Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.12.2018, Az. I R 71/16

1. Senat | REWIS RS 2018, 161

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG bei gewinn- und umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen)


Leitsatz

Die Rechtsprechung, nach der gewinn- oder umsatzabhängige Kaufpreisforderungen erst im Zeitpunkt ihrer Realisation zu einem Veräußerungsgewinn führen, gilt auch für Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 KStG.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. September 2016  6 K 67/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]ie Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde im Jahr 1998 gegründet. Anteilseigner der Klägerin sind neben einem weiteren Gesellschafter die [X.]-GmbH ([X.]) sowie die [X.] ([X.]). In ihrer Bilanz zum 31. [X.]ezember 1998 aktivierte die Klägerin eine Beteiligung an der [X.] Mit Kaufvertrag vom ... 1999 veräußerte die Klägerin 75 v.H. der Anteile an der [X.] (insgesamt hielt sie 75,2 v.H. des Stammkapitals) an die [X.] [X.]ie B-GmbH erhielt außerdem die alleinigen Nutzungsrechte an den durch die [X.] entwickelten ... .

2

[X.]er Kaufpreis setzt sich aus einem sofort zahlbaren fixen Betrag in Höhe von ... [X.]M und einem "variablen Kaufpreis" zusammen. Letzterer bemisst sich nach der Summe der unter Punkt 2 Nr. 4 des Kaufvertrages detailliert aufgeführten Einzelpreise für jedes dort benannte System. Hiervon war ein Betrag von ... [X.]M als Vorauszahlung sofort zahlbar. [X.]er variable Kaufpreis richtete sich nach den tatsächlich verkauften ... bis zum [X.] und wurde monatlich von der B-GmbH abgerechnet und gezahlt; zudem wurde er durch eine Garantie über ... [X.]M abgesichert.

3

Hinsichtlich der restlichen Anteile an der [X.] in Höhe von 25 v.H. wurde eine Erwerbs- bzw. Verkaufsoption zu einem festen Kaufpreis vereinbart, die frühestens zwei Jahre nach Wirksamwerden der ersten Anteilsveräußerung ausgeübt werden konnte. Nach Ausübung der Option sollte zudem der variable Kaufpreis nach Abzug der der Klägerin garantierten Mindestsumme (... [X.]M) zwischen den [X.] aufgeteilt werden. [X.]ie Verkaufsoption wurde am 19. September 2002 ausgeübt. [X.]ie B-GmbH hielt danach alle Anteile an der [X.]

4

[X.]ie monatlichen variablen Kaufpreisraten der Anteilsveräußerung aus dem [X.] wurden zunächst als [X.] gegen die ... [X.]M zzgl. Zinsen verbucht und anschließend mit der Vorauszahlung in Höhe von ... [X.]M verrechnet. Nach Überzahlung des garantierten variablen Kaufpreises (März 2003) wurden die Zahlungen der B-GmbH bei der Klägerin als Erlös erfasst.

5

[X.]ie Klägerin weist in ihrem Jahresabschluss für das Streitjahr (2009) einen Jahresfehlbetrag aus. In ihrer Gewinn- und Verlustrechnung sind dabei "Erträge variabler Kaufpreisanteil" [X.] in Höhe von ... € enthalten, die nach der Körperschaftsteuererklärung gemäß § 8b des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) außer Ansatz bleiben.

6

[X.]er Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) setzte die Körperschaftsteuer und den [X.] 2009 auf jeweils 0 € fest. Allerdings ging er dabei davon aus, dass der von der Klägerin als steuerbefreit erklärte inländische Gewinn in Höhe von ... € als steuerpflichtig zu berücksichtigen sei, da es sich um Zahlungen aus dem [X.] des Jahres 1999 handele, auf die § 8b [X.] keine Anwendung finde. [X.]ie streitgegenständlichen Bescheide wurden mehrfach geändert, die Änderungen betrafen jedoch nicht den als steuerpflichtig eingeordneten Gewinn in Höhe von ... €.

7

[X.]as Finanzgericht ([X.]) [X.] hat der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage mit Urteil vom 19. September 2016  6 K 67/15 stattgegeben (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 1987).

8

Mit seiner Revision beantragt das [X.], das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

[X.]ie Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]as [X.] hat zutreffend angenommen, dass die streitgegenständlichen Zahlungen der B-GmbH nach § 8b Abs. 2 [X.] bei der Ermittlung des Einkommens und infolgedessen auch des [X.] (§ 7 Satz 4 Halbsatz 2 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung --GewStG--) der Klägerin außer Ansatz bleiben.

