Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.10.2015, Az. 29 W (pat) 31/13

29. Senat | REWIS RS 2015, 3647

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "ÇARSI (Wort-Bild-Marke)/CARS" – teilweise Waren- und Dienstleistungsidentität – zur Kennzeichnungskraft - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens – Einwand der bösgläubigen Markenanmeldung ist im Widerspruchsverfahren unbeachtlich


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 051 918

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 21. Oktober 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. [X.], der Richterin [X.] und des Richters am Landgericht Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das (in schwarz, rot, weiß ausgestaltete) Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 21. September 2011 angemeldet und am 7. Dezember 2011 unter der Nummer 30 2011 051 918 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für die Waren und Dienstleistungen der

3

Klasse 24:

4

Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;

5

Klasse 25:

6

Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;

7

Klasse 35:

8

Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten.

9

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 5. Januar 2012 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin aus ihrer am 25. April 2008 eingetragenen Gemeinschaftswortmarke [X.] 755 392

[X.]

Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke ist für folgende Waren und Dienstleistungen geschützt:

Klasse 18:

Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Taschen und Koffer aller Art, einschließlich Reisekoffer, Reisetaschen und -necessaires, Kleidersäcke für die Reise, Reise- und Handkoffer, Gepäckbehältnisse, Kosmetikkoffer, Rucksäcke, Sporttaschen, Handtaschen, Badetaschen, Einkaufstaschen, Umhängetaschen, Handkoffer, Dokumentenkoffer, Aktentaschen, Schultaschen, Beutel, Lederwaren, nämlich Brieftaschen, Geldbörsen (nicht aus Edelmetall), Geldbeutel, Schlüsseletuis, [X.], Scheckkartenhüllen; Regenschirme, Sonnenschirme, [X.], Sitzstöcke;

Klasse 25:

Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen;

Klasse 35:

Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich von Bekleidungsstücken und Modeartikeln; Verkaufsförderung und Werbung; Hilfe bei der Geschäftsführung; kommerzielle Geschäftsvermittlung beim Ankauf und Verkauf, Import und Export von Reisekoffern, Reisetaschen und -necessaires, [X.], Reise- und Handkoffern, [X.], Kosmetikkoffern, Rucksäcken, Sporttaschen, Handtaschen, Badetaschen, Einkaufstaschen, Umhängetaschen, Handkoffern, Dokumentenkoffern, Aktentaschen, Schultaschen, Beuteln, Lederwaren, nämlich Brieftaschen, Geldbörsen (nicht aus Edelmetall), Geldbeutel, Schlüsseletuis, [X.], Scheckkartenhüllen, Regenschirmen, Sonnenschirmen, [X.]n, Sitzstöcken, Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; kommerzielle Geschäftsvermittlung beim Handel mit Artikeln und Produkten über das [X.] (so genannter elektronischer An- und Verkauf); Zusammenstellen für [X.], Reisetaschen und -necessaires, [X.], Reise- und Handkoffern, [X.], Kosmetikkoffern, Rucksäcken, Sporttaschen, Handtaschen, Badetaschen, Einkaufstaschen, Umhängetaschen, Handkoffern, Dokumentenkoffern, Aktentaschen, Schultaschen, Beuteln, Lederwaren, nämlich Brieftaschen, Geldbörsen (nicht aus Edelmetall), Geldbeutel, Schlüsseletuis, [X.], Scheckkartenhüllen, Regenschirmen, Sonnenschirmen, [X.]n, Sitzstöcken, Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen (ausgenommen deren Transport), um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb der Waren zu ermöglichen; Bereitstellung der vorstehend genannten Dienstleistungen durch Einzelhandelsunternehmen, Großhandelsunternehmen, Versandhandelsunternehmen oder auf elektronischem Weg, beispielsweise über Websites oder über so genannte [X.]; Organisation von Veranstaltungen, Ausstellungen und Messen für kommerzielle und/oder Werbezwecke; Vermittlung von Werbung und Verbreitung von Werbematerial; alle vorstehend genannten Dienstleistungen, auch auf elektronischem Weg, wie [X.].

