Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.09.2013, Az. IX ZR 4/13

9. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2621

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Gegenstand

Insolvenzanfechtung: Gläubigerkenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners


Leitsatz

Wird der Gläubiger tatsächlich durch eine Zahlung des Schuldners befriedigt, hat er von dessen Benachteiligungsvorsatz Kenntnis, wenn er um die Willensrichtung des Schuldners weiß und nach allgemeiner Erfahrung eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners zugrunde legen muss.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 49 des [X.] vom 13. November 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 15. Juli 2009 über das Vermögen der [X.] (nachfolgend: Schuldnerin) am 26. Januar 2010 eröffneten Insolvenzverfahren.

2

Wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge pfändete die Beklagte ohne Erfolg in ein von der Schuldnerin bei der [X.] Konto. Mangels Zahlung stellte sie am 19. September 2008 gegen die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Aufgrund einer am 30. September 2008 von der Schuldnerin auf das Konto bewirkten Einzahlung überwies die [X.] am 1. Oktober 2008 die rückständigen Beiträge in Höhe von 831,51 € an die Beklagte. Diese erklärte ihren Insolvenzantrag am 6. Oktober 2008 für erledigt.

3

Der Kläger verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung Erstattung der an die Beklagte bewirkten Zahlung. Das [X.] hat der erstinstanzlich abgewiesenen Klage stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist nicht begründet.

I.

5

Das [X.] hat der Klage auf der Grundlage von § 133 Abs. 1 [X.] stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Es liege eine Rechtshandlung der Schuldnerin vor, weil sie das gepfändete Konto gezielt aufgefüllt habe, um die Befriedigung der [X.] sicherzustellen. Die im [X.]punkt der Rechtshandlung zahlungsunfähige Schuldnerin habe mit [X.] gehandelt, weil sie die Beklagte zum Nachteil ihrer übrigen Gläubiger bevorzugt habe. Der [X.] seien die Zahlungsunfähigkeit und der [X.] der Schuldnerin bekannt gewesen. Angesichts der geschäftlichen Betätigung der Schuldnerin habe die Beklagte von weiteren Gläubigern ausgehen müssen. Ferner würden Sozialversicherungsträger trotz finanzieller Probleme wegen der Strafbewehrung ihrer Forderungen regelmäßig vorrangig bedient. Schließlich entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Schuldner unter dem Druck eines [X.] bevorzugt Zahlung an den antragstellenden Gläubiger leiste. Eine Kenntnis der Umstände der Rechtshandlung auf Schuldnerseite, also der Frage, wie Geld auf das gepfändete Konto gekommen sei, werde von Gesetz und Rechtsprechung nicht gefordert. Die Frage der Kenntnis des Ursprungs der Rechtshandlung sei nicht relevant.

II.

6

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand. Der geltend gemachte Anfechtungsanspruch ist gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 [X.] begründet.

7

Mit Rücksicht auf die durch den verfahrenseinleitenden Insolvenzantrag vom 15. Juli 2009 in Gang gesetzte Anfechtungsfrist kommt nur eine Vorsatzanfechtung in Betracht. Eine Anknüpfung an einen der zeitlich zuvor gegen die Schuldnerin gestellten [X.] scheidet aus, weil Feststellungen zur Zulässigkeit und Begründetheit dieser Anträge (§ 139 Abs. 2 Satz 1 [X.]) fehlen. Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur [X.] der Handlung den Vorsatz des Schuldners erkannte. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

8

1. Die maßgebliche Rechtshandlung der Schuldnerin ist in der Auffüllung des gepfändeten Kontos zu erblicken, die erst die Befriedigung der [X.] ermöglichte.

9

a) Die Vorschrift des § 133 Abs. 1 [X.] setzt als Rechtshandlung ein willensgeleitetes, verantwortungsgesteuertes Handeln des Schuldners voraus. Der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweigert ([X.], Urteil vom 22. November 2012 - [X.], [X.], 48 Rn. 9). Grundsätzlich fehlt es an einer solchen Schuldnerhandlung, wenn ein Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt. [X.] ist eine im Rahmen oder aus Anlass der Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung aber dann, wenn dazu zumindest auch eine Rechtshandlung des Schuldners beigetragen hat, mag diese auch unter dem Druck oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sein ([X.], Urteil vom 3. Februar 2011 - [X.], [X.], 501 Rn. 5). Fördert ein Schuldner aktiv eine Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers, rechtfertigt dies die Bewertung der Vollstreckungsmaßnahme als Rechtshandlung des Schuldners ([X.], Urteil vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 12).

