Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2000, Az. XII ZB 193/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 240

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[X.] ZB 193/00vom6. Dezember 2000in dem [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 6. Dezember 2000 durchden Vorsitzenden Richter Dr. [X.] und [X.] Krohn,[X.], [X.] und [X.]:Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der [X.] des [X.] vom11. Oktober 2000 aufgehoben.Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung gegen das Urteil der 23. Zivilkammer [X.] vom 15. Juni 2000 Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gewährt.Wert: 135.134 DM.Gründe:I.Durch Urteil des [X.] vom 15. Juni 2000 wurde der Beklagte zurZahlung von 64.484,91 DM nebst Zinsen und zur Räumung und Herausgabevon gewerblich genutzten Räumen an die Klägerin verurteilt. Das Urteil wurdedem Beklagten am 12. Juli 2000 zugestellt. Am 14. August 2000 (Montag) [X.] er durch seine erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, ihm für [X.] des Berufungsverfahrens Prozeßkostenhilfe zu bewilligen,reichte einen [X.] mit Unterlagen ein und erklärte, für den- 3 -Fall der [X.] werde zwecks Durchführung des [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werdenunter gleichzeitiger Nachholung der Berufungseinlegung und deren [X.]; einstweilen werde auf den Sachvortrag erster Instanz Bezug genommen.Durch Beschluß vom 12. September 2000, dem Beklagten zugestellt [X.] September 2000, wies das [X.] den [X.]zurück, weil er keine Begründung enthalte und nicht, wie erforderlich, zumin-dest in Grundzügen erkennen lasse, weshalb, in welchen Punkten und in wel-chem Umfang der Beklagte das ihn beschwerende Urteil angreifen wolle. [X.] September 2000 reichte der Beklagte durch seine erstinstanzlichen Pro-zeßbevollmächtigten zur Begründung des [X.] bei dem[X.] einen Entwurf einer Berufungsschrift nebst Begründung ein.Mit Schriftsatz vom 29. September 2000, beim [X.] [X.] am 2. Oktober 2000, legte der Beklagte, vertreten durch den bei dem[X.] zugelassenen Prozeßbevollmächtigten, Berufung [X.] landgerichtliche Urteil ein und beantragte Wiedereinsetzung in den [X.]; zugleich erhob er Gegenvor-stellung gegen den Beschluß vom 12. September 2000, legte eine vorläufigeBerufungsbegründung vor und beantragte Verlängerung der [X.].Das [X.] wies durch Beschluß vom 11. Oktober 2000- unter Bezugnahme auf den Beschluß vom 12. September 2000 - die gegenletzteren gerichtete Gegenvorstellung sowie den Wiedereinsetzungsantrag zu-rück und verwarf die Berufung als unzulässig. Dagegen wendet sich der [X.] mit der am 3. November 2000 eingelegten (sofortigen) Beschwerde.- 4 -II.Die nach §§ 519 b, 547, 238 Abs. 2 ZPO statthafte, form- und fristge-recht eingelegte (§§ 569, 577 ZPO) sofortige Beschwerde ist auch sachlichbegründet.1. Die am 2. Oktober 2000 bei dem [X.] eingegangeneBerufung gegen das landgerichtliche Urteil ist zwar nicht rechtzeitig innerhalbeines Monats nach der am 12. Juli 2000 erfolgten Zustellung des Urteils ein-gelegt worden (§ 516 ZPO) und war damit verspätet.2. Das Berufungsgericht hat dem Beklagten jedoch zu Unrecht die(rechtzeitig, § 234 ZPO) beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen [X.] die Versäumung der Berufungsfrist versagt. Der Beklagte war entgegender Auffassung des [X.]s ohne eigenes oder ihm zuzurechnen-des Verschulden seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2ZPO) an der Einhaltung der Berufungsfrist verhindert.Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.], auch [X.], ist ein Rechtsmittelführer, der - wie hier der Beklagte - vor Ablauf [X.] die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt hat, bis [X.] über den Antrag solange als ohne sein Verschulden an der [X.] des Rechtsmittels verhindert anzusehen, als er nach den [X.] vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags rechnenmußte, weil er sich für bedürftig im Sinne der §§ 114 ff ZPO halten durfte [X.] seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit aufgrund der von ihmeingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein [X.] entschieden werden konnte (vgl. Senatsbeschluß vom 11. November- 5 -1992 - [X.] 118/92 = [X.]R ZPO § 233 Prozeßkostenhilfe 7 = [X.] ff m.w.[X.] war hier nach den vorgelegten Unterlagen der Fall.Der [X.] des Beklagten erfüllte entgegen der Auf-fassung des [X.]s die an ihn nach der höchstrichterlichenRechtsprechung zu stellenden sachlichen Anforderungen. Dazu hat der Senatin dem erwähnten Beschluß vom 11. November 1992 ausdrücklich entschie-den, daß eine sachliche Begründung des [X.] für einbeabsichtigtes Rechtsmittel zwar zweckmäßig und erwünscht ist, jedoch ausverfassungsrechtlichen Gründen von der mittellosen [X.] nicht verlangt wer-den kann. Daran ist festzuhalten. Die Senatsentscheidung vom [X.] betraf entgegen der Auffassung des [X.]s ersichtlich kei-nen Einzelfall, sondern sie enthielt allgemeingültige grundsätzliche Ausführun-gen, wie insbesondere die Hinweise auf die verfassungsrechtlich geboteneGleichbehandlung mittelloser und bemittelter [X.]en deutlich machen.Soweit das [X.] für erforderlich hält, daß sich aus einerBegründung des [X.] zumindest in groben Zügen erge-ben müsse, in welchen Punkten das anzufechtende Urteil angegriffen [X.], und in welchen Punkten das [X.] als endgültig beigelegt be-trachtet werden könne, rechtfertigt dies keine von der Rechtsprechung des[X.] abweichende Beurteilung. Wenn und soweit die Prozeß-kostenhilfe, wie im vorliegenden Fall, uneingeschränkt beantragt wird, besteht- mangels abweichender Anhaltspunkte - kein begründeter Anlaß für die An-nahme, einzelne Streitpunkte sollten als endgültig bereinigt behandelt werden.In diesem Fall will der Rechtsmittelführer das anzufechtende Urteil vielmehrerkennbar - nach Maßgabe seines in der Vorinstanz verfolgten Begehrens - in- 6 -vollem Umfang zur Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht stellen. [X.] danach gehalten, aufgrund einer zwar nicht erschöpfenden, aber doch ein-gehenden Prüfung des gestellten Antrags die Erfolgsaussicht des Rechtsmit-tels zu prüfen (vgl. Senatsbeschluß vom 11. November 1992 aaO). Die Auffas-sung des [X.]s läuft demgegenüber darauf hinaus, daß einemRechtsmittelführer in sachlich und rechtlich einfach liegenden Fällen, in [X.] ohne sachkundige Hilfe sein Begehren selbst formulieren kann, die begehrteProzeßkostenhilfe zu bewilligen ist; demgegenüber würde der mittellosen [X.] in schwierigen Fällen, in denen es etwa "um eine Mehrzahl von Klagean-sprüchen (Mietzins bzw. Nutzungsentschädigung und Räumung) sowie um [X.] zur Aufrechnung gestellter Gegenansprüche" geht (so [X.] 12. September 2000), die beantragte Prozeßkostenhilfe verweigert, ob-wohl die [X.] in diesen Fällen gerade in besonderem Maße auf juristischenBeistand angewiesen ist. Das ist mit Art. 3 GG nicht zu [X.] Da der Beklagte demnach ohne ein ihn treffendes Verschulden an [X.] der Berufungsfrist verhindert war, ist ihm antragsgemäß Wiederein-setzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung zu gewähren. [X.] kann der [X.] als Beschwerdegericht treffen (vgl.[X.] Beschluß vom 24. Mai 2000 - [X.]/00 = NJW-RR 2000, 1590).- 7 -Mit der Bewilligung der Wiedereinsetzung wird der die Berufung ver-werfende Beschluß des [X.]s gegenstandslos, was durch des-sen Aufhebung klargestellt wird.[X.] Krohn Hahne [X.] Sprick

Meta

XII ZB 193/00

06.12.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2000, Az. XII ZB 193/00 (REWIS RS 2000, 240)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 240

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