Mit Beschluss vom 28. Februar 2013 hat die Markenstelle für Klasse 35 des [X.] den Widerspruch vollumfänglich zurückgewiesen.

Zwar könnten sich die beiden Marken zum Teil bei identischen und zum Teil bei hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen. Trotz durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hielte die jüngere Marke den zu fordernden deutlichen Abstand zur älteren Marke aber ein, so dass eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auszuschließen sei. Der Wortbestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke, welchem der Verkehr als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimesse, und die Widerspruchsmarke „[X.]“ unterschieden sich deutlich in Wortlänge, [X.], Silbenanzahl sowie Sprech- und Betonungsrhythmus. Die beiden sich gegenüberstehenden Marken wiesen daher jeweils ein eigenständiges Klangbild auf. Der Begriffsinhalt der Widerspruchsmarke werde zudem ohne weiteres vom Verkehr als Plural des Wortes des [X.] Grundwortschatzes „[X.]ar“ für „Auto“ wahrgenommen. Ein derartiger Begriffsinhalt hafte der angegriffenen Marke nicht an, was für den Verkehr dazu führe, Hör- und [X.] zu vermeiden und die sich gegenüberstehenden Marken besser auseinanderhalten zu können. Ferner sei aufgrund der unterschiedlichen Wortlängen sowie der typischen Umrisscharakteristik des Buchstabens „I“ der angegriffenen Marke, welche die Widerspruchsmarke entbehre, eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, zumal schriftbildliche Unterschiede zudem durch die graphischen Bestandteile der jüngeren Marke verstärkt seien. Der angesprochene [X.] habe aufgrund der unterschiedlichen Bildung der beiden Marken, insbesondere aufgrund der grafischen Gestaltung der angegriffenen Marke, keine Veranlassung, die jüngere Marke als ein weiteres Produkt der Widersprechenden wahrzunehmen. Die gemeinsame Wortfolge „[X.]“ reiche nicht aus, um die jüngere Marke der Widersprechenden zuzuordnen und sie etwa als Abwandlung der älteren Marke wahrzunehmen.

Hiergegen richtet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde.

Sie macht geltend, der Beschluss sei bereits in sich widersprüchlich, weil trotz des zutreffend von der Markenstelle festgestellten, zu fordernden deutlichen Abstandes der beiden Marken, eine Verwechslungsgefahr lediglich aufgrund eines zusätzlichen Striches bzw. des Buchstaben „I“ am Ende der angegriffenen Marke verneint werde. Durch die fehlende Annahme einer Verwechslungsgefahr auf Grund dieses Striches werde der Schutzbereich der Widerspruchsmarke in unzulässiger Weise auf identische Verletzungen verkürzt. Die beiden sich gegenüberstehenden Marken seien für identische Waren in Klasse 25 eingetragen. Bei den für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen der Klasse 35 handle es sich um die Oberbegriffe dieser Klasse, so dass mithin sämtliche Dienstleistungen der Klasse 35 unter den Schutz der jüngeren Marke fielen. Dies gelte insbesondere für diejenigen Dienstleistungen, für welche die Widerspruchsmarke Schutz genieße, so dass folglich die Dienstleistungen der Klasse 35 der beiden Marken ebenfalls identisch seien. Die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren der Klasse 24 seien ferner den für die Widerspruchsmarke in den Klassen 25 und 18 eingetragenen zumindest ähnlich, da es sich bei „[X.]“ und „Textilwaren“ um Ausgangsmaterialien für Bekleidungsstücke handle und solche Ausgangsmaterialien, wie Waren aller Fertigungsstufen, als Vorprodukte wesensbestimmend für das fertige Produkt seien. Der Oberbegriff „Textilwaren“ umfasse zudem nicht nur textile Fertigwaren, sondern auch textile Halb- und Fertigfabrikate wie Fasern und Gewebe, welche der Herstellung der jeweiligen Endprodukte „Bekleidungsstücke“ dienten, so dass zumindest eine Ähnlichkeit zwischen den Waren „Bekleidungsstücke“ und „Webstoffe“ bzw. „Textilwaren“ bestehe. Des Weiteren enthielten Waren aus Leder oder Lederimitationen, wie etwa Taschen oder Koffer, Webstoffe als textile Verstärkung oder Innenfutter. Der Verkehr unterscheide nicht zwischen [X.] und [X.] und sei daran gewöhnt, beispielsweise Taschen bzw. Bekleidung aus Leder und Stoff in einem Geschäft nebeneinander vorzufinden. Auch nähmen Ledertaschen- oder [X.] ebenfalls Stofftaschen bzw. Stoffjacken in ihre Kollektionen auf.

