Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2013, Az. VIII ZR 52/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8723

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BUN[X.]ESGERI[X.]HTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 52/12
Verkündet am:

23. Januar 2013

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 133 [X.], § 157 [X.], § 307 Ba, [X.]b, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 3;
[X.]/[X.] Art. 6 Abs. 1

a)
Auch in Ansehung des Art. 6 Abs. 1 der [X.]/[X.] kann eine infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 307 [X.] entstehende planwidrige Regelungslücke in einem Energieversorgungsver-trag mit einem (Norm-)Sonderkunden im Wege der ergänzenden [X.]sauslegung (§§
157, 133 [X.]) dahingehend geschlossen werden, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem
den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (Fortführung der [X.]surteile vom 14.
März 2012 -
VIII [X.], [X.], 1865, Rn. 19 ff., zur Veröffentlichung in [X.], 372 bestimmt, und [X.], [X.], 265, Rn. 24 ff.).
b)
Ist die in einem Energieversorgungsvertrag mit einem (Norm-)Sonderkunden formularmäßig vereinbarte Preisänderungsklausel nach § 307 [X.] unwirk-sam, verbleiben das Kalkulations-
und damit auch das [X.] grundsätzlich bei dem Energieversorgungsunternehmen (Fortführung des [X.] vom 25. Oktober 1989 -
VIII ZR 105/88, [X.], 139, 145). [X.]essen Verpflichtung zur Herausgabe der von dem Kunden [X.] gezahlten [X.] ist daher nicht gemäß §
818 Abs. 3 [X.] ausgeschlossen.
c)
[X.]ie Verjährung von [X.]n wegen Gaspreisüberzah-lungen beginnt nicht bereits mit den jeweils geleisteten Abschlagszahlungen, sondern erst mit der anschließenden Erteilung der Jahresabrechnung zu laufen (Bestätigung des [X.]s-urteils vom 23. Mai 2012 -
VIII ZR 210/11, [X.], 2647 Rn. 9 ff.).
[X.], Urteil vom 23. Januar 2013 -
VIII ZR 52/12 -
OLG [X.]/Main

[X.]

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[X.]er VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2013 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterinnen [X.]r.
Milger, [X.]r.
Hessel und [X.]r.
Fetzer sowie [X.]
Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] und die [X.] des [X.] wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.]s [X.] am Main vom 24. Januar 2012 im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als des [X.] gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 26. August 2010 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]er Kläger verlangt von der [X.], einem regionalen Gasversor-gungsunternehmen, welches den Kläger leitungsgebunden mit Erdgas versorg-f-grund unwirksamer Gaspreisanpassungen in den Jahren 2005 bis 2009.
[X.]ie Parteien schlossen im Jahre 1990 einen vorformulierten Erdgaslie-fervertrag ([X.]). Als Arbeitspreis waren 1,86 ct/kWh brutto verein-1
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bart. [X.]er [X.] enthält eine [X.], aufgrund derer die [X.] wiederholt ihre Preise änderte. [X.]er Kläger widersprach mit Schreiben vom 2. Februar 2007 den Preisanpassungen und kündigte an, künftige Zahlun-gen nur unter Vorbehalt zu leisten.
Nachdem das [X.] [X.] am Main in einem Parallelver-fahren (Urteil vom 5. Mai 2009 -
11 [X.]) die Unwirksamkeit der Preisan-passungsklausel festgestellt hat, verlangt der Kläger die gezahlten [X.] zurück. Er hat, ausgehend von dem ursprünglich vereinbarten [X.], den Rückforderungsanspruch mit beziffert.
[X.]ie Beklagte hat diesen Anspruch in Höhe eines [X.] von 80,54

anerkannt. [X.]as [X.] hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Be-rufung des [X.] hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil [X.] und die Beklagte zur Rückzahlung von 4.979,68

r-teilt; die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungs-der [X.] sein Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu seinem Nachteil erkannt hat.

