Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2017, Az. V ZB 47/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7678

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200717BVZB47.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/16
vom

20. Juli 2017

in der Grundbuchsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 2 Abs. 2
Die Berichtigung eines [X.]s (also einer graphisch falschen [X.] des richtigen Vermessungszahlenwerks in der Flurkarte des [X.]) durch die Vermessungsbehörde hat das Grundbuch-amt stets als Berichtigung tatsächlicher Art zu behandeln; es darf den [X.] eines [X.]es der Vermessungsbehörde nicht deshalb ablehnen, weil ein auf den Grenzverlauf bezogener [X.] berichtigt wird (Abgrenzung zu [X.], Urteil vom 1. März 1973 -
[X.], VersR
1973, 617).
[X.], Beschluss vom 20. Juli 2017 -
V [X.]/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 20.
Juli 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und die Richter Dr.
Kazele und Dr.
Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des [X.] -
17. Zivilsenat -
vom 29.
Februar 2016 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die mit Beschluss vom 9.
Dezember 2015 ausgesprochene Weigerung des [X.]

Grundbuchamt
-, den [X.] Nr.

betreffend die im Grundbuch der Gemarkung P.

eingetragenen Flurstücke ([X.]) und ([X.]) zu vollziehen, rechtswidrig war.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.

Aufgrund einer Flurstückszerlegung führte das Vermessungsamt des beteiligten [X.] [X.] das Liegenschaftskataster fort und über-gab dem zuständigen Grundbuchamt eine Mehrfertigung des [X.]
-
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-
nachweises. Der [X.] enthielt die neuen Flurstücksnummern und Veränderungen der tatsächlichen Nutzung der Grundstücke; ferner berich-tigte er einen [X.] in der Liegenschaftskarte, der die Darstellung des [X.] zwischen den im Rubrum genannten Grundstücken betraf.

Die Rechtspflegerin des [X.] hat den Vollzug des [X.]es mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 abgelehnt. Die hierge-gen gerichtete Beschwerde des [X.] hat das [X.] zu-rückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Nach Eingang der Rechtsbeschwerde hat das Grundbuchamt den [X.] vollzo-gen. Mit der Rechtsbeschwerde will der [X.] nunmehr feststellen lassen, dass die Übernahme des [X.]es zu Unrecht abgelehnt [X.] ist.

II.

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist der [X.] zu Recht nicht vollzogen worden. Das Grundbuchamt sei zwar grundsätzlich an einen [X.], der einen Verwaltungsakt darstelle, und die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen der Vermessungsbehörde gebunden. Es müsse aber prüfen, ob der Vollzug des [X.]es zu [X.] führe und daher weitere Voraussetzungen wie insbesondere
eine Auflassung erfüllt werden müssten. Da sich der gute Glaube gemäß §§
891,
892 BGB auch auf die Grundstücksgrenze beziehe, müsse das [X.]amt prüfen, ob ein gutgläubiger Erwerb auf der Grundlage der unrichtigen Liegenschaftskarte erfolgt sein könnte; dann bestehe nämlich die Möglichkeit, dass der zunächst unrichtig dargestellte Grenzverlauf richtig geworden sei. In diesem Fall könne der [X.] nicht vollzogen werden, weil das 2
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-
4
-
Grundbuchamt keine Unrichtigkeit des Grundbuchs herbeiführen
dürfe. So liege es hier. Zumindest hinsichtlich des auf [X.]att

gebuchten Grundstücks habe ein rechtsgeschäftlicher Eigentumswechsel am 30. November 2000 stattgefun-den. Zudem seien am 23. Februar 1999 sowie am 11.
November 2008 Belastungen
eingetragen worden. Infolgedessen lasse sich der gutgläubige Er-werb des Eigentums sowie der Belastungen nicht ausschließen. Der [X.] könne nur vollzogen werden, wenn alle Beteiligten in [X.] Form ihre Zustimmung erteilten.

III.

1. Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 78 Abs. 1 [X.]) und frist-
und formgerecht eingelegt (§ 71 FamFG i.V.m. § 78 Abs. 3 [X.]). Sie ist auch im Übrigen zulässig. Dass der [X.] nach Eingang der Rechtsbeschwerde vollzogen worden ist, ändert daran nichts, weil die Rechts-beschwerde in analoger Anwendung von § 62 FamFG als Feststellungsantrag fortgeführt werden kann.

a) Gemäß § 62 FamFG spricht das Beschwerdegericht nach Erledigung der Hauptsache auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Diese Norm gilt nach allgemei-ner und zutreffender Ansicht auch im Grundbuchverfahren (vgl. [X.], [X.] 2011, 209, 210; [X.], [X.], 330; [X.], [X.], 2186, 2187; [X.], [X.], 30. Aufl., § 1 Rn. 83; [X.], Notar 2013, 252, 259). Auf das Verfahren der Rechtsbeschwerde findet sie ent-sprechende Anwendung (vgl. für das Abschiebungshaftverfahren Senat, Be-schluss vom 25. Februar 2010 -
V [X.], [X.] 2010, 150 Rn. 9; für das 4
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5
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Betreuungsverfahren [X.], Beschluss vom 20. August 2014 -
XII [X.], [X.], 1916 Rn. 5).

b) Die Voraussetzungen von § 62 FamFG sind gegeben. Die Hauptsache hat sich während des [X.] erledigt, weil das [X.]amt den [X.] vollzogen hat. Das berechtigte Interesse an der Feststellung liegt gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG in der Regel vor, wenn eine Wiederholung konkret zu erwarten ist, was voraussetzt, dass gerade der Beschwerdeführer von einer gleichartigen Rechtsverletzung betroffen wäre. Daran fehlt es zwar, wenn das Interesse lediglich auf die abstrakte Klärung ei-ner Rechtsfrage für die künftige Rechtspraxis einer Behörde gerichtet ist (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2015 -
V [X.], [X.] 2016, 34 Rn.
12). Hier geht es aber um die konkrete Ausgestaltung der laufenden Zu-sammenarbeit zwischen [X.] und Grundbuchamt. Der [X.] macht nämlich geltend, dass die Vermessungsbehörde aufgrund der Verfahrensweise des [X.] ihre gesetzlichen Aufgaben nicht wahrnehmen kann; diese bestehen darin, dass die Vermessungsbehörde fehlerhafte Bestandsdaten des Liegenschaftskatasters von Amts wegen zu berichtigen (§
14 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen und das [X.] im [X.] vom 29. Januar 2008 [[X.]], SächsGV[X.]. [X.], 148, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 19. Juni 2013, SächsGV[X.]. S. 482)
und die Übereinstimmung von Liegenschaftskataster und Grundbuch zu wahren hat (§
10 Abs. 6 Satz 3 [X.]). Da das Grundbuchamt nach dem Vortrag des [X.] allein am 14. April 2016 in 53 weiteren Fäl-len den Vollzug gleichgelagerter [X.]e mit dem [X.] hat, hat der [X.] auch nach Erledigung der vorliegenden Hauptsache 6
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ein berechtigtes Interesse daran, klären zu lassen, ob ihn eine solche Verfah-rensweise des [X.] in seinen Rechten verletzt.

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

a) In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist die Beschwerde zu Recht als zu-lässig angesehen worden. Dabei kann offen bleiben, ob sich die Beschwer-deberechtigung in [X.] nach § 59 Abs. 1 FamFG richtet und vo-raussetzt, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsbeeinträchtigung geltend macht (so Meikel/Schmidt-Räntsch, [X.], 11. Aufl., § 71 Rn. 109) oder ob nach allgemeinen Grundsätzen bereits die Behauptung
einer mittelbaren oder unmit-telbaren Beeinträchtigung in einem rechtlich geschützten Interesse ausreicht (so etwa [X.], [X.], 30. Aufl., §
71 Rn. 57; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 71 [X.] Rn. 32). Jedenfalls macht der [X.] eine Rechts-beeinträchtigung im Sinne von §
59 Abs. 1 FamFG geltend, die sich aus den bereits genannten gesetzlichen Aufgaben der Vermessungsbehörde ergibt; es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Vermessungsbehörde Entschei-dungen des [X.] anfechten kann, mit denen die Übernahme von [X.]en abgelehnt wird (vgl. nur [X.], [X.] 1985, 276, 277
f.; [X.], [X.] 1988, 58, 59; [X.], [X.], 30. Aufl., §
2 Rn.
24; Meikel/[X.], [X.], 11. Aufl., § 2 Rn.
16).