Bei der Widerspruchsmarke handle es sich zudem um eine seit den 1980er Jahren auf dem [X.] Markt im [X.] genutzte Marke. Die Beschwerdeführerin sei seit über 40 Jahren insbesondere in [X.] als Bekleidungskonzern tätig. Die Widerspruchsmarke verfüge mindestens über durchschnittliche Kennzeichnungskraft, jedoch sei auf Grund ihrer Bekanntheit von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen. Die jüngere Marke sei der Widerspruchsmarke schriftbildlich hochgradig ähnlich und unterscheide sich lediglich durch einen Strich am Ende des [X.], welcher vom Verkehr nicht zwingend als Buchstabe „I“, sondern eher als [X.] Ziffer „I“ oder [X.] Ziffer „1“ erkannt werde. Denn im Gegensatz zu den anderen Buchstaben der angegriffenen Marke verfüge das Zeichen „I“ über ausgeprägte Serifen, so dass der Verkehr die angegriffenen Marke als „[X.] 1“ bzw. „[X.] I“ wahrnehme. [X.] sei der schmalste Buchstabe des Alphabets nicht geeignet, einen ausreichenden Abstand zwischen den sich gegenüberstehenden Marken hervorzurufen. Mithin sei die Widerspruchsmarke vollständig in der angegriffenen Marke enthalten. Auch die weitere grafische Ausgestaltung, wie etwa das in einem Kreis dargestellte „A“, vermöge der jüngeren Marke keine über das werbeübliche Maß hinausgehende Kennzeichnung zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zu verleihen. Klanglich seien sich die Marken zudem hochgradig ähnlich. Der Buchstabe „I“, sofern er als Buchstabe wahrgenommen würde, sei nicht geeignet, einen ausreichenden Abstand zwischen den Marken herzustellen, da dieser am Ende des [X.] angeordnet sei und der davor stehende Konsonant „S“ als scharfer Laut nachfolgende Vokale verblassen lasse. Der Verkehr werde den Buchstaben „I“ etwa bei undeutlicher Aussprache nicht bemerken und das „I“ vermöge keinen im Vergleich zur Widerspruchsmarke anderen Sprech- oder Betonungsrhythmus hervorzurufen. Aufgrund des Bedeutungsgehalts des [X.] Wortes „[X.]“ steche dieser Wortbestandteil in der angegriffenen Marke „[X.]“ klanglich hervor. Dies führe ferner dazu, dass der Verkehr beide Marken bezüglich ihres Bedeutungsgehaltes als identisch wahrnehme. Infolgedessen seien die beiden Marken hochgradig verwechselbar.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 28. Februar 2013 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke in vollem Umfang anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, seine Wort-/Bildmarke „[X.]“ stehe in keinem Zusammenhang mit der Widerspruchsmarke. Der Begriff „[X.]“ stamme aus dem [X.] und werde „[X.]“ ausgesprochen. Der Begriff bezeichne eine Fangruppe der [X.] Fußballmannschaft [X.], für welche er Fanartikel wie [X.], Mützen und Schals verkaufe. Ähnliche Bezeichnungen von Eintragungen bzw. Firmen fänden sich häufig, wie am Beispiel des Automobilherstellers „[X.]“ und des Automobillieferanten „[X.]A“ sowie „[X.]“ und „[X.]“ ersichtlich sei. Ferner sei die Buchstabenfolge „[X.]“ oder „[X.]“ in [X.] dutzendfach als Marke angemeldet, wie z. B. bei „[X.], [X.], fleet [X.], [X.], [X.]ars“.