Entscheidungsgründe:
[X.]ie Revision und die [X.] haben Erfolg.
I.
[X.]as Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:
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[X.]em Kläger stehe ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §
812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] zu. [X.]er Kläger habe die in den Jahren 2006 bis 2009 geleisteten [X.] ohne Rechtsgrund geleistet, in auf Verjährung berufen.
[X.]as vertragliche
Preisänderungsrecht im [X.] sei -
was die Beklagte nicht in Abrede stelle -
gemäß § 307 Abs. 1 [X.] unwirksam.
Ein Anspruch der [X.] auf das erhöhte Entgelt folge auch nicht aus einer stillschweigenden Vereinbarung des erhöhten Preises. [X.]enn der vorbe-haltslosen Zahlung des auf der Grundlage einer unwirksamen Preisanpas-sungsklausel erhöhten Preises komme nicht der Erklärungswert einer [X.] Zustimmung zu dem erhöhten Preis zu.
Ein Recht der [X.] zur einseitigen Preisänderung lasse sich nicht aus einer ergänzenden [X.]sauslegung gemäß §§ 133, 157 [X.] herleiten. Eine solche komme nur in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer un-wirksamen [X.] entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lasse und dies zu einem Ergebnis führe, das den beiderseitigen Interes-sen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trage, sondern das [X.]sge-füge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebe. [X.]ies sei hier nicht der Fall. [X.]enn die Beklagte habe nach dem Widerspruch des [X.] das [X.]s-verhältnis zum 31. März 2007 beenden können. In einem solchen Fall sei der [X.] bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ein Festhalten am [X.] nicht unzumutbar.
Für die Beklagte habe zudem nach dem Widerspruch des [X.] hinrei-chender Anlass bestanden, eine Kündigung des [X.]es in Erwägung zu zie-hen. [X.]ass die Beklagte infolge der unterlassenen Kündigung zur teilweisen 7
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Rückerstattung des in den Jahren 2006 bis 2009 gezahlten Entgelts verpflichtet sei, führe unter Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen nicht zu einer unbilligen Härte. [X.]enn insoweit sei bei der Gesamtbelastung zu [X.], dass [X.] aus dem Zeitraum vor 2006 wegen [X.] nicht mehr geltend gemacht werden könnten, so dass die Klä-gerin über einen langen Zeitraum so gestellt werde, als seien die [X.] wirksam gewesen.
Eine unzumutbare Belastung der [X.] ergebe sich auch nicht [X.], dass sie befürchte, den Rückforderungen zahlreicher anderer Kunden ausgesetzt zu sein. [X.]enn insoweit fehle jedenfalls konkreter Vortrag zu dem Ausmaß von [X.]. Alleine ein hypothetisches Risiko ge-nüge insoweit nicht.
Seinem somit gegebenen Rückforderungsanspruch könne der Kläger den ursprünglich vereinbarten Arbeitspreis zugrunde legen.
Hinsichtlich der im Jahre 2005 geleisteten Überzahlungen in Höhe von Verjährungsfrist des §
199 [X.] habe mit Ablauf des 31. [X.]ezember 2005 zu laufen begonnen, da es für den Beginn
der Verjährung auf die Zahlung der [X.] [X.] und nicht auf den Zugang der Jahresabrechnung an-
e-zahlt worden sei, im Zeitpunkt der Beantragung des [X.]s im [X.]e-zember 2009 bereits verjährt gewesen.
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II.
[X.]iese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in zwei entscheidenden Punkten nicht stand. [X.] ist zwar die Annahme des [X.]s, dass dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch aus §
812 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1 [X.] auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gas-preiserhöhungen für die Jahre 2006 bis 2009 gezahlten [X.] zu-steht. [X.]as Berufungsgericht hat aber
der Berechnung des [X.] rechtsfehlerhaft den im Jahre 1990 vereinbarten [X.] von 1,86 ct/kWh brutto zugrunde gelegt. Mit der vom Berufungsgericht gegeben [X.] kann auch nicht angenommen werden, dass [X.] für das Jahr 2005 verjährt seien.
1. [X.]ie Revision zieht nicht in Zweifel, dass es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen [X.] um einen (Norm-)Sonderkundenvertrag han-delt und die in diesem [X.] enthaltene Preisänderungsklausel unwirksam ist.
2. Mit Recht -
und von der Revision ebenfalls unbeanstandet -
hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass weder in der Zahlung der abge-rechneten Beträge noch in dem Weiterbezug von Gas nach Ankündigung der Preiserhöhungen eine konkludente Zustimmung des [X.] zur Erhöhung der Gaspreise liegt ([X.]surteile vom 14. März 2012 -
