Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.09.2018, Az. I R 16/16

1. Senat | REWIS RS 2018, 3385

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Gegenstand

Übertragungsgewinn aus Aufwärtsverschmelzung im Organschaftsfall


Leitsatz

Wird eine Kapitalgesellschaft auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen, die ihrerseits Organgesellschaft einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft mit einer Kapitalgesellschaft als Organträgerin ist, ist auf den Verschmelzungsgewinn weder auf der Ebene der Muttergesellschaft noch auf der Ebene der Organträgerin das pauschale Betriebsausgaben-Abzugsverbot nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG anzuwenden (entgegen BMF-Schreiben vom 11. November 2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 12.07) .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. November 2015  9 K 3400/13 K,F aufgehoben, soweit über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 entschieden worden ist.

Der Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2017 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 wird dahin abgeändert, dass der verbleibende Verlustvortrag um ... € erhöht wird.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Kapitalgesellschaft, die im Streitjahr (2006) in der Rechtsform einer AG tätig war, ist die Obergesellschaft des [X.]. Im Streitjahr hielt die Klägerin alle Geschäftsanteile der [X.] Die B-GmbH war ihrerseits zu 95,9454 % an der [X.] beteiligt, welche wiederum mit einer Beteiligungsquote von 95,7746 % Gesellschafterin der [X.] war. Aufgrund von [X.] bestanden im Streitjahr jeweils körperschaftsteuerrechtliche Organschaften zwischen der Klägerin und der B-GmbH, zwischen der B-GmbH und der [X.] sowie --als sog. mittelbare [X.] zwischen der B-GmbH und der [X.].

2

Die [X.] nahm in ihren Handelsbilanzen zum 31. Dezember 2005 und zum 31. Dezember 2006 Wertberichtigungen auf eine Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Betrag von ... € (2005) und ... € (2006) vor. Da diese Wertberichtigungen steuerlich nicht zu berücksichtigen waren, bildete die B-GmbH als Organträgerin in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 2005 einen aktiven steuerlichen [X.] in Höhe von ... € und erhöhte diesen zum 31. Dezember 2006 auf ... €.

3

Mit [X.] wurde die [X.] unter Auflösung ohne Abwicklung rückwirkend zum steuerlichen Übertragungsstichtag 31. Dezember 2006 zu Buchwerten auf die [X.] verschmolzen. Im Rahmen der Ermittlung des bei der [X.] eintretenden [X.] löste die Klägerin den bei der B-GmbH aktivierten steuerlichen [X.] von ... € auf und neutralisierte auf diese Weise die im Vergleich zur Handelsbilanz um den nämlichen Betrag höheren Buchwerte in der steuerlichen Schlussbilanz der [X.].

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) war nach einer Außenprüfung der Auffassung, der bei der B-GmbH gebildete aktive steuerliche [X.] sei bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses nicht zu berücksichtigen. Die Verschmelzung der [X.] (Organgesellschaft der mittelbaren Organschaft) auf die [X.] ("Zwischengesellschaft" der mittelbaren Organschaft) führe bei der B-GmbH (Organträgerin der mittelbaren Organschaft) nicht zur Auflösung des [X.]s; dieser wandele sich vielmehr zu einem [X.] zur Beteiligung der B-GmbH an der [X.] und sei erst im Falle einer Veräußerung jener Beteiligung aufzulösen. Das [X.] kam auf diese Weise zum Ansatz eines um ... € höheren Übernahmegewinns. Den Übernahmegewinn beließ das [X.] zwar nach § 8b Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) steuerfrei; jedoch setzte es auf [X.] der Klägerin 5 % des Übernahmegewinns (... €) unter Berufung auf § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] als nichtabziehbare Betriebsausgaben an. Auf dieser Grundlage setzte das [X.] in [X.] vom 16. September 2014 die Körperschaftsteuer für das Streitjahr (auf null €) und stellte den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 gesondert fest.