b) In der Sache haben die Weigerung des [X.], den auf die Berichtigung eines [X.]s in der Flurkarte bezogenen Fortführungs-nachweis zu vollziehen, und die Aufrechterhaltung dieser Entscheidung durch das Beschwerdegericht den [X.] in seinen Rechten verletzt.

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aa) Im Ausgangspunkt ist das Liegenschaftskataster das amtliche [X.] der Grundstücke im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.] (vgl. §
10 Abs. 6 Satz
1 [X.]). Es gibt über die tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks Auskunft (vgl. [X.]/[X.], Immobilienrecht, 2. Aufl., § 2 [X.] Rn.
6; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 2 [X.] Rn.
3; Meikel/[X.], [X.], 11.
Aufl., § 2 Rn. 10). Demgegenüber ist das Grundbuch der Spiegel der privaten dinglichen Rechte an Grundstücken; es hat die Aufgabe, über die das Grundstück [X.] Rechtsverhältnisse möglichst erschöpfend und zuverlässig Auskunft zu geben (Senat, Beschluss vom 6. März 1981 -
V [X.], NJW 1981, 1563). Die Grundstücke werden gemäß §
2 Abs.
2 [X.] im Grundbuch nach dem Lie-genschaftskataster
benannt. Durch diese Bezugnahme des Grundbuchs auf das Liegenschaftskataster wird die Auffindbarkeit der Grundstücke in der Natur ermöglicht und gewährleistet; im Rechtsverkehr wird auf diese Weise Klarheit darüber geschaffen, auf welchen konkreten Teil der Erdoberfläche sich ein ein-getragenes Recht bezieht (vgl. Senat, Urteil vom 2.
Dezember 2005

V
ZR
11/05, NJW-RR 2006, 662 Rn. 8 mwN). Liegenschaftskataster und Grundbuch müssen deshalb übereinstimmen. So muss sich beispielsweise ein im Grundbuch gebuchtes Flurstück in dem Liegenschaftskataster wiederfinden und umgekehrt.

bb) Diese Übereinstimmung von Liegenschaftskataster und Grundbuch wird durch regelmäßigen gegenseitigen Datenaustausch gewährleistet, der in Teilen automatisiert erfolgen kann (vgl. § 127 Abs. 1 Nr. 1 [X.], § 11 Abs.
5 Satz
2 [X.]).

(1) Das Grundbuchamt einerseits hat der das Liegenschaftskataster füh-renden Behörde (in [X.]: untere Vermessungsbehörde, §
4 Abs.
4 [X.])
unter anderem Veränderungen der grundbuchmäßigen Be-10
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-
8
-
zeichnung des Grundstücks und die Eintragung eines Eigentümers mitzuteilen (§ 55 Abs. 3 [X.]; vgl. Nr. XVIII der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsa-chen). Die Vermessungsbehörde andererseits teilt dem Grundbuchamt [X.] im Liegenschaftskataster durch [X.]e mit (vgl. §
14 [X.], §
9 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum [X.] vom 6.
Juli
2011, im Folgenden: [X.]DVO).

(2) Ein solcher [X.] der Vermessungsbehörde ist kein behördliches Eintragungsersuchen gemäß § 38 [X.], sondern ein feststellen-der Verwaltungsakt, der die Grundlage für die von dem Grundbuchamt zu tref-fende Entscheidung über die Aufnahme der Veränderung in das Grundbuch bildet (vgl. [X.], NJW 1966, 609 f.). Gemäß § 9 Abs.
1 [X.]DVO
hat die Vermessungsbehörde unter anderem dann, wenn die Fortführung

