Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2006, Az. XI ZR 12/05

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2687

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] [X.] ZR 12/05 Verkündet am: 11. Juli 2006 [X.], [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 11. Juli 2006 durch [X.], [X.] [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 15. Dezember 2004 aufgehoben. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des [X.] vom 10. Juni 2004 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückzahlung von [X.] in Anspruch, die er auf einen Darlehensvertrag erbracht hat. 1 - 3 - 2 Am 31. Oktober 1995 unterzeichnete der Kläger, ein damals 54 Jahre alter Diplom-Ingenieur, eine Beitrittserklärung zur "P.

KG" mit einer Kommanditein-lage von 200.000 DM zuzüglich 5% Agio, die in Höhe eines Betrages von 130.000 DM fremdfinanziert werden sollte. Die Beitrittserklärung sieht vor, dass die M.

Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend: Treuhänderin) nach Maßgabe eines für die Beteiligung vorgesehenen [X.] die Interessen des [X.] wahrneh-men soll. Mit notarieller Urkunde vom 9. November 1995 gab der Kläger ein Angebot auf Abschluss eines umfassenden Geschäftsbesorgungsver-trages ab und erteilte der Treuhänderin eine Vollmacht, die sich auf alle den Beitritt zur Gesellschaft und die Finanzierung des [X.] betreffenden Rechtshandlungen erstreckte. Nachdem die [X.] das Vertragsangebot angenommen hatte, unterzeichnete sie am 27. Dezember 1995 für den Kläger einen Annuitätendarlehensvertrag mit der Beklagten über 144.450 DM mit einem Disagio von 14.445 DM.
Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Rückzahlung des ausge-reichten Kredites kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 29. März 2001 die Geschäftsverbindung und forderte den Kläger erfolglos zur Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrages auf. Am 2. Juli 2001 schlossen die Parteien eine so genannte "Abzahlungsvereinbarung", in der sich der Kläger zur Rückzahlung des Darlehens in monatlichen Raten verpflichtete. Nachdem der Kläger anfangs die vereinbarten Beträge ge-leistet hatte, lehnte er mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. August 2003 weitere Zahlungen ab und forderte die Beklagte 3 - 4 - zugleich auf, die bis dahin insgesamt gezahlten 29.322,55 • nebst Zin-sen zurückzuzahlen. 4 Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr mit der Einschränkung einer Verurteilung Zug um Zug gegen Übertragung des kreditfinanzierten Anteils an der Gesellschaftsbeteili-gung stattgegeben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revi-sion erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:

Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision der [X.] durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch [X.] Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. [X.]Z 37, 79, 81). 5 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch-tenen Urteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Belang, im Wesentlichen ausgeführt: 7 - 5 - Mangels eines wirksamen Darlehensvertrages habe der Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten. Treuhandvertrag und Vollmacht seien wegen Verstoßes gegen das [X.] nach Art. 1 § 1 [X.], § 134 [X.] nichtig. Zwar sei aufgrund der glaubhaften Aussage der [X.] der Beklagten davon auszugehen, dass der Beklagten bei [X.] eine notarielle Ausfertigung der Voll-machtsurkunde vorgelegen habe. Der Beklagten sei jedoch die Nichtig-keit des Geschäftsbesorgungsvertrages und der Vollmacht erkennbar gewesen, weshalb ein Vertrauensschutz ausscheide. Außerdem sei nach der Rechtsprechung des I[X.] Zivilsenats des [X.] für den hier vorliegenden Fall eines verbundenen Geschäfts ein [X.] zu verneinen. 8 I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in mehreren Punkten nicht stand. 9 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem geltend gemachten Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.] auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten die Rechtswirk-samkeit des Darlehensvertrages entgegen. Der Kläger ist bei Abschluss des Darlehensvertrages durch die Treuhänderin wirksam vertreten [X.]. 10 - 6 - 1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon aus-gegangen, dass der zwischen dem Kläger und der Treuhänderin abge-schlossene Geschäftsbesorgungsvertrag und die erteilte Vollmacht nich-tig sind. Nach der neueren Rechtsprechung des [X.] [X.] derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Ab-wicklung eines Grundstückserwerbs oder eines [X.]s im Rah-men eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 [X.]. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlos-sener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartig umfassenden Befugnis-sen ist nichtig. Die Nichtigkeit erfasst nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 [X.] in Verbindung mit § 134 [X.] auch die der [X.] erteilte umfassende [X.] (st.Rspr.; [X.], 214, 220 f.; Senatsurteile vom 15. März 2005 - [X.] ZR 135/04, [X.], 828, 830 und vom 21. Juni 2005 - [X.] ZR 88/04, [X.], 1520, 1521, jeweils m.w.Nachw. sowie [X.], Urteile vom 8. Oktober 2004 - [X.], [X.], 2349, 2352 und vom 17. Juni 2005 - [X.], [X.], 1598 f.). 11 2. Die Treuhänderin war jedoch gemäß §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 [X.] der Beklagten gegenüber [X.]. Nach den insoweit [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts lag der [X.] bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der die Treuhänderin als Vertreterin des [X.] ausweisenden Vollmachtsur-kunde vor (zu dieser Voraussetzung [X.]Z 102, 60, 63; Senatsurteile vom 9. November 2004 - [X.] ZR 315/03, [X.], 72, 75 und vom 15. März 2005 - [X.] ZR 135/04, [X.], 828, 832 m.Nachw.). 12 - 7 - a) Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Rechtsscheintatbestand sei in Fällen des kreditfinanzierten Beitritts zu einem geschlossenen Im-mobilienfonds und Vorliegen eines verbundenen Geschäfts nicht gege-ben, ist rechtsfehlerhaft. 13 14 aa) Die Vorschriften der §§ 171 ff. [X.] sind nach inzwischen ge-festigter Rechtsprechung des [X.] auch dann anwendbar, wenn die einem Treuhänder erteilte [X.] wegen [X.] gegen das [X.] nichtig ist (Senatsurteile vom 15. März 2005 - [X.] ZR 135/04, [X.], 828, 831 und vom 21. Juni 2005 - [X.] ZR 88/04, [X.], 1520, 1522, jeweils m.w.Nachw.). An die-ser Rechtsprechung hält der Senat - wie er mit Urteilen vom 26. Oktober 2004 ([X.]Z 161, 15, 24 ff.) und vom 9. November 2004 ([X.] ZR 315/03, [X.], 72, 73 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat - auch unter Berück-sichtigung der Entscheidungen des I[X.] Zivilsenates vom 14. Juni 2004 ([X.]Z 159, 294, 301 f. und [X.], [X.], 1536, 1538) fest. Die der Senatsrechtsprechung zugrunde liegenden Erwägungen gelten in gleicher Weise für die Kreditfinanzierung von Immobilien wie für kreditfinanzierte Immobilienfondsbeteiligungen (Senatsurteil vom 25. [X.] 2006 - [X.] ZR 219/04, [X.], 1060, 1062). Entgegen der vom [X.] unter Hinweis auf die frühere, inzwischen aufgegebene Rechtsprechung des I[X.] Zivilsenats des [X.] vertretenen Auffassung kann auch bei letzteren die Anwendung der §§ 171 ff. [X.] nicht mit der Begründung verneint werden, der [X.] und der fi-nanzierte Darlehensvertrag bildeten ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG und der Rechtsschein einer wirksamen Vollmacht 15 - 8 - könne dem einzelnen Anleger mangels eines Vertrauensverhältnisses zwischen Treuhänder und Anleger nicht zugerechnet werden. 16 bb) Ob die Feststellungen die Annahme des Berufungsgerichts tragen, dass Darlehensvertrag und [X.] hier ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG bilden, kann offen bleiben. Diese Frage ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für die Rechts-scheinhaftung eines Kreditnehmers aufgrund der Erteilung einer nichti-gen Vollmacht rechtlich ohne Bedeutung. Weder regelt § 9 Abs. 1 VerbrKrG Vertretungsfragen, noch steht die Vorschrift systematisch in einem Zusammenhang mit den [X.] der §§ 164 ff. [X.]. Die Rechtsscheinhaftung des Vertretenen bestimmt sich vielmehr ausschließlich nach den §§ 171 ff. [X.] sowie nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht, die den schutzwürdigen widerstrei-tenden Interessen des Vertretenen einerseits und des Vertragspartners andererseits abschließend und angemessen Rechnung tragen (Senat [X.]Z 161, 15, 24 f.; Senatsurteil vom 25. April 2006 - [X.] ZR 219/04, [X.], 1060, 1062; [X.], Urteil vom 17. Juni 2005 - [X.], [X.], 1764, 1766).
b) Auch die nicht näher begründete und nicht nachvollziehbare Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe vorliegend den Mangel der Vertretungsmacht gemäß § 173 [X.] kennen müssen, ist rechtsfehlerhaft. Der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens kann der Bank nur gemacht werden, wenn sie aus den ihr vorgelegten Unterlagen den rechtlichen Schluss ziehen musste, dass die Vollmacht unwirksam war ([X.], Urteil vom 10. Januar 1985 - [X.], [X.], 596, 597; Senatsurteile vom 9. November 2004 - [X.] ZR 315/03, [X.], 72, 75, 17 - 9 - vom 27. September 2005 - [X.] ZR 116/04, Umdruck S. 9 und vom 18. Oktober 2005 - [X.] ZR 84/04, Umdruck S. 11). 18 Davon kann im Jahre 1995 keine Rede sein, da der [X.] und die zu seiner Durchführung erteilte Vollmacht einer damals weit verbreiteten und seinerzeit nicht angezweifelten Praxis ent-sprachen (vgl. [X.], Urteile vom 8. Oktober 2004 - [X.], [X.], 2349, 2352 und vom 17. Juni 2005 - [X.], [X.], 1764, 1767). Hinzu kommt, dass die Vollmacht notariell beurkundet war und im Jahre 1995 nicht einmal ein Notar Bedenken gegen die [X.] haben musste (siehe [X.]Z 145, 265, 275 ff.). Den vor dem [X.] ergangenen Entscheidungen des [X.] ließ sich nichts entnehmen, was für einen Verstoß eines umfassenden Treu-hand- oder Geschäftsbesorgungsvertrages und der mit ihm verbundenen Vollmacht des Treuhänders/Geschäftsbesorgers gegen Art. 1 § 1 [X.] i.V. mit § 134 [X.] gesprochen hätte (st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 9. November 2004 - [X.] ZR 315/03, [X.], 72, 75 m.Nachw. und vom 21. Juni 2005 - [X.] ZR 88/04, [X.], 1520, 1522). Besondere Umstände, die hier dafür sprechen könnten, dass die Beklagte die Nich-tigkeit der Vollmachtserteilung ausnahmsweise hätte erkennen müssen, sind nicht ersichtlich.
II[X.] Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, hatte der 19 - 10 - Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das klageabweisende landgerichtliche Urteil wieder herzustellen.
[X.] [X.] Joeres
[X.] Reichart Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.06.2004 - 8 O 5/04 - [X.], Entscheidung vom 15.12.2004 - 3 U 166/04 -

Meta

XI ZR 12/05

11.07.2006

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2006, Az. XI ZR 12/05 (REWIS RS 2006, 2687)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2687

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