b) Nach diesen Maßstäben ist eine Rechtshandlung der Schuldnerin gegeben. Zwar ist das von der [X.] im Wege der Forderungspfändung an dem Bankkonto erwirkte Pfandrecht mangels einer Rechtshandlung der Schuldnerin nicht gemäß § 133 Abs. 1 [X.] anfechtbar ([X.], Urteil vom 22. November 2012 - [X.], aaO Rn. 15). Die Schuldnerin hat jedoch erst durch die [X.] [X.] auf das zuvor im [X.] geführte Bankkonto als eigenständige Rechtshandlung dieses Pfandrecht der [X.] werthaltig gemacht (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juni 2012 - [X.], [X.], 1401 Rn. 21, 22). In dieser Förderung der Pfändung liegt eine anfechtbare Rechtshandlung. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Auffüllung des Kontos als Rechtshandlung des Schuldners nicht die einzige Ursache für die Gläubigerbenachteiligung bildet, sondern die Kontopfändung hinzugetreten ist (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 171). Eine mitwirkende Handlung des Schuldners reicht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 [X.] aus ([X.], Urteil vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 10; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO § 133 Rn. 9a).

2. Die Einzahlung der Gelder auf das von der [X.] gepfändete Bankkonto hat eine Gläubigerbenachteiligung ausgelöst.

Sie ist gegeben, wenn die Rechtshandlung entweder die [X.] vermehrt oder die [X.] verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten ([X.], Urteil vom 29. September 2011 - [X.], [X.], 2293 Rn. 6 mwN). Die zwecks Befriedigung der [X.] auf das gepfändete Konto geleiteten Mittel gehörten zuvor zum haftenden Vermögen der Schuldnerin und standen daher der Vollstreckung durch ihre Gläubiger offen. Wäre die Einzahlung auf das gepfändete Konto unterblieben, hätten die Mittel zur Befriedigung der Gläubigergesamtheit eingesetzt werden können. Mithin hat sich eine Gläubigerbenachteiligung verwirklicht.

3. Die Schuldnerin hat die Rechtshandlung mit einem von der [X.] erkannten [X.] vorgenommen.

a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden ([X.], Urteil vom 13. August 2009 - [X.], [X.], 1943 Rn. 8). Insoweit kommt den Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der [X.] einer von ihm erbrachten Leistung besondere Bedeutung zu ([X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 - [X.], [X.], 146 Rn. 18; vom 8. März 2012 - [X.], [X.], 857 Rn. 41). Sind beide Teile über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichtet, kann von einem [X.] des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger ausgegangen werden, weil der Schuldner weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird ([X.], Urteil vom 6. Dezember 2012 - [X.], [X.], 174 Rn. 15 mwN). Ebenso bildet eine inkongruente Deckung, bei welcher der Schuldner anderes oder mehr leistet als geschuldet, wegen der ihr innewohnenden Begünstigungstendenz ein Beweisanzeichen für einen [X.] des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem [X.]punkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 - [X.], [X.], 2251 Rn. 13).

b) Vorliegend sind die Beweisanzeichen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und der [X.] gegeben.

Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sowohl dieser selbst als auch der [X.] zum [X.]punkt der Einzahlung auf das gepfändete Konto geläufig. Überdies liegt das Beweisanzeichen der [X.] vor. Als inkongruent sind auch außerhalb der gesetzlichen Krise die aufgrund eines Insolvenzantrags erzielten Deckungen zu bewerten, weil sie weder dem Inhalt des Schuldverhältnisses entsprechen noch mit Zwangsmitteln erlangt werden, die dem einzelnen Gläubiger zur Durchsetzung seiner Ansprüche vom Gesetz zur Verfügung gestellt werden ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2012, aaO Rn. 10). Die Beklagte hat die Zahlung mit Hilfe des von ihr gestellten Insolvenzantrags zu einem [X.]punkt erwirkt, als Zweifel an der Liquidität der Schuldnerin bestanden. Bei dieser Sachlage ist in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht sowohl von einem [X.] der Schuldnerin als auch dessen Kenntnis bei der [X.] auszugehen.