wie hier -
die Änderung eines [X.], den Verlauf einer Flurstücksgrenze oder die Angaben zur Nutzung betrifft, einen [X.] zu erstellen, der den Zustand des betroffenen Flurstücks im Liegenschaftskataster vor und nach der Änderung nachweist. Er ist den Be-troffenen schriftlich oder durch Offenlegung bekannt zu geben (§
9 Abs.
2 [X.]DVO). Eine Mehrfertigung des bestandskräftigen
[X.]es übergibt die Vermessungsbehörde dem zuständigen [X.]amt (§ 9 Abs. 4 Satz 1 [X.]DVO), das aufgrund dieser Mehr-fertigung die [X.] im Grundbuch ändert und der Vermessungsbe-hörde den Vollzug der Eintragung mitteilt (vgl. Nr. 33, 34 der [X.] VwV [X.] vom 27. Mai 2005, SächsJM[X.]. S. 2, geändert durch [X.] vom 8. Dezember 2015, SächsJM[X.]. S. 167).

(3) Änderungen tatsächlicher Art hat das Grundbuchamt aufgrund der dargestellten
Kompetenzverteilung zwischen Grundbuch-
und Vermessungsamt 13
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9
-
ohne weiteres in das Grundbuch zu übernehmen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 7.
Aufl., § 2 [X.] Rn. 11). Beispielsweise hat es einen [X.] der Vermessungsbehörde, mit dem der Flächeninhalt aufgrund einer [X.] korrigiert wird, ohne eigene Nachprüfung zu vollziehen, indem es die im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts vermerkte Größenangabe von Amts wegen berichtigt (vgl. [X.] 1976, 106, 109
ff.: 0,0514 ha statt zuvor 0,0614 ha;
Meikel/[X.], [X.], 11. Aufl., § 2 Rn. 21; unzutreffend [X.], Rpfleger 1992, 387: Nachprüfung durch das Grundbuchamt erforderlich); dasselbe gilt für die in einem [X.] ausgewiesene Änderung der [X.] bzw. der tatsächlichen
Nutzung (vgl. z.B. [X.], [X.] 2012, 142, 143

-

Hierfür zuständig ist gemäß § 12c Abs. 2 Nr. 2 [X.] der [X.] der Geschäftsstelle. Keine Bindung erzeugt ein [X.] dagegen im
Hinblick auf Verfügungen und Eintragungen, die zugleich eine Berichtigung rechtlicher Art oder eine Berichtigung eines Irrtums über das Eigentum betreffen
(vgl. § 12c Abs. 2 Nr. 2 [X.]); hierüber entscheidet in eigener Zuständigkeit das Grundbuchamt (vgl. [X.], NJW 1966, 609 f.) durch den Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1h [X.]). Dieser muss prüfen, ob der Vollzug zu Rechtsänderungen führt und es deswegen noch der Erfüllung weiterer Voraussetzungen bedarf (z.B. der Erklärung von [X.] oder Bewilligungen oder etwa der Neufestsetzung von [X.]; vgl. [X.] 1981, 324, 329). Lehnt der Rechtspfleger den Vollzug eines [X.]es ab, muss im Liegenschaftskataster der vorherige Zustand wiederhergestellt werden (vgl. [X.]/[X.], [X.], Grundstück, Grenze, 5. Aufl., §
22 Rn. 12).

cc) Danach ist entscheidend, ob der hier zu beurteilende Fortführungs-nachweis eine Berichtigung tatsächlicher oder rechtlicher Art betrifft. Dass die neuen Flurstücksnummern und die Änderungen der tatsächlichen Nutzung als 15
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Änderungen tatsächlicher Art in das Grundbuch übernommen werden müssten, zieht das Beschwerdegericht zutreffend nicht in Zweifel. Es sieht aber die in dem [X.] enthaltene Behebung des [X.]s als Be-richtigung rechtlicher Art an.

