Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.10.2018, Az. 2 ARs 311/18

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 2209

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Gegenstand

Nachholung einer Verfahrensverbindung durch den BGH


Tenor

Die nachträgliche Verbindung der Strafsachen 5 Ds 610 Js 35887/16 des Amtsgerichts - Strafrichter - [X.] und 3 [X.] Js 39008/15 des Amtsgerichts - Schöffengericht - [X.] wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Mit Anklageschrift vom 26. Oktober 2016 hat die Staatsanwaltschaft [X.] in der Sache 610 Js 35887/16 Anklage zum Amtsgericht - Strafrichter - [X.] erhoben. Am 25. November 2016 hat dieses die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Nach Vorlage durch das Amtsgericht [X.] übernahm das Amtsgericht - Schöffengericht - [X.] mit Beschluss vom 22. Februar 2017 das dortige Verfahren und verband es mit dem bei ihm anhängigen Verfahren 3 [X.] Js 39008/15 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung. Durch Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 7. Juni 2017 wurde der Angeklagte u. a. wegen der ihm mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft [X.] zur Last gelegten Taten schuldig gesprochen.

2

Das Landgericht [X.] hat mit Urteil vom 24. April 2018 über die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil entschieden. Dagegen hat der Angeklagte Revision zum [X.] eingelegt.

3

Das [X.] hat die Sache mit Beschluss vom 2. August 2018 unter Hinweis auf die durch den Beschluss des Amtsgerichts - Schöffengericht - [X.] nicht wirksam gewordene Verbindung der Verfahren dem [X.] zum Zwecke der Herbeiführung eines (nachträglichen) [X.] vorgelegt. Es bezieht sich dabei auf die Entscheidungen des [X.]s vom 29. November 1996 - 2 StR 585/96 - (NStZ-RR 1997, 170) und vom 8. August 2001 - 2 StR 285/01 - (NStZ-RR 2002, 257), in denen der Senat jeweils die unwirksame Verbindung von Verfahren in der Revisionsinstanz durch Nachholung geheilt hat.

II.

4

Der [X.] hat dazu u. a. ausgeführt:

„Eine Verbindung der Verfahren durch den [X.] als gemeinschaftliches oberes Gericht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] kommt nicht in Betracht.

Das [X.] geht zwar zutreffend davon aus, dass der Verbindungsbeschluss des Amtsgerichts [- Schöffengericht -] [X.] rechtsunwirksam war, da er nicht von dem hierfür zuständigen Gericht erlassen worden ist. Die Verbindung, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betraf, konnte nicht durch Vereinbarung der beteiligten Gerichte (§ 13 Abs. 2 [X.]) herbeigeführt werden. Erforderlich war gemäß § 4 Abs. 2 [X.] die Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts, nämlich des [X.]s, da das Amtsgericht [X.] und das Amtsgericht [X.] zum Bezirk verschiedener Oberlandesgerichte gehören. Dieser Mangel ist gemäß § 6 [X.] vom [X.] wegen zu beachten (vgl. Senat, Beschluss vom 8. August 2001 - 2 StR 285/01 m.w.N.). Dem steht auch die Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts [X.] nicht entgegen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 61. Aufl., § 337 Rn. 6 m.w.N.).

Die nicht wirksam gewordene Verbindung der Verfahren kann der [X.] jedoch nicht nachholen. Soweit der [X.] eine Verfahrensverbindung in der Revisionsinstanz nachgeholt hat, war er nicht nur - anders als hier - zugleich als Revisionsgericht auch Spruchkörper des gemeinschaftlichen oberen Gerichts nach § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Er hat eine nachträgliche Verbindung von Verfahren zudem auch auf Fälle beschränkt, in denen diese zu dem Zweck erfolgt, die Sache insoweit einer endgültigen Entscheidung zuzuführen (Senat, aaO; dagegen keine Verfahrensverbindung: Senat, Beschluss vom 25. April 2007 - 2 StR 25/07 -, [X.] 2007, 327).“

5

Dem schließt sich der Senat an. Eine nachträgliche „Heilung“ fehlender Zuständigkeit durch den nicht gleichzeitig als Revisionsgericht zuständigen [X.] in einer Vielzahl von Fällen würde Verstöße gegen § 4 Abs. 2 [X.] weitgehend sanktionslos lassen und dessen Anwendungsbereich damit unangemessen einschränken. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen hält der Senat die Nachholung einer Verfahrensverbindung in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 2 [X.] für zulässig, nämlich wenn das Revisionsverfahren bei ihm anhängig ist und durch diese Verfahrensweise unter Ausschluss jeglicher Beschwer für den Angeklagten endgültig erledigt werden kann.

6

Dies setzt voraus, dass das Verfahren, soweit es infolge unwirksamer Verfahrensverbindung an einer Verfahrens- (oder: [X.]) Voraussetzung fehlt, gemäß § 154 Abs. 2 [X.] eingestellt und zugleich insgesamt nach § 349 Abs. 2 [X.] verfahren werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. November 1996 - 2 StR 585/96, aaO und vom 8. August 2001 - 2 StR 285/01, aaO).

7

Infolge der Unwirksamkeit des [X.] ist das zum Amtsgericht - Strafrichter - [X.] angeklagte Verfahren dort rechtshängig geblieben. Das [X.] als zuständiges Revisionsgericht wird das angefochtene Urteil deshalb insoweit aufzuheben und die Sache in entsprechender Anwendung des § 355 [X.] an das Amtsgericht - Strafrichter - [X.] zurückzuverweisen haben (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Juli 2018 - 4 [X.]; Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - 2 StR 25/07, [X.] 2007, 327).

Schäfer     

        

Appl     

        

Bartel

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 ARs 311/18

31.10.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 4 Abs 2 S 2 StPO, § 6 StPO, § 13 Abs 2 StPO, § 154 Abs 2 StPO, § 349 Abs 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31.10.2018, Az. 2 ARs 311/18 (REWIS RS 2018, 2209)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2209

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Referenzen
Wird zitiert von

2 ARs 337/20

4 StR 68/21

Zitiert

4 StR 145/18

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