Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2013, Az. X ZR 73/12

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3495

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X [X.]
Verkündet am:

13. August 2013

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Druckdatenübertragungsverfahren
[X.] § 121 Abs. 2; ZPO § 93
a)
Im Patentnichtigkeitsverfahren steht es einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne von §
93 ZPO gleich, wenn der Patentinhaber in der Klageerwiderung das Schutzrecht nur in eingeschränkter Fassung verteidigt und auf den [X.] hinausgehenden Schutz für die Vergangenheit und Zukunft verzichtet. Eine Erklärung des Patentinhabers, er erkenne das gegen den nicht vertei-digten Teil des Patents gerichtete Klagebegehren an, ist grundsätzlich als Verzicht in diesem Sinne auszulegen.
b)
Ein Patentinhaber gibt auch dann Veranlassung zur Erhebung einer Nich-tigkeitsklage, wenn er dem potentiellen Kläger trotz Aufforderung nicht schon vor Klageerhebung eine Rechtsstellung verschafft, die mit derjenigen nach der Nichtigerklärung des Patents vergleichbar ist. Dies kann dadurch geschehen, dass der Patentinhaber beim Patentamt die Beschränkung des [X.] beantragt und auf das Recht zur Rücknahme dieses Antrags verzichtet, nicht aber durch einen nur gegenüber einzelnen Personen er-klärten Verzicht auf die Rechte aus dem Patent (Ergänzung zu [X.], Urteil vom 8.
Dezember 1983
X
ZR
15/82, [X.], 272, 276
Isolierglas-scheibenrandfugenfüllvorrichtung).
[X.], Urteil vom 13. August 2013 -
X [X.] -
[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13.
August 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck und [X.]
Grabinski, Dr.
Bacher, [X.] und Dr.
Deichfuß
für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 6.
Februar
2012 verkündete Urteil des 5.
Senats ([X.]) des [X.] wird auf Kosten der [X.]n zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die [X.] ist Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten europäischen Patents 1
262
035 ([X.]), das am 23.
Februar 2001 unter Inanspruchnahme der Priorität einer [X.] Patent-anmeldung vom 23.
Februar 2000 angemeldet worden ist und ein Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken über Datenleitungen betrifft. Patent-anspruch
1, auf den dreizehn weitere Patentansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:
"Verfahren zur Übertragung von Daten in Netzwerken, dadurch gekennzeichnet, dass die an der Anbindung eines Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite vor und/oder während der Übertragung der Daten in zumindest zwei Bandbreitenbereiche unterteilt wird, wobei die Unterteilung der Bandbreite manuell durch einen die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen wird, [X.] ein Bandbreitenbereich den zu übertragenden Daten zugeteilt wird und die übrige Bandbreite dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Ver-fügung stehen."
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des [X.] gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Die [X.] hat das Streitpatent mit einem Hauptantrag und zwei [X.] in geänderter Fassung verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die [X.] mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und die Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht be-gehrt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
I.
Das Streitpatent betrifft in seinen verteidigten Fassungen ein Verfah-ren zur Übertragung von Druckdaten in Netzwerken.
Nach den Ausführungen in der [X.]chrift waren im Stand der Technik verschiedene
Verfahren zur Komprimierung von Daten bekannt, die es ermöglichen, das zu verarbeitende Datenvolumen und den für eine Übertragung der Daten erforderlichen Zeitaufwand zu reduzieren. Als Nachteil solcher Ver-fahren wird angegeben, der Versender und der Empfänger seien während der Datenübertragung daran gehindert, mit anderen [X.] oder der [X.] des jeweiligen Netzwerks zu kommunizieren.
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Übertragungsverfahren zur Verfügung zu stellen, bei dem der Versender oder der Empfänger während des [X.] die Möglichkeit behal-ten, die Datenverbindung auch für andere Kommunikationsvorgänge zu nutzen.
Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch
1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung ein Verfahren zur Übertragung von Druckda-ten vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Abweichungen gegen-über der erteilten Fassung und gegenüber der Gliederung des Patentgerichts sind hervorgehoben):
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5
