30. Senat | REWIS RS 2013, 3839
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Markenbeschwerdeverfahren – "KlangwellenManufaktur" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 069 842.2
hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 25. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 18. Mai 2012 aufgehoben.
I.
[X.] ist als Wortmarke für die Waren „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild“ zur Eintragung als Marke in das vom [X.] geführte Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] beanstandet. Als „Manufaktur“ werde eine Firma, ein Betrieb bezeichnet, in dem etwas erzeugt, gefertigt, produziert werde. Das Wort „Klangwelle“ werde nicht selten im Sinn von „Klänge“ verwendet. Der Gebrauch des Wortes „Welle“ im [X.] liege auch deshalb nahe, weil es auf dem [X.] oder bei elektromagnetischen, seismischen Schwingungen, Licht, Schall vorkomme. Die Marke könne aussagen, dass die beanspruchten Geräte des mit „Manufaktur“ bezeichneten Betriebs Klangwellen erzeugen würden. Als beschreibende Angabe unterliege die Anmeldung einem Freihaltebedürfnis und könne darüber hinaus ihre Funktion als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen. Mit Beschluss vom 18. Mai 2012 hat dieselbe Markenstelle unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid die Anmeldung zurückgewiesen.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hat ausgeführt, dass der Begriff „Klangwelle“ im Gegensatz zu einer Schallwelle oder Lichtwelle nicht wissenschaftlich definiert sei und bisher nur im Zusammenhang mit Kunst, Esoterik und Open Air-Präsentationen (musikuntermalten Licht- und Lasershows) verwendet werde. Da mangels Definition des Begriffs die Fertigung von Klangwellen in einer Manufaktur nicht möglich sei, lade der neue und einzigartige Begriff zu vielfältigen Assoziationen ein.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
[X.] stehen hinsichtlich der beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] entgegen.
Der angemeldeten Bezeichnung kann zunächst nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren (und Dienstleistungen) als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Nr. 13 - [X.]; [X.], 935 Nr. 8 - Die Vision; [X.], 850, 854 Nr. 18 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (und Dienstleistungen) zu gewährleisten ([X.] [X.], 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Nr. 27 - [X.]; [X.] a. a. [X.] - [X.]; [X.] 2008, 710 Nr. 12 - [X.]; [X.], 949 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] – [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Nr. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Nr. 11 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen), andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise. Hierbei ist auf die Wahrnehmung des Handels sowie des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren (oder Dienstleistungen) abzustellen ([X.] [X.], 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Nr. 24 - SAT 2; [X.] - Die Vision; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]).
Hiervon ausgehend besitzen Wortzeichen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link Economy; [X.], 952, 953 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] Nr. 19 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Nr. 23 - [X.]!; a. a. [X.] Nr. 28 f. - [X.]).
[X.] über die erforderliche Unterscheidungskraft.
[X.] ist - worauf der Anmelder zutreffend hinweist - keine gebräuchliche Bezeichnung der [X.]. Die Anmeldung ist allerdings erkennbar gebildet aus den Worten „Klangwellen“ und „Manufaktur“. Dabei ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass „Manufaktur“ die Bezeichnung für einen Betrieb ist, in dem etwas hergestellt wird, und zwar im Wesentlichen in Handarbeit (vgl. [X.], Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 1156). Indessen kann dem weiteren Markenbestandteil, dem Wort „Klangwellen“, weder allein noch in der konkreten Verbindung mit dem angefügten Wort „Manufaktur“ ein Sachhinweis für die hier beanspruchten Waren zugeordnet werden.
Dass die Elemente „Klang“ und „Welle(n)“ im [X.] verwendet werden, reicht für die Annahme einer ohne Unklarheiten erfassbaren beschreibenden Bedeutung nicht aus. Zwar wird im Bereich der Physik für elektromagnetische, seismische Schwingungen des Lichts und Schalls der Begriff „Welle“ verwendet (vgl. [X.], a. a. [X.], S. 1992); das lässt sich aber im Zusammenhang mit „Klang“ nicht feststellen. Abgesehen davon wird im hier maßgeblichen Warenbereich der Schall von Geräten erzeugt und nicht in Handarbeit in einem Betrieb hergestellt.
[X.] mit den hier maßgeblichen Waren auch nicht erkennbar. Zum Verständnis von mittels Klang erzeugter Wellen (des Wassers) in der Gesamtbezeichnung [X.] bedarf es - zumal auch bei solchen Veranstaltungen die musiksynchronen Wasserspiele durch Geräte erzeugt, nicht aber in Handarbeit in einem Betrieb hergestellt werden - näherer Überlegungen, was der Annahme entgegensteht, dass der Verkehr Marken so aufnimmt, wie sie ihm entgegentreten.
[X.] mit den hier maßgeblichen Waren erkennen.
[X.] vielmehr als Phantasiebegriff, so dass der angemeldeten Marke in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann, und sich damit keine Eignung zur beschreibenden Verwendung als Sachangabe hinsichtlich der Eigenschaften dieser Waren ergibt. In ihrer Gesamtheit ist die angemeldete Marke damit geeignet, von den angesprochenen Verkehrskreisen als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden; [X.] fehlt damit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren auch kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]; denn es ist aus obengenannten Gründen nicht ersichtlich, dass sie als konkrete Angabe über Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte; es fehlt damit an einem Allgemeininteresse an der freien Verwendung.
Die Beschwerde hat daher Erfolg.
Meta
25.07.2013
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.07.2013, Az. 30 W (pat) 531/12 (REWIS RS 2013, 3839)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 3839
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