(1) Unter einem [X.] versteht man eine graphisch falsche [X.] des Vermessungszahlenwerks in der Flurkarte des [X.]s (vgl. OVG [X.]-Anhalt, [X.] 2016, 194, 196; [X.], [X.]
2008, 433, 434; [X.]/[X.], Grundbuch, Grundstück, Grenze, 5. Aufl., §
22 Rn. 118). Gemäß § 10 Abs. 1 [X.] besteht das (digi-talisierte) Liegenschaftskataster aus den Bestandsdaten und den Daten der [X.]. Letztere umfassen gemäß § 10 Abs.
4
[X.]
die vermessungstechnischen Unterlagen und die sonstigen Unterlagen, die für die Flurstücksentwicklung von dauernder Bedeutung sind, also das sogenannte Vermessungszahlenwerk
(vgl. [X.]/[X.], Kataster-kunde in Einzeldarstellungen, Heft
8 [2010], [X.]. 9.1). Hierzu gehören alle Messdaten und die aus ihnen (in der Regel rechnerisch)
abgeleiteten
Maße einschließlich der [X.] im jeweiligen Bezugs-
und Abbildungssys-tem für die im Liegenschaftskataster nachgewiesenen Vermessungs-, Grenz-, Gebäude-
und sonstigen Punkte, die im Zuge von Katastervermessungen ermit-telt werden (Vermessungszahlen; [X.]/[X.], aaO, [X.]. 9.3). Die [X.] wird aus dem Vermessungszahlenwerk

des Liegenschaftskatasters abgeleitet (vgl. zum Ganzen OVG [X.]-Anhalt, [X.] 2016, 194, 196; [X.]/[X.], Grundbuch, Grundstück, Grenze, 5. Aufl., §
22 Rn. 22; [X.] in: Praxis der Kommunalverwaltung, [X.] Gesetz über das amtliche Vermessungswesen [2014] Nr. 3.3.2.3.2.; [X.]/[X.], aaO, [X.]. 9.3 und 9.4e-16
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11
-
genschaftskatasters stellt sie die Vermessungszahlen graphisch dar (vgl. §
6 Abs.
1 Nr.

(2) Weil
eine solche Berichtigung die Eigentumsverhältnisse nicht berührt und keine Rechtsänderung bewirkt, stellt sie im Grundsatz eine tatsächliche Berichtigung dar. Das Beschwerdegericht meint jedoch, nicht ausschließen zu können, dass auf der Grundlage der unrichtigen Liegenschaftskarte ein gut-gläubiger Erwerb erfolgt sei, weil vor der Fortführung der Liegenschaftskarte Verfügungen über eines der betroffenen Grundstücke erfolgt seien. Da die
ur-sprünglich unrichtige Liegenschaftskarte richtig geworden sein
könne, dürfe sie
nicht ohne Zustimmung der Betroffenen berichtigt werden (zu dieser Fallkons-tellation zweifelnd auch [X.]/[X.], Grundbuch, Grundstück, Grenze, 5.
Aufl., §
22 Rn. 22 f.). Das Beschwerdegericht stützt diese Überlegungen un-ter anderem auf ein Urteil des III. Zivilsenats des [X.] vom 1.
März 1973 ([X.], [X.], 617), das sich allerdings nicht mit der Verfahrensweise des [X.], sondern (im Rahmen einer Amtshaf-tungsklage) mit den Pflichten der Vermessungsbehörde bei der Berichtigung der Grenzdarstellung in der Liegenschaftskarte befasst.

[X.]) Richtigerweise hat das Grundbuchamt die Berichtigung eines Zei-chenfehlers (also einer graphisch falschen Darstellung des richtigen Vermes-sungszahlenwerks in der Flurkarte des Liegenschaftskatasters) durch die [X.] stets als Berichtigung tatsächlicher Art zu behandeln; es darf den Vollzug eines [X.]es der Vermessungsbehörde nicht deshalb ablehnen, weil ein auf den Grenzverlauf bezogener
[X.] be-richtigt wird.

