Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.06.2015, Az. XI R 17/13

11. Senat | REWIS RS 2015, 9739

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Gegenstand

(Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer i.S. des § 3 Abs. 8 UStG; direkte Vertretung i.S. des Art. 5 Abs. 2  1. Spiegelstrich ZK; Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer; Rechtsmissbrauch im Umsatzsteuerrecht)


Leitsatz

1. Die Ortsregelung des § 3 Abs. 8 UStG ist auch dann anwendbar, wenn keine Einfuhrumsatzsteuer anfällt, weil die Einfuhr umsatzsteuerfrei ist.

2. Eine wirksame direkte Vertretung i.S. des Art. 5 Abs. 2  1. Spiegelstrich ZK setzt voraus, dass der Vertreter für fremde Rechnung handelt. Hieran fehlt es, wenn der Vertreter im Innenverhältnis für alle im Zusammenhang mit der Einfuhr stehenden Zölle, Steuern und Gebühren aufkommt und den Vertretenen insoweit von allen Verpflichtungen befreit.

3. Mit der Annahme einer Zollanmeldung für die Überführung der Ware in den freien Verkehr entsteht die Einfuhrumsatzsteuer.

4. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 AO kommt auf dem Gebiet der Umsatzsteuer in Betracht, wenn zum einen die in Rede stehenden Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe, und zum anderen aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 20. Februar 2013  3 K 3346/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Ort von Lieferungen aus der [X.] ([X.]) gemäß § 3 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Inland liegt.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist Organträgerin der [X.]-GmbH, die im [X.] (Streitjahr) u.a. Bücher, Digital Versatile Discs (DVD) und Compact Discs ([X.]) an Kunden im Inland vertrieb. Der Versand der Waren an die Kunden erfolgte hierbei durch die [X.] mit Sitz in [X.], [X.].

3

Bei Bestellung über das [X.] wurde der Kunde auf die Geltung der im Streitjahr verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ([X.]) hingewiesen. [X.]iffer 5.3 der [X.] lautete wie folgt:

      "... Die Auslieferung der Waren erfolgt aus logistischen Gründen direkt von einem Auslieferungslager in der [X.]. Hierfür bevollmächtigt der Besteller die [X.]-GmbH (und deren Unterbevollmächtigte), die [X.]ollanmeldung zur Einfuhr in [X.] abzugeben und alle in diesem [X.]usammenhang erforderlichen Urkunden und Papiere vorzulegen. Die [X.]-GmbH kommt für alle im [X.]usammenhang mit der Einfuhr stehenden [X.]ölle, Steuern und Gebühren auf und befreit den Besteller insoweit von allen Verpflichtungen. Dieser Service ist für den Besteller kostenfrei. ..."

4

In Bestellformularen, die der [X.] ([X.]) beigelegt waren, wurde der Kunde auf die Geltung der im Streitjahr verwendeten [X.] ([X.]-Print) hingewiesen. Hierin fand sich die folgende [X.]:

      "Die Auslieferung erfolgt aus logistischen Gründen direkt vom Auslieferungslager in der [X.] an [X.]. Hiermit bevollmächtige ich die [X.]-GmbH und ihre Dienstleister, die dazu erforderlichen Erklärungen in meinem Namen und Auftrag abzugeben. Dieser Service ist für [X.] kostenfrei, da die [X.]-GmbH für [X.] alle im [X.]usammenhang mit der Einfuhr stehenden Abgaben und Kosten übernimmt. ..."

5

Für postalisch zugesandte Bestellscheine wurde eine [X.] verwendet, in der lediglich das Wort "Waren" durch das Wort "Bücher" ersetzt wurde.

6

Die Waren wurden an das Lager der [X.] geliefert, dort für die [X.]-GmbH gelagert und nach Eingang einer Kundenbestellung auf Weisung der [X.]-GmbH kommissioniert, verpackt und für den Versand ins Inland an ein Transportunternehmen übergeben.

7

Die Einfuhr der Waren in das Inland erfolgte auf zwei verschiedenen Wegen: Bei Lieferungen an einen Privatkunden mit einem Warenwert von über 22 € erfolgte die [X.]ollabfertigung beim [X.] [X.]ollamt R ([X.]A) im Wege einer Sammelzollanmeldung im Namen und auf Rechnung der [X.]-GmbH. Betrug der Warenwert der jeweiligen Lieferung hingegen bis zu 22 € ([X.]), wurde im Namen und im Auftrag der Empfänger die "Freischreibung" (Steuerbefreiung) der Warensendung gemäß Art. 27 der Verordnung 918/83/EWG des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der [X.]ollbefreiungen ([X.] vom 23. April 1983, S. 1; --[X.]ollbefreiungs-VO--) beantragt. Die Einfuhr erfolge im Namen der Empfänger und der Wert pro Sendung liege "unter 22 €". [X.]usätzlich war jeder Anmeldung eine Liste der Empfänger mit Name, Ort und Rechnungsbetrag beigefügt.

