Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2003, Az. IV ZR 418/02

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2750

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:11. Juni 2003HeinekampJustizobersekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein[X.]R: [X.] § 178mIn der privaten Krankenversicherung hat der Versicherer auch solche Gutachten(einschließlich der Identität des Sachverständigen) bekannt zu geben, denen keinekörperliche Untersuchung des Versicherten zugrunde liegt.[X.], Urteil vom 11. Juni 2003 - [X.] - [X.]AG [X.] [X.] hat durch den [X.], [X.] und [X.] auf die mündli-che Verhandlung vom 11. Juni 2003für Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 15. Zi-vilkammer des [X.]Westfalen vom10. Oktober 2002 aufgehoben.Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.Die Beklagte hat auch die weiteren Kosten des [X.] zu tragen.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist über seine Ehefrau bei der [X.]. Die Beklagte hat seine Rechnungen für Behandlungen bei einemHeilpraktiker nur teilweise erstattet mit der Begründung, sie habe [X.] ihrem medizinischen Berater zur Begutachtung [X.] halte bestimmte Diagnosen und Therapien nicht für [X.]. Nach vergeblicher Einschaltung der Heilpraktiker-Berufshilfee.V. verlangt der Kläger, einem von ihm benannten Arzt Einsicht in das- 3 -nicht anonymisierte Gutachten des medizinischen Beraters der [X.] zu gewähren, auf das sich diese bei ihrer Leistungsablehnung ge-stützt habe.Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das [X.] auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der zugelassenenRevision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichenUrteils.Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung des landge-richtlichen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten.1. a) Nach Auffassung des [X.] ist die Berufung zulässig.Obwohl die Auskunft, zu der das Amtsgericht die Beklagte verurteilt hat,sie nur mit einem geringen Aufwand an Zeit und Kosten beschwere, [X.] die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht. Denn [X.] habe ein erhebliches Interesse daran, die Wertungen und ins-besondere die Namen der für sie tätig gewordenen Ärzte nicht bekanntzu geben. Im Hinblick darauf hat das [X.] den Streitwert des Be-rufungsverfahrens auf 5.000 esetzt.b) Die dagegen geltend gemachten Bedenken der Revision [X.] begründet. Um das Interesse der an diesem Verfahren nicht betei-ligten Ärzte geht es der Beklagten letzten Endes nicht. Sie trägt vielmehrvor, um sich eine feste Einstellung von [X.] zu ersparen,- 4 -hole sie den Rat mehrerer Ärzte verschiedener Fachrichtungen als [X.] ein. Diesen sei daran gelegen, daß sie wegen ihrer Tätigkeitfür die Beklagte nicht öffentlich angegriffen werden könnten. [X.] die Beklagten ihnen Vertraulichkeit zugesichert. Wenn sie gleich-wohl nach dem Urteil des Amtsgerichts den Namen und das Gutachteneines solches Arztes offenlegen müsse, werde sie ihn als Berater verlie-ren. Ihr bleibe nur die Möglichkeit, entweder bei der Prüfung ihrer [X.] in Zukunft auf medizinischen Sachverstand zu verzichtenund die sich daraus ergebenden Nachteile hinzunehmen oder aber einenGutachter zu finden, der die Kritik der Versicherten und der sie behan-delnden Ärzte nicht scheut. Danach ist glaubhaft, daß das Urteil [X.] über den für die Einsichtnahme des [X.] in das [X.] erforderlichen Aufwand hinaus erhebliche wirtschaftlicheNachteile für die Beklagte haben wird. Sie übersteigen der [X.] - wie § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO voraussetzt - 600 u-fung war daher zulässig.2. a) In der Sache hält das [X.] den vom [X.] gelegten Anspruch aus § 178m [X.] nicht für gerechtfertigt.Zwar betreffe die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht nur Gutachten, indenen der Sachverständige selbst die Anknüpfungstatsachen etwa durchkörperliche Untersuchung feststelle. Auch wenn es sich lediglich um einefachliche Bewertung vorgegebener Befunde handle, gehe es um [X.]. § 178m [X.] sei aber aufgrund seiner Entstehungsgeschichteeinschränkend auszulegen. Die Regelung sei eingeführt worden, um [X.], der sich einer körperlichen Untersuchung auf [X.] Versicherers durch einen von diesem beauftragten Arzt [X.], ein Recht auf Information über das Ergebnis dieser Untersuchung zu- 5 -verschaffen. Nur für solche Fälle einer ärztlichen Untersuchung sei [X.] des § 178m [X.] (durch Gesetz vom 21. Juli 1994, [X.]