5

In erster Instanz stritten die Beteiligten des Weiteren darüber, in welchem Umfang die im Zusammenhang mit der Veräußerung einer Unternehmensgruppe ([X.]) vom [X.] im Streitjahr vereinnahmten Gelder als Veräußerungsgewinne der Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] unterfallen. Als Gesamtvergütung für die Unternehmensgruppe waren in dem am ... September 2006 --unter der aufschiebenden Bedingung kartellrechtlicher [X.] abgeschlossenen Kaufvertrag ... € "zuzüglich eines Betrags entsprechend einer Verzinsung hierauf mit einer jährlichen Rate in Höhe des Euro-LIBOR ... ab und einschließlich 1. Juli 2006 bis einschließlich dem Settlement Date" vereinbart worden. Der Festbetrag und der nach den vorstehenden Maßgaben für den [X.]raum bis zum 15. Dezember 2006 berechnete [X.] wurden am 15. Dezember 2006 von der Erwerberin an den [X.] gezahlt. Die Klägerin erfasste die Gesamtvergütung einheitlich als nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] steuerfreien Veräußerungsgewinn und rechnete ihrem Gewinn gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] 5 % jenes Betrags als nichtabziehbare Betriebsausgaben hinzu. Das [X.] war der Auffassung, das wirtschaftliche Eigentum an der [X.] sei bereits zum [X.]punkt des Abschlusses des Kaufvertrags am ... September 2006 auf die Erwerberin übergegangen; daher sei der vereinbarte [X.], soweit er auf die [X.] nach dem ... September 2006 entfalle --d.h. in Höhe von ... €-- wirtschaftlich als steuerpflichtiger Zinsertrag und nicht als Bestandteil des steuerfreien [X.] zu erfassen.

6

Die Klage hatte in Bezug auf den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 in beiden Streitpunkten Erfolg; das Finanzgericht ([X.]) Münster hat den Feststellungsbescheid mit Urteil vom 19. November 2015  9 K 3400/13 K,F (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 594) entsprechend geändert. Hinsichtlich des [X.] hat das [X.] die Klage als unzulässig abgewiesen, weil es an der erforderlichen Beschwer der Klägerin fehle (Nullbescheid).

7

Gegen das [X.]-Urteil richtet sich die Revision des [X.]. Mit am 16. August 2017 beim [X.] ([X.]) eingegangenen Schriftsatz hat das [X.] die Revision im Hinblick auf den Körperschaftsteuerbescheid 2006 zurückgenommen. In der Sache wendet sich das [X.] mit seiner Revision nur noch gegen die Auflösung des [X.] [X.]s.

8

Während des Revisionsverfahrens hat das [X.] die angefochtenen Bescheide zweimal --zuletzt am 3. Februar 2017-- geändert. Den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 hat das [X.] dabei um ... € erhöht (von ... € auf ... €). Dieser Betrag entspricht dem Klagebegehren zum Streitpunkt Veräußerungsgewinn hinsichtlich der [X.].

9

Das [X.] beantragt, das [X.]-Urteil, soweit es über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 entschieden hat, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 3. Februar 2017 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag um ... € erhöht wird.

Entscheidungsgründe

II.

Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil der nach Ergehen des [X.] erlassene Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 vom 3. Februar 2017 an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist. Dem [X.] liegt infolgedessen ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde und das angefochtene Urteil kann deswegen keinen Bestand mehr haben. Da die vom [X.] festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung des angefochtenen Bescheids unberührt geblieben sind, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O-- (z.B. [X.]surteil vom 26. Februar 2014 I R 56/12, [X.], 143, [X.], 703). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom [X.] insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des [X.]s.

III.

Die sonach gegen den Änderungsbescheid vom 3. Februar 2017 gerichtete Klage ist begründet. Das [X.] hat den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 um ... € (5 % von ... €) zu niedrig angesetzt.

1. Die Klägerin ist nicht gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 ([X.] 2010) vom 8. Dezember 2010 ([X.], 1768, [X.], 1394) i.V.m. § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung gehindert, im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer Einwendungen vorzubringen, die die Höhe ihres im Streitjahr zu versteuernden Einkommens betreffen. Denn § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des [X.] 2010 gilt gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des [X.] 2010 erstmals für Verluste, für die nach dem 13. Dezember 2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird und ist mithin auf die Verlustfeststellung der Klägerin zum 31. Dezember 2006 nicht anzuwenden.

2. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der verbleibende Verlustvortrag der Klägerin zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2006 nicht um 5 % eines steuerfreien [X.]s der [X.] aus der Verschmelzung der [X.] zu mindern ist. Dabei muss nicht darüber entschieden werden, inwiefern bei der Berechnung des Übertragungsergebnisses nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des [X.]es 2006 ([X.]) in der vorliegenden Konstellation der mittelbaren Organschaft (zwischen der [X.] und der [X.]) bei der [X.] gebildete aktive steuerliche Ausgleichsposten saldierend einzubeziehen sind. Denn von einem etwaigen [X.] würden weder auf [X.] der Einkommensermittlung der [X.] noch auf jener der [X.] oder derjenigen der Klägerin 5 % als Betriebsausgaben gelten, die nicht abgezogen werden dürfen.

a) Verpflichtet sich eine [X.], Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag i.S. des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] das Einkommen der Organgesellschaft unter den dort beschriebenen Voraussetzungen dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen. Entsprechendes gilt gemäß § 17 Satz 1 [X.], wenn eine andere als die in § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] bezeichnete Kapitalgesellschaft --beispielsweise eine GmbH-- mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sich wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S. des § 14 [X.] abzuführen und die in § 17 Satz 2 [X.] benannten weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.

Bei Organgesellschaft und Organträger handelt es sich unbeschadet der Abführungsverpflichtung zivil- wie steuerrechtlich um unterschiedliche Rechtsträger, die ihr jeweiliges Einkommen selbständig ermitteln (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie; s. zur insoweit ständigen BFH-Rechtsprechung z.B. [X.]surteil vom 4. Juni 2003 I R 100/01, [X.], 171, [X.], 244, m.w.N.).

b) Nach den von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen der Vorinstanz bestanden im Streitjahr körperschaftsteuerrechtliche Organschaften im vorstehend beschriebenen Sinne u.a. zwischen der [X.] (als Organgesellschaft) und der [X.] (als Organträgerin) und zwischen der [X.] (als Organgesellschaft) und der Klägerin (als Organträgerin). Dies hat gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Satz 1 [X.] zur Folge, dass das Einkommen der [X.] der [X.] und das Einkommen der [X.] wiederum der Klägerin zuzurechnen ist.

c) Zutreffend sind die Beteiligten und das [X.] davon ausgegangen, dass nach der für das Streitjahr geltenden Rechtslage die Einwendungen gegen die Höhe des dem Organträger gemäß § 14 i.V.m. § 17 [X.] zugerechneten Einkommens der Organgesellschaft vom Organträger im Rechtsbehelfsverfahren gegen dessen eigene Steuerfestsetzung geltend zu machen sind. Der die Organgesellschaft betreffende Steuerbescheid ist in diesem Zusammenhang kein Grundlagenbescheid (vgl. [X.]surteil vom 6. Juli 2016 I R 25/14, [X.], 326, [X.], 124). Das mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 ([X.], 285, [X.], 188) in § 14 Abs. 5 [X.] 2002 verankerte Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung gilt erst für die nach dem 31. Dezember 2013 beginnenden Feststellungszeiträume (§ 34 Abs. 9 Nr. 9 [X.] 2002 i.d.F. des vorgenannten Gesetzes).

d) Entgegen der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Auffassung des [X.] enthält das der [X.] zuzurechnende Einkommen der [X.] --und folglich auch das der Klägerin zuzurechnende Einkommen der [X.]-- keinen (nach § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] steuerfreien) Übernahmegewinn aus der Verschmelzung der [X.] auf die [X.], von dem gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] 5 % als Ausgaben gelten könnten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (pauschales Betriebsausgaben-Abzugsverbot).

aa) Bei der Verschmelzung der [X.] auf die [X.] hat es sich um eine Verschmelzung auf eine andere Körperschaft gehandelt, deren spezielle steuerlichen Folgen im dritten Teil (§§ 11 ff.) des [X.] geregelt sind. Für die übernehmende Körperschaft (hier: [X.]) bestimmt § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass diese die auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft (hier: [X.]) enthaltenen Wert i.S. des § 11 [X.] zu übernehmen hat. § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] bestimmt weiter, dass bei der übernehmenden Körperschaft ein Gewinn oder ein Verlust in Höhe des Unterschieds zwischen dem Buchwert der Anteile an der übernehmenden Körperschaft und dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, abzüglich der Kosten für den [X.] --mit anderen Worten: der jeweilige [X.] oder -verlust-- "außer Ansatz" bleibt. Das Übertragungsergebnis ist daher bei der Einkommensermittlung der aufnehmenden Körperschaft [X.] zu neutralisieren (vgl. Schreiben des [X.] --BMF-- vom 11. November 2011 --sog. [X.], [X.], 1314, Rz 12.05).

Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist § 8b [X.] anzuwenden, soweit der Gewinn i.S. des Satzes 1 abzüglich der anteilig darauf entfallenden Kosten für den [X.], dem Anteil der übernehmenden Körperschaft an der übertragenden Körperschaft entspricht. Damit wird im Hinblick auf einen etwaigen [X.] auf [X.] der aufnehmenden Körperschaft grundsätzlich auch die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] angeordnet, dem zufolge 5 % des jeweiligen Veräußerungsgewinns (hier: [X.] § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.]) als Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen.

Die Regelungen in § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] sollen für den hier vorliegenden Fall der Aufwärtsverschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft bewirken, dass das verschmelzungsbedingte Übertragungsergebnis auf [X.] der übernehmenden Körperschaft wie der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] behandelt wird (vgl. die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften in BTDrucks 16/2710, S. 41 und dem dazu gegebenen Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 16/3369, S. 10; s.a. [X.]surteil vom 9. Januar 2013 I R 24/12, [X.], 115, [X.], 509).

bb) Bei isolierter Anwendung der vorstehenden Bestimmungen auf den Streitfall ergäbe sich somit, dass ein etwaiger [X.] aus der Verschmelzung der [X.] auf die [X.] in der Steuerbilanz der [X.] außer Ansatz zu bleiben hätte, dass jedoch infolge der durch § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] angeordneten Geltung des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] dem Ergebnis der [X.] ein Betrag in Höhe von 5 % dieses Gewinns als nichtabziehbare Betriebsausgabe hinzuzurechnen wäre.

cc) Jedoch besteht im Streitfall die Besonderheit, dass es sich bei dem aufnehmenden Rechtsträger ([X.]) um eine Organgesellschaft im Rahmen der mit der [X.] als Organträgerin bestehenden Organschaft handelt und gemäß § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 [X.] bei der Ermittlung des Einkommens bei Organschaft abweichend von den allgemeinen Vorschriften § 8b Abs. 1 bis 6 [X.] und § 4 Abs. 6 [X.] --mithin auch die Bestimmung des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] zum pauschalen [X.] nicht anzuwenden sind. Stattdessen bestimmt § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 [X.], dass dann, wenn in dem dem Organträger zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft Gewinne oder Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 1 bis 3 [X.] oder mit solchen Beträgen zusammenhängende Ausgaben i.S. des § 3c Abs. 2 EStG oder ein [X.] § 4 Abs. 6 [X.] enthalten sind, § 8b [X.], § 4 Abs. 6 [X.] sowie § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG bei der Ermittlung des Einkommens des [X.] anzuwenden sind.

aaa) Für [X.] der [X.] und 2 [X.] (Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne) hat die durch § 15 Satz 1 Nr. 2 [X.] angeordnete Nichtanwendung des § 8b Abs. 1 bis 6 [X.] zur Folge, dass diese [X.] bei der Einkommensermittlung der Organgesellschaft berücksichtigt werden (sog. [X.]) und erst auf [X.] des [X.] --abhängig von dessen persönlichem [X.] dem Regime des § 8b [X.] oder dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG unterliegen (vgl. zur [X.] z.B. [X.]surteile vom 14. Januar 2009 I R 47/08, [X.], 126, [X.], 131, und vom 17. Dezember 2014 I R 39/14, [X.], 179, [X.], 1052).

bbb) Inwiefern die [X.] auch hinsichtlich eines [X.]s aus einer Aufwärtsverschmelzung auf eine Organgesellschaft zur Anwendung kommen kann, ist umstritten. Ein Teil der Literatur ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 12 Rz 91 f.; [X.]/[X.] in [X.]/ [X.], [X.], § 15 Rz 60; [X.] in [X.]/ [X.], [X.], 4. Aufl., § 12 Rz 60; [X.]/[X.], § 12 [X.] Rz 54; Knöller in [X.], [X.], 2. Aufl., § 12 Rz 52; Edelmann in [X.]/ Edelmann/Bron, [X.], § 12 Rz 142; [X.] in [X.], [X.], § 15 Rz 35; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 15 [X.] Rz 44; [X.] in [X.]/ [X.], [X.], 2. Aufl., § 15 Rz 92) lehnt die Anwendung der [X.] in dieser Konstellation ab, weil der [X.] gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] bei dem aufnehmenden Rechtsträger (Organgesellschaft) außer Ansatz bleibe und demnach nicht --wie es § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 [X.] für die Anwendung z.B. des § 8b Abs. 1 bis 3 [X.] auf [X.] des [X.] voraussetze-- in dem dem Organträger gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft "enthalten" sei. Nach dieser Auffassung --für die auch die Klägerin in ihrer Revisionserwiderung streitet-- kommt es im Hinblick auf den [X.] weder auf [X.] der übernehmenden Organgesellschaft noch auf [X.] des [X.] zur Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.].