8

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das [X.] behandelte die Klägerin die Lieferungen von [X.] durch die [X.]-GmbH an inländische Kunden als im Inland nicht steuerbar, da der Ort der Lieferung gemäß § 3 Abs. 6 UStG in der [X.] liege.

9

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) sah nach Durchführung einer Außenprüfung auch die Lieferungen von [X.] im [X.] für das Streitjahr, zuletzt vom 23. März 2010, als im Inland steuerbar und steuerpflichtig an, da der Ort der Lieferungen der [X.]-GmbH an die Kunden gemäß § 3 Abs. 8 UStG im Inland liege. Die [X.] in den [X.] der [X.]-GmbH stelle einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 der Abgabenordnung ([X.]) dar.

Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 28. September 2010 vertrat das [X.] ergänzend die Auffassung, die [X.] seien nach § 305 Abs. 2, § 305c Abs. 1 und § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unwirksam.

Im Laufe des Klageverfahrens reichte die Klägerin aus hier nicht streitigen Gründen eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für das [X.] ein, der das [X.] am 21. Juni 2011 zustimmte. Der Änderungsbescheid wurde zum Gegenstand des Klageverfahrens.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2013, 1437 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 3 Abs. 8 UStG und § 305c Abs. 1 BGB. Die in den [X.] verwendete [X.] sei nicht ungewöhnlich bzw. überraschend. Auch sei nicht gegen § 307 BGB verstoßen worden.

Ebenso wenig liege ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 [X.] vor.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Umsatzsteuer für 2007 unter Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung vom 21. Juni 2011 um den Betrag von ... € zu vermindern.

Das [X.] beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es verteidigt die angefochtene Vorentscheidung und hält im Übrigen an der weiter gehenden Argumentation in der Einspruchsentscheidung fest.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Der Ort der Lieferung der [X.] liegt bereits deshalb gemäß § 3 Abs. 8 UStG im Inland, weil die [X.]-GmbH bzw. die [X.] die Kunden zollrechtlich nicht wirksam vertreten haben; denn sie sind dabei nicht für Rechnung der Kunden tätig geworden.

1. [X.]utreffend ist das [X.] mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass die [X.]-GmbH Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 UStG ausgeführt hat, die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG der Klägerin zuzurechnen sind.

2. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Ort der Lieferungen gemäß § 3 Abs. 8 UStG im Inland liegt.

a) Wird --wie hier-- der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten [X.] befördert oder versendet, gilt die Lieferung gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen [X.] beginnt. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt (§ 3 Abs. 6 Satz 3 UStG). Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstandes an den Beauftragten (§ 3 Abs. 6 Satz 4 UStG).

b) Abweichend von § 3 Abs. 6 UStG bestimmt sich der Ort der Lieferung nach § 3 Abs. 8 UStG, wenn der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung aus einem Drittlandsgebiet in das Inland gelangt und der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der [X.] ist.

Für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist nicht entscheidend, dass [X.] tatsächlich anfällt; Schuldner der [X.] i.S. des § 3 Abs. 8 UStG ist auch derjenige, dessen Umsätze zwar gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerbar, aber nach § 5 UStG steuerfrei sind (vgl. Urteile des [X.] --BFH-- vom 21. März 2007 V R 32/05, [X.], 66, [X.], 153, unter [X.] [X.]; vom 29. Januar 2015 V R 5/14, [X.], 283, [X.], 567, Rz 28; a.[X.] in [X.], [X.]ollrecht, Art. 201 [X.]K Rz 18).

c) § 3 Abs. 8 UStG setzte im Streitjahr Art. 32 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) um; danach gilt der Ort der Lieferung, die durch den Importeur bewirkt wird, der gemäß Art. 201 MwStSystRL als Steuerschuldner bestimmt oder anerkannt wurde, als in dem Mitgliedstaat gelegen, in den die Gegenstände eingeführt werden, wenn der Ort, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, in einem Drittgebiet oder in einem Drittland liegen.