1. [X.]as Urteil der Vorinstanz leidet nicht an einem Verfahrensfehler. Zwar stellt eine unterbliebene notwendige Beiladung einen vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfenden Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar (z.B. Senatsurteil vom 27. September 2017 I R 62/15, [X.], 620, m.w.[X.]). Im Streitfall hat es das [X.] aber nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen, die [X.] sowie die [X.] nach § 60 Abs. 3 [X.]O (notwendig) als Anteilseigner der Klägerin beizuladen.

a) Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 [X.]O sind [X.]ritte zum finanzgerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen, wenn diese an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die gerichtliche Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. [X.]as ist der Fall, wenn die Entscheidung nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen des [X.]ritten gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt (z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 19. April 1988 VII R 56/87, [X.], 472, [X.] 1988, 789). [X.]ie notwendige Beiladung soll sicherstellen, dass eine Sachentscheidung, die die Rechte eines [X.]ritten in der vorbezeichneten Weise betrifft und aus diesem Grunde auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann, nicht ohne Beteiligung dieses [X.]ritten erlassen wird (z.B. [X.] vom 12. Januar 2001 VI R 49/98, [X.], 6, [X.] 2001, 246).

b) [X.]ie Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung i.S. von § 60 Abs. 3 [X.]O liegen danach nicht vor. Gegenstand des anhängigen Verfahrens ist ausschließlich die Körperschaftsteuer der Klägerin. [X.]ie im Schriftsatz der [X.] aufgeworfenen Fragestellungen, ob Gegenstand des Kaufvertrages aus dem [X.] ein Anteilskauf, oder --zumindest partiell-- ein verdeckter Rechtekauf war, und die daraus resultierende rechtliche Beurteilung wirkt nicht notwendig und unmittelbar auf die steuerrechtlichen Verhältnisse der [X.] ein. [X.]ie Entscheidung hierüber ist im Körperschaftsteuerbescheid der [X.] zu treffen. [X.]er vorliegend zu entscheidende Rechtsstreit kann daher nicht unmittelbar gestaltend in die Rechte der Antragsteller eingreifen; vielmehr bedarf es gegenüber den Antragstellern eines weiteren Steuerbescheides (vgl. [X.] vom 16. März 1999 VIII B 90/98, [X.] 1999, 1232). Soweit die [X.] ein rechtliches Interesse als Gesellschafterin der Klägerin geltend macht, weist der Senat darauf hin, dass im Revisionsverfahren nur die notwendige Beiladung zulässig ist (§ 123 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]O). [X.]ie Beiladung der [X.] und der [X.] war daher abzulehnen.

2. [X.]ie Vorinstanz ist zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen, obgleich diese sich gegen Bescheide richtet, durch die die Körperschaftsteuer und der [X.] für das Streitjahr auf jeweils Null € festgesetzt worden sind (sog. [X.]e).

a) Bei sog. [X.]en fehlt es zwar regelmäßig an der Beschwer (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 8. November 1989 I R 174/86, [X.], 540, [X.] 1990, 91; vom 7. [X.]ezember 2016 I R 76/14, [X.], 314, [X.] 2017, 704; vom 31. Januar 2018 I R 25/16, [X.], 838, m.w.[X.]). Ausnahmsweise kann die Klage gegen einen [X.] aber zulässig sein, wenn der Bescheid sich für den Kläger deshalb nachteilig auswirkt, weil in ihm angesetzte Besteuerungsgrundlagen im Rahmen anderer Verfahren verbindliche Entscheidungsvorgaben liefern (Senatsurteile vom 8. Juni 2011 I R 79/10, [X.], 101, [X.] 2012, 421; vom 21. September 2011 I R 7/11, [X.], 273, [X.] 2014, 616; in [X.], 314, [X.] 2017, 704, jeweils m.w.[X.]). [X.]ies ist vorliegend der Fall.

b) [X.]as Vorliegen einer Beschwer hat der Senat unter Geltung des § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 ([X.] 2010) vom 8. [X.]ezember 2010 ([X.], 1768, [X.], 1394) mit Urteilen in [X.], 314, [X.] 2017, 704 sowie in [X.], 838, bezogen auf einen auf Null € lautenden Körperschaftsteuerbescheid ebenso bejaht, wie unter Geltung des § 35b Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG i.d.F. des [X.] 2010 mit Urteil vom 6. [X.]ezember 2016 I R 79/15 ([X.], 199), bezogen auf einen auf Null € lautenden [X.]. [X.]er Senat verweist hinsichtlich der vorgenannten gesetzlichen Neukonzeption und der damit bewirkten inhaltlichen Bindung an den Einkommen-/Körperschaftsteuerbescheid bzw. [X.] auf die genannten Senatsentscheidungen.