In Erwiderung auf die Schriftsätze des Beschwerdegegners führt die Beschwerdeführerin aus, die in [X.] angemeldete jüngere Marke richte sich an ein breites deutschsprachiges Publikum, weshalb sich eine [X.] Aussprache der angegriffenen Marke für den [X.] nicht erschließe. Insbesondere werde der Anfangsbuchstabe „[X.]“ nicht als besonderer Buchstabe „[X.]“ des [X.] Alphabets erkannt und auch der Buchstabe „S“ werde nicht als „S[X.]H“ ausgesprochen. Auch die Bedeutung als Fangruppe eines [X.] Fußballvereins erschließe sich dem inländischen Verkehr nicht. Des Weiteren sei der Inhaber der angegriffenen Marke nicht von dem Fußballverein [X.] ermächtigt, das eingetragene Zeichen als Marke zu verwenden, weshalb es sich um eine bösgläubige Anmeldung handle; die Marke sei daher bereits gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] von einer Eintragung ausgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 66 [X.] zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 125b Nr. 1 [X.].

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/ [X.]; [X.], 933 Rn. 32 – [X.]; [X.], 237 Rn. 18 - PI[X.]O/PI[X.]ASSO; [X.], 1040 Rn. 25 – pjur/pure; [X.], 235 Rn. 15 – [X.]/[X.]; [X.], 484 Rn. 23 – [X.]; [X.], 905 Rn. 12 – [X.]; [X.], 258 Rn. 20 – INTER[X.]ONNE[X.]T/T-Inter[X.]onnect; [X.], 859 Rn. 16 – [X.]; [X.], 60 Rn. 12 - [X.]). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware oder Dienstleistung, die im Einzelfall angesprochenen [X.]e und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser [X.]e bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

1. Da [X.] vom Inhaber der angegriffenen Marke nicht aufgeworfen sind, ist für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit bzw. -identität ausschließlich die [X.] maßgebend. Danach liegt zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen teilweise Identität und teilweise Ähnlichkeit vor.

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten [X.]e der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. [X.] GRUR 1998, 922 – [X.]anon; [X.] 2014, 488 Rn. 14 - [X.]/[X.]; [X.], 1145 Rn. 34 – [X.]). Zu den Faktoren, die das Verhältnis zwischen Dienstleistungen kennzeichnen, gehören insbesondere Art und Zweck der Dienstleistung, das heißt der Nutzen für den Empfänger und die Vorstellung des Verkehrs, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden.

Zwischen den Vergleichswaren der Klasse 25 „

Letztlich kann aber diese Frage und auch die Prüfung, ob und in welchem Grad eine Ähnlichkeit zwischen den Waren und Dienstleistungen vorliegt, dahingestellt bleiben, weil selbst im Identitätsbereich eine Verwechslungsgefahr nicht zu besorgen ist.

2. Der Widerspruchsmarke kommt von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit ein normaler Schutzumfang zu. Ausreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung oder Steigerung der Kennzeichnungskraft sind weder vorgetragen worden noch erkennbar.

Allein der Umstand, dass die Waren der Klasse 25 auch mit Automotiven versehen sein könnten, führt insoweit nicht zur Verminderung der Kennzeichnungskraft. Zudem  ist eine Benutzung von [X.] mit dem Bestandteil „[X.]ar/[X.]ars“ auf dem hier relevanten Warengebiet vom Inhaber der angegriffenen Marke nicht nachgewiesen worden und auch ansonsten nicht liquide (vgl. hierzu BGH [X.], 685 Rn. 25 - ahd.de; [X.], 1104 Rn. 25 - Haus und Grund II), so dass auch aus diesem Grund eine Schwächung nicht in Betracht kommt.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist der Widerspruchsmarke aber auch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft beizumessen, weil ein hoher Bekanntheitsgrad von ihr nur behauptet, aber in keiner Hinsicht belegt ist. Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft bedarf es hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, Umsatz, geografischer Verbreitung, Werbeaufwand inklusive Investitionsumfang zur Förderung der Marke sowie zu demoskopischen Befragungen (vgl. BGH [X.], 903 - SIERRA ANTIGUO; [X.] 2003, 1040, 1044 - Kinder). Allein der pauschale Vortrag der Beschwerdeführerin, die Widerspruchsmarke sei seit den 1980er Jahren auf dem [X.] Markt benutzt worden und die Beschwerdeführerin habe seit über 40 Jahren in [X.] und [X.] ein hohes Maß an Bekanntheit und Wertschätzung inne, reicht hierfür keinesfalls aus.