-
1.
Das Verfahren dient der Übertragung von Daten zwischen einem
Endgerät und einem Server
in Netzwerken [M1].
2.
Durch einen Nutzer des Endgeräts wird auf dem Server ein Druckprozess gestartet [[X.]].
3.
Die an der Anbindung des Endgerätes zur Datenübertragung verfügbare Bandbreite wird vor und/oder während der Übertra-gung von durch den Druckprozess erzeugten
Daten in [X.] zwei Bandbreitenbereiche unterteilt [[X.]].
a)
Die Unterteilung der Bandbreite wird manuell durch einen die Datenübertragung steuernden Nutzer vorgenommen [[X.]].
b)
Mindestens ein Bandbreitenbereich wird den zu übertra-genden, durch den Druckprozess erzeugten
Daten zuge-teilt [[X.]].
c)
Dies geschieht, indem für die Übertragung dieser Daten von dem Server zu dem Endgerät die Bandbreite vorge-geben wird [[X.]a].
d)
Die übrige Bandbreite steht dem Nutzer für die parallele Übertragung anderer Daten zur Verfügung [[X.]].
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die im Streitpatent beanspruchte Lehre ziele auf die Einstellung der Berei-che der Bandbreite im Kontext eines Netzwerks ab. Sie umfasse zwar auch die softwaretechnische Festlegung eines Frequenzbereichs, sei aber nicht darauf beschränkt. Sie richte sich deshalb an einen Diplomingenieur (FH) der Nach-9
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richtentechnik, der über Kenntnisse auf dem Gebiet der Übertragung und Ver-waltung von Daten in Computernetzwerken und über Grundlagenwissen der auf seinem Fachgebiet zur Anwendung kommenden Programmiertechniken verfü-ge.
Einem Fachmann mit diesen Kenntnissen sei der Gegenstand des Streit-patents in allen verteidigten Fassungen schon durch sein Fachwissen nahege-legt. Ihm sei bekannt, dass bei der Abwicklung von Prozessen in einem Netz-werk unterschiedliche Prioritäten vergeben würden und hierzu auch [X.] mit bestimmten Bandbreiten für den Datentransfer zur Verfügung zu stellen seien. Wenn Bedarf für eine parallele Kommunikation in mehreren [X.] bestehe, werde der Fachmann einen vorhandenen Kanal deshalb in meh-rere Teilkanäle aufteilen. Hierzu stünden unterschiedliche Methoden zur Verfü-gung, unter anderem [X.], [X.] und [X.]. Die Auswahl unter diesen Methoden und weitere Einzelheiten lege der Fachmann anhand der jeweiligen Vorgaben fest.
Diese Vorgehensweise sei dem Fachmann insbesondere dann nahege-legt, wenn es sich um einen umfangreichen Druckprozess handle, bei dem der Server weiterhin ansprechbar bleiben müsse. Da der Bandbreitenbedarf ab-hängig von der zu übertragenden Menge an Druckdaten sei, werde der [X.] eine manuelle Einstellmöglichkeit für den Nutzer vorsehen.
III.
Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren nur im Ergebnis stand.
1.
Entgegen der Auffassung der [X.]n begründet der Umstand, dass das Patentgericht weder im angefochtenen Urteil noch in dem gemäß §
83 Abs.
1 [X.] erteilten Hinweis auf die von der Klägerin herangezogenen Entge-11
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genhaltungen eingegangen ist, nicht schon für sich gesehen einen Rechtsfeh-ler.
In einem Patentnichtigkeitsverfahren dürfte es zwar allenfalls in Ausnah-mefällen in Betracht kommen, dass der Gegenstand des angegriffenen Schutz-rechts dem Fachmann am [X.] schon durch sein allgemeines Fachwis-sen nahegelegt war. Deshalb ist es in der Regel unumgänglich, dass das [X.] sich mit den aus seiner Sicht maßgeblichen Entgegenhaltungen auseinandersetzt und im Einzelnen darlegt, weshalb der Gegenstand des an-gegriffenen Patents durch sie offenbart oder nahegelegt ist. Gelangt das [X.] aber ausnahmsweise zu dem Ergebnis, der Gegenstand des Schutzrechts sei schon durch allgemeine Fachkenntnisse nahegelegt, so [X.] es darzulegen, worin diese Kenntnisse im Einzelnen bestehen, weshalb sie dem Fachmann am [X.] unabhängig von konkreten [X.] geläufig waren und weshalb der Fachmann Anlass hatte, schon auf-grund dieser Kenntnisse zum Gegenstand des zu beurteilenden Schutzrechts zu gelangen.
Diesen formalen Anforderungen werden die Ausführungen in dem gemäß §
83 Abs.
1 [X.] erteilten Hinweis und im angefochtenen Urteil gerecht. Der Erfolg der Berufung hängt mithin davon ab, ob die Beurteilung des Patentge-richts einer inhaltlichen Überprüfung standhält.
2.
Die Beurteilung des Patentgerichts ist rechtsfehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden Auslegung des [X.] beruht.
Das Patentgericht ist bei seinen Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit davon ausgegangen, die in Merkmal
3 [[X.]] vorgesehene Aufteilung der verfüg-baren Bandbreite in zwei Bereiche könne unter anderem auch durch ein Fre-15