c) [X.]as [X.] hat die Rechtsgrundsätze dieser Entscheidungen zutreffend auf den Streitfall übertragen. Es ist dabei davon ausgegangen, dass § 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG i.d.F. des [X.] 2010 bzw. § 35b Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG i.d.F. des [X.] 2010 im Streitfall anzuwenden sind, da die Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer bzw. die Erklärung zur Feststellung des vortragsfähigen [X.] jeweils am 7. Februar 2011 und damit jedenfalls nach dem in § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des [X.] 2010 bzw. § 36 Abs. 10 Satz 1 GewStG i.d.F. des [X.] 2010 geforderten Zeitpunkt (13. [X.]ezember 2010) abgegeben worden sind.

3. [X.]as [X.] hat weiter zutreffend erkannt, dass die Zahlungen in Höhe von ... € zu Unrecht nicht gemäß § 8b Abs. 2 [X.] freigestellt worden sind. [X.]ementsprechend ist das Einkommen der Klägerin unter Berücksichtigung des pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbots von 5 v.H. (§ 8b Abs. 3 Satz 1 [X.]) [X.] um einen Betrag in Höhe von ... € zu kürzen.

a) Nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] bleiben bei der Ermittlung des Einkommens u.a. einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) --und damit auch der [X.] Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, außer Ansatz. [X.]ie Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall erfüllt.

aa) [X.]ie Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Veräußerung i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] vorliegt. [X.]iese erfordert eine entgeltliche Übertragung des zivilrechtlichen oder (zumindest) wirtschaftlichen Eigentums an Wirtschaftsgütern auf ein anderes (Steuer-)Rechtssubjekt. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat die Klägerin mit Kaufvertrag vom ... 1999  75 v.H. der Anteile an der [X.] an die B-GmbH veräußert und damit die Inhaberschaft an den Anteilen übertragen. [X.]ie Modalitäten der Zahlungsvereinbarung im Streitfall (u.a. Bemessung eines variablen Kaufpreises nach den tatsächlich verkauften ... bis zum [X.]) und die daraus folgende zeitlich gestreckte Entrichtung des vereinbarten Kaufpreises haben dabei auf die [X.] zum Zeitpunkt des Kaufvertrages im [X.] keinen Einfluss. Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des [X.] entsteht ein Veräußerungsgewinn im Zeitpunkt des Übergangs der wirtschaftlichen Inhaberstellung unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in [X.] zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt (Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, [X.]E 172, 66, [X.] 1993, 897, unter [X.].II.2.b). [X.]er Beschluss ist zwar zu § 16 EStG ergangen; die genannten Grundsätze beanspruchen aber allgemeine Geltung (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Juli 2013 [X.], [X.]E 242, 58, [X.] 2013, 883) und sind auch für § 8b Abs. 2 [X.] zu beachten (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 22. [X.]ezember 2010 I R 58/10, [X.]E 232, 185, [X.] 2015, 668). Folge hiervon ist, dass die im Streitjahr erhaltenen variablen Kaufpreiszahlungen Teil des [X.] und damit zugleich Teil des Veräußerungsgewinns sind (vgl. zu § 16 EStG [X.]-Urteil vom 28. September 1967 IV 288/62, [X.]E 90, 324, [X.] 1968, 76, unter 4.).

bb) [X.]er hiergegen seitens des [X.] erhobene Einwand, der variable Kaufpreis gehöre nicht zum Veräußerungserlös, greift nicht durch.

aaa) [X.]as [X.] leitet seine Auffassung aus der Feststellung im Tatbestand des vorinstanzlichen Urteils, die B-GmbH habe "außerdem" die alleinigen Nutzungsrechte an den ... erhalten, ab, dass zwei Veräußerungsvorgänge stattgefunden hätten. [X.]emgemäß seien die vertraglich vereinbarten Zahlungen in der Weise aufzuteilen, dass für den Erwerb der Gesellschaftsanteile an der [X.] der "fixe Kaufpreis" und für die Übertragung der alleinigen Nutzungsrechte an den ... der "variable Kaufpreis" gezahlt worden sei. [X.]ie streitgegenständlichen Zahlungen seien somit nicht für eine Anteilsveräußerung i.S. des § 8b Abs. 2 [X.] geleistet worden.

bbb) Ein solcher Vertragsinhalt lässt sich aus den Feststellungen der Vorinstanz jedoch nicht entnehmen.