. [X.]. 1630) eine Auskunftspflicht auf der Grundlage von § 242 BGB aner-kannt gewesen ([X.], 224). Auch nach Sinn [X.] der Regelung erfordere § 178m [X.] keine Anwendung auf [X.], die sich in einer Bewertung erschöpfen. Denn ihnen komme [X.] Bindungswirkung zu. Die Darlegungs- und Beweislast für den [X.] auf Versicherungsleistung liege ungeachtet solcher vom [X.] eingeholter Gutachten beim [X.]) Nach Auffassung des Senats läßt sich dem Gesetz die vom[X.] angenommene Einschränkung des § 178m [X.] jedoch nichtentnehmen. In der Begründung des Gesetzesentwurfs zu dieser Vor-schrift ist zwar nur davon die Rede, daß der Versicherte verpflichtet sei,sich auf Verlangen des Versicherers untersuchen zu lassen; ein [X.] des Versicherten auf Auskunft über den Inhalt des erstellten [X.]s sei im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht zu bestrei-ten (BT-Drucks. 12/6959 S. 107; vgl. aber auch [X.], VersR 1993,678, 682, der nicht auf eine körperliche Untersuchung des [X.]). Der Fall einer körperlichen Untersuchung, wie sie vom [X.] nach § 9 Abs. 3 der Musterbedingungen für die [X.] Krankenhaustagegeldversicherung ([X.]/KK 94) sowie nach § 9Abs. 3 der Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung([X.]/KT 94) verlangt werden kann, legt die Einführung eines Auskunfts-anspruchs in besonderer Weise nahe; er mag auch Anlaß für die Schaf-fung eines speziellen Auskunftsanspruchs gewesen sein. Das Gesetzbeschränkt den Anspruch aber nicht auf derartige Fälle. Vielmehr gibt- 6 -§ 178m Satz 1 [X.] dem Versicherungsnehmer oder jeder versichertenPerson das Recht auf Auskunft über und Einsicht in Gutachten, die derVersicherer "bei der Prüfung seiner Leistungspflicht über die Notwendig-keit einer medizinischen Behandlung eingeholt hat". Daraus muß [X.] dem Hintergrund der in den Materialien gegebenen Begründung ent-nommen werden, daß der Anspruch auch dann gegeben ist, wenn derGutachter den Versicherten nicht körperlich untersucht hat (so auch [X.] NJW-RR 1998, 173; Bach in: Bach/[X.], [X.]. 2002 [X.] § 178m Rdn. 4; [X.][X.], § 178mRdn. 3).3. a) Die Beklagte weist allerdings mit Recht darauf hin, daߧ 178m Satz 1 [X.] einen Anspruch nur hinsichtlich solcher Gutachtengibt, die der Versicherer "eingeholt" hat. Daraus wird geschlossen, daßGutachten fest angestellter Mitarbeiter der Leistungs- oder [X.] nicht dem Auskunfts- und [X.] des § 178m [X.] unterliegen (Bach, aaO Rdn. 5). Die [X.] meint, auch wenn sie externen Rat bei Fachärzten einhole, [X.] nur um eine Stellungnahme für ihre internen Zwecke. Zumindest habeder Kläger kein berechtigtes Interesse, über den sachlichen Inhalt dieserStellungnahmen hinaus die Namen der Gutachter zu erfahren. [X.] des [X.] könne sich auch nicht auf den Wortlaut des§ 178m [X.] stützen.b) Jedenfalls wenn der Versicherer wie hier ein externes Gutach-ten eingeholt hat, ist er zu dessen Offenlegung verpflichtet. Daß diesesGutachten der Prüfung seiner Leistungspflicht, mithin internen Zweckendient, ändert daran nach dem Wortlaut des Gesetzes nichts. Der Versi-- 7 -cherer holt das Gutachten ein, um sich in einer Zweifelsfrage Gewißheitzu verschaffen. Dazu bedarf es eines unbefangenen und fachlich geeig-neten Sachverständigen. Fehlt es daran, kann das Gutachten seinenZweck nicht erfüllen. Unter diesem Gesichtspunkt macht es keinen Sinn,wenn der Versicherer die Identität des Sachverständigen geheimhaltenmöchte. Eine solche Einschränkung würde das in § 178m [X.] gewähr-leistete Recht des Versicherten auf Einsicht entwerten, weil ihm diePrüfung der Kompetenz und Unbefangenheit des Gutachters [X.] bliebe. Erst die umfassende Kenntnis des Gutachtens einschließlichseines Urhebers erlaubt dem Versicherten eine sachgerechte Beurtei-lung der Frage, ob der Anspruch auf Kostenerstattung Aussicht auf [X.] hat ([X.], 173). Insofern dient § 178m [X.]der Waffengleichheit unter den Beteiligten des Versicherungsvertrages([X.] in: [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 178m Rdn. 1).- 8 -Das Amtsgericht hat der Klage daher mit Recht stattgegeben. [X.] auch auf anderer Grundlage gerechtfertigt wäre, kann auf sich beru-hen.[X.] [X.] Ambrosius [X.] [X.]

Meta

IV ZR 418/02

11.06.2003

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2003, Az. IV ZR 418/02 (REWIS RS 2003, 2750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2750

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