VIII [X.], [X.], 1865 Rn. 16 ff., zur Veröffentlichung in [X.], 372 bestimmt, und [X.], [X.], 265 Rn. 22 f.; vom 9. Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 40 ff.; vom 14. Juli 2010 -
VIII ZR 246/08, [X.], 180 Rn.
57 ff.).
3. [X.]a die Preisänderungsklausel unwirksam ist, hat der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch aus §
812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] auf Rückzah-15
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lung der aufgrund der
unwirksamen Gaspreiserhöhungen für die Jahre 2005 bis 2009 gezahlten [X.].
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Berechnung des Anspruchs jedoch nicht der bei [X.]sschluss geschuldete Anfangspreis zu-grunde zu legen. [X.]ies ergibt sich aus einer ergänzenden [X.]sauslegung (§§ 157, 133 [X.]) des [X.], deren Voraussetzungen das Berufungsgericht zu Unrecht verneint hat und die dazu führt, dass sich der Klä-ger nicht darauf berufen kann, dass es für alle in dem klagegegenständlichen Zeitraum über den ursprünglich vereinbarten Anfangspreis hinausgehenden Zahlungen an einem Rechtsgrund fehlt.
a) Beide Parteien waren sich bei [X.]sschluss einig, dass der [X.] ([X.] nur zu Beginn des [X.] gelten und bei späteren Änderungen der allgemeinen Tarife ein anderer Preis geschuldet sein sollte. [X.]enn die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeigt den Willen der Parteien, dass der Kunde -
und nicht das Versorgungsunternehmen -
Preis-änderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der [X.] oder der Lohn-
und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei [X.]sschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwar-ten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in ange-messener Weise zu begegnen ist. [X.]a die von den Parteien vereinbarte
[X.] der Inhaltskontrolle nach § 307 [X.] (Art.
229 § 5 Satz 2 EG[X.]) nicht standhält, ist daher im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten (vgl. [X.]surteile vom 14. März 2012 -
VIII [X.], [X.]O Rn. 20, und [X.], [X.]O Rn. 25; jeweils mwN).
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Wie der [X.] -
nach Erlass des Berufungsurteils -
entschieden hat, ist diese Lücke im [X.] im Wege einer ergänzenden [X.]sauslegung gemäß §§ 157, 133 [X.] in der Weise zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht in-nerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresab-rechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, bean-standet hat (vgl. [X.]surteile vom 14. März 2012 -
VIII [X.], [X.]O Rn.
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ff., und [X.], [X.]O Rn. 26 ff.; jeweils mwN).
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung steht dieser Lösung nicht das -
nach den vorgenannten [X.]sentscheidungen ergangene -
Urteil des Gerichtshofs der [X.] (fortan: Gerichtshof) vom 14. Juni 2012 ([X.]. [X.]-618/10, [X.], 2257 -
Banco Español de [X.]rédito) entgegen.
[X.]) Nach dem Urteil des Gerichtshofs ist mit Art. 6 Abs. 1 der [X.]/[X.] eine mitgliedst[X.]tliche Regelung unvereinbar, die es dem nationa-len Gericht gestattet, "wenn es eine missbräuchliche [X.] in einem [X.] zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher entdeckt, den In-halt dieser [X.] abzuändern, anstatt schlicht deren Anwendung gegenüber dem Verbraucher auszuschließen" ([X.], [X.]O Rn. 71). Eine Regelung dieses Inhalts kennt das innerst[X.]tliche [X.] Recht nicht. Nach § 306 Abs. 1, 2 [X.] bleibt der [X.] vielmehr unter Wegfall der unwirksamen [X.] im Üb-rigen bestehen, wobei an die Stelle der unwirksamen [X.] die dispositiven gesetzlichen Bestimmungen treten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist dem nationalen Gericht die inhaltliche Abänderung einer wegen unangemessener Benachteiligung unwirksamen [X.], die dazu führen würde, der [X.] mit einem (noch) zulässigen Inhalt Geltung zu [X.] (geltungserhaltende Reduktion), verboten (vgl. grundlegend [X.], Ur-21
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teile vom 17. Mai 1982 -
VII ZR 316/81, [X.]Z 84, 109, 116 f.; vom 19. Sep-tember 1983 -
VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 unter [X.]).
Von der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener [X.]n zu unterscheiden ist die ergänzende [X.]sauslegung. Bei ihr geht es nicht da-rum, einer unangemessenen [X.] im Wege der Auslegung einen anderen, noch angemessenen Inhalt beizulegen, sondern um die Ausfüllung einer Lücke im [X.]sgefüge, die durch den Wegfall der unwirksamen [X.] entsteht.
bb) Wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.], Urteil vom 12. Oktober 2005 -