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18
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12
-

(1) Ob die graphisch falsche Darstellung in der Liegenschaftskarte über-haupt einen gutgläubigen Erwerb nach sich gezogen haben kann, lässt sich mit guten Gründen bezweifeln. Zwar erstreckt sich die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 BGB) auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf (Senat, Urteil vom 2.
Dezember 2005 -
V [X.], NJW-RR 2006, 662 Rn. 8 mwN; vgl. auch Senat, Urteil vom 12.
Oktober 2012

[X.], NJW-RR 2013, 789 Rn. 14; Urteil vom 8.
November 2013

V
ZR
155/12, [X.]Z 199, 31 Rn. 11). Es spricht aber viel dafür, dass unter r-dings [X.], Urteil vom 1. März 1973 -
[X.], [X.], 617; in diese Richtung auch Senat, Urteil vom 8.
November 2013 -
V [X.], [X.]Z 199, 31 Rn. 12; zustimmend [X.]/[X.] in: Praxis der Kommunalverwaltung, Vermessungs-
und Geoinformationsrecht [X.]-Anhalt [2005] Nr. 6.2.3), sondern das Liegenschaftskataster als Ganzes zu verstehen ist (vgl. Senat, Urteil vom 2.
Dezember 2005 -
V [X.], NJW-RR 2006, 662 Rn. 8 mwN; [X.] in: Praxis der Kommunalverwaltung, [X.] Gesetz über das amtliche Vermessungswesen [2014] Nr. 3.3.2.3.3., Nr. 3.3.2.3.5.3.; Krie-gel/[X.], Katasterkunde in Einzeldarstellungen, Heft 2 [2009], [X.]. 2.2.). So verstanden gehörte auch das auf den Grenzverlauf bezogene Vermes-sungszahlenwerk
zu dem Inhalt des Grundbuchs, der zugunsten eines Erwer-bers gemäß §
892 BGB als richtig gilt. Der Grenzverlauf kann zwar in aller [X.] über die in Spalte 3 b des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs
einge-tragene Parzellennummern in Verbindung mit der Katasterkarte erschlossen werden (vgl. Senat, Urteil vom 2.
Dezember 2005 -
V [X.], NJW-RR 2006, 662 Rn.
8).
Stimmen aber (ausnahmsweise) Vermessungszahlenwerk
und Lie-genschaftskarte nicht überein, bezöge sich die Richtigkeitsvermutung wohl auf den Grenzverlauf, wie er aus dem Vermessungszahlenwerk
hervorgeht, und nicht auf die daraus (graphisch fehlerhaft) abgeleitete Liegenschaftskarte. [X.]
-
13
-
dem dürfte in solchen Fällen bei einem Verkauf des Grundstücks auch der Kaufgegenstand nach dem Vermessungszahlenwerk
zu bestimmen sein, da der Verkäufer eines Grundstücks dieses gewöhnlich nur in dem aus dem [X.] und dem
Liegenschaftskataster ersichtlichen Zuschnitt und Umfang ver-kaufen will (vgl. Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 -
V [X.], [X.] 2008, 229 Rn. 10); dabei wird er sich im Zweifel nicht allein auf die [X.], sondern vor allem auf die dieser
zugrundeliegenden Basisdaten des Liegen-schaftskatasters stützen
wollen.

(2) Dies bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn ein gutgläubiger Erwerb
möglich sein sollte und im konkreten Fall
stattge-funden haben könnte, ist das Grundbuchamt an einen [X.] gebunden, soweit dieser einen [X.] berichtigt.

weil die Berichtigung eines [X.]s für sich genommen keine Eintragung in das Grundbuch erforderlich macht. Deshalb ist -
anders als das Beschwerde-gericht meint -
eine darauf bezogene Bewilligung der Betroffenen gemäß §
19 [X.] nicht erforderlich; das Grundbuch wird auch nicht gemäß §
22 [X.] be-richtigt. Vielmehr vollzieht sich die
graphische Korrektur der Grenzdarstellung in der Liegenschaftskarte auf [X.] des Liegenschaftskatasters, das von den [X.] in eigener Zuständigkeit geführt und verantwortet wird. Eintragungen in das Bestandsverzeichnis des Grundbuchs können zwar dadurch erforderlich werden, dass -
wie hier -
gleichzeitig eine Zerlegung von Flurstücken erfolgt und daher neue Flurstücksnummern eingetragen werden müssen. Die Berichtigung des [X.]s erfolgt in diesem Fall aber nur anlässlich der Flurstückszerlegung.