Die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in [X.], 1314, Rz 12.07) und Teile der Literatur ([X.] in Widmann/[X.], Umwandlungsrecht, § 12 [X.] Rz 267.39; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 15 Rz 24; [X.], [X.] --GmbHR-- 2012, 133, 137) halten demgegenüber § 15 Satz 1 Nr. 2 [X.] auch in dieser Konstellation für einschlägig und kommen daher zu einer Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] auf [X.] des [X.].

Eine weitere in der Literatur vertretene Auffassung ([X.] in [X.]/Drüen, [X.]/[X.]/[X.], § 12 [X.] Rz 77a und § 15 [X.] Rz 66 ff.; [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 15 [X.] Rz 64) hält zwar --wie die erstgenannte Auffassung-- die [X.] für nicht anwendbar, zieht daraus jedoch den Schluss, dass über die Steuerfreiheit des Übernahmegewinns und die Frage der nicht abziehbaren Betriebsausgaben endgültig auf [X.] der Organgesellschaft zu entscheiden sei, bei der die Steuerfreiheit des Übernahmegewinns nach § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] aber nach Satz 2 der Vorschrift durch die Anwendung des § 8b [X.] eingeschränkt sei. Danach wäre im Streitfall § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] bei der Ermittlung des der Organträgerin [X.] zuzurechnenden Einkommens der [X.] anzuwenden und würde mittelbar zu einer Einkommensminderung auf [X.] der Klägerin führen.

ccc) Nach Auffassung des erkennenden [X.]s lässt sich aus den bestehenden gesetzlichen Regelungen nur das Ergebnis der erstgenannten Auffassung ableiten, der zufolge in der vorliegenden Konstellation auf den [X.] aus der Verschmelzung der [X.] die Bestimmung des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] weder auf [X.] der [X.] noch auf derjenigen der [X.] oder der Klägerin zur Anwendung kommt. Die in § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorgesehene Anwendung (auch) des § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] auf das Einkommen der aufnehmenden Körperschaft wird dann, wenn es sich dabei um eine Organgesellschaft handelt, durch § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 [X.] vorbehaltlos suspendiert (im Ergebnis a.A. [X.] in [X.]/Drüen, a.a.[X.], § 12 [X.] Rz 77a, und [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 15 [X.] Rz 64). Und bei der Ermittlung des der Organträgerin [X.] zuzurechnenden Einkommens der [X.] ist der [X.] gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] außer Ansatz zu lassen, sodass die Bestimmung des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 [X.], die die Anwendbarkeit des § 8b [X.] in Bezug auf [X.] der Organgesellschaft bei der Ermittlung des Einkommens des [X.] davon abhängig macht, dass die betreffenden Erträge in dem diesem nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft "enthalten" sind, den [X.] nicht erfasst.

Die Anwendung der [X.] auf den [X.] kann nicht daraus abgeleitet werden, dass es sich bei § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] um eine den Satz 1 der Norm "konkretisierende Spezialregelung" handele (so die Argumentation von [X.] in Widmann/[X.], a.a.[X.], § 12 [X.] Rz 267.39, und [X.], GmbHR 2012, 133, 137). Denn soweit der schon nach Maßgabe von § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] steuerfrei bleibende [X.] aus einer Aufwärtsverschmelzung betroffen ist, besteht die Bedeutung des Verweises in § 12 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf § 8b [X.] in einer Einschränkung der Steuerfreistellung des [X.]s durch § 8b Abs. 7 und Abs. 8 [X.] ([X.] in [X.]/Drüen, a.a.[X.], § 12 [X.] Rz 77a; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 15 [X.] Rz 50; [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 15 [X.] Rz 64; vgl. auch [X.]surteile in [X.], 115, [X.], 509, Rz 14, und vom 30. Juli 2014 I R 58/12, [X.], 453, [X.], 199, Rz 22) und in der Anwendung des pauschalen Betriebsausgaben-Abzugsverbots gemäß § 8b Abs. 3 Satz 1 [X.] ([X.]/Stimpel in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 12 [X.] Rz 60). Die Steuerfreistellung des [X.]s beruht aber weiterhin auf § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] und nicht auf § 8b Abs. 2 [X.]. Die Anwendung der [X.] auf den [X.] würde es mithin erfordern, dass § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 [X.] nicht nur die Anwendung des § 8b Abs. 1 bis 6 [X.] und des § 4 Abs. 6 [X.], sondern auch die Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] auf die Ermittlung des Einkommens der [X.], was indessen nicht der Fall ist.

