Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2013, Az. XII ZB 207/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7180

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Gegenstand

Berufsbetreuervergütung: Anspruch des nicht umsatzsteuerpflichtigen Berufsbetreuers auf den vollen Stundensatz


Leitsatz

Ein Berufsbetreuer, der gemäß § 19 Abs. 1 UStG nicht umsatzsteuerpflichtig ist, hat Anspruch auf den vollen Stundensatz des § 4 Abs. 1 VBVG. Eine Kürzung in Höhe der Umsatzsteuer findet nicht statt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 14. März 2012 wird auf Kosten der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin), die im Juli 2011 zur [X.] der Betroffenen bestellt wurde und als Kleinunternehmerin nach § 19 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist, verlangt Festsetzung ihrer Vergütung aus der Staatskasse für die [X.] vom 15. September 2011 bis 14. Dezember 2011 in Höhe von 502,50 € ausgehend von einem Stundensatz von 33,50 €.

2

Das Amtsgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Staatskasse) hat das [X.] zurückgewiesen.

3

Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Staatskasse eine Kürzung des Stundensatzes von 33,50 € um die Umsatzsteuer von 19 %.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 70 Abs. 1 FamFG), und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

5

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betreuerin habe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] Anspruch auf den vollen Stundensatz von 33,50 €. Aus diesem Stundensatz sei auch dann, wenn - wie hier - der Berufsbetreuer nach § 19 UStG als Kleinunternehmer nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege, die Umsatzsteuer nicht herauszurechnen. Eine solche Kürzung ergebe sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus dem Sinn und Zweck der Pauschalierung.

6

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.

7

Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die gemäß § 19 Abs. 1 UStG nicht umsatzsteuerpflichtige Betreuerin einen Anspruch auf Vergütung des ungekürzten in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] festgelegten Stundensatzes von 33,50 € hat.

8

a) Entgegen der Ansicht der Staatskasse ist bei der Berechnung der Vergütung für einen nicht umsatzsteuerpflichtigen Betreuer die Umsatzsteuer nicht aus den Stundensätzen des § 4 Abs. 1 [X.] heraus zu rechnen (vgl. [X.] FamRZ 2006, 1152; OLG Stuttgart [X.] 2007, 131; [X.] FamRZ 2006, 1482; [X.] FamRZ 2006, 1229; Deinert/[X.] Die Vergütung des Betreuers 6. Aufl. Rn. 1858; [X.] Betreuungsrecht Stand 1. September 2012 § 4 [X.] Rn. 60; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 2. Aufl. § 4 [X.] Rn. 42; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 4 [X.] Rn. 30; [X.] FamRZ 2006, 361; [X.] FamRZ 2006, 1802, 1808).

9

Diese Auslegung folgt aus dem Wortlaut und dem Zweck von § 4 [X.].

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] beträgt der Stundensatz des [X.] 27 €. Er erhöht sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.], wenn der Betreuer über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die er durch eine bestimmte Art der Ausbildung erworben hat. Mit diesen Stundensätzen sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch die anlässlich der Betreuung entstandenen Aufwendungen sowie anfallende Umsatzsteuer mit abgegolten.

Unter Berücksichtigung des mit der Einführung der Pauschalvergütung für Berufsbetreuer verfolgten Ziels, das Abrechnungssystem zu vereinfachen, ist § 4 Abs. 2 [X.] dahin zu verstehen, dass unabhängig davon, ob und in welcher Höhe Aufwendungen entstanden sind oder Umsatzsteuer angefallen ist, stets der in § 4 Abs. 1 [X.] festgelegte Stundensatz zu erstatten ist. Das ergibt sich für die Umsatzsteuer darüber hinaus aus der Gesetzesbegründung des § 4 [X.], wonach die Stundensätze neben dem Vergütungsanspruch auch den Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer abgelten sollen, “wenn eine solche erhoben wird“ (BT-Drucks. 15/4874 S. 31). Daraus folgt, dass auch dann, wenn keine Umsatzsteuer anfällt, der volle Stundensatz des § 4 Abs. 1 [X.] zu vergüten ist.

Den dadurch eintretenden Vorteil für Berufsbetreuer, die keine oder wie [X.] nur eine geringere Umsatzsteuer zahlen, hat der Gesetzgeber nicht nur gebilligt, sondern für [X.] sogar ausdrücklich als gezielte Förderung bezeichnet (BT-Drucks. 15/4874 S. 31).

b) Die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die festen Stundensätze des § 4 Abs. 1 [X.] verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Aus der unterschiedlich hohen Umsatzsteuerpflicht verschiedener Betreuergruppen folgt keine unzulässige Ungleichbehandlung, da die sich daraus ergebende unterschiedliche Vergütung nicht auf § 4 [X.], der gerade einen einheitlichen Stundensatz festlegt, zurückzuführen ist, sondern allein auf die Regelungen des Umsatzsteuergesetzes ([X.] FamRZ 2009, 1123; [X.] FamRZ 2006, 1152, 1153).

Dose                         [X.]

            Schilling                        Botur

Meta

XII ZB 207/12

20.03.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Darmstadt, 14. März 2012, Az: 5 T 151/12

§ 1836 Abs 1 S 3 BGB, § 1908i Abs 1 S 1 BGB, § 4 Abs 1 VBVG, § 19 Abs 1 UStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2013, Az. XII ZB 207/12 (REWIS RS 2013, 7180)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7180

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