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quenzmultiplex-Verfahren erfolgen, also dadurch, dass das zur Verfügung ste-hende Frequenzband in zwei [X.] aufgeteilt wird. Diese Ausle-gung trägt den Festlegungen der Merkmalsgruppe 3 [[X.] bis [X.]] nicht hinrei-chend Rechnung. Aus diesen ergibt sich, dass der Gegenstand von Patent-anspruch
1 nur Verfahren umfasst, bei denen die Unterteilung in zwei oder mehr Bandbreitenbereiche nicht durch physikalische Modifikation der eingesetz-ten Übertragungswege erfolgt, sondern allein durch Modifikation des zu über-tragenden Datenstroms.
Unter den Wortlaut von Merkmal
3 [[X.]] könnten bei isolierter Betrachtung allerdings auch die vom Patentgericht angeführten Verfahren zur Unterteilung der Bandbreite subsumiert werden, insbesondere also Zeit-, Frequenz-
oder [X.]ing. Nach Merkmal 3
b [[X.]] hat die Unterteilung der Bandbreite aber dadurch zu erfolgen, dass ein bestimmter Bandbreitenbereich den zu übertragenden, durch den Druckprozess erzeugten Daten zugeteilt wird. Nach Merkmal 3
c [[X.]a] wird hierzu eine Bandbreite für diese Daten vorgegeben. Diese Vorgabe erfolgt gemäß Merkmal 3
a [[X.]] manuell durch den Benutzer. All dies deutet darauf hin, dass die Unterteilung der Bandbreite nicht durch [X.] in die physikalischen Parameter des eingesetzten [X.] darf,
sondern auf [X.] erfolgen muss, die von den physikalischen Gegebenheiten des im Einzelfall verfügbaren [X.] unabhängig
ist.
Dies wird bestätigt durch die zur Auslegung des Patentanspruchs heran-zuziehende Beschreibung. Danach ist das erfindungsgemäße Verfahren für beliebige Netzwerke einsetzbar, unabhängig davon, ob diese in einem Fest-netz, einem Mobilfunknetz oder einer Kombination aus beidem angesiedelt sind, und unabhängig von der insgesamt zur Verfügung stehenden Bandbreite (Abs.
19). Mit dieser Zielsetzung sind Eingriffe des Nutzers in die auf einer be-19
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stimmten Übertragungsstrecke eingesetzten Multiplexing-Verfahren oder sons-tige physikalische Parameter nicht zu vereinbaren.
Auch das in der Patentschrift geschilderte Ausführungsbeispiel steht in Einklang mit dieser engeren Auslegung des Patentanspruchs. In der Beschrei-bung des [X.] wird ausgeführt, für die Anbindung einer Filiale an einen Zentralrechner stehe in der Regel eine Bandbreite von 64 Kilobit pro
Sekunde zur Verfügung. In diesem Fall könne die Bandbreite für die Übertragung der komprimierten Druckdaten von der Zentraleinheit zum Endgerät zum Beispiel auf 32 Kilobit pro Sekunde festgelegt werden, so dass für den Datenstrom vom Endgerät zur Zentraleinheit ebenfalls noch 32 Kilobit pro Sekunde zur Verfü-gung stünden (Abs.
24). Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass in die [X.] Gegebenheiten des Übertragungsweges nicht eingegriffen, sondern auf [X.] dafür Sorge getragen wird, dass die zur Verfügung stehende Bandbreite nicht vollständig durch einen einzelnen Datenstrom in [X.] genommen wird.
Hinweise darauf, dass die mit diesen Anforderungen korrespondierenden Merkmale 3
a bis 3
d [[X.] bis [X.]] dennoch in weitergehendem
Sinne auszule-gen sind und auch Ausführungsformen umfassen sollen, bei denen der [X.] in die physikalischen Gegebenheiten des [X.] eingreift, [X.] sich demgegenüber weder den Patentansprüchen noch der Beschreibung entnehmen.
3.
Die Berufung bleibt im Ergebnis dennoch ohne Erfolg, weil sich die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt.
a)
Das Vorbringen der Parteien, die sich in erster und zweiter Instanz eingehend mit den maßgeblichen Entgegenhaltungen auseinandergesetzt ha-21
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ben, ermöglicht dem Senat eine abschließende Beurteilung aller entschei-dungserheblichen Fragen. Auf dieser Grundlage erweist sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis als richtig. Gemäß §
119 Abs.
1 [X.] ist die Beru-fung deshalb zurückzuweisen. Die von der [X.]n angestrebte Aufhebung des angefochtenen Urteils unter Zurückverweisung der Sache an das Patentge-richt kommt angesichts dessen nicht in Betracht.
b)
Der Gegenstand des [X.] war dem Fachmann durch die in den Anlagen [X.] bis [X.] dokumentierte Software [X.] nahegelegt.
aa)
Die zum Versenden und Empfangen von Textnachrichten und [X.] geeignete Software [X.] gab dem Nutzer schon in einer vor dem [X.] veröffentlichten Version die Möglichkeit, über einen Schieberegler die Ge-schwindigkeit des [X.] beim Versenden von Dateien [X.]. Die [X.], über die diese Einstellung vorgenommen werden kann, ist in Anlage [X.] wiedergegeben:

