Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2008, Az. IX ZB 112/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1245

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[X.][X.]/08 vom 23. Oktober 2008 in dem Verbraucherinsolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 305 Abs. 3, § 287 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 2 Stellt sich im eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren heraus, dass die dem Antrag auf Restschuldbefreiung beizufügende Abtretungserklärung nicht vorliegt, so darf das Insolvenzgericht dem Schuldner für die Nachreichung der Abtretungserklärung keine Frist setzen, die kürzer ist als ein Monat. [X.], Beschluss vom 23. Oktober 2008 - [X.] 112/08 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.], Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Pape am 23. Oktober 2008 beschlossen: Dem Schuldner wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Einlegung und [X.] des [X.] vom 20. September 2007 gewährt. Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der vorgenannte Be-schluss des [X.] und der Beschluss des [X.] vom 21. August 2007 aufgehoben. Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 5.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Auf Antrag des Schuldners eröffnete das Insolvenzgericht am 25. Januar 2006 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners 1 - 3 - und bestellte den weiteren Beteiligten zum Treuhänder. In diesem Verfahren ordnete das Gericht am 7. Mai 2007 die Durchführung des [X.] im schriftlichen Verfahren an. Den auf den 6. Juli 2007 anberaumten Schlusster-min im schriftlichen Verfahren hob das Insolvenzgericht am 17. Juli 2007 nach-träglich wegen eines formellen Verfahrensfehlers auf. Es hatte festgestellt, dass dem Insolvenzantrag die Abtretungserklärung des Schuldners nach § 287 Abs. 2 [X.] (Anlage 3 des amtlichen Verzeichnisses) nicht beigefügt war. Ebenfalls am 17. Juli 2007 wies das Gericht den Schuldner auf die Unvollstän-digkeit seines Antrags hin und gab ihm Gelegenheit, die Abtretungserklärung nachzureichen. In der Belehrung teilte es dem Schuldner mit, dass er mit der Verwerfung seines Antrags als unzulässig rechnen müsse, wenn dieser nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Hinweises nach § 20 Abs. 2 [X.] vollständig vorliege. Die zweiwöchige Frist, bei der es sich um eine ge-setzliche Frist handele, sei nicht verlängerbar (§ 287 Abs. 1 Satz 2, § 4 [X.], § 224 Abs. 2 ZPO). Dem Hinweis waren ein Antragsformular des Landes [X.] zur Restschuldbefreiung, ein Merkblatt "Restschuldbefreiung" und das amtliche Formular 5 H beigefügt. Der Hinweis wurde dem Schuldner am 20. Juli 2007 zugestellt. Der vom Schuldner ausgefüllte Antrag auf Rest-schuldbefreiung mit der Abtretungserklärung ging am 8. August 2007 beim [X.] ein. Dieses hat mit Beschluss vom 21. August 2007 den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung als unzulässig zurückgewiesen, weil er die fehlende Abtretungserklärung entgegen dem gerichtlichen Hinweis nicht innerhalb der [X.] des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] vorgelegt habe. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner weiter die Aufhebung der Zurückweisung des Antrags auf Rest-schuldbefreiung. 2 - 4 - I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 [X.] statthafte, wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist auch begründet. 3 1. Das [X.] hat ausgeführt, der Rechtspfleger habe mit zutreffen-der Begründung den Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefrei-ung als unzulässig zurückgewiesen, weil er nicht innerhalb der in § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] normierten Frist eingelegt worden sei. Soweit der Schuldner gel-tend mache, das Gericht hätte ihm für die Beibringung des vollständigen [X.] eine Frist von einem Monat setzen müssen, verkenne er die seit dem In-krafttreten der Neuregelung des § 287 Abs. 1 [X.] geänderte Gesetzeslage. Danach sei die Restschuldbefreiung spätestens binnen einer nicht verlängerba-ren Frist von zwei Wochen nach Zustellung des gerichtlichen Hinweises zu [X.]. Die Möglichkeit, den [X.] sogar noch im [X.] zu stellen, sei entfallen. Der nicht fristgerecht gestellte Antrag sei unzulässig. Wiedereinsetzung könne dem Schuldner nicht gewährt werden, weil keine Notfrist oder andere Frist im Sinne des § 233 ZPO vorliege. Der Schuld-ner habe auch nicht hinreichend dargetan oder glaubhaft gemacht, dass ein gerichtliches Fehlverhalten für die verspätete Handlung ursächlich geworden sei. Eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör liege nicht vor. 4 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. 5 - 5 - Das Insolvenzgericht hätte den Antrag des Schuldners als zulässig [X.] müssen. Der Schuldner hat die Abtretungserklärung entsprechend § 305 Abs. 3 Satz 2 [X.] rechtzeitig nachgereicht. 6 a) Wie zu verfahren ist, wenn sich im eröffneten Verfahren herausstellt, dass die Vorlage der gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] erforderlichen Abtretungserklärung versehentlich unterblie-ben ist, regelt das Gesetz nicht. Eine Entscheidung des [X.] zu dieser Frage liegt bislang nicht vor. In seinem Beschluss vom 17. Februar 2005 ([X.] 162, 181) hat der [X.] allerdings die gegebenenfalls zu setzende rich-terliche Frist der Vorschrift des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] entnommen, wenn der Schuldner keinen Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung gestellt hat. Hierauf und auf die Einhaltung der [X.] ist der Schuldner sowohl im Regel- als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren hinzuweisen ([X.] aaO [X.]). Ob die nach § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] in Verbindung mit § 20 Abs. 2 [X.] zu setzende Frist im Verbraucherinsolvenzverfahren auch die Ergänzung der [X.]unterlagen betrifft, ist damit noch nicht entschieden. 