20
21
-
14
-

(b) Zutreffend verweist die Rechtsbeschwerde ferner darauf, dass sich

selbst wenn ein gutgläubiger Erwerb erfolgt wäre
-
durch einen [X.] in der Liegenschaftskarte nichts an dem Grenzverlauf änderte, wie er sich aus der maßgeblichen Grenzfeststellung ergibt. Das Liegenschaftskataster hat die verbindlich festgestellte Grenze wiederzugeben. Ob sich die materiellen Eigen-tumsverhältnisse durch gutgläubigen Erwerb oder Ersitzung den unrichtigen Einzeichnungen angepasst haben, ist
ohne Belang (vgl. [X.], NJW 1993, 217; [X.], [X.] 2008, 433, 434; [X.], BayV[X.]. 2011, 149, 150 f.). Die Sicherung einer vermessungstechnisch mög-lichst exakten Darstellung der (festgestellten) Grundstücksgrenze in der Lie-genschaftskarte als der Präsentationsebene des Liegenschaftskatasters obliegt den [X.] im öffentlichen Interesse (vgl. dazu [X.], NJW 1993, 217, 218; OVG [X.]-Anhalt, [X.] 2016, 194, 197). Sie darf nicht durch das
Grundbuchamt blockiert werden.

(c) Der Rechtsschutz der betroffenen Grundstückseigentümer gegen die Berichtigung eines [X.]s im Liegenschaftskataster wird in erster Linie gewährleistet, indem der [X.] vor den Verwaltungsgerichten zur
Überprüfung gestellt werden kann. Zur Verfolgung der Rechte aus einem vermeintlichen gutgläubigen Erwerb steht der Zivilrechtsweg offen. Der be-troffene Grundstückseigentümer kann seinen Nachbarn mit der Behauptung, die aus dem (fortgeführten) Liegenschaftskataster hervorgehende [X.] aufgrund eines gutgläubigen Erwerbs nicht (mehr) den Eigentumsver-hältnissen, auf Feststellung seines Eigentums an der fraglichen Fläche sowie auf Grenzfeststellung in Anspruch nehmen (vgl. [X.], NJW 1993, 217, 218; [X.], Urteil vom 18. Dezember 2013

7
K
1234/10, juris Rn. 20 ff.).

22
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15
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(3) Schließlich hat das Grundbuchamt aufgrund der Bindung an den [X.] nicht zu prüfen, ob die Vermessungsbehörde ihrerseits den [X.] berichtigen durfte. Deshalb kann dahinstehen, ob die in einer äl-teren Entscheidung vertretene Ansicht des III. Zivilsenats des Bundesgerichts-hofs ([X.], Urteil vom 1. März 1973 -
[X.], [X.], 617) zutrifft, wonach die Vermessungsbehörde einen solchen [X.] nur mit Zustim-mung der Betroffenen berichtigen darf (ablehnend die ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter Hinweis auf die Vermessungsgesetze der Län-der, vgl. nur [X.], NJW 1993, 217, 218; OVG [X.], [X.] 2008, 433, 434; [X.], BayV[X.].
2011, 149, 150; [X.], Urteil vom 24. November 2011 -
OVG 10 B 14.09, juris, Rn. 40). Ebenso kann offen bleiben, wie bei der Berichtigung sogenannter [X.] zu verfahren
ist, wenn also die Grenze sowohl in dem Vermes-sungszahlenwerk
als auch in der Liegenschaftskarte aufgrund vermessungs-technischer Fehler von Anfang an falsch dargestellt wird (vgl. dazu [X.]/[X.], Grundbuch, Grundstück, Grenze, 5. Aufl., §
22 Rn. 114 ff.).
24
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16
-
IV.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Festsetzung des Gegen-standswerts beruht auf § 61 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.

Stresemann Brückner Weinland

Kazele
Ri[X.] Dr. Hamdorf

ist infolge Urlaubs an der

Unterschrift gehindert.

[X.], den 28. Juli 2017

Die Vorsitzende

Stresemann

Vorinstanzen:

[X.], Entscheidung vom 09.12.2015 -
PO-45-2 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.02.2016 -
17 W 132/16 -

25

Meta

V ZB 47/16

20.07.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2017, Az. V ZB 47/16 (REWIS RS 2017, 7678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7678

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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