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PDF anzeigen[X.] StR 80/00vom30. März 2000in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des [X.] und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. März 2000gemäß § 349 Abs. 2 und 4 [X.] beschlossen:1.Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] [X.] vom 19. Juli 1999 mit [X.])soweit der Angeklagte wegen Vergewaltigung (Fall II.1der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,b)im Ausspruch über die [X.] Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.3.Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hatte den Angeklagten durch Urteil vom 2. Juli 1998wegen Vergewaltigung und wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vor-sätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, mit flzweifacherfl fahrlässiger Kör-perverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt und gemäߧ 69 a StGB eine Sperrfrist von fünf Jahren bestimmt. Auf die Revision des [X.] hob der [X.] jenes Urteil durch Beschluß vom 1. Dezember 1998 -- 3 -4 StR 585/98 - wegen Verletzung der Grundsätze über die Öffentlichkeit [X.] auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Ent-scheidung an das [X.] zurück. Dieses hat nunmehr den Angeklagtenwegen Vergewaltigung und wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit [X.] Straßenverkehrsgefährdung, mit fahrlässiger Körperverletzung flin zweiFällenfl (richtig: in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen) und mit [X.] Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und fünfMonaten verurteilt und eine Sperrfrist von drei Jahren angeordnet. [X.] sich der Angeklagte wiederum mit der Revision, mit der er das Verfah-ren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das [X.] teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2[X.].1. Die Verurteilung wegen Vergewaltigung (Fall II.1 der Urteilsgründe)kann nicht bestehen bleiben, weil die Revision mit Erfolg den absoluten [X.] des § 338 Nr. 5 [X.] geltend macht.a) Die Revision beanstandet, daß der Angeklagte bei der [X.] Entscheidung über die Vereidigung und Entlassung der Geschädigten, [X.] [X.]., von der Anwesenheit in der Hauptverhandlung ausge-schlossen gewesen sei. Die Strafkammer hatte den Angeklagten [X.] der Auffassung der Revision rechtsfehlerfrei [X.] "für die Dauer [X.]" der Zeugin gemäß § 247 Satz 2 2. Alt. [X.] von der Anwesen-heit in der Hauptverhandlung ausgeschlossen, flweil ein Nervenzusammen-bruch der Zeugin unter den Belastungen einer Aussage in Anwesenheit [X.] mit hoher Wahrscheinlichkeit zu besorgenfl sei. Nachdem [X.] in der Sitzung am 21. Juni 1999 vernommen worden war, teilte die Vor-- 4 -sitzende dem Angeklagten zu Beginn des folgenden Verhandlungstages denwesentlichen Inhalt der Aussage mit. Zum weiteren Verfahrensgang ist imProtokoll festgehalten: "Auf Anordnung der Vorsitzenden wurde der [X.] dem Saal geführt. Auf Anordnung der Vorsitzenden erschien die Zeugin[X.]. im Sitzungssaal. Es wurde die Öffentlichkeit wieder hergestellt.Auf Anordnung der Vorsitzenden bleibt die Zeugin gemäß § 61 Ziff. 2 unverei-digt. Die Zeugin wurde ... im allseitigen Einverständnis entlassen. Der Ange-klagte wurde in den Sitzungssaal geführt, über den weiteren Verhandlungsab-lauf in Kenntnis gesetzt, ... und dass die Zeugin unvereidigt entlassen [X.]" ([X.] 914).b) Diese Verfahrensweise der Vorsitzenden verletzte den Angeklagten inseinem Anwesenheitsrecht (vgl. [X.]/[X.] [X.] 44. Aufl.§ 230 [X.]. 4 m.N.). Die Verhandlung über die Vereidigung gehört nach ständi-ger Rechtsprechung des [X.] ebenso wie die Verhandlung überdie Entlassung eines Zeugen nicht mehr zur Vernehmung, sondern bildet einenselbständigen Verfahrensabschnitt. Deshalb ist in der Regel der absolute Revi-sionsgrund des § 338 Nr. 5 gegeben, wenn der Angeklagte während dieserVerhandlungsteile von der Hauptverhandlung ausgeschlossen war (vgl. [X.], 218; [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 15, 18). Das gilt auch, wenn ein [X.] - wie hier - als Verletzter nach § 61 Nr. 2 [X.] unvereidigt geblieben ist([X.], 522). Zwar hätte in einem solchen Fall die Vereidigung alssolche unter engen Voraussetzungen auf Grund eines entsprechenden Be-schlusses des Gerichts auch in Abwesenheit des Angeklagten stattfinden [X.] (für den Fall der Gefährdung oder Enttarnung des Zeugen vgl. [X.]St 37,48, 50; NJW 1985, 1478; anders noch [X.], 256). Dies ändert [X.] nichts daran, daß der Angeklagte Gelegenheit haben muß, auf die Ent-- 5 -scheidung über die Vereidigung durch Anträge Einfluß zu nehmen ([X.]). Immerhin ist hier die Zeugin in der früheren Hauptverhandlungauch vereidigt worden. Deshalb ist die Verhandlung über die Vereidigung einwesentlicher Teil der Hauptverhandlung, der grundsätzlich nicht ohne den [X.] stattfinden darf. Ebenso verhält es sich mit der