d) Wer Schuldner der [X.] ist, bestimmt sich gemäß § 13a Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 UStG sinngemäß nach den Vorschriften für [X.]ölle. Mit diesem Verweis auf das [X.]ollrecht hat der [X.] Gesetzgeber von der Befugnis des Art. 201 MwStSystRL Gebrauch gemacht, der bestimmt, dass Schuldner der [X.] die Person ist, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.

e) [X.] ist gemäß Art. 201 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des [X.] (ABlEG Nr. L 302 vom 19. Oktober 1992, S. 1; --[X.]K--) der Anmelder der Waren [X.]ollschuldner.

aa) Anmelder ist nach Art. 4 Nr. 18 [X.]K die Person, die in eigenem Namen eine [X.]ollanmeldung abgibt, oder die Person, in deren Namen eine [X.]ollanmeldung abgeben wird.

[X.]) Eine Vertretung gegenüber den [X.]ollbehörden ist unter den Voraussetzungen des Art. 5 [X.]K zulässig (vgl. BFH-Urteil in [X.], 66, [X.], 153, unter [X.] aa), der bestimmt:

       

"(1) Unter den Voraussetzungen des Artikels 64 Absatz 2 und vorbehaltlich der im Rahmen des Artikels 243 Absatz 2 Buchstabe b) erlassenen Vorschriften kann sich jedermann gegenüber den [X.]ollbehörden bei der Vornahme der das [X.]ollrecht betreffenden Verfahrenshandlungen vertreten lassen.

    

(2) Die Vertretung kann sein

 
    

-
-

direkt, wenn der Vertreter in Namen und für Rechnung eines anderen handelt;
indirekt, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt. ...

        

(3) Abgesehen von den Fällen nach Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe b) und Absatz 3 muss der Vertreter in der [X.] ansässig sein.

(4) Der Vertreter muss erklären, für die vertretene Person zu handeln; er muss ferner angeben, ob es sich um eine direkte oder indirekte Vertretung handelt, und Vertretungsmacht besitzen. Personen, die nicht erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären, im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, gelten als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd. ..."

f) Ausgehend davon ist das [X.] im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass nicht die Kunden Schuldner der [X.] geworden sind. Dies folgt allerdings bereits daraus, dass nach dem Inhalt der vom [X.] festgestellten [X.] weder die [X.] noch die [X.]-GmbH für Rechnung der Kunden aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteil in [X.], 283, [X.], 567; s. auch Urteil des [X.] München vom 20. Februar 2013  3 K 2222/10, E[X.] 2013, 970, a.E.).

aa) Nach den [X.], deren Inhalt das [X.] festgestellt hat, war die [X.]ollabfertigung der Waren durch die [X.]-GmbH und die [X.] für den Kunden kostenfrei, da die [X.]-GmbH für den Kunden alle im [X.]usammenhang mit der Einfuhr stehenden Abgaben und Kosten übernahm. [X.]war wurde von der [X.]-GmbH bzw. der [X.] formal die "Freischreibung" der Waren in fremdem Namen beantragt; sie handelten dabei aber nicht, was für eine wirksame direkte Vertretung der Kunden gemäß Art. 5 Abs. 2  1. Spiegelstrich [X.]K erforderlich gewesen wäre, auf fremde Rechnung, sondern auf eigene Rechnung. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im BFH-Urteil in [X.], 283, [X.], 567, Rz 35 ff., denen er sich anschließt. Deshalb ist die [X.]-GmbH [X.]ollschuldnerin.

[X.]) Die [X.]ollanmeldungen sind auch schriftlich [X.]. 61 Buchst. a [X.]K erfolgt; denn es wurden schriftliche Anträge auf "Freischreibung" beim [X.]ollamt eingereicht. Soweit Art. 62 Abs. 1 [X.]K die Abgabe auf einem Vordruck verlangt, der dem amtlichen Muster entspricht, besteht nach Art. 205 Abs. 3  3. Spiegelstrich der Durchführungsvorschriften zu der Verordnung ([X.]) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des [X.] (ABlEG Nr. L 253 vom 11. Oktober 1993, S. 1) die Möglichkeit, besondere Vordrucke zu verwenden, um die [X.]ollanmeldung in bestimmten Fällen zu vereinfachen. Davon ist bei dem "Antrag auf Freischreibung" auszugehen; denn das [X.] hat die Anmeldungen auf diesem Formular [X.]. 201 Abs. 2 [X.]K angenommen. Die Annahme der [X.]ollanmeldung [X.]. 63 [X.]K stellt eine für den Anmelder günstige Entscheidung [X.]. 4 Nr. 5 [X.]K dar (Weymüller in [X.], a.a.O., Art. 63 [X.]K Rz 43, 51 ff.). Mit der Annahme der [X.]ollanmeldung für die Überführung der Ware in den freien Verkehr entsteht die [X.] (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 2009 VII R 44/08, [X.], 205, [X.], 334, unter [X.]; s. dazu auch [X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 21 Rz 62); dies gilt auch bei einer vereinfachten [X.]ollanmeldung (vgl. Vorschriftensammlung der [X.], [X.] 09 01, Abs. 7).