IV ZR 162/03, [X.]Z 164, 297, 318), bestehen gegen eine ergänzende [X.]sauslegung -
wie sie auch in verschiedenen anderen euro-päischen Rechtsordnungen vorgesehen ist (vgl. [X.]/Hilf/[X.], [X.]as Recht der [X.], Stand Mai 1999, [X.], [X.] Rn. 8) -
keine europa-rechtlichen Bedenken, da in der [X.]/[X.] nicht geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen der [X.] ohne die unwirksame [X.] fortgilt. [X.]em ist auch die Literatur einhellig gefolgt ([X.]/Hilf/[X.], [X.]O; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 306 Rn. 4; [X.] in [X.]/[X.]/
[X.], AGB-Recht, 11. Aufl., § 306 [X.] Rn. 4c; [X.][X.]/
[X.], AGB-Recht, 5. Aufl., Art. 6 [X.] Rn. 7; vgl. auch
Erman/[X.], [X.], 13.
Aufl., § 306 Rn. 3). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der genannten Entscheidung des Gerichtshofs. [X.]enn nach dieser Entscheidung ist mit Art.
6 der [X.]/[X.] nur eine geltungserhaltende Reduktion unvereinbar, nicht aber eine ergänzende [X.]sauslegung.
Nach dem Urteil des Gerichtshofs ist es den Gerichten verboten, "durch Abänderung des Inhalts" der missbräuchlichen [X.] den [X.] anzupassen ([X.], [X.]O Rn. 65, 69, 71, 73). Eine solche Abänderung des Inhalts der [X.] entspricht im [X.]n Recht einer geltungserhaltenden Reduktion.
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Zudem betont der Gerichtshof, dass ohne eine strikte Nichtanwendung der unwirksamen [X.] Gewerbetreibende versucht sein könnten, diese [X.]n gleichwohl zu verwenden, wenn sie wüssten, dass der [X.] durch die Gerichte im erforderlichen Umfang angepasst werde. Hierdurch würde das Ziel der Richtlinie, der Verwendung missbräuchlicher [X.]n "ein Ende zu setzen", unterlaufen ([X.], [X.]O Rn. 68 f.). [X.]ies ist auch die Begründung für das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion im [X.]n Recht (vgl. [X.], Urteile vom 17. Mai 1982 -
VII ZR 316/81, [X.]O; vom 19. September 1983 -
VIII ZR 84/82, [X.]O).
cc) Um eine solche verbotene [X.]anpassung im Wege der geltungs-erhaltenden Reduktion handelt es sich bei der vom [X.] vorgenommenen er-gänzenden [X.]sauslegung indes nicht. Während die [X.]anpassung die Preisänderungsregelung als solche -
nur mit einem veränderten, gesetzeskon-formen Inhalt -
aufrechterhalten will, setzt die ergänzende [X.]sauslegung die unabänderliche Unwirksamkeit der den Verbraucher benachteiligenden [X.] voraus. [X.]enn nur dann besteht eine dem Regelungsplan der Parteien widersprechende Lücke im [X.], die durch Auslegung geschlossen werden kann.
[X.]er [X.] hat ausdrücklich klargestellt, dass es nicht in Betracht kommt, an die Stelle der unwirksamen -
den [X.]spartner des [X.]verwenders im Sinne des § 307 [X.] unangemessen benachteiligenden -
Preisänderungsklau-sel im Wege der ergänzenden [X.]sauslegung eine (wirksame) Bestimmung gleichen Inhalts zu setzen. [X.]em entsprechend hat der [X.] in den bereits ent-schiedenen Fällen die wegen der Unwirksamkeit der [X.] lückenhaften Verträge nicht um eine Preisanpassungsregelung mit abweichen-dem -
angemessenem -
Inhalt ergänzt, sondern unter Zugrundelegung des voll-ständigen Wegfalls der unangemessenen [X.] darauf ab-27
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gestellt, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach [X.] und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten [X.] jedenfalls unsicher war ([X.]surteil vom 14. März 2012
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VIII [X.], [X.]O Rn. 24). [X.]as hierbei gewonnene Ergebnis der ergänzen-den [X.]sauslegung lässt den Inhalt der unangemessenen [X.] und deren Unwirksamkeit unberührt; es ergänzt den [X.]sin-halt vielmehr auf der Rechtsfolgenseite um eine Regelung, die gerade deswe-gen erforderlich ist, weil das unangemessen ausgestaltete einseitige Preisan-passungsrecht vollständig entfällt und dadurch im [X.]sgefüge eine Lücke entsteht, die zu einem nach dem ursprünglichen Regelungsplan der Parteien untragbaren Ergebnis führen würde.
dd) Im Übrigen entspricht die vom [X.] vorgenommene ergänzende [X.]sauslegung der Zielsetzung der [X.]/[X.].
Ziel der Richtlinie ist es, die nach dem [X.] bestehende formale Aus-gewogenheit der Rechte und Pflichten der [X.]sparteien durch eine [X.] Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen ([X.], [X.]O Rn. 63). [X.]abei sind die Interessen beider [X.]sparteien in den Blick zu nehmen, um die angestrebte Ausgewogenheit der Interessen der Ver-tragsparteien zu gewährleisten ([X.], Urteil vom 15. März 2012 -
[X.]. [X.]-453/10, [X.], 1781 Rn. 31 f. -