Wählt der Nutzer bei der Option "Speed" einen Wert unterhalb des [X.], so werden die zu sendenden Daten mit einer Geschwindigkeit über-25
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tragen, die die zur Verfügung stehende Bandbreite nicht vollständig ausnutzt. Damit bleibt ein Teil der Bandbreite für andere Übertragungsvorgänge verfüg-bar.

bb)
Das damit offenbarte Verfahren unterscheidet sich, wie auch die [X.] übereinstimmend vortragen, von dem Verfahren nach Patentanspruch
1 des [X.] in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung dadurch, dass die zu übertragenden Daten nicht durch einen Druckprozess erzeugt [X.] sind, wie dies in den Merkmalen 2, 3 und 3
b [[X.], [X.] und [X.]] [X.] ist. Der Fachmann hatte aber Anlass, die in [X.] für die Übertragung von Dateien offenbarte Lösung auch für die Übertragung von Daten heranzuziehen, die durch einen Druckprozess erzeugt worden sind.
In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob der mit der Problemstellung des [X.] betraute Fachmann, wie das Patentgericht meint, über vertiefte Kenntnisse auf dem Gebiet der
Nachrichtentechnik verfügt. Nach den insoweit auch von der [X.]n nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts waren dem Fachmann jedenfalls die grundlegenden Pro-grammiertechniken geläufig, die auf dem Gebiet der Datenübertragung einge-setzt werden.
Der Fachmann hatte deshalb Anlass, am [X.] öffentlich zugängli-che Programme darauf zu überprüfen, ob diese auch bei Übertragung großer Datenmengen die parallele Übertragung anderer Daten ermöglichen. Aus dem Umstand, dass in [X.] dem Benutzer hierfür eine Einstellungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird, konnte und musste der Fachmann entnehmen, dass parallele Übertragungsvorgänge neben der Übertragung einer Datei möglich bleiben, wenn die Geschwindigkeit, mit der die Daten eines Übertragungsvor-28
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gangs zur Verfügung gestellt werden, die zur Verfügung stehende Bandbreite nicht vollständig ausschöpft.
Dies gab dem Fachmann Anlass, die in [X.] offenbarte Lösung auch für die Übertragung von Druckdaten heranzuziehen. Zwar konnte die Software
[X.] selbst für diese Aufgabe jedenfalls dann nicht ohne Modifikation eingesetzt werden, wenn die Druckdaten nicht in einer Datei zwischengespeichert sind, auf die andere Prozesse zugreifen können, sondern ausschließlich in einer außer-halb des [X.] nicht zugänglichen Pufferdatei mit variabler Größe vorgehalten werden. Der Fachmann, der mit der Weiterentwicklung eines [X.] zur Übertragung von Druckdaten zwischen zwei Rechnern betraut war, konnte anhand der in [X.] realisierten Lösung aber erkennen, dass die mittels einer Verringerung der Geschwindigkeit bewirkte Beschränkung der Bandbreite unabhängig davon realisiert werden kann, in welcher Weise die zu übertragen-den Daten vor dem Übertragungsvorgang gespeichert worden sind, weil es [X.] darauf ankommt, mit welcher Geschwindigkeit sie vom einen Rechner zum anderen übertragen werden. Der Fachmann hatte deshalb Anlass, die in [X.] für die Übertragung von Dateien offenbarte Lösung auch in ein Programm zur Übertragung von Druckdaten zu übernehmen. Hierzu brauchte er die Soft-ware [X.] nicht in das von ihm zu entwickelnde Programm zu integrieren. Es genügte, die in [X.] offenbarte Einstellmöglichkeit nachzuprogrammieren. Dass hierzu besondere programmiertechnische Fertigkeiten erforderlich gewesen wären, die die durchschnittlichen Fähigkeiten eines mit dem Problem des [X.] betrauten Fachmanns überstiegen hätten, ist weder geltend ge-macht noch sonst ersichtlich.
