Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2015, Az. 5 StR 355/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 3966

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 355/15

vom
14. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen

wegen
versuchten Mordes u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 14. Oktober 2015
beschlos-sen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. Februar 2015 nach § 349 Abs. 4 StPO in den Einzelstrafaussprüchen zu den [X.] bis II.6 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstraf-ausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zustän-dige Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen sexueller Nötigung und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Frei-heitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Mit seiner gegen dieses Urteil eingeleg-ten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund 1
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der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der Strafausspruch hält in den [X.] bis II.6, in denen der Ange-klagte wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverlet-zung verurteilt worden ist, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Insoweit hat das [X.] bei der Strafzumessung jeweils straf-schärfend gewertet, dass der Angeklagte mit direktem Tötungsvorsatz gehan-delt hat. Diese Erwägung verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot des §
46 Abs. 3 StGB. Der Tatbestand des Totschlags setzt vorsätzliche Tatbege-hung voraus, deren normativer Regelfall die Tötung mit direktem Vorsatz ist. Der Umstand, dass der Angeklagte mit direktem Vorsatz gehandelt hat, darf daher als solcher nicht straferschwerend berücksichtigt werden (st. Rspr., vgl. [X.], Beschlüsse vom 1. Dezember 1989

2 [X.], [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 3 mwN; vom 17. September 1990

3 StR 313/90, [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 4; vom 19. März 2009

4 StR 53/09, [X.], 564, und vom 11. März 2015

1 StR 3/15).
Außerdem hat das [X.] in den vier Fällen des versuchten Mordes rechtsfehlerhaft (§ 46 Abs. 3 StGB) jeweils die Tatausführung straferschwerend gewertet, wonach der Angeklagte bei der Tat II.3 dem Geschädigten T.

dem ersten Messerstich sogar noch nachsetzte und ihm einen zweiten [X.]), bei der

Kopfes des Geschädigten M.

und somit gegen eine besonders empfindli-2
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kann auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnommen werden, dass der Angeklagte das Maß an Gewalt überschritten hat, das zur Verwirklichung seines jeweiligen Entschlusses, die von ihm angegriffene Per-son zu töten, erforderlich war. Die Anwendung der zur Tötung erforderlichen Gewalt darf indes grundsätzlich nicht straferschwerend gewertet werden
(st. Rspr., vgl. [X.], Beschlüsse vom 12. Januar 1988

5 [X.], [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 2; vom 28. September 1995

4 StR 561/95, [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 6; vom 24. März 1998

4 StR 34/98, [X.], 657 und vom 8. Oktober 2008

4 [X.], [X.], 464).
b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet weiter die jeweils straferschwerende Wertung des [X.], dass die Messerangriffe des [X.] sich

wie sie selbst ausdrücklich festhält ([X.])

von einem Motiv für diese vom Angeklagten pauschal bestrittenen Taten keine sichere Überzeu-gung bilden können. Bei dieser Sachlage verbietet es sich, eine Grund-
bzw. Anlasslosigkeit der Taten zu berücksichtigen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 23. März 2011

2 StR 56/11). Soweit die Schwurgerichtskammer die Grundlo-sigkeit der Taten beispielhaft im Fall II.4 mit der weiteren Erwägung [X.], dass auch eine Provokation durch den Geschädigten als Motiv für die Tat nicht erfolgt sei, hat sie verkannt, dass ein solcher Umstand in der Regel zu-gunsten eines Täters wirkt. Das Fehlen eines solchen möglichen Strafmilde-rungsgrundes darf nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden.
2. Ungeachtet der Angemessenheit der verhängten Strafen kann der [X.] nicht gänzlich ausschließen, dass sich die aufgezeigten Rechtsfehler im Fall II.4 bei der Wahl des Strafrahmens des § 211 Abs. 1 StGB ohne die fakul-5
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tative Versuchsmilderung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB und in den drei übrigen Fällen bei der konkreten Strafzumessung ausgewirkt haben. Die [X.] der betreffenden Einzelstrafen entzieht der Gesamtstrafe die [X.].
Die getroffenen Feststellungen werden durch die [X.] nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Im Rah-men der neuen Strafzumessung sind ergänzende Feststellungen möglich, so-fern sie den bisherigen nicht widersprechen.

[X.] Berger

Bellay Feilcke

7

Meta

5 StR 355/15

14.10.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2015, Az. 5 StR 355/15 (REWIS RS 2015, 3966)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3966

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 3/15

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