h-me auf den Schlussantrag der Generalanwältin vom 29. November 2011 -
[X.]-453/10, BeckRS 2011, 81770 Rn. 63).

(1) [X.]ie von Art. 6 Abs. 1 der [X.]/[X.] geforderte materielle Ausgewogenheit kann in der vorliegenden Konstellation nicht alleine durch den Wegfall der unwirksamen Bestimmung über das [X.] auch für 30
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die Vergangenheit wiederhergestellt werden. [X.]enn da die Parteien durch die Vereinbarung der [X.] nicht von einer dispositiven Norm abgewichen sind, steht [X.] Gesetzesrecht im Sinne konkreter materiell-rechtlicher Regelungen eines [X.]s nicht zur Verfügung. Zu den gemäß § 306 Abs. 2 [X.] im Falle einer unwirksamen [X.]sbestimmung den Inhalt des [X.]es regelnden "gesetzlichen Vorschriften" des insoweit maßgeblichen nationalen [X.]n Rechts (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juni 2012 -
[X.]. [X.]-618/10, [X.]O Rn. 72; ferner [X.], Urteil vom 1. April 2004 -
[X.]. [X.]-237/02, NJW 2004, 1647 Rn. 21 -
Freiburger Kommunalbauten) gehört aber auch die ergänzende [X.]sauslegung ([X.]surteil vom 1. Februar 1984
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VIII ZR 54/83, [X.]Z 90, 69, 75), die ebenfalls eine materielle Ausgewogen-heit der [X.]sbeziehungen sicherstellt und es zugleich ermöglicht, grund-sätzlich die Wirksamkeit des [X.]es in seiner Gesamtheit aufrechtzuerhalten (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 2012 -
[X.]. [X.]-453/10, [X.]O Rn. 31). [X.]enn die ergänzende [X.]sauslegung orientiert sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von [X.] und Glauben und führt zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen-den Regelung ([X.]surteil vom 14. März 2012 -
VIII [X.], [X.]O mwN).

