Bundessozialgericht, Urteil vom 02.12.2014, Az. B 14 AS 66/13 R

14. Senat | REWIS RS 2014, 791

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss bei Unterbringung in einer stationären Einrichtung - Aufenthalt in einer Rehabilitationseinrichtung - Kostentragung durch den Rentenversicherungsträger - voraussichtliche Aufenthaltsdauer von weniger als sechs Monaten - Prognose zum Zeitpunkt der Aufnahme - Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - Leistungsansprüche - notwendige Beiladung des Sozialhilfeträgers


Leitsatz

Ob wegen Krankenhausunterbringung ein Ausschluss von Leistungen nach dem SGB 2 besteht, beurteilt sich nach den Umständen bei der Aufnahme ins Krankenhaus.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Bayerischen [X.]s
vom 6. November 2013 und des [X.] vom 30. Juni 2011 aufgehoben
sowie die Klage gegen den Beklagten abgewiesen.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen, soweit der Kläger gegenüber dem Beigeladenen Leistungen nach dem [X.] begehrt.

Tatbestand

1

Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die [X.] vom [X.] bis 11.4.2011.

2

Der im streitbefangenen [X.]raum 22 Jahre alte Kläger bezog zunächst bis Oktober 2009 [X.] ([X.]) von der Rechtsvorgängerin des beklagten [X.] (im Folgenden: Beklagter). Nach Untersuchungshaft ab 28.10.2009 wurde er durch Urteil vom [X.] wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt, die er anschließend zunächst verbüßte. Mit Wirkung vom 11.10.2010 wurde die Vollstreckung der Strafe nach § 35 Betäubungsmittelgesetz auf die Dauer von längstens zwei Jahren zurückgestellt und die Verbringung des [X.] zur Rehabilitationsbehandlung in die Klinik N. verfügt. Die Zurückstellung werde widerrufen, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt werde. Darauf begab sich der Kläger am 11.10.2010 zur stationären Langzeitbehandlung in die Klinik N., wofür die [X.] ([X.]) [X.] eine Kostenzusage über 26 Wochen bis zum 11.4.2011 erteilte. Seit dem [X.] befand sich der Kläger zur Anschlussbehandlung in [X.], worauf das örtlich zuständige Jobcenter ihm [X.] ab [X.] bewilligte.

3

Den während der stationären Langzeitbehandlung gestellten Antrag des [X.] auf Bewilligung von [X.] bereits ab dem [X.] lehnte der Beklagte unter Verweis auf § 7 Abs 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch ([X.]) ab (Bescheid vom 3.11.2010; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Sozialgericht ([X.]) und [X.] (L[X.]) erkannten dem Kläger dagegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe nach dem [X.] für den [X.]raum vom [X.] bis 11.4.2011 zu (Urteil des [X.] vom 30.6.2011; Urteil des L[X.] vom 6.11.2013): Der Anspruch sei nicht nach § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 [X.] ausgeschlossen. Zu Krankenhäusern im Sinne dieser Vorschrift rechneten zwar auch Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation. Ab Antragstellung am [X.] sei jedoch mit einer Unterbringung von voraussichtlich weniger als sechs Monaten zu rechnen gewesen.

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung von § 7 Abs 4 [X.]. Die Vorschrift schließe den Kläger im streitbefangenen [X.]raum von Leistungen nach dem [X.] aus. Maßgebend für den Sechsmonatszeitraum des § 7 Abs 4 Satz 3 Nr 1 [X.] sei nicht der [X.]punkt der Antragstellung, sondern der Beginn der stationären Unterbringung. Zudem habe der Wechsel in die Klinik N. keine Zäsur bewirkt, sondern nur einen anderen Aufenthaltsort begründet, an dem mit der Resozialisierung die im Wesentlichen gleiche Zielrichtung verfolgt worden sei. Das Urteil sei zudem [X.], weil sich das L[X.] nicht ausführlich mit der Zusammenrechnung der Aufenthaltsorte und Aufenthaltszeiten in Justizvollzugsanstalt (im Folgenden: JVA) und Rehabilitationseinrichtung auseinandergesetzt habe.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen [X.]s vom 6. November 2013 und des [X.] vom 30. Juni 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise, den Beigeladenen zu verurteilen, ihm für die [X.] vom 22. Oktober 2010 bis 11. April 2011 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.]B XII zu zahlen.

7

Der beigeladene überörtliche Träger der Sozialhilfe hat sich den Ausführungen des L[X.] angeschlossen ohne einen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Der [X.]läger war durch die Unterbringung in der [X.]linik N. von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen und hiervon nicht deshalb ausgenommen, weil er dort voraussichtlich für weniger als sechs Monate untergebracht war. In Betracht kommt aber ein Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.] ([X.]) gegen den zuständigen Träger der Sozialhilfe, weshalb die Sache nach § 170 [X.] Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ([X.]) insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen war.

9

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 3.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.], mit dem er auf den Antrag vom [X.] die Gewährung von [X.] vollständig abgelehnt hat. Zeitlich umfasst der Streitgegenstand damit den Zeitraum vom [X.] (§ 37 [X.] Satz 2 [X.] in der bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 2954) bis zum 11.4.2011, dem Tag vor der Bewilligung von [X.] durch das für den Ort der Anschlussbehandlung örtlich zuständige Jobcenter am 12.4.2011.

2. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war eine notwendige Beiladung der [X.] nicht erforderlich, weil mit Blick auf das [X.]-Leistungsbegehren des [X.] keiner der Beiladungsgründe des § 75 [X.] [X.] vorliegt. Der überörtliche Träger der Sozialhilfe ist vom [X.] nach § 75 [X.] Alt 2 [X.] beigeladen worden, weil er (vorbehaltlich der [X.]lärung seiner Zuständigkeit nach Landesrecht im Einzelnen) als leistungspflichtig für den notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen in Betracht kommt, sofern der [X.]läger von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen war (zu dieser sog unechten notwendigen Beiladung vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 75 Rd[X.]2). Sollte dagegen ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen bestehen (dazu unter 8.), wird zu prüfen sein, ob für diese Leistung ein anderer Träger zuständig und deshalb nach § 75 [X.] Alt 2 [X.] im wieder eröffneten Verfahren beizuladen ist.

3. