Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2011, Az. 26 W (pat) 545/10

26. Senat | REWIS RS 2011, 2879

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "regional ist 1. Wahl (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 002 832.7

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 28. September 2011 durch [X.] Fuchs-Wissemann, [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 32 des [X.] hat die Anmeldung der für die Waren

2

„Klasse 32:  Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer, alkoholfreie Getränke, [X.] und Fruchtsäfte, Sirupe und Präparate zur Zubereitung von alkoholfreien und alkoholischen Getränken, Biere;

3

Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“

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bestimmten farbigen Bildmarke

Abbildung

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mit Beschluss vom 28. Juni 2010 gemäß § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen, weil ihr für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehle.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Marke weise in Bezug auf die in der Anmeldung aufgeführten Waren einen für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres verständlichen beschreibenden Begriffsgehalt auf. Die sprachregelgerecht gebildete und in der Werbung bereits übliche sloganartige Wortfolge „regional ist 1. Wahl“ werde vom Verkehr nur dahingehend verstanden, dass regionale Produkte qualitativ besonders hochwertig und frisch seien und deshalb beim Einkauf die 1. Wahl seien bzw. sein sollten. Bereits seit Längerem würden Lebensmittel und Getränke aus der eigenen Region als solche besonders gekennzeichnet und beworben. Der Käufer verbinde hiermit die Gewissheit, kurze und damit energiesparende Transportwege zu unterstützen. Zudem biete der Kauf von Lebensmitteln und Getränken aus der Region dem Käufer aufgrund der kurzen Transportwege eine Gewähr für deren Frische. Mit einem Kauf von Produkten aus der Region unterstütze der Käufer auch die heimische Wirtschaft, von der wiederum zahlreiche Konsumenten lebten. Angesichts dieses die beanspruchten Waren beschreibenden [X.] werde der Verkehr in dem Wortbestandteil der angemeldeten Marke keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen. Auch die grafische und farbige Gestaltung könne der angemeldeten Marke nicht zu der notwendigen Unterscheidungskraft verhelfen. Sie sei nach Art eines Ortsschildes ausgestaltet und unterstreiche somit ebenfalls nur die regionale Herkunft der Waren. Die Art der Darstellung halte sich im Rahmen des in der Werbung Üblichen. Die angesprochenen Verkehrskreise hätten keine Veranlassung, einer solchen Darstellungsweise eine über das Werbeübliche hinausgehende Bedeutung beizumessen. Da der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehle, könne dahingestellt bleiben, ob auch ein Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit der angemeldeten Marke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestehe.

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Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zu deren Begründung trägt sie vor, dass der Wortbestandteil „regional ist 1. Wahl“ der angemeldeten Marke jedenfalls für Getränke nicht beschreibend sei. Es sei zwar zutreffend, dass bei Obst, Gemüse, Milchprodukten und Fleisch ein Trend zu regionalen Produkten zu erkennen sei. Dies gelte jedoch nicht für die ebenfalls beanspruchten alkoholfreien und alkoholischen Getränke. Bei diesen Waren sei es unerheblich, ob sie von nah oder fern kämen, da die Lagerzeit die Frische des Produkts in keiner Weise beeinflusse. Es sei außerdem üblich, Mineralwässer sogar international zu vermarkten. Bei [X.]n und -säften sei eine Konservierung ohnehin unumgänglich, da anderenfalls die Haltbarkeitsdauer viel zu kurz wäre. Im konservierten Zustand spiele dann aber die Anlieferungsstrecke keine Rolle mehr. Bestimmte entferntere Anbaugebiete der verwendeten Früchte würden sogar als Qualitätshinweis verwendet. In diesen Fällen sei der Transportweg ohne jegliche Bedeutung für die Kaufentscheidung. Das Gleiche gelte auch für Sirupe und Präparate für die Zubereitung von alkoholischen und alkoholfreien Getränken. Bei Bieren existiere lediglich ein auf das jeweilige Bundesland bezogener Regionalitätsbezug. Bei alkoholischen Getränken wie Weinen sei ein solcher enger Regionalitätsbezug dagegen im Allgemeinen gar nicht möglich, weil in [X.] die Weinbaugebiete sehr eng begrenzt seien. Deshalb habe sich bei Weinen und Sekten eine von der Regionalität der Produkte völlig losgelöste Vorliebe für bestimmte Anbaugebiete ergeben, die jedoch praktisch nie vor Ort, also regional, seien. Unabhängig von der Schutzfähigkeit des [X.] beziehe die angemeldete Marke jedenfalls aus ihrer grafischen Gestaltung eine ausreichende Unterscheidungskraft. Die konkrete Gestaltung beschränke sich nicht auf einfache und verkehrsübliche Mittel. Vielmehr sei die angemeldete Marke optisch an eine Ortstafel angelehnt, wodurch ihr noch mehr konkreter Inhalt verliehen werde, da der Begriff „regional“ auf diese Weise auf den konkreten Ort eingeschränkt werde. Eine grafische Gestaltung in Form einer Ortstafel sei außerdem auch in der Werbung nicht üblich. Zudem bilde die gewählte Schriftart nach Art einer Handschrift einen interessanten Kontrast zum üblichen Bild einer Ortstafel.

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Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 28. Juni 2010 aufzuheben.

II

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft [X.] vorstehenden Bestimmung bedeutet die Eignung einer Marke, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Unternehmen unterscheidbar zu machen ([X.] GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; GRUR 2003, 604, 608, Nr. 62 - [X.]). Die Eintragung eines Zeichens als Marke kommt nur in Betracht, wenn es diese Herkunftsfunktion erfüllen kann ([X.] GRUR 2003, 55, 57 f., Nr. 51 - [X.]; [X.], 395, 397, Nr. 18 - [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zu Gunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen ([X.] GRUR 2008, 608, 610, Nr. 59 - [X.]). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird ([X.] - [X.]). Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann schließlich solchen Angaben und Zeichen fehlen, die aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind, weil sie der Verkehr ausschließlich als Sachbegriff in seiner ursprünglichen Bedeutung und daher nicht als Unterscheidungsmittel verstehen wird ([X.]/[X.], 9. Aufl., § 8, Rn. 49 m. w. N.).

Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von allgemeinen Werbeaussagen und Werbeslogans gelten die vorstehend dargestellten rechtlichen Maßstäbe in gleicher Weise ([X.] [X.] GRUR 2004, 1027, [X.]. 32 und 36 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.], 228, Nr. 36-38 - Vorsprung durch Technik). Dabei kann eine sloganartige Wortfolge zwar auch dann Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] aufweisen, obwohl sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird ([X.] a. a. O. Nr. 45 - Vorsprung durch Technik; BGH [X.], 825, Nr. 15 - [X.]). Was jedoch im Verkehr ausschließlich als Werbung verstanden wird, stellt keine eintragungsfähige Marke dar ([X.] GRUR Int. 2011, 255, [X.]. 51 - 53 - BEST BUY).

Bei dem Wortbestandteil der angemeldeten Marke handelt es sich, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, um einen Werbeslogan, der eine eindeutige, für den Verkehr sofort verständliche beschreibende und anpreisende Aussage in Bezug auf alle in der Anmeldung aufgeführten Waren beinhaltet und deshalb zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung dieser Waren ungeeignet ist. Der Wortfolge „regional ist 1. Wahl“ kann der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren ohne gedankliche Analyse die Aussage entnehmen, dass der Kauf eines in der Region erzeugten Produkts die erste Wahl für ihn sein sollte. Der Aussage „regional ist 1. Wahl“ fehlt es auch trotz der Tatsache, dass sich deren Wortbestandteil „regional“ auf „1. Wahl“ reimt, an jeglicher Originalität, weil die Aussage „regional ist 1. Wahl“ bereits seit langem auch von Mitbewerbern der Anmelderin zur Anpreisung regionaler Erzeugnisse benutzt wird, was auch die Anmelderin nach Übersendung entsprechender [X.] durch die Markenstelle mit dem Beanstandungsbescheid vom 29. März 2010 nicht generell in Abrede gestellt hat.

Soweit die Anmelderin die Ansicht vertritt, die regionale Erzeugung spiele für den Verkehr jedenfalls bei Getränken keine Rolle, weil es bei ihnen nicht auf die Frische ankomme, da sie ohnehin abgefüllt, verschlossen und damit konserviert würden, vermag diese Argumentation die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für diesen Teil der beanspruchten Waren nicht zu begründen, weil die Frische heutzutage nur ein Aspekt unter anderen ist, der für den Kauf regionaler Produkte ins Feld geführt wird. Für einen erheblichen Teil der inländischen Verbraucher ist vielmehr auch bei abgepackten und konservierten Waren die regionale Erzeugung der Produkte u. a. deshalb für den Kaufentschluss maßgeblich, weil regional erzeugte und vermarktete Produkte gegenüber Produkten aus weiter entfernten Gebieten im Allgemeinen eine deutlich bessere Ökobilanz aufweisen. Deshalb stellt der Werbeslogan „regional ist 1. Wahl“ für den Verkehr auch in Bezug auf Getränke eine anpreisende Werbeaussage mit ausschließlich beschreibendem Inhalt dar, der nicht auf ein einzelnes Unternehmen hinweist und damit nicht zur Unterscheidung der so bezeichneten Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach taugt.

Auch die grafische und farbige Gestaltung der angemeldeten Marke kann dieser nicht zur Unterscheidungskraft zu verhelfen.

Die bildliche Ausgestaltung vermag einer in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Angabe oder einem nicht unterscheidungskräftigen Slogan nur dann zur Unterscheidungskraft zu verhelfen, wenn sie charakteristische Elemente aufweist, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen kann ([X.], 710, Nr. 20 - [X.]). Diese Voraussetzung fehlt insbesondere in Fällen, in denen die bildliche Gestaltung sich in rein dekorativen Hervorhebungsmitteln erschöpft oder ausschließlich die sachbezogenen Aussagen der anderen Markenteile illustriert ([X.] (pat) 129/06 - [X.] OPEN AIR [X.] - mit Unterlegung der Wortbestandteile mit einer Abbildung der betreffenden Örtlichkeit; vgl. auch [X.]. 2009, 144, Nr. 39 - Intelligent Voltage Guard - mit zusätzlicher Abbildung des Grundtyps eines elektrischen Messgeräts).

Im vorliegenden Fall beschränkt sich die bildliche Ausgestaltung auf die Wiedergabe der Wortbestandteile in einer üblichen Handschrift, eine Umrahmung in Form eines Rechtsecks mit abgerundeten Ecken und eine gelbe Unterlegung sämtlicher Wort- und Bildelemente. Die Kombination des umrahmenden Rechtecks mit der gelben Hintergrundfarbe weckt deutliche Assoziationen an eine Ortseingangstafel und illustriert damit lediglich den Regional- bzw. Ortscharakter der Wortbestandteile, vermag der angemeldeten Marke jedoch angesichts dieses lediglich die Sachaussage der [X.] nicht zu dem erforderlichen Minimum an Unterscheidungskraft zu verhelfen. Bei dieser Sachlage kann die Beschwerde der Anmelderin keinen Erfolg haben.

Meta

26 W (pat) 545/10

28.09.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2011, Az. 26 W (pat) 545/10 (REWIS RS 2011, 2879)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2879

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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24 W (pat) 536/16

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