7 b) Was gilt, wenn sich bei einem Antrag auf Restschuldbefreiung erst im eröffneten Verfahren herausstellt, dass die gemäß § 287 Abs. 2 [X.] erforderli-che Abtretungserklärung dem Antrag nicht beigefügt ist, ist streitig. Teilweise wird die Auffassung vertreten, das Insolvenzgericht habe den Schuldner analog § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] in Verbindung mit § 20 Abs. 2 [X.] auf das Erforder-nis der Abtretung hinzuweisen. Werde diese sodann nicht in der [X.] vorgelegt, sei der Antrag auf Restschuldbefreiung als unzulässig zurück-zuweisen (so [X.] 2002, 128 f; Graf-Schlicker/[X.], [X.] § 287 Rn. 5; [X.]/[X.], [X.] § 287 Rn. 7b). Nach anderer [X.] ist die [X.] des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] in [X.] - 6 - solvenzverfahren nicht anzuwenden. Für den Fall, dass dem Antrag des Schuldners die Abtretungserklärung nicht beigefügt sei, enthalte § 305 Abs. 3 Satz 2 [X.] in diesem Verfahren eine speziellere Regelung (so [X.] 2002, 29, 30; [X.]/[X.], [X.] 3. Aufl. § 305 Rn. 21; HmbKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 287 Rn. 22; HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 287 Rn. 11; FK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 287 Rn. 19; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 287 Rn. 19; [X.] in [X.]/[X.], [X.] § 287 Rn. 56; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 287 Rn. 36 f; Mohrbut-ter/Ringstmeier/Pape, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl., § 17 Rn. 36). Die Frist zur Ergänzung der dem [X.] beizufü-genden Unterlagen richtet sich im Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 305 Abs. 3 Satz 2 [X.]. Die Vorschrift enthält für das [X.] eine spezielle Regelung, die der entsprechenden Anwendung des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] vorgeht. Enthält der Insolvenzantrag des Schuldners im Verbraucherinsolvenzverfahren entgegen § 305 Abs. 1 Nr. 2 [X.] keine Erklä-rung zur Restschuldbefreiung so hat das Gericht ihn nach § 305 Abs. 3 Satz 1 [X.] zur Abgabe dieser Erklärung aufzufordern (HK-[X.]/[X.], aaO § 305 Rn. 29; Graf-Schlicker/[X.], aaO § 305 Rn. 13; [X.]/[X.], aaO § 305 Rn. 23a; [X.]/[X.], aaO § 305 Rn. 82). Die entspre-chende Anwendung des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] auf den Fall, dass eine Un-vollständigkeit des Antrags erst nach Verfahrenseröffnung bemerkt wird, wäre systemwidrig. Sie würde die Frist, die dem Schuldner im Verbraucherinsolvenz-verfahren zur Ergänzung und Vervollständigung seiner Unterlagen zur Verfü-gung stehen soll, unzulässig verkürzen. Die kurze Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] hat ihren Grund in der Notwendigkeit, alsbald Klarheit darüber zu gewin-nen, ob der Schuldner die Restschuldbefreiung anstrebt oder nicht. Diese [X.] besteht hier bereits. Die Vervollständigung der Unterlagen ist weniger eil-9 - 7 - bedürftig. Der Schutz vor einer übereilten Entscheidung, den § 305 Abs. 3 Satz 2 [X.] dem Schuldner im Verbraucherinsolvenzverfahren gibt, würde zu-dem unterlaufen, wenn man auf die Frist zur Nachreichung der [X.] in diesem Verfahren nach Verfahrenseröffnung § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] entsprechend anwendete. Es ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zum Eröff-nungsverfahren, in dem unzweifelhaft § 305 Abs. 3 [X.] anzuwenden ist, wenn der Schuldner einen unvollständigen Antrag vorlegt und beispielsweise die [X.] fehlt. 3. Zwar führt das Beschwerdegericht mit Recht aus, die Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] sei als gesetzliche Frist nicht verlängerbar und es komme auch keine Wiedereinsetzung in Betracht, weil es sich weder um eine Notfrist noch um eine andere Frist im Sinne des § 233 ZPO handele ([X.] 162, 181, 185; [X.]/[X.], aaO § 287 Rn. 19). Hierauf kommt es aber nicht an, weil das Insolvenzgericht dem Schuldner nicht die Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 [X.] hätte setzen dürfen und seine Belehrung über die Folgen des Fristablaufs fehlerhaft war. Vielmehr hätte es ihn entsprechend § 305 Abs. 3 Satz 1 [X.] zur Ergänzung seiner Unterlagen auffordern und auf die Monatsfrist des § 305 Abs. 3 Satz 2 [X.] sowie auf die Folgen der Fristversäumung hinweisen müs-sen (MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 287 Rn. 19). 10 II[X.] Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren sind weder in der zweiten noch in der dritten Instanz angefallen (vgl. Nr. 2361 und 2364 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Die außergerichtlichen Kosten des Schuldners können dem weiteren Beteiligten nicht überbürdet werden, weil die-11 - 8 - ser in Bezug auf die Zurückweisung des Antrags auf Restschuldbefreiung nicht Gegner des Schuldners im Sinne der §§ 4 [X.], 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist. [X.] [X.] [X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.08.2007 - 97 IK 23/06 - [X.], Entscheidung vom 20.09.2007 - 6 [X.]/07 -

Meta

IX ZB 112/08

23.10.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2008, Az. IX ZB 112/08 (REWIS RS 2008, 1245)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1245

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