(2) Nach der vom [X.] gebilligten Rechtsprechung des [X.]s (vgl. [X.], NJW 2011, 1339, 1341) findet die ergänzende Ver-tragsauslegung nicht in jedem Fall einer unwirksamen [X.] in einem [X.], sondern nur in eng umgrenzten Ausnahme-fällen Anwendung. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen [X.] entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beidersei-tigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das [X.]sgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt ([X.]surteil vom 14. Juli 2010 -
VIII ZR 246/08, [X.], 180 Rn. 50 mwN). [X.]iese [X.]
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aussetzungen hat der [X.] in einer Reihe von Fällen verneint, die dadurch gekennzeichnet waren, dass das Energieversorgungsunternehmen es selbst in der Hand hatte, einer nach Widerspruch oder Vorbehaltszahlung des Kunden zukünftig drohenden unbefriedigenden Erlössituation durch Ausübung des ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrechts in zumutbarer Weise zu begegnen (vgl. [X.]surteil vom 14. März 2012 -
VIII [X.], [X.]O Rn. 22 mwN).
[X.]er [X.] nimmt jedoch -
unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalls (vgl. [X.], [X.]O) -
eine nicht mehr hinnehmbare Störung des [X.]sgefüges dann an, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungs-verhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht wider-sprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht (vgl. [X.]surteil vom 14.
März 2012 -
VIII [X.], [X.]O Rn. 23). In diesen Fällen vermag die ver-traglich vorgesehene, nur in die Zukunft wirkende Kündigungsmöglichkeit des Energieversorgungsunternehmens die Regelungslücke im [X.] nicht in einer für beide Seiten zumutbaren Weise zu schließen ([X.]surteil vom 14.
März 2012 -
VIII [X.], [X.]O), so dass nur die ergänzende [X.]sauslegung zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führt und das von der Richtlinie verfolgte Ziel gewährleistet, Ausgewogenheit zwischen den Parteien herzustellen und dabei
grundsätzlich die Wirksamkeit des [X.]es in seiner Gesamtheit aufrechtzuerhalten (vgl. [X.], Urteile vom 15. März 2012 -
[X.]. [X.]-453/10, [X.]O Rn. 28, 31; vom 14. Juni 2012 -
[X.]. [X.]-618/10, [X.]O Rn. 40; jeweils mwN).