cc)
Eine abweichende Beurteilung ergäbe sich auch dann nicht, wenn die Übertragungsgeschwindigkeit bei [X.] ausschließlich durch den die Daten 31
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empfangenden Nutzer vorgegeben werden könnte, wie dies die [X.] be-hauptet.
Auch nach Merkmal 3
c [[X.]a] des [X.] wird eine bestimmte Bandbreite für die Übertragung der Daten vom Server zum Endgerät, also vom sendenden zum empfangenden Gerät festgelegt. Ein Unterschied zu der nach Behauptung der [X.]n in [X.] allein offenbarten Lösung besteht nur inso-weit, als die maßgebliche Einstellung durch den Nutzer des empfangenden Ge-räts erfolgt. Der mit der Problemstellung des [X.] betraute Fachmann hatte aber schon deshalb Anlass, das Verfahren in der genannten Weise zu modifizieren, weil die Übertragung der Druckdaten vom Nutzer des Endgeräts angestoßen wird. In [X.] wird die Übertragungsgeschwindigkeit ebenfalls von demjenigen Benutzer festgelegt, der den Übertragungsvorgang auslöst. Damit war auch für die vom Streitpatent betroffenen Einsatzzwecke nahegelegt, dem-jenigen Benutzer die Einstellmöglichkeit zu geben, der die Datenübertragung steuert, wie dies in Merkmal 3
a [[X.]] vorgesehen ist.
[X.])
Die weiteren von der [X.]n angeführten Besonderheiten von Druckdaten führen ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
(1)
Dass Druckdaten jedenfalls dann, wenn sie über eine Druckerwarte-schlange (Spooler) geleitet werden, nur über eine bestimmte Schnittstelle zu-gänglich sind, die mit [X.] nicht angesprochen werden kann, bildet keinen Grund, von dem auch für Druckdaten nahegelegten Weg einer Reduzierung der Übertragungsgeschwindigkeit Abstand zu nehmen.
Dabei ist unerheblich, ob ein allein mit der Übertragung von Dateien ver-trauter Programmierer über die erforderlichen Kenntnisse verfügte, um auf Druckdaten zugreifen und sie dem mit [X.] nahegelegten Verfahren unterziehen 33
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zu können. Entscheidend ist, dass ein mit der Übertragung von Druckdaten be-trauter Fachmann am [X.] über diese Kenntnisse verfügte. Dies war, wie die [X.] in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, der Fall. Dass es darüber hinausgehender Kenntnisse oder Fertigkeiten bedurft hätte, geht auch aus der [X.]chrift nicht hervor. Diese geht auf die Frage, in wel-cher Weise der Zugriff auf die Druckdaten erfolgen soll, nicht ein.
(2)
Dass die Datenübertragung mit [X.] typischerweise zwischen Rech-nern mit gleicher Funktion (Peer to Peer) erfolgt, während die Übertragung der Druckdaten nach dem Streitpatent zwischen einem Client und einem Server erfolgen soll, gab ebenfalls keinen Anlass, von dem durch [X.] nahegelegten Lösungsweg Abstand zu nehmen.
Dabei kann offenbleiben, ob die an einem Datenaustausch mit [X.] betei-ligten Rechner aufgrund ihrer Funktion ebenfalls als Client und Server bezeich-net werden können. Die [X.] hat jedenfalls nicht aufgezeigt, welche zusätz-lichen Schwierigkeiten die Übertragung von Druckdaten zwischen einem Server und einem Client aufwirft. Auch die [X.]chrift befasst sich mit diesem Aspekt nicht.
c)
Der Gegenstand des [X.] war dem Fachmann ferner durch die in den Anlagen [X.] und [X.] dokumentierte Software [X.] und durch die in Anlage [X.] dokumentierte Software [X.] nahegelegt.
aa)