(1) Nach den Feststellungen des [X.] ist im Ausgangspunkt zwar Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen der Verkauf der Gesellschaftsanteile an der [X.]. Weiter hat das [X.] festgestellt, dass sich der Kaufpreis aus einem fixen und einem variablen Teil zusammensetzt. Hieraus hat die Vorinstanz den Schluss gezogen, dass die Gesellschaftsanteile alleiniger Gegenstand des Kaufvertrages sind und der vereinbarte Kaufpreis als Entgelt hierfür zu entrichten ist. [X.]en tatrichterlichen Feststellungen ist zwar weiter auch zu entnehmen, dass die B-GmbH außerdem die Nutzungsrechte an den durch die [X.] entwickelten ... erhalten hat. [X.]en Schluss des [X.], dass deshalb der variable Kaufpreis auf die Übertragung der Nutzungsrechte entfallen müsse, hat die Vorinstanz jedoch nicht gezogen.

(2) [X.]iese vom [X.] gefundene Auslegung hält einer revisionsrichterlichen Überprüfung stand. [X.]ie Auslegung einzelner Abreden und die sich daraus ergebende Gesamtwürdigung der jeweils zu beurteilenden Vereinbarungen obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. [X.]essen Einschätzung kann das Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen ist oder ob sie gegen [X.]enkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt; ist dies nicht der Fall, so ist die tatrichterliche Würdigung auch dann revisionsrechtlich bindend (§ 118 Abs. 2 [X.]O), wenn ein abweichendes Verständnis gleichermaßen möglich oder sogar nahe liegend ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 31. Mai 2017 I R 91/15, [X.], 16, m.w.[X.]). [X.]as [X.] konnte im Streitfall aus den von ihm festgestellten Vereinbarungen sowie deren tatsächlichen [X.]urchführung den Schluss ziehen, dass sich die festen oder variablen Teile des Kaufpreises nicht auf einen Erwerb von Nutzungsrechten durch die B-GmbH beziehen. Angesichts des im Kaufvertrag klar benannten Gegenstands des Vertrages (Verkauf von Anteilen an der [X.]) war die Schlussfolgerung der Vorinstanz, dass sich der vereinbarte Kaufpreis allein auf diesen Vertragsgegenstand bezieht, jedenfalls möglich. Sie verstößt weder gegen [X.]enkgesetze noch gegen Erfahrungssätze. [X.]ie Würdigung der Vorinstanz liegt im Übrigen insofern nahe, als der Kaufvertrag keine Regelung zur Übertragung von Nutzungsrechten enthält.

b) Veräußerungsgewinn i.S. von § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] ist nach Satz 2 der Vorschrift der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (Buchwert). Nach allgemeiner Meinung ist als Veräußerungspreis dabei die Gegenleistung anzusehen, die der Veräußerer vom Erwerber für die [X.] erhält. [X.]as ist regelmäßig der vereinbarte Kaufpreis mit seinem Nennwert; dieser Betrag ist dann gemäß § 8b Abs. 2 [X.] steuerlich außer Ansatz zu lassen.

[X.]er Veräußerungsgewinn entsteht zwar grundsätzlich im Veräußerungszeitpunkt, und zwar unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in [X.] zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 172, 66, [X.] 1993, 897, m.w.[X.]). [X.]er Veräußerungsgewinn ist damit regelmäßig stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 21. September 1982 VIII R 140/79, [X.]E 137, 407, [X.] 1983, 289). Für Fälle der gewinn- oder umsatzabhängigen Kaufpreisforderungen ist hingegen nach ständiger Rechtsprechung auf die Realisation des [X.] abzustellen, da der Veräußerer die Gewinne erst im [X.] erzielt (vgl. [X.]-Urteil vom 27. Oktober 2015 VIII R 47/12, [X.]E 252, 80, [X.] 2016, 600 mit Hinweis auf [X.]-Urteile vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, [X.]E 199, 198, [X.] 2002, 532, und vom 17. Juli 2013 [X.], [X.]E 242, 58, [X.] 2013, 883). Auch diese zu den Veräußerungsgewinnen nach §§ 16, 17 EStG ergangene Rechtsprechung ist für Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] zu beachten. Hierzu hat der Senat bereits in seinem Urteil in [X.]E 232, 185, [X.] 2015, 668 ausgeführt, dass die Regelung des § 8b Abs. 2 [X.] an einen einmaligen Vorgang anknüpfe und das Gesetz typisierend von der Vorstellung ausgehe, bei dem Veräußerungsgewinn handele es sich um thesaurierte (komprimierte) Gewinne. [X.]ie gesetzliche Zielvorstellung, durch die Steuerfreistellung die vorangegangene (körperschaft-)steuerliche Vorbelastung beim Anteilseigner zu neutralisieren, gelinge nur, wenn man den Veräußerungsvorgang --ähnlich wie bei § 16 Abs. 2 und § 17 Abs. 2 EStG-- als isolierten, einmaligen Vorgang begreife und diesen Vorgang von der laufenden Besteuerung des [X.] abgrenze. Entsprechendes muss dann aber auch für die Beurteilung gewinn- oder umsatzabhängiger Kaufpreisforderungen gelten.

