22. Juli 2010 aufzuheben.

Eine Begründung ist nicht zur Akte gelangt.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 [X.] zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Nr. 13 - [X.]; [X.], 935 Nr. 8 - Die Vision; [X.], 850, 854 Nr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Nr. 27 - BioID; [X.] a. a. [X.] - [X.]; [X.] 2008, 710 Nr. 12 - [X.]; [X.], 949 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Nr. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Nr. 11 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen, andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise. Hierbei ist auf die Wahrnehmung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ([X.] [X.], 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Nr. 24 - SAT 2; [X.] - Die Vision; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428, 431 Nr. 53 - [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Hiervon ausgehend besitzen Wortzeichen bzw. die [X.] von [X.] keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden  Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link Economy; [X.], 952, 953 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] Nr. 19 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice).

Ein aus Wort- und Bildelementen bestehendes Zeichen kann durch eine besondere bildliche oder grafische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.] zu einem eigenständigen betrieblichen Herkunftshinweis werden und so Unterscheidungskraft erlangen ([X.] - antiKALK; a. a. [X.] Nr. 20 - Visage; [X.], 954 Nr. 16 - Kinder III). An diese Ausgestaltung sind jedoch umso größere Anforderungen zu stellen, je kennzeichnungsschwächer der Wortbestandteil ist ([X.] - antiKALK).

Nach diesen Grundsätzen kann dem beanspruchten Zeichen in seiner Gesamtwirkung aus Wortbestanteil und graphischer Gestaltung die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zuerkannt werden.

Der Wortbestandteil „[X.]“ des beanspruchten Zeichens stellt nicht nur den Familiennamen des Anmelders dar, sondern deckt sich - anders als etwa „Dr. [X.]“ - mit dem Namen mehrerer Orte in [X.], insbesondere aber mit dem Namen der bei [X.] gelegenen [X.] [X.]. Diese [X.] hat ca. 11.000 Einwohner. Wie von der Markenstelle zutreffend ermittelt und belegt, werden Dienstleistungen der von der Anmeldung beanspruchten Art von Gewerbetreibenden und Freiberuflern in [X.] angeboten. Insoweit steht fest, dass es sich bei „[X.]“ um eine Angabe handelt, die zur Bezeichnung der geographischen Belegenheit entsprechender Angebotsstätten dienen kann. Im Hinblick auf die des Weiteren beanspruchten „[X.]“, aber auch die „Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form) für Werbezwecke“, kann es sich um Produkte handeln, die sich mit der [X.] [X.] befassen, z. B. in Form eines Stadt- oder Behördenführers, wie sie auch von kleineren [X.]n häufig herausgegeben werden. Damit aber handelt es sich bei „[X.]“ hinsichtlich sämtlicher von der Anmeldung umfassten Waren und Dienstleistungen um eine beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Als solcher fehlt ihr zugleich zwingend jede Unterscheidungskraft (vgl. [X.] [X.], 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; [X.], 680, 681 Nr. 19 - BIOMILD).

Dass die [X.] [X.] nicht weiter bekannt ist und es weitere [X.]n dieses Namens gibt, rechtfertigt keine andere Sichtweise (vgl. [X.] 2003, 882, 883 - [X.]). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Amtsverfahren vorgelegten Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 17. Februar 2005 ([X.]. 304 13 332.9/36). Dort ist der Wortmarke „[X.] Beratung für Banken“ Unterscheidungskraft zugebilligt worden. Allerdings ist dem Beschluss nicht zu entnehmen, welche [X.] dieses Namens der Prüfer im Blick hatte. Außerdem hat er angenommen, dass innerhalb der Wortfolge „[X.] Beratung für Banken“ der Bestandteil „[X.]“ nicht ohne Weiteres als Ortsangabe erkennbar sei. Ob dies zutrifft, bedarf keiner Entscheidung (vgl. [X.] 2012, 276, 277 Nr. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.).

Auch die grafische Gestaltung des angemeldeten Zeichens ist nicht geeignet, die erforderliche Unterscheidungskraft zu begründen. Das wäre nur der Fall, wenn sich hierdurch ein die beschreibende Angabe überlagernder, auf die unternehmerische Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen deutender Gesamteindruck ergäbe. Hieran fehlt es. Die blaue Schrift und das als Hintergrund verwendete türkise Quadrat stellen einfache Gestaltungsformen dar, die nicht über eine gängige werbemäßige Hervorhebung des Wortes „[X.]“ hinausgehen (vgl. [X.] - antiKALK; a. a. [X.] - Kinder III).

Meta

30 W (pat) 548/10

05.07.2012

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.07.2012, Az. 30 W (pat) 548/10 (REWIS RS 2012, 4966)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4966

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 543/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "thebodyclinicAG (IR-Marke)" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


30 W (pat) 93/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Q GUARD (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


30 W (pat) 560/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "JOBmanager (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


30 W (pat) 50/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "RehaCompact Ambulantes Rehabilitationszentrum (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


30 W (pat) 539/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "LAWYERING (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.