Die vor dem [X.] öffentlich zugängliche Software [X.] ermöglicht es, die Übertragungsrate von [X.] zu re-duzieren. Das Programm ist als Filter konzipiert, der die zu übertragenden [X.] entgegennimmt und inhaltlich unverändert, aber mit reduzierter Geschwin-digkeit weitergibt ([X.] Abs.
3). Damit soll vermieden werden, dass ein einzel-37
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-
15
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ner Übertragungsvorgang die gesamte verfügbare Bandbreite in Anspruch nimmt und parallele Übertragungsvorgänge nahezu unmöglich macht ([X.] Abs.
2). Die gewünschte Bandbreite in Kilobyte pro Sekunde kann beim Aufruf des Programms vom Nutzer festgelegt werden ([X.] Abs.
7).
bb)
Die Software [X.] ermöglichte es bereits in einer vor dem [X.] öffentlich zugänglichen Version, bei der Übertragung von Dateien eine Grenze für die Datenübertragungsrate festzulegen. Hierzu kann mittels des Parameters "net:limit-rate" ein Wert in Byte pro Sekunde angegeben werden.
cc)
Die in [X.] und [X.] offenbarte Lösung entspricht, wie auch die Parteien übereinstimmend vortragen, derjenigen in [X.]. Anders als diese ist aber jedenfalls [X.] nicht auf die Übertragung von Dateien beschränkt. Es ermöglicht die Übertragung von [X.], zu denen auch nach dem Vorbringen der [X.]n zumindest Tastatureingaben gehören.
Damit hatte der Fachmann aus den bereits im Zusammenhang mit [X.] dargelegten Gründen Anlass, die in [X.] offenbarte Lösung auch für die Übertragung von Druckdaten von einem Server zu einem Endgerät heranzuzie-hen und die Einstellmöglichkeit demjenigen Benutzer zu geben, der den Über-tragungsvorgang steuert. Ein zusätzlicher Anlass, auch in diesem Zusammen-hang die Übertragungsgeschwindigkeit zu drosseln, ergab sich daraus, dass diese Lösung am [X.] bereits in mehreren anderen Programmen für unterschiedliche Einsatzzwecke realisiert worden war.
4.
Hinsichtlich der mit den [X.] verteidigten Fassungen ergibt sich keine abweichende Beurteilung.
Die nach den [X.] vorgesehenen Änderungen betreffen lediglich die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Benutzer eine Unterteilung der Bandbreite 41
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vornehmen kann. Diesem Gesichtspunkt kommt vor dem Hintergrund des oben aufgezeigten Standes der Technik keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Alle oben behandelten, am [X.] öffentlich zugänglichen Programme sahen jedenfalls die Möglichkeit vor, die Übertragungsgeschwindigkeit vor Beginn der Übertragung festzulegen. Diese Möglichkeit ist auch in allen verteidigten [X.] des [X.] vorgesehen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
121 Abs.
2 [X.] und §
97 Abs.
1 ZPO.
Im Ergebnis zutreffend hat das Patentgericht von einer Anwen-dung des §
93 Abs.
1 ZPO zugunsten der [X.]n abgesehen.
1.
Nach der Rechtsprechung des [X.] kommt die An-wendung von §
93 Abs.
1 ZPO in einem Patentnichtigkeitsverfahren in Betracht, wenn der [X.], der keine Veranlassung zur Klage gegeben hat, das Schutzrecht nur in eingeschränkter Fassung verteidigt und auf den darüber hin-ausgehenden Schutz für die Vergangenheit und Zukunft verzichtet ([X.], Urteil vom 8.
Dezember 1983 -
X
ZR
15/82, [X.], 272, 276 -
Isolierglasschei-benrandfugenfüllvorrichtung) oder wenn er insoweit einen zulässigen Be-schränkungsantrag stellt und auf das Recht auf Rücknahme dieses Antrags verzichtet ([X.], Urteil vom 29.
Juli 2003 -
X
ZR
26/00, [X.], 138, 141