c) Folge des Vorstehenden ist, dass die streitgegenständlichen Zahlungen zwar Teil des Veräußerungsgewinns, aber im Zeitpunkt ihres Zuflusses gemäß § 8b Abs. 2 [X.] steuerlich außer Ansatz zu lassen sind. [X.]em steht nicht entgegen, dass gemäß § 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 [X.] (ursprünglich § 34 Abs. 6d [X.] i.d.[X.] und zur Reform der Unternehmensbesteuerung --Steuersenkungsgesetz-- vom 23. Oktober 2000, [X.], 1433, [X.], 1428) die Vorschrift des § 8b [X.] bezogen auf den Streitfall erstmals für Gewinne und Gewinnminderungen der Klägerin ab dem 1. Januar 2002 anzuwenden ist. [X.]er Kaufvertrag wurde zwar vor diesem Zeitpunkt geschlossen, die streitigen Zahlungen sind aber erst im Streitjahr zugeflossen und der Gewinn der Klägerin damit erst zu diesem Zeitpunkt entstanden. Hierauf stellt auch § 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 [X.] ab. [X.]er Übergangsregelung ist weder nach ihrem Wortlaut noch den einschlägigen Gesetzesmaterialien ein Anhalt dafür zu entnehmen, dass der Abschluss des dinglichen Rechtsgeschäfts --und damit das [X.]-- als maßgeblich anzusehen wäre. Vielmehr zeigen die Anwendungsvorschriften für § 3 Nr. 40 EStG und § 8b [X.] auf, dass die Einführung der Veräußerungsgewinnbefreiung hinsichtlich inländischer Beteiligungen ab dem Zeitpunkt gelten soll, ab dem für die Ausschüttungen nicht mehr das Anrechnungsverfahren, sondern ebenfalls die Steuerfreiheit gelten soll (vgl. zu dieser Argumentation [X.] München, Urteil vom 25. April 2016  7 K 1364/14, E[X.] 2016, 1360).

4. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 71/16

19.12.2018

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 19. September 2016, Az: 6 K 67/15, Urteil

§ 10d Abs 4 S 4 EStG 2009 vom 08.12.2010, § 10d Abs 4 S 5 EStG 2009 vom 08.12.2010, § 52 Abs 25 S 5 EStG 2009 vom 08.12.2010, § 60 Abs 3 FGO, § 35b Abs 2 S 2 GewStG 2002 vom 08.12.2010, § 36 Abs 10 S 1 GewStG 2002 vom 08.12.2010, § 8b Abs 2 KStG 2002, § 8b Abs 3 KStG 2002, § 34 Abs 7 S 1 Nr 2 KStG 2002, EStG VZ 2009, GewStG VZ 2009, KStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.12.2018, Az. I R 71/16 (REWIS RS 2018, 161)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 2198 REWIS RS 2018, 161

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV R 9/21 (Bundesfinanzhof)

Versteuerung von "Earn-Out-Zahlungen" im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils - Die Entscheidung wurde nachträglich …


IV R 9/21 (Bundesfinanzhof)

Versteuerung von "Earn-Out-Zahlungen" im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils


I R 52/17 (Bundesfinanzhof)

Gestaltungsmissbrauch anlässlich eines Verkaufs einbringungsgeborener Anteile


I R 16/16 (Bundesfinanzhof)

Übertragungsgewinn aus Aufwärtsverschmelzung im Organschaftsfall


I R 29/20 (Bundesfinanzhof)

(Zur Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG 2002 i.d.F. des …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.