c) Da Gegenstand des [X.]es des Schuldners die von ihm veranlasste gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bildet, muss der [X.] neben der [X.] auch die von ihm ausgehende Rechtshandlung nebst der dadurch hervorgerufenen Gläubigerbenachteiligung im Allgemeinen erkannt haben. Insoweit beruft sich die Beklagte ohne Erfolg darauf, nicht von der konkreten, gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung der Schuldnerin gewusst zu haben.

aa) Der von § 133 Abs. 1 Satz 1 [X.] verlangte [X.] des Schuldners knüpft an die von ihm vorgenommene, eine Gläubigerbenachteiligung hervorrufende Rechtshandlung an ([X.], Urteil vom 11. November 1993 - [X.], [X.]Z 124, 76, 81 f; vom 23. November 1995 - [X.], [X.]Z 131, 189, 195; vom 10. Februar 2005 - [X.], [X.]Z 162, 143, 153; vom 5. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 98 Rn. 10). [X.] muss der [X.] erkannt haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte ([X.], Urteil vom 27. März 1957 - [X.], [X.], 902, 904; vom 17. Juli 2003 - [X.], [X.], 1923, 1925; Beschluss vom 9. Februar 2012 - [X.], Z[X.] 2012, 1264 Rn. 4 mwN). Der [X.] des Schuldners und seine Kenntnis bei dem [X.] sind mithin auf die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners bezogen ([X.]/[X.], Z[X.] 2013, 1677, 1680).

Allerdings dürfen die Anforderungen an die subjektiven Voraussetzungen der Vorschrift nicht überspannt werden. Deshalb muss sich der [X.] des Schuldners nicht gerade auf die später tatsächlich eingetretene Benachteiligung bezogen haben ([X.], Urteil vom 10. Januar 2008 - [X.], [X.], 413 Rn. 19). Ebenso ist es nicht erforderlich, dass der [X.] alle Umstände, aus denen sich der [X.] des Schuldners ergibt, im Einzelnen kennt. Vielmehr reicht es aus, wenn er im Allgemeinen von dem [X.] gewusst hat ([X.], Urteil vom 19. Dezember 2002 - [X.], [X.], 524, 530; vom 29. November 2007 - [X.], [X.]Z 174, 314 Rn. 34; vom 30. Juni 2011 - [X.], [X.]Z 190, 201 Rn. 25). Deshalb muss der [X.] auch die Rechtshandlung, welche die Gläubigerbenachteiligung ausgelöst hat, nicht in allen Einzelheiten kennen.

bb) Den subjektiven Anforderungen ist - wie der Senat in vergleichbaren Sachverhaltsgestaltungen bereits in der Vergangenheit angenommen hat (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 2011 - [X.], [X.], 1343; vom 14. Juni 2012 - [X.], [X.], 1401) - in der Person der [X.] genügt. Diese konnte sich nicht der Kenntnis verschließen, dass die an sie mit [X.] bewirkte Zahlung auf einer die Gläubigergesamtheit benachteiligenden Rechtshandlung der Schuldnerin beruhte.

(1) Die Auskehr des Kontoguthabens war insbesondere durch eine Rechtshandlung der Schuldnerin veranlasst, wenn sie entweder das Konto durch eigene Zahlung aufgefüllt (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 21, 22) oder Dritte angewiesen hätte, ihre Verbindlichkeiten durch Zahlung gerade auf das gepfändete Konto zu erfüllen. An einer Rechtshandlung der Schuldnerin hätte es hingegen gefehlt, falls die Fortsetzung des [X.] über das gepfändete Konto nicht auf einer bewussten Entschließung fußte (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 1996 - [X.], [X.], 2250, 2252). Ebenso hätte es sich verhalten, sofern ein Dritter ohne Veranlassung und nähere Kenntnis der Schuldnerin im ausschließlichen Interesse der Befriedigung der [X.] dem gepfändeten Konto ein Guthaben zugeführt hatte.

(2) Allein diese mehr oder weniger wahrscheinlichen Sachverhaltsalternativen, die eine Rechtshandlung der Schuldnerin oder (auch) eine Gläubigerbenachteiligung ausschließen könnten, stehen einer Kenntnis der Rechtshandlung und der durch sie bewirkten Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen.

