Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2014, Az. III ZB 32/13

III. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8342

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 32/13
vom

28. Januar 2014

in dem Rechtsstreit

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Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am 28. Januar 2014
durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.],
[X.], Dr. Remmert
und Reiter

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 17. Ja-nuar 2013 -
3 U 81/12
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aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf bis zu

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der [X.] auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einer unklaren Vertragsklausel in Anspruch.

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Der Kläger ist Alleinerbe seines am 29. August 2003 verstorbenen [X.]. Dieser hatte mit notariellem Kaufvertrag vom 26. November 1993 die [X.] seines landwirtschaftlichen Anwesens an den Zeugen K.

veräußert. Die dazugehörigen landwirtschaftlichen Nutzflächen waren auf Grund Vertrags vom 8. Mai 1992 zunächst bis zum 30. September 2010 an den Landwirt I.

verpachtet worden. Unter dem 25./31. März 2007 schlossen der Kläger und
I.

einen neuen Pachtvertrag mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2019.

§ 12 des [X.] enthält zu Gunsten des Käufers hin-sichtlich der vorgenannten [X.] ein "Vorpachtrecht"
für den Fall, "dass nach Ablauf des jetzigen Pachtverhältnisses diese Flächen dem Käufer ver-pachtet werden".

In einem Vorprozess wurde der Kläger durch rechtskräftiges Urteil des [X.] N.

vom 14. April 2010 verurteilt, das Angebot des Erwerbers der Hofstelle auf Abschluss eines Landpachtvertrages über die an I.

verpachteten landwirtschaftlichen Nutzflächen anzunehmen.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger von dem beklagten Notar Ersatz von Schäden, die nach seiner Behauptung auf die unklare Formulierung in § 12 des [X.] zurückzuführen sind.

Das [X.] hat die Klage
nach Beweisaufnahme durch Verneh-mung von drei Zeugen
mit der Begründung abgewiesen, die an dem Abschluss des [X.] Beteiligten hätten die streitgegenständliche Klausel übereinstimmend im Sinne einer Pachtoption zu Gunsten des Käufers nach Beendigung des Pachtverhältnisses mit I.

verstanden. Diesen Willen 2
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der Vertragsparteien habe der Beklagte durch eine eindeutige Formulierung umgesetzt.

Darüber
hinaus sei der behauptete
Schaden nicht unmittelbar kausal auf ein Verhalten des Beklagten zurückzuführen. Der Kläger habe vorzeitig einen neuen Pachtvertrag
bis
zum
30. September 2019 abgeschlossen.
Die Schäden, die er
jetzt geltend mache

Pächter sowie verminderte Pachteinnahmen) beruhten auf neuen Verträgen, die der Kläger mit I.

und dem Zeugen K.

abgeschlossen habe. Durch diese Verträge, auf deren Zustandekommen
der Beklagte keinerlei Einfluss [X.] habe, sei das Urteil des [X.] N.

vom 15. April 2010 nicht "komplett"
umgesetzt worden.

Das [X.] hat die hiergegen eingelegte Berufung des [X.] -
nach vorherigem Hinweis -
als unzulässig verworfen und hierzu ausge-führt, dass die Berufungsbegründung den Anforderungen nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht genüge. Die Berufungsbegründung befasse sich [X.] mit der Frage einer durch Verwendung einer unklaren [X.] begangenen Pflichtverletzung des Beklagten. Auf den vom [X.] selbständig tragend
zur Begründung der Klageabweisung herangezogenen

Gesichtspunkt der fehlenden Kausalität eines etwaigen Verstoßes gegen § 17 Abs.
1 BeurkG für den geltend gemachten Schaden werde nicht eingegangen. Da die Berufungsbegründung das Urteil insoweit nicht angreife, sei das Rechtsmittel insgesamt unzulässig.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.].

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II.

1.
Die nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 in Verbindung mit §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthafte sowie form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechts-beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

2.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kläger in seinem Verfahrensgrundrecht auf wirkungs-vollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprin-zip). Das
Berufungsgericht hat die in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO beschrie-benen Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung überspannt und hierdurch dem Kläger den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt.

a) Nach §
520 Abs.
3 Satz
2
Nr.
2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die [X.] Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen
lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser -
zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich -
diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe an-zugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheb-lichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehler-

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haftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich
schlüssig oder rechtlich haltbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 26. Juni 2003 -
III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533; vom 30. Oktober 2008 -
III ZB 41/08, [X.], 442 Rn. 12; vom 13. September 2012 -
III ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn. 8 und vom 30. Januar 2013 -
III ZB 49/12, NJW-RR 2013, 509 Rn. 7; [X.], Beschluss vom 23. Oktober 2012 -
XI [X.], [X.], 174 Rn. 10 mwN).