(3) Ohne die vom [X.] vorgenommene ergänzende [X.]sauslegung in derartig gelagerten Fällen könnte sich der Energieversorger -
auch in [X.] seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit (vgl. [X.], 34
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[X.]O)
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darauf berufen, dass die Versorgung des Kunden zu dem [X.] für ihn eine unzumutbare Härte darstelle, wenn der bei dem [X.] zurück-liegenden [X.]sabschluss vereinbarte Preis seit vielen Jahren nicht mehr kostendeckend ist. [X.]ies hätte gemäß § 306 Abs. 3 [X.] die Unwirksamkeit des Liefervertrages zur Folge, so dass das [X.]sverhältnis für die Vergangenheit nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln wäre. Hierbei wäre die materielle Ausgewogenheit der beiderseitigen Leistungen indes nicht in dem gleichen Ma-ße sichergestellt wie bei der ergänzenden [X.]sauslegung.
c) In Anwendung vorstehender Grundsätze ergibt sich für den Streitfall Folgendes:
[X.]er Kläger kann der Berechnung des Rückforderungsanspruchs nicht den im Jahre 1990 vereinbarten [X.] zugrunde legen und somit auch nicht die Unwirksamkeit sämtlicher Preiserhöhungen seit [X.]sbeginn gel-tend machen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger den Preiserhöhungen zunächst nicht widersprochen, sondern die Preiserhö-hungen und Jahresabrechnungen bis in das [X.] ohne Beanstandungen hingenommen und damit der [X.] keine Veranlassung gegeben, eine Be-endigung des (Norm-)Sonderkundenverhältnisses -
etwa mit dem Ziel eines Übergangs in das [X.] (vgl. dazu [X.]surteile vom 14.
März 2012 -
VIII [X.],
[X.]O Rn. 37, und [X.], [X.]O Rn.
32; vom 9. Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, [X.]O Rn. 39; [X.]sbeschluss vom 7.
Juni 2011 -
VIII ZR 333/10, juris, Rn. 8; jeweils mwN) -
in Erwägung zu zie-hen. Soweit die Revisionserwiderung meint, dass die Beklagte bereits zuvor durch Widersprüche oder Klagen anderer Kunden Veranlassung gehabt hätte, auch den mit dem Kläger geschlossenen (Norm-)Sonderkundenvertrag zu kün-digen, verkennt sie, dass Anlass zur Kündigung des individuellen Gaslieferver-trages für den Versorger
erst besteht, wenn er wegen eines Widerspruchs im 36
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konkreten [X.]sverhältnis Anlass hat, das bis dahin praktizierte Gleichge-wicht von Leistung und Gegenleistung in Frage gestellt zu sehen ([X.]surteile vom 14.
März 2012 -
VIII [X.], [X.]O Rn. 23; [X.], [X.]O Rn. 28).
[X.]ie Beklagte kann somit nicht an dem bei [X.]sschluss vereinbarten Preis festgehalten werden.
Welchen Arbeitspreis der Kläger seinem Rückforderungsanspruch zu-grunde legen kann, hängt daher davon ab, wann ihm die einzelnen Jahresab-rechnungen der [X.] zugegangen sind und gegen welche der darin ent-haltenen Preiserhöhungen der Widerspruch des [X.] noch rechtzeitig vor Ablauf von drei Jahren erfolgt ist. Hierzu hat das Berufungsgericht -
von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
keine Feststellungen getroffen.
4. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann auch nicht angenommen werden, dass die [X.] für die im Jahre 2005 geleisteten Abschläge verjährt sind.
[X.]ie [X.] des [X.] aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] verjähren -
wovon auch das Berufungsgericht ausgeht
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innerhalb der drei-jährigen Regelverjährungsfrist des § 195 [X.] ([X.]surteil vom 23. Mai 2012
-
VIII ZR 210/11, [X.], 2647 Rn. 9). [X.]iese beginnt gemäß § 199 Abs. 1 [X.] mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlan-gen müsste.
[X.]as Berufungsgericht hat insoweit zu Unrecht angenommen, dass ein Rückzahlungsanspruch des [X.] bereits zum Zeitpunkt der Erbringung der einzelnen Abschlagszahlungen entstanden ist. Wie der [X.] -
nach
Erlass des 38
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40
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-
16
-
Berufungsurteils
-
entschieden hat ([X.]surteil vom 23. Mai 2012 -
VIII
ZR 210/11, [X.]O Rn. 9 ff.), entsteht ein Rückforderungsanspruch nicht bereits mit der Leistung der einzelnen Abschlagszahlungen, sondern erst mit Erteilung der Abrechnung.
[X.]ie dreijährige Verjährungsfrist für die [X.], die auf Abschlagszahlungen im Jahre 2005 beruhten, begann daher mit dem Zugang der Jahresabrechnung für das Jahr 2005. Sofern über diese Abschlagszahlun-gen -
wozu Feststellungen bisher fehlen -
erst im Jahre 2006 abgerechnet [X.] sein sollte, hätte der im [X.]ezember 2009 beantragte [X.] die Ver-jährung der [X.] aus dem Jahre 2005 gemäß §
204 Abs. 1 Nr. 1 [X.] gehemmt.

III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil,
soweit es mit der Revision und der [X.] angegriffen worden ist, keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). [X.]ie Sache ist, da der [X.] nicht zur Endentscheidung reif ist, im Umfang der Aufhebung an das [X.] zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum

43
44
-
17
-
Zugang der Jahresabrechnungen getroffen werden können (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Ball
[X.]r. Milger
[X.]r. Hessel

[X.]r. Fetzer
[X.]r. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.08.2010 -
7 O 217/10 -

OLG [X.]/Main, Entscheidung vom 24.01.2012 -
11 [X.] -

Meta

VIII ZR 52/12

23.01.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2013, Az. VIII ZR 52/12 (REWIS RS 2013, 8723)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8723

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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