Bundespatentgericht, Urteil vom 06.02.2012, Az. 5 Ni 37/10 (EP)

5. Senat | REWIS RS 2012, 9500

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – Neuheit – erfinderische Tätigkeit – Kostenauferlegung bei beschränkter Verteidigung -


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 262 035

([X.])

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2012 durch [X.], die Richterin [X.] sowie [X.], [X.] und [X.]. Dr. Wollny

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 1 262 035 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

I[X.] Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des u. a. für die [X.] erteilten [X.] Patents 1 262 035 ([X.]), das unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.] Patentanmeldung [X.] vom 23. Februar 2000 am 23. Februar 2001 angemeldet worden ist. Das in [X.] [X.] veröffentlichte [X.] betrifft ein "Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken über Datenleitungen" und wird beim [X.] unter der Nummer [X.] geführt. Es umfasst 14 Patentansprüche, die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 des [X.]s lautet wie folgt:

3

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken,

4

dadurch gekennzeichnet, dass

5

die an der Anbindung eines Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor und/oder während der Übertragung der Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch einen die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden Daten zugeteilt wird und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung stehen."

6

Wegen der direkt oder indirekt auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 14 wird auf die [X.]schrift ([X.]) Bezug genommen.

7

Die Klägerin trägt vor, der Gegenstand des [X.]s in allen verteidigten Fassungen gehe in einigen Merkmalen des Patentanspruchs 1 über den Inhalt der ursprünglichen [X.] hinaus, so dass jeweils der [X.] der unzulässigen Erweiterung gegeben sei. Darüber hinaus macht sie geltend, der jeweilige Gegenstand nach Patentanspruch 1 sei gegenüber dem Stand der Technik nicht neu, zumindest aber dem Fachmann nahe gelegt.

8

Zur Begründung fehlender Patentfähigkeit bezieht sich die Klägerin u. a. auf folgende Druckschriften:

9

LR11 [X.]: Screenshot der [X.] Dateieigenschaften

LR12 [X.]: Screenshot des "Datei senden"-Dialogs und der [X.] 98a Beta Hilfe Datei

LR13 [X.]: Ausdruck der FAQ Frage und Antwort URL: http://web.archive.org/web/20000301150058/www.icq.com/faq/files.html [recherchiert am 16. März 2010]

[X.] [X.] - [X.] source code to restrict bandwidth with a Unix pipe. Ausdruck der Internetseite URL:[X.]/progIib/slowpipe.html vom 3. November 1996 [recherchiert am 11. März 2010]

[X.] [X.], [X.]: Quellcode des Programms [X.] . URL: [X.]/progIib/[X.] [recherchiert am 11. März 2010]

[X.]. [X.]. URL: http://lftp.var.ru/news.html [recherchiert am 28. Mai 2010]

LR17 lftp.1: [X.]. URL: http://lftp.var.ru/lftp-man.html [recherchiert am 28. Mai 2010]

[X.]  WO 95/24802 A1

[X.]a [X.] (dt. Übersetzung von [X.])

LR21 [X.], D.: Using HTTP Compression On Your IIS 5.0 Web Site. [recherchiert am 8. Juli 2010]

[X.] 016354 A

[X.] EP 0 852 445 [X.] (aus EP-Prüfungsverfahren)

[X.] Print Manager Plus. URL: [X.]... [recherchiert am 19. Mai 2010]

[X.] COTTAM, S. & [X.], D.: Optimizing printing with NetWare 4.x and 3.1x. URL: http://support.novell.com/techcenter/articles/ana1993090I.html [recherchiert am 19. Mai 2010]

LR26 WO 97/32274 [X.]

[X.] [X.] 4 839 829 A

[X.] DE [X.], R.K. et. al.: Initial Draft – Hypertext Printing Protocol – [X.], [X.], 1996, 23 S.

LR32 [X.], P.; [X.], M.: [X.] for Dummies. [X.], 1999, [X.], 155

LR34 [X.], J.; [X.], H.F: W3C: [X.], Working Draft 10-July-1998. URL: http://www.w3.org/TR/1998/WD-mux-19980710, 16 S. [recherchiert am 25. Januar 2012].

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 1 262 035 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte, die das [X.] mit geänderten Ansprüchen (s. unten) verteidigt, beantragt,

die Klage insoweit abzuweisen.

Patentanspruch 1 der verteidigten Fassung lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,

dadurch gekennzeichnet, daß durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird, die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor und/oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird, indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird, und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung steht."

Hilfsweise verteidigt sie das [X.] in der Fassung der Ansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,

dadurch gekennzeichnet, daß durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird, die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird, indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird, und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung steht."

Weiter hilfsweise verteidigt die Beklagte das [X.] in der Fassung der Ansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 2.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,

dadurch gekennzeichnet, daß durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird, die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird, indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird, und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung steht."

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 14 der nach dem Haupt- und den [X.] 1 und 2 verteidigten Fassungen des [X.]s wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23. Januar 2012 Bezug genommen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das [X.] in den verteidigten Fassungen für rechtsbeständig. Sie ist der Auffassung, wegen des Verzichts auf die erteilte Fassung im Verletzungsverfahren fielen der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO auch insoweit zur Last, als die Beklagte auch der Klägerin gegenüber auf die Geltendmachung von Rechten aus der erteilten Fassung verzichtet hatte.

Die Klägerin macht die gegenüber der erteilten Fassung klageweise geltend gemachten Nichtigkeitsgründe auch in Bezug auf die verteidigten Fassungen geltend und widerspricht einer Kostentragung mit der Begründung, trotz der Erklärung der Beklagten entfalte das Patent in der erteilten Fassung weiterhin Rechtswirkungen.

Der Senat hat den Parteien einen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 [X.] vom 21. Dezember 2011 übermittelt. Insoweit wird ebenso wie wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet, denn der Gegenstand des [X.]s beruht in keiner der verteidigten Fassungen auf erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.], Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 56 EPÜ). Ob darüber hinaus der weitere [X.] der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.], Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ) gegeben ist, kann vorliegend dahin gestellt bleiben.

[X.]

Das [X.] ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der [X.] nur noch beschränkt verteidigte Fassung nach Hauptantrag hinausgeht ([X.], Urteil vom 19. Dezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 215 = GRUR 2007, 404 - Carvedilol II).

I[X.]

1. Das [X.] betrifft ein Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken über Datenleitungen. Nach der Beschreibung des [X.]s tritt bei den an sich bekannten Verfahren zur Übermittlung von Daten, die mit Hilfe ebenfalls bekannter Verfahren komprimiert wurden, das Problem auf, dass durch die Komprimierung zwar das zu übertragende Datenvolumen verringert wird, aber der Versender und Empfänger der Daten während der Datenübertragung keinen Zugriff auf im Netzwerk zur Verfügung stehende Daten hat. Der Empfänger ist für die Zeit der Datenübertragung blockiert und nicht in der Lage, mit anderen Endgeräten oder der Zentraleinheit des jeweiligen Netzwerkes zu kommunizieren (vgl. Absatz [0008] [X.]). Es sei daher Aufgabe der Erfindung (vgl. Absatz [0010] [X.]) ein Verfahren zu entwickeln, bei dem während der Übertragung von umfangreichen Daten in einem Netzwerk eine ungehinderte Kommunikation des Versenders und/oder des Empfängers der Daten innerhalb des Netzwerks gewährleistet bleiben soll. Die in Patentanspruch 1 gefundene Lösung besteht in erster Linie darin, vor der Übertragung von Daten die Bandbreite der Datenleitung in mindestens zwei Bandbreitenbereiche zu unterteilen, wobei ein Bereich der Bandbreite zur Übertragung von Daten und ein anderer Bereich der Bandbreite für weitere Netzwerkkommunikation reserviert wird ([X.] Patentanspruch 1 und Absätze [0012], [0025] und [0026]).

2. Da die streitpatentgemäße Lösung letztlich auf die Einstellung der Bereiche der Bandbreite im Kontext des Netzwerkes abzielt und damit im Hinblick auf eine mögliche Resourcenaufteilung Kenntnisse über das zur Anwendung kommende Übertragungsverfahren vorauszusetzen sind, richtet sich die Lehre des [X.]s ihrem Inhalt nach allgemein an einen Diplomingenieur (FH) der Nachrichtentechnik, der Kenntnisse auf dem Gebiet der Übertragung und Verwaltung von Daten in Computernetzwerken besitzt und ausbildungsbedingt auch über Grundlagenwissen der auf seinem Fachgebiet zur Anwendung kommenden Programmiertechniken verfügt. Diesem sind folglich auch verschiedene Netzwerkprotokolle vertraut und er weiß auch das [X.] oder andere Referenzmodelle im Rahmen einer Netzwerkarchitektur und/oder der Kommunikation zwischen Teilen dieses Netzwerkes einzuschätzen und für seine Zwecke zu nutzen. Entgegen der Auffassung der [X.], die meint, die patentgemäße Lehre richte sich vielmehr an einen Programmierer, mag dieser im Durchschnitt zwar über ein bestimmtes technisches Grundlagenwissen verfügen, umfassende Kenntnisse der Übertragungstechnik, die für das Auffinden und die Realisierung des Gegenstands der Erfindung vorauszusetzen sind, können einem Programmierer aber nicht unterstellt werden.

Zwar umfasst die streitpatentgemäße Lösung auch die softwaretechnische Festlegung eines Frequenzbereiches für die Übertragung von Signalen in Form eines Frequenzbandes und die Aufteilung dieses Frequenzbandes in [X.] (sog. "Bereiche der Bandbreite") mit, jedoch stellt die jeweils bedarfsgerechte Umsetzung im Kontext eines hier zugrunde zu legenden Netzwerkes ein typisches Problem der Übertragungstechnik dar, für dessen Lösung der vom Senat bereits im Hinweis definierte [X.] die erforderlichen Kenntnisse zuverlässig mitbringt und daher als zuständig zur Lösung der vom [X.] genannten Problemstellung anzusehen ist.

II[X.]

1. Zum Hauptantrag

Das erfindungsgemäße Verfahren nach der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann bereits aufgrund seines Fachwissens und beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).

Es lässt sich wie folgt in Merkmale gliedern:

M1 Verfahren zur Übertragung von Daten zwischen einem Endgerät und einem Server in Netzwerken,dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] durch einen Nutzer des Endgeräts auf dem Server ein Druckprozess gestartet wird,

[X.] die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor und/oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird,

[X.] wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch den die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird,

[X.] mindestens ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird,

[X.]a indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorgegeben wird,

M5 und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung stehen.

M1, [X.]), und dass diese auch ökonomisch ausgenutzt werden. Diesen Vorgaben folgend, wird der Fachmann bei einem vorhandenen Bedarf an paralleler Kommunikation in mehreren Datenströmen einen bis dato vorgesehenen einzigen für die Kommunikation vorhandenen Kanal in mehrere Teilkanäle (Unterkanäle) aufteilen, um die Datenübertragung zeitnah abzuwickeln. Dies kann, wie der Fachmann ebenfalls weiß, durch [X.], [X.], [X.] etc. erfolgen. Aus den genannten Möglichkeiten das [X.]verfahren, mithin die Bandbreitenaufteilung des Kanals, auszuwählen, diesen in Folge in beispielsweise zwei Subfrequenzbänder aufzuteilen (auch "Bereiche der Bandbreite" genannt) und entsprechend der gegebenen Randbedingungen zu einem günstigen Zeitpunkt "vor und/oder während" der Übertragung von durch einen o. g. "Druckprozeß erzeugten Daten" vorzunehmen, liegt im Belieben des Fachmanns. Diese Vorgehensweise ist dem Fachmann zur Überzeugung des Senats insbesondere dann nahe gelegt, wenn es sich um einen umfangreichen Druckprozess handelt, der zunächst über die [X.] Zufuhr der zu druckenden Daten angestoßen und dann seitenweise abgewickelt werden muss ([X.]), und gleichzeitig der Server weiterhin ansprechbar bleiben muss. Da der Bandbreitenbedarf abhängig von der zu übertragenden Druckdatenmenge ist, wird der Fachmann im Hinblick auf eine ökonomische Ausnutzung der gesamten Bandbreite eine manuelle Einstellung für den Nutzer vorsehen ([X.]), damit dieser die für die Übertragung der Druckdaten erforderliche Bandbreite in Kenntnis der zu übertragenen Datenmenge vorgeben kann ([X.], [X.]a) und daneben als Kommunikationskanal ein Teil der insgesamt zur Verfügung stehenden Bandbreite des [X.] für andere Zwecke offengehalten wird (M5).

Dem Fachmann ist damit, ohne dass er erfinderisch tätig werden muss, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 bereits aus seinem Fachwissen heraus nahegelegt.

Zwar hält die Beklagte ein Naheliegen deshalb nicht für gegeben, weil der von ihr angenommene Fachmann (Programmierer) nicht über die entsprechenden Kenntnisse verfügen würde, da sich seine Programmierarbeiten auf die Anwendungsschicht des [X.] beschränken würden und er nur hier deren Auswirkungen abschätzen könne. Insbesondere die Kanalteilung in der Übertragungsschicht des [X.] zur Lösung der Problemstellung des [X.]s vorzusehen, würde er daher nicht in Betracht ziehen. Die Klägerin trat diesem Vorbringen in der Verhandlung entgegen und sieht den seitens der [X.] genannten Programmierer durchaus in der Lage, wenn nicht bereits aus eigener Fachkenntnis, so jedoch in Zusammenarbeit mit einem auch mit den übrigen Schichten des [X.] vertrauten Fachmann, sich die notwendigen Informationen zur Lösung der im [X.] gestellten Frage zu besorgen. Letztlich können beide Sichtweisen des für dieses Verfahren maßgeblichen Fachmanns aber dahinstehen, da aus Sicht des Senats der derselbe eben nicht nur über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Programmierers im Sinne der Argumentation der [X.] oder der Klägerin verfügt, sondern umfassend mit allen sieben Schichten des [X.], sowie deren Wirkungsweise und Einsatz im Kontext eines Netzwerks vertraut ist, um auf diese Weise zur Lösung gemäß [X.] zu gelangen.

Die Frage der Zulässigkeit der geänderten Fassung konnte daher dahingestellt bleiben.

2. Zu den Hilfsanträgen 1 und 2

a) Die streitpatentgemäße Lösung nach Hilfsantrag 1 auf der Basis des [X.] mit einem demgegenüber nur im Merkmal [X.] modifizierten Anspruch 1 ist dem Fachmann ebenfalls nahegelegt.

[X.] nach Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

[X.] die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor oder während der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird,

[X.]. Folglich werden im Unterschied zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nur noch zwei der dort genannten drei Ausgestaltungsmöglichkeiten einer möglichen zeitlichen Realisierung der Unterteilung der verfügbaren Bandbreite beansprucht. In Bezug auf den Hauptantrag wurde bereits erläutert, dass keine der dort beanspruchten drei Ausgestaltungsmöglichkeiten auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sondern vom Fachmann je nach den gegebene Randbedingungen gewählt werden wird. Ergänzend sei zum Merkmal [X.] dieser Fassung noch angemerkt, dass es auch deshalb eine fachmännische Maßnahme darstellt, zum jeweils geeigneten und/oder möglichen Zeitpunkt eine derartige Unterteilung vorzunehmen, da er schon zum Prioritätstag des [X.]s über hinreichende technische Mittel verfügte, die ihm die Auslastung der Datenkanäle angezeigt haben und auf deren Grundlage er entscheiden konnte, wann und auf welchem Kanal er zweckmäßigerweise eingreift.

Mithin kann auch der nur diese zwei Möglichkeiten umfassende Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 keinen Bestand haben.

b) Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, der sich vom Hauptantrag ebenfalls nur in Merkmal [X.] unterscheidet, ist dem Fachmann gleichfalls nahegelegt.

[X.] dieser Fassung lautet wie folgt:

[X.] die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor der Übertragung von durch den Druckprozess erzeugten Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird,

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 umfasst somit nur noch eine der mit dem Hauptantrag verteidigten drei Alternativen, nämlich diejenige, bei der die [X.] "vor der Übertragung" vorgenommen wird. Wie bereits zum Hauptantrag ausführlich erläutert, beruht auch die mit dem Hilfsantrag 2 allein verteidigte Alternative nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist daher nicht patentfähig. Auch insoweit konnte dahingestellt bleiben, ob die jeweilige Fassung der Hilfsanträge eine zulässige Beschränkung darstellt.

4. [X.] beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Entgegen der Ansicht der [X.] ist für eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO zu Ihren Gunsten bezüglich der erteilten Fassung des [X.]s kein Raum. Auch wenn die Beklagte die erteilte Fassung nicht mehr verteidigt, kann die "Differenz" zur verteidigten Fassung nur durch eine Nichtigerklärung (oder ein abgeschlossenes Beschränkungsverfahren) beseitigt werden, die auch immer von der Klägerin beantragt werden muss, wenn sie nun - wie vorliegend - gegen die beschränkt verteidigte Fassung ebenfalls vorgehen will. Durch die bloße beschränkte Verteidigung im [X.] sichert die Beklagte der Klägerin nicht bereits einen Erfolg ihres Klagebegehrens (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Juli 2003 - [X.], [X.], 138 (Leitsatz und IV.) - Dynamisches Mikrofon).

Meta

5 Ni 37/10 (EP)

06.02.2012

Bundespatentgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 93 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 06.02.2012, Az. 5 Ni 37/10 (EP) (REWIS RS 2012, 9500)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9500


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. X ZR 73/12

Bundesgerichtshof, X ZR 73/12, 13.08.2013.


Az. 5 Ni 37/10 (EP)

Bundespatentgericht, 5 Ni 37/10 (EP), 06.02.2012.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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