Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. 5 StR 169/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 9918

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Gegenstand

Strafverfahren: Beweis des Protokolls für die Kenntnisnahme der Richter von einem Prüfbericht in Tabellenform im Selbstleseverfahren


Tenor

Die Revision des Angeklagten [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. Oktober 2008 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Der [X.] bemerkt ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:

1. Die Rüge, das [X.] habe Urkunden entgegen § 249 Abs. 2 Satz 1 und 3 StPO und § 261 StPO verwertet, ist unbegründet. In der Sitzung vom 29. Mai 2008 hat der Vorsitzende die Durchführung des [X.] auch hinsichtlich eines 515 Seiten umfassenden, zahlreiche Zahlenwerke in Tabellenform enthaltenden Prüfberichts angeordnet, der im Urteil unter [X.] „Geschichte der [X.] in den [X.]“ ([X.] bis 30) hinsichtlich einer gebotenen Verdoppelung des [X.] im Zusammenhang auch mit an den Angeklagten ausgereichten Krediten in die Feststellungen eingeflossen ist ([X.] 30).

Bei dem Prüfbericht handelt es sich um eine verlesbare Urkunde im Sinne des § 249 Abs. 1 Satz 1 StPO. Sie ist geeignet, durch ihren Gedankeninhalt Beweis zu erbringen (vgl. [X.]St 27, 135, 136). Dies gilt auch für die Zahlenwerke in Tabellenform. Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut des Protokolls hier lediglich, dass die Berufsrichter und die Schöffen vom „Inhalt“ (auch) des Prüfberichts Kenntnis genommen haben. Dies erfasst indes - worauf es gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 StPO ankommt - auch deren Wortlaut (vgl. [X.], 227 [bei [X.]]). Nach dem Inhalt des Protokolls steht außer Frage, dass die festgestellte Kenntnisnahme der Berufsrichter und der Schöffen nach deren abgegebenen Erklärungen im Selbstleseverfahren erfolgt ist. Dann aber haben die Erklärenden auch vom Wortlaut insgesamt Kenntnis genommen (vgl. [X.] aaO), weil anders eine Kenntnisnahme vom „Inhalt“ der Urkunde nicht möglich ist (möglicherweise anders, indes nicht tragend [X.]R StPO § 249 Kenntnisnahme 1). Eine näher an den Gesetzeswortlaut angelehnte Formulierung im Protokoll hätte überdies keinen Beweis dafür erbringen können, dass [X.] und Schöffen tatsächlich vom Wortlaut insgesamt Kenntnis genommen haben ([X.], 227 [bei [X.]]).

2. Die den Grundstückssachverständigen [X.] betreffende Beweisantragsrüge ist zulässig.

Das [X.] hat in seinem Beschluss vom 23. September 2009 ausgeführt: „Die Behauptung, dass der Marktwert des Geschäftsgebäudes Hotel Riviera gemäß dem Gutachten des [X.] vom 14.02.2003 7,5 Mio. € betragen hat, ist durch die Selbstlesung des Gutachtens (Urkundenliste 1 Rdn. 54) bereits erwiesen.“ Hiernach bedurfte es der Vorlage des Gutachtens nicht, um geltend machen zu können, dass die [X.] in ihren Feststellungen von dem als bewiesen erachteten Grundstückswert abgewichen ist.

Dies ist auch der Fall, soweit das [X.] auf [X.] 47 von einem „angeblichen Wert“ von 7,5 Mio. € ausgeht und davon, dass dem Angeklagten bewusst gewesen sei, „dass das Ergebnis des Gutachtens mit Vorsicht zu behandeln war“ ([X.] 47). Indes schließt der [X.] aus, dass die Überzeugungsbildung des [X.]s auf dieser, das Kerngeschehen - die Ausreichung eines Kredits an einen Strohmann ohne ausreichende Sicherheiten - nicht betreffenden Abweichung beruht.

3. Es stellt keinen sachlichrechtlich durchgreifenden Widerspruch dar, soweit das [X.] einerseits angenommen hat ([X.] 83, 86, 251), eine Vertretung der Firma [X.] habe bei den notariellen Vertragsschlüssen in [X.] am 18. und 19. Oktober 2004 aufgrund erteilter Einzelvollmachten durch Rechtsanwalt [X.] stattgefunden, und andererseits festgestellt hat, dass dieser Rechtsanwalt ein beratendes Mandat ausschließlich für den Angeklagten und R. und später für die [X.]. wahrgenommen hat ([X.] 83, 251). Die beschriebene allgemeine Vertretung der [X.] durch Rechtsanwalt [X.] ([X.]6) stellt lediglich eine missverständliche Verallgemeinerung des Vertretungsumfangs dar, die indes im Zusammenhang mit den dort beschriebenen Voraussetzungen für eine Eintragung einer Hypothek sachlich ohne Aussagegehalt gewesen ist. Die Erwähnung der Vertretungsverhältnisse ist nicht im Zusammenhang mit einer rechtsgeschäftlichen Vertretung erfolgt, sondern es standen lediglich die der [X.]. obliegenden Nachweise über den Zahlungsfluss von [X.] an diese Gesellschaft und deren Weiterreichung an den Notar in Frage.

[X.]                              Raum                             Brause

                  Schneider                          Bellay

Meta

5 StR 169/09

28.01.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hamburg, 16. Oktober 2008, Az: 608 KLs 10/07 - 6700 Js 87/06, Urteil

§ 249 Abs 1 StPO, § 249 Abs 2 S 1 StPO, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.01.2010, Az. 5 StR 169/09 (REWIS RS 2010, 9918)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9918

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