ddd) Die sonach offenbar vorhandene Gesetzeslücke kann seitens der Rechtsprechung nicht durch Rückgriff auf übergeordnete systematische Gesichtspunkte oder durch Gesetzesanalogie geschlossen werden. Dem steht zum einen entgegen, dass sowohl die Regelungen des [X.] zur Verschmelzung als auch die körperschaftsteuerlichen Regeln zur [X.] bei der Organschaft in hohem Maße "technischer" Natur sind und an im Einzelnen beschriebenen (detaillierten) Merkmalen anknüpfen; daher besteht für die Anwendung über den Gesetzeswortlaut hinausgehender Prinzipien von vornherein wenig Spielraum. Zum anderen hat der [X.] bereits entschieden, dass für die Annahme einer umfassenden und systemkonsequenten Umsetzung der [X.] sowohl die gesetzliche Grundlage als auch eine aus dem Wesen der Organschaft eindeutig abzuleitende Pflicht fehlt ([X.]surteil in [X.], 126, [X.], 131, zur Unanwendbarkeit der [X.] auf abkommensrechtliche Schachtelprivilegien im Veranlagungszeitraum 2002). Dies gilt auch für die im Streitfall zu beurteilende Situation.

3. Die sich aus den vorstehenden Maßgaben ergebende Erhöhung des verbleibenden Verlustvortrags ist nicht saldierend mit einer Verringerung des Verlustvortrags in Bezug auf den in erster Instanz streitigen Komplex des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf der [X.] zu kompensieren.

a) Auch wenn das [X.] die [X.] in diesem Punkt akzeptiert und den Feststellungsbescheid entsprechend angepasst hat, ist der [X.] verpflichtet, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids im Rahmen des Klagebegehrens umfassend, d.h. auch unter Berücksichtigung der mit diesem [X.] zusammenhängenden Fragen zu prüfen. Das prozessuale Verböserungsverbot hindert das Gericht nicht, innerhalb des vom [X.] festgestellten Verlustbetrags einzelne Besteuerungsgrundlagen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für den Steuerpflichtigen ungünstiger zu beurteilen, als dies in dem angefochtenen Steuerbescheid geschehen ist (vgl. z.B. [X.]surteil vom 27. September 2017 I R 53/15, [X.], 45, [X.], 702, zur vergleichbaren Situation bei der Steuerfestsetzung).

b) Die vorinstanzliche Entscheidung zur Höhe des gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] steuerfreien Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf der [X.] hält der revisionsrechtlichen Prüfung indessen stand. Das gilt sowohl für die Annahme des [X.], die vereinbarte Verzinsung sei Teil des Kaufpreises, soweit sich die Verzinsung auf Zeiträume bis zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den veräußerten Anteilen beziehe als auch für die Feststellung des [X.], das wirtschaftliche Eigentum an den in Rede stehenden Geschäftsanteilen der [X.] sei jedenfalls nicht vor der Kaufpreiszahlung am 15. Dezember 2006 auf die Erwerberin übergegangen. Zu Recht ist das [X.] insbesondere davon ausgegangen, dass die ausstehende kartellrechtliche Genehmigung des Verkaufs der [X.] durch die [X.], deren Erteilung aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des Verkaufs gewesen ist, einem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Geschäftsanteilen auf die Erwerberin entgegengestanden hat.

Meta

I R 16/16

26.09.2018

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 19. November 2015, Az: 9 K 3400/13 K,F, Urteil

§ 12 Abs 2 S 1 UmwStG 2006, § 12 Abs 2 S 2 UmwStG 2006, § 8b Abs 2 KStG 2002, § 8b Abs 3 S 1 KStG 2002, § 15 S 1 Nr 2 S 1 KStG 2002, § 14 Abs 1 S 1 KStG 2002, § 17 KStG 2002, Tziff 12.07 AEUmwStG 2006, KStG VZ 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.09.2018, Az. I R 16/16 (REWIS RS 2018, 3385)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3385

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1 StR 53/23

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