3. Die hier relevanten Vergleichswaren richten sich an den Endverbraucher. Bei teils auch preislich gehobenen Produkten der Klasse 25, bei denen die Verbraucher im Allgemeinen markenbewusst sind, wird die Aufmerksamkeit und Sorgfalt beim Kauf eher höher, bei sonstigen, häufig niedrigpreisigen Waren der Klassen 25 - und auch solchen der Klasse 24 - dagegen geringer sein (vgl. auch [X.], Beschluss vom 02.07.2014, 29 W (pat) 73/12). Deshalb kann bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr allenfalls von einer leicht erhöhten Aufmerksamkeit der beteiligten breiten [X.]e ausgegangen werden. Im Bereich der Dienstleistungen aus der Klasse 35 sind die angesprochenen [X.]e Unternehmer und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene, so dass insoweit von einer höheren Aufmerksamkeit auszugehen ist.

4. Den bei dieser Ausgangslage erforderlichen [X.] zur Widerspruchsmarke hält die jüngere Marke – auch im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen - ein.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] 2013, 833 Rn. 30 – [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria; [X.], 1040 Rn. 25 – pjur/pure; [X.], 909 Rn. 13 - Pantogast; [X.], 905 Rn. 12 – [X.]). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. [X.] [X.]. 2014, 459 Rn. 42 - [X.]LORALEX; [X.]. 2012, 754 Rn. 63 – [X.] Marken GmbH/[X.] [Linea Natura Natur hat immer Stil]; [X.]. 2010, 129., Rn. 60 - [[X.]arbonell/[X.]]; [X.] 2004, 779, 781 - Zwilling/[X.]). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen [X.]e hervorgerufenen [X.] prägend sein können ([X.] GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. - [X.] LIFE; [X.], 64 Rn. 14 - Maalox/[X.]; [X.], 487 Rn. 32 - Metrobus; [X.], 60 Rn. 17 - [X.]). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im (Schrift)Bild und im [X.] zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus ([X.] 2014, 382 Rn. 25 – REAL-[X.]hips; [X.], 1055 Rn. 26 – airdsl; [X.], 340, 347 - [X.]; [X.], 393, Rn. 21 - HEITE[X.]).

a) In schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die beiden Zeichen ausreichend voneinander.

b) Auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben.

Die Widerspruchsmarke „[X.]ars“ gehört zum [X.] Grundwortschatz und bedeutet „Autos“. Dem steht der Begriff „carsi“ oder ggf. auch „[X.]ars one“ (Autos eins) gegenüber. Ein großer Teil des angesprochenen inländischen Verkehrs wird die Bedeutung des [X.] Wortes „carsi“ als Bezeichnung für eine Ultra-Fangruppe der [X.] Fußballmannschaft [X.] nicht kennen und daher als [X.] auffassen, so dass insoweit eine begriffliche Verwechslungsgefahr auszuschließen ist. Diejenigen, die die Bedeutung kennen, werden ohnehin in keinem Falle die Marken begrifflich füreinander halten. Dies gilt auch, soweit der Verkehr die angegriffene Marke als „[X.]ars one“ (Autos eins) auffasst, denn hier führt die [X.]/Eins - die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet – begrifflich ausreichend weg von der Widerspruchsmarke.

c) Schließlich weisen die sich gegenüberstehenden Zeichen in klanglicher Hinsicht ausreichende Unterschiede auf.