Dynamisches Mikrofon).
2.
Im Streitfall hat die [X.] nach Klageerhebung den zuerst ge-nannten Tatbestand verwirklicht, indem sie das Streitpatent nur in geänderter Fassung verteidigt und zugleich erklärt hat, sie erkenne das Klagebegehren im Übrigen an. Diese Erklärung ist bei interessengerechter Auslegung als Verzicht auf einen weitergehenden Schutz für Vergangenheit und Zukunft zu verstehen und steht deshalb nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Senats ([X.] 46
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17
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1984, 272, 276 -
Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung) einem Anerkennt-nis im Sinne von §
93 ZPO gleich.
3.
Die [X.] hat aber Veranlassung für die Erhebung der [X.] gegeben, weil sie der Klägerin trotz der von dieser ausgesprochenen Aufforderung nicht schon vor Klageerhebung eine entsprechende Rechtsstel-lung verschafft hat.
Die von der [X.]n abgegebene Erklärung, in der sie gegenüber der Klägerin und deren Vertriebspartnern auf die Rechte aus dem nicht mehr ver-teidigten Teil des [X.] verzichtet hat ([X.]), führte nicht zu vergleich-baren Wirkungen wie eine Nichtigerklärung. Nach einer Verzichtserklärung die-ses Inhalts mögen die Klägerin und deren Vertriebspartner kein rechtliches Inte-resse an einer Nichtigkeitsklage gegen den nicht verteidigten Teil des Patents mehr gehabt haben. Die Wirkungen des Patents gegenüber sonstigen [X.] blieben davon jedoch unberührt. Die Klägerin durfte sich mit der [X.] unabhängig vom Bestehen eines eigenen rechtlichen Interesses auch gegen diese Wirkungen wenden. Angesichts dessen wäre die Veranlas-sung zur Klage nur dann weggefallen, wenn die [X.] auch insoweit auf den
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-
Schutz des [X.] verzichtet hätte. Dies hätte sie zum Beispiel dadurch erreichen können, dass sie beim Patentamt die Beschränkung des [X.] beantragte
und auf das Recht zur Rücknahme dieses
Antrags verzichtete.

Meier-Beck
Grabinski
Bacher

[X.]
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 06.02.2012 -
5 Ni 37/10 (EP) -

Meta

X ZR 73/12

13.08.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2013, Az. X ZR 73/12 (REWIS RS 2013, 3495)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3495

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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