cc) Liegt danach schon aus zollrechtlichen Gründen keine wirksame Vertretung der Kunden durch die [X.]-GmbH bzw. die [X.] vor, kommt es auf die Frage, ob die Bevollmächtigung durch die Kunden zivilrechtlich unwirksam war, insoweit nicht mehr an.

g) Wäre entsprechend der gegenteiligen Auffassung der Klägerin im Streitfall § 3 Abs. 8 UStG mit der Verlegung des [X.] ins Inland nicht anwendbar, läge die Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung i.S. von § [X.] nahe (vgl. BFH-Urteil in [X.], 66, [X.], 153, unter II.3.).

§ [X.] ist im Umsatzsteuerrecht anwendbar (BFH-Urteile vom 9. November 2006 V R 43/04, [X.], 379, [X.], 344, unter [X.] und [X.]; in [X.], 66, [X.], 153, unter II.3.).

Unionsrechtlich sind nach dem Grundsatz des Verbots des Rechtsmissbrauchs rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen, die allein zu dem [X.]weck erfolgen, einen Steuervorteil zu erlangen, verboten (vgl. u.a. Urteile des Gerichtshofs der [X.] --EuGH-- [X.] und [X.] vom 22. Mai 2008 [X.]/07, [X.]:C:2008:301, [X.] --UR-- 2008, 534, Rz 28; [X.] Holding vom 22. Dezember 2010 [X.]/09, [X.]:C:2010:810, [X.], 222, Rz 51; Tanoarch vom 27. Oktober 2011 [X.], [X.]:[X.], [X.], 67, Rz 51; [X.] en [X.]onen [X.] vom 12. Juli 2012 [X.]/11, [X.]:[X.], [X.], 723, Rz 35; A vom 19. Juli 2012 [X.]/11, [X.]:C:2012:482, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --[X.]-- 2012, 1016, Rz 63; [X.] vom 20. Juni 2013 [X.]/11, [X.]:[X.], [X.], 851, Rz 46; s. auch EuGH-Urteil [X.] Douane Service vom 2. Juli 2009 [X.]/08, [X.]:[X.], [X.], 944, Rz 46). Davon kann ausgegangen werden, wenn zum einen die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Voraussetzungen der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des zu ihrer Umsetzung ergangenen nationalen Rechts zur Erlangung eines Steuervorteils führen, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten [X.]iel zuwiderliefe, und zum anderen aufgrund einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (vgl. [X.] u.a. vom 21. Februar 2006 [X.]/02, [X.]:C:2006:121, UR 2006, 232, Rz 74 ff.; Part Service vom 21. Februar 2008 [X.]/06, [X.]:[X.], [X.], 461, Rz 42; [X.] vom 22. Dezember 2010 [X.]/09, [X.]:[X.], [X.], 705, Rz 29 f.; [X.] UK vom 3. September 2014 [X.]/12, [X.]:C:2014:2131, [X.] 2014, 953, Rz 45 f.).

3. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 17/13

16.06.2015

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 20. Februar 2013, Az: 3 K 3346/10, Urteil

§ 3 Abs 6 UStG 2005, § 3 Abs 8 UStG 2005, § 13a Abs 2 UStG, § 21 Abs 2 UStG, Art 32 UAbs 2 EGRL 112/2006, Art 201 EGRL 112/2006, Art 4 Nr 5 ZK, Art 4 Nr 18 ZK, Art 5 Abs 2 Ss 1 ZK, Art 61 ZK, Art 62 ZK, Art 201 ZK, Art 27 EWGV 918/83, § 42 AO, Art 4 Nr 5 EWGV 2913/92, Art 4 Nr 18 EWGV 2913/92, Art 5 Abs 2 Ss 1 EWGV 2913/92, Art 61 EWGV 2913/92, Art 62 EWGV 2913/92, Art 201 EWGV 2913/92, UStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.06.2015, Az. XI R 17/13 (REWIS RS 2015, 9739)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9739

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