Zu berücksichtigen ist, dass die angegriffene Marke eine Wort-/Bildmarke ist. Bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks von Wort-/Bildmarken ist regelmäßig von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil - sofern er, wie im vorliegenden Fall, kennzeichnungskräftig ist - den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.] 2014, 378 Rn. 39 - OTTO [X.]AP). Zudem ist für den phonetischen [X.]  maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen [X.]en mündlich wiedergegeben werden, wenn sie diese in ihrer registrierten Form vor sich haben. Sind verschiedene [X.] oder Benennungsmöglichkeiten einer Marke naheliegend und wahrscheinlich, sind diese beim klanglichen [X.] zu berücksichtigen ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 9 Rn. 275 und 280).

Die Widerspruchsmarke „[X.]“ wird „kars“ bzw. „ka(r)s“ ausgesprochen.

Bei der mündlichen Wiedergabe der jüngeren Marke kommen in rechtserheblichem Umfang mehrere Aussprachemöglichkeiten in Betracht. Zu rechnen ist aber jedenfalls mit der Benennung des „[X.]“ nur als Buchstabe A.

Sofern der Wortbestandteil der angegriffenen Marke von einem Teil der angesprochenen [X.]e als [X.] Bezeichnung der [X.] erkannt und als „TS[X.]HAR-S[X.]HI“ ausgesprochen und wahrgenommen wird, sind die Unterschiede im Klangbild der Vergleichsmarken in jeder Hinsicht ausreichend.

Angesichts des mit einer [X.]edille versehenen Anfangsbuchstabens ist auch mit einer Aussprache wie „sar-si“ zu rechnen; dies deshalb, weil der inländische Verkehr mit [X.] Sprachkenntnissen das Wort wegen der [X.]edille durchaus entsprechend benennt, d. h. das „c“ nicht als „k“, sondern, weil der Buchstabe A folgt, als „s“. Die Unterschiede im Klangbild der Vergleichsmarken sind hier deutlich hörbar.

Als weitere naheliegende Sprechvariante kommt eine Benennung der jüngeren Marke als „ka(r)-si“ in Betracht. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr der Grad der klanglichen Ähnlichkeit auch insofern zu gering ist. Denn trotz der übereinstimmenden Buchstabenfolge „[X.]ars-„ stimmen die Vergleichsmarken weder in [X.] noch im Sprech- und Betonungsrhythmus oder in der [X.] überein, was zu markanten Unterschieden führt. Der Wortbestandteil „[X.]“ der angegriffenen Marke ist zweisilbig, die Widerspruchsmarke dagegen nur einsilbig. Schon dadurch kommt es zu einem unterschiedlichen Rhythmus. Die ältere Marke endet zudem mit dem eher unscheinbaren, dunklen Zischlaut „S“. Demgegenüber steht am Wortende der angegriffenen Marke der hell klingende Vokal „i“; anders als die Beschwerdeführerin meint, führt dort nämlich der Konsonant „S“ kein Verblassen des nachfolgenden Vokals „i“ herbei. Ferner ist auch die [X.] unterschiedlich – nämlich „a“ einerseits und „[X.]“ andererseits -, was vor allem deshalb auffällt, weil es sich um sehr kurze Wörter handelt.

Verwechslungsmindernd wirkt sich hier schließlich jeweils der sich deutlich aufdrängende Begriffsgehalt der Widerspruchsmarke [X.] als „Autos“ aus; die klanglichen Unterschiede werden daher vom angesprochenen Verkehr besser erfasst, so dass es gar nicht zu Verwechslungen kommt.

Nach alledem scheidet eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] aus.

Auch für eine Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklichen Inverbindungbringens im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 [X.] fehlen Anhaltspunkte.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

5. Der Einwand der Beschwerdeführerin, die angegriffene Marke sei ohne Genehmigung des [X.] [X.] [X.], mithin bösgläubig angemeldet worden und sei schon deshalb löschungsreif, stellt ein im hiesigen Widerspruchsbeschwerdeverfahren unbeachtliches Vorbringen dar und müsste in einem Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] geltend gemacht werden. Im Übrigen handelt es sich offensichtlich nicht um das Logo des [X.], sondern um das seiner Ultra-Fangruppe.

6. Zur Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestand kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 31/13

21.10.2015

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.10.2015, Az. 29 W (pat) 31/13 (REWIS RS 2015, 3647)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3647

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