Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.07.2012, Az. 30 W (pat) 91/10

30. Senat | REWIS RS 2012, 4772

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "5 plus 2" –  Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis –


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 31 236.4

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 12. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelder werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des [X.] vom 3. Juni 2009 und vom 16. September 2010 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Zur Eintragung als Wortmarke in das Markenregister angemeldet worden ist die Bezeichnung

2

5 plus 2

3

für "Ernährungsberatung".

4

Die Markenstelle für Klasse 44 des [X.] hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Begründend ist insbesondere ausgeführt, dass es sich bei der angemeldeten Marke lediglich um einen schlagwortartigen Hinweis auf die mengenmäßige Zusammensetzung der Ernährung handele sowie einen Hinweis darauf, dass die beanspruchte Dienstleistung ein Ernährungskonzept vertrete, das sich aus "5 plus 2" Komponenten zusammensetze. In diversen Veröffentlichungen zum Thema "gesunde Ernährung" werde auf die Bedeutung des mengenmäßigen Verhältnisses bestimmter Nahrungsmittel hingewiesen, beispielsweise bestehe der "[X.]" der [X.] ([X.]) aus 5 Haupt- und 2 Nebengruppen von Nahrungsmitteln. Regelmäßig würden bestimmte, in der Zusammensetzung der einzelnen Nahrungsmittel mengenmäßig ausgewogene Ernährungskonzepte angeboten bzw. vertreten, die hinsichtlich ihrer einzelnen Komponenten variieren, so würden auch täglich 5 Portionen Obst und Gemüse empfohlen.

5

Die Anmelder haben Beschwerde eingelegt. Sie halten mit näheren Ausführungen die angemeldete Bezeichnung wegen fehlenden beschreibenden [X.] für schutzfähig. Der von der Markenstelle angenommene Sinngehalt ergebe sich allenfalls durch mehrere gedankliche Zwischenschritte und damit durch eine nicht statthafte analysierende Betrachtungsweise.

6

Die Anmelder beantragen sinngemäß,

7

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des [X.] vom 3. Juni 2009 und vom 16. September 2010 aufzuheben.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

9

Die zulässige Beschwerde der Anmelder hat auch in der Sache Erfolg. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] bestehen. Insbesondere kann der angemeldeten Bezeichnung nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten (Waren und) Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten (Waren bzw.) Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235 Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rn. 66 - [X.]; [X.], 710 Rn. 12 - [X.]; [X.], 949 Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]).

Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 411 Rn. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Rn. 11 - [X.]; [X.], 949 f. Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten (Waren oder) Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen (Waren oder) Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Rn. 24 - SAT.2; [X.], 935 Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826 Rn. 13 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 18 - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] [X.], 428, 431 Rn. 53 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Ausgehend hiervon besitzen Marken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674, 678 Rn. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; [X.], 952, 953 Rn. 10 - [X.]; [X.], 850, 854 Rn. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850, 854 Rn. 19 - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.] - Schlechte Zeiten).

Darüber hinaus ist die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen abzusprechen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten (Waren oder) Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Rn. 23 - [X.]!; [X.], 850, 855 Rn. 28 f. - [X.]).

5 plus 2 über die erforderliche Unterscheidungskraft.

5 plus 2 ist gebildet aus der Zahl "5", der Zahl "2" und dem Begriff "plus", mit dem in der Mathematik eine Addition ausgedrückt wird. Dass die angesprochenen Verkehrskreise die [X.] als Hinweis auf die Zusammensetzung der Ernährung oder auf ein Ernährungskonzept verstehen, kann indessen nicht festgestellt werden.

5 plus 2 die Schutzfähigkeit abzusprechen. Denn es fehlen jedenfalls konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Gesamtmarke 5 plus 2 ein konkreter Sinngehalt zukommt und sie aus sich heraus verständlich ist. Die Markenstelle hat hierfür keine Nachweise erbracht. Insbesondere wird in Zusammenhang mit dem "Ernährungskreis" der [X.] zwar die Zahl 7, nicht aber das beanspruchte Zeichen "5 plus 2" verwendet. Auch der Senat hat durch ergänzende Ermittlungen nicht feststellen können, dass die Gesamtmarke 5 plus 2 als schlagwortartig verkürzter Hinweis auf eine Ernährungslehre oder eine Ernährungsempfehlung Verwendung findet. [X.] ist aber nur eine Angabe, die einen Sinn vermittelt; wenn das nicht der Fall ist, ist eine beschreibende Angabe nicht feststellbar. Die Kombination ist für die beanspruchte Dienstleistung damit weder eine beschreibende Angabe noch ergibt sich ein enger beschreibender Bezug hierzu.

Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass die angemeldete Bezeichnung hinreichende Unterscheidungskraft aufweist.

3. Mangels feststellbaren Sinngehalts unterliegt die angemeldete Marke auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Meta

30 W (pat) 91/10

12.07.2012

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.07.2012, Az. 30 W (pat) 91/10 (REWIS RS 2012, 4772)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4772

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