Verhandlung über dieEntlassung des Zeugen, weil die Anwesenheit des Angeklagten hierbei seinRecht auf effektive Ausübung des Fragerechts sichert (st. Rspr.; [X.], 267; [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 3 und 15; zweifelnd bzw. a.A. innicht tragenden Erwägungen der 5. Strafsenat des [X.], [X.] 22. Juni 1995 [X.] 5 StR 173/95 = NStZ 1995, 557 f. und vom 8. [X.] - 5 StR 543/99).Auch wenn die Vorsitzende [X.] bestrebt gewesen seinmag, ein Zusammentreffen des Angeklagten mit der Geschädigten [X.] (zum Vorgehen in einem solchen Fall vgl. [X.] aaO; [X.] 1989, 255, 256), mußte sie den Angeklagten vor der Entscheidung über [X.] und zur Verhandlung über die Entlassung wieder zulassen. [X.] nicht geschehen ist, liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5[X.] vor. Ein Ausnahmefall, in dem nach der Rechtsprechung trotz [X.] Abwesenheit eine Heilung des Verfahrensverstoßes durchausdrücklich oder konkludent geäußerten Verzicht des Angeklagten auf [X.] des Zeugen und auf Fragen an den Zeugen (vgl. [X.] 247 Abwesenheit 18, 19; [X.], Beschlüsse vom 10. August 1995 - 5 StR272/95 -, vom 21. September 1999 - 1 [X.] - und vom [X.]) in Betracht kommt, ist nicht gegeben. Daß sich der Ange-klagte nach der Unterrichtung über die Nichtvereidigung und die Entlassungder Zeugin dazu nicht erklärt hat, bedeutet keinen Verzicht. Etwas anderes er-- 6 -gibt sich deshalb auch nicht etwa daraus, daß der Angeklagte [X.] wie es in [X.] vom 16. Juli 1999, dem dritten Verhandlungstag nachEntlassung der Zeugin [X.]., vor dem Schluß der Beweisaufnahme all-gemein vermerkt ist [X.] flnach der Vernehmung eines jeden Zeugen ... befragt(wurde), ob er etwas zu erklären [X.] ([X.]. 1060). c) Der aufgezeigte Verfahrensfehler berührt allein die Verurteilung we-gen Vergewaltigung im Fall II.1 der Urteilsgründe. Die Aussage der Zeugin[X.]., die an dem Unfallgeschehen (Fall II. 2 der Urteilsgründe) nichtbeteiligt war, betraf nur diese Tat. Nur in diesem Umfang unterliegt das [X.] wegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 [X.] derAufhebung ([X.] in [X.]. § 338 [X.]. 6 m.N.).Der [X.] verkennt nicht, daß die neue Verhandlung der Sache, zu derder Verfahrensfehler zwingt, zu einer weiteren Belastung der [X.] ihre erneute Vernehmung führt. Der für den Strafprozeß beherrschendeGrundsatz der ständigen Anwesenheit des Angeklagten kann aber hinter [X.] des [X.] nicht weiter zurücktreten, als diesdie eng auszulegende Ausnahmevorschrift des § 247 [X.] (vgl. [X.]St 26,218, 220) zuläßt. Die Wahrung des [X.] verpflichtetdas Gericht deshalb zu besonders sorgfältiger Beachtung der [X.], wenn es Anlaß sieht, den Angeklagten [X.] und/oder die Öffentlich-keit [X.] von der Verhandlung auszuschließen, damit es nicht [X.] wie hier [X.] zu einervermeidbaren Aufhebung des Urteils und erneuten Verhandlung der Sachekommt. Im übrigen bietet nunmehr das Gesetz in § 247a [X.] die Möglichkeit,den Ausgleich zwischen den Interessen des Zeugen und des Angeklagtenmittels Bild- und Tonübertragung sicherzustellen, wenn nur dadurch eine [X.] gebotene persönliche Konfrontation beider [X.] kann (zur Subsidiarität der audiovisuellen Vernehmung vgl. [X.] in[X.]. § 247a [X.]. 10, 11; [X.]/[X.] aaO § 247a[X.]. 4).2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat hinsichtlichder Verurteilung des Angeklagten im Zusammenhang mit dem [X.] (Fall II.2 der Urteilsgründe) zum Schuld- und zum Einzelstrafaus-spruch keinen ihn [X.] Rechtsfehler ergeben. Unter den hier gege-benen Umständen stellt es keinen durchgreifenden sachlich-rechtlichen Fehlerdar, daß das [X.] die [X.], auf die es die Feststellungenzu dem äußeren Verkehrsunfallgeschehen ([X.]) stützt, im Rahmen der Be-weiswürdigung nicht näher erörtert hat, zumal der [X.] flsoweit er sich erinnernkonnte, geständig([X.] - Angeklagte die Feststellungen nicht in Frage gestellthat ([X.], 30). Auch die Revision erhebt insoweit keine konkreten Einwen-dungen gegen die getroffenen Feststellungen.3. Der [X.] macht wegen der wiederholten Aufhebung in dieser Sachevon der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. [X.] Gebrauch und ver-weist die Sache an das [X.] Rostock zurück. Für das weitere Verfahrenweist der [X.] vorsorglich darauf hin, daß bei einer Verurteilung wegen Ver-gewaltigung die straferschwerende Erwägung, fldaß der Angeklagte eigene In-teressen ganz massiv über die Belange der Zeugin gestellt [X.] ([X.]), mit- 8 -Blick auf das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB unzulässig ist(vgl. [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Sexualdelikte 4).[X.] Maatz [X.] [X.]
Meta
30.03.2000
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2000, Az. 4 StR 80/00 (REWIS RS 2000, 2650)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 2650
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