Hat das Erstgericht -
wie hier -
die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen ge-stützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (Senat, Beschluss vom 30. Januar 2013 aaO Rn. 8; [X.], Urteil vom 18. Dezember 2003 -
I [X.], NJW-RR 2004, 1002; Beschlüsse vom 18. Oktober 2005 -
VI [X.], NJW-RR 2006, 285; vom 28. Februar 2007 -
V [X.], [X.], 1534 Rn.
11; vom 15. Juni 2011 -
XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 10 und vom 23. Oktober 2012 aaO Rn. 11). Der Grund hierfür liegt darin, dass in derartigen Fällen jede der gleichwertigen Begründungen des Erstgerichts seine Entschei-dung trägt. Selbst wenn die gegen einen Grund vorgebrachten Angriffe durch-greifen, ändert sich nichts daran, dass die Klage aus dem anderen Grund wei-terhin abweisungsreif ist ([X.], Beschluss vom 30. Januar 2013 aaO).

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b) Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung des [X.] noch gerecht.

aa) Die Berufungsbegründung wendet sich in den Abschnitten I.
und II.
zunächst gegen die Auslegung der streitauslösenden Vertragsklausel durch das [X.] und legt sodann im Einzelnen dar, woraus sich nach Auffassung des [X.] die Amtspflichtverletzung des Notars im Sinne von § 19 Abs. 1 BNotO ergibt.

bb) Die Frage der Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung des Beklag-ten für den geltend gemachten Schaden behandelt die Berufungsbegründung in einem weiteren Abschnitt (III.). Dort wird ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger die auf die
streitige
Vertragsklausel
zurückzuführenden Schäden zu er-setzen habe. Auf Grund des Urteils des [X.] N.

vom 15.
April 2010 hätten die anderweitig verpachteten Ackerflächen nunmehr an den Zeugen K.

verpachtet werden müssen. Zu diesem Zweck habe der Kläger eine vom Beklagten zu erstattende Ausgleichszahlung in Höhe von

Damit hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung hinreichend deut-lich zum Ausdruck gebracht, dass er die Wertung des [X.]s, die be-haupteten Schäden stünden in keinem Kausalzusammenhang mit der Notartä-tigkeit des Beklagten bekämpfen möchte. Denn das Berufungsvorbringen bein-haltet die Behauptung, dass die geleistete Ausgleichszahlung (sowie der vom [X.] festgestellte Verzicht auf Pachteinnahmen) auf die unklar [X.] und die damit im Zusammenhang stehende Verurteilung des

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[X.] durch das [X.] N.

zurückzuführen sind. Auf diese Weise hat der Kläger hinreichend klar zu erkennen gegeben, dass und
aus wel-chen Gründen er die rechtliche Würdigung des [X.]s für unrichtig und eine erneute -
ihm günstige -
Würdigung durch das Berufungsgericht für gebo-ten erachtet.

Soweit das [X.] darauf abgestellt hat, der Kläger "dürfte"
die ei-nen etwaigen Schaden begründende Ursache selbst gesetzt haben, indem er vorzeitig (im Jahre 2007) einen neuen Pachtvertrag mit einem [X.] habe, ist dem der Kläger ebenfalls entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, die unklare Vertragsklausel habe bei ihm zu einer Fehlvorstellung über die Möglichkeit der erneuten Verpachtung geführt und sei auch von dem Zeugen K.

"nicht kapiert"
worden.

Damit ist den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ent-sprochen.

cc)
Der Einwand des Beklagten, der im [X.] zusätzlich ZPO nicht ausreichend begründet worden, übersieht, dass diese Vorschrift für eine Klageerweiterung in zweiter Instanz nicht gilt. Diese stellt keine Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils dar; sie setzt vielmehr eine zulässige Berufung voraus.
Anträge und Begründung
für die Klageerweiterung
richten sich nach §§
525, 533, 264 Nr. 2 ZPO und betreffen nicht die an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen (Hk-ZPO/[X.], 5.
Aufl., § 520 Rn. 19; Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 520 Rn. 27).

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3.
Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzu-lässig verwerfen, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sa-che an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, damit es über die Begrün-detheit der Berufung befindet (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

[X.]

[X.]

[X.]

Remmert
Reiter
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.01.2012 -
8 [X.] (281) -

O[X.], Entscheidung vom 17.01.2013 -
3 U 81/12 -

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Meta

III ZB 32/13

28.01.2014

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2014, Az. III ZB 32/13 (REWIS RS 2014, 8342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8342

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