Selbst der geschäftlich ungewandte, über den konkreten Zahlungsfluss nicht näher unterrichtete [X.] geht mangels ihm bekannter gegenteiliger Anhaltspunkte von dem Regelfall aus, dass er außerhalb einer Zwangsvollstreckung die empfangene Zahlung einer die Gläubigergesamtheit benachteiligenden Rechtshandlung seines Schuldners und nicht dem uneigennützigen Dazwischentreten eines [X.] verdankt. Im Interesse der Erfüllung seiner Forderung ist der [X.] grundsätzlich mit jeder möglichen und gerade auch - wenn eine Vollstreckung aus verschiedensten Gründen, auch etwa einer freiwilligen Zahlung, nicht zum Erfolg führt - mit einer auf einer Rechtshandlung des Schuldners beruhenden Befriedigung einverstanden, welche als Kehrseite die Gläubigergesamtheit benachteiligt (vgl. [X.] in Festschrift [X.], 2010, [X.], 186 f).

Angesichts dieses tatsächlichen Befunds hat derjenige allgemeine Kenntnis von dem [X.] des Schuldners, der im Wissen um die [X.] auf der Grundlage einer von diesem tatsächlich veranlassten Rechtshandlung befriedigt wird, die unter den äußerlich zutage getretenen Gegebenheiten nach allgemeiner Erfahrung auf den Schuldner zurückgehen kann. Es ist dann ohne Bedeutung, ob der [X.] über den genauen Hergang des [X.] unterrichtet war. Dies gilt auch etwa für einen Gläubiger, der nach einer misslungenen Zwangsvollstreckung mit Hilfe eines Insolvenzantrags eine Zahlung des Schuldners durchsetzt. Es genügt sein Einverständnis, anstelle einer Vollstreckungsmaßnahme zumindest im Wege einer Rechtshandlung des Schuldners, die typischerweise eine Gläubigerbenachteiligung auslöst, befriedigt zu werden (vgl. [X.], aaO; [X.], Urteil vom 26. Februar 1969 - [X.], [X.], 374, 376). Eine fehlende Kenntnis kann nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen anerkannt werden, in denen der [X.] über den maßgeblichen Geschehensablauf im Ansatz unterrichtet ist, aber auf der Grundlage des für ihn nicht vollständig erkennbaren Sachverhalts - etwa im berechtigten Vertrauen auf einen ihm mitgeteilten Zahlungsweg - bei unvoreingenommener Betrachtung eine Rechtshandlung des Schuldners oder eine Gläubigerbenachteiligung zuverlässig ausschließen darf (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Februar 2012 - [X.], Z[X.] 2012, 1264 Rn. 4 mwN).

(3) Im Streitfall hielt sich die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der Schuldnerin innerhalb des normalen Geschäftsverkehrs. Die seitens der Schuldnerin veranlasste Auffüllung des gepfändeten Kontos stellte eine übliche, von dem [X.] mangels greifbarer Anhaltspunkte für eine andere Gestaltung redlicherweise zu berücksichtigende Tilgungsleistung dar. Da die Pfändung in das Konto der Schuldnerin mangels hinreichender Deckung fehlgeschlagen war, konnte Befriedigung bei realistischer Betrachtung nur noch dank einer - der [X.] nicht unwillkommenen - Rechtshandlung der Schuldnerin erwartet werden. Nachdem die Beklagte nunmehr einen Insolvenzantrag gestellt hatte, lag es auf der Hand, dass die Schuldnerin zur Vermeidung einer Verfahrenseröffnung das Konto aufgefüllt hatte.

Anhaltspunkte für die Zahlung eines [X.], der über die Kontoverbindung der Schuldnerin und ihre Verbindlichkeit gegenüber der [X.] hätte unterrichtet sein müssen, waren nicht ansatzweise ersichtlich. Auch eine andere Gestaltung außergewöhnlicher Art ist in dem Streitfall, der sich in vergleichbarer Weise immer wieder ereignet (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 2011 - [X.], [X.], 1343; vom 14. Juni 2012 - [X.], [X.], 1401), ersichtlich nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte den Eintritt der Gläubigerbenachteiligung gebilligt. Soweit sich aus dem Urteil vom 6. Oktober 2009 ([X.], [X.]Z 182, 317 Rn. 12) eine andere Beurteilung ergeben könnte, wird daran nicht festgehalten.

III.

Da sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend darstellt, ist die Revision der [X.] gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.

Kayser                      [X.]                         Pape

               Grupp                         [X.]

Meta

IX ZR 4/13

19.09.2013

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 13. November 2012, Az: 49 S 10/12

§ 133 Abs 1 S 1 InsO, § 133 Abs 1 S 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.09.2013, Az. IX ZR 4/13 (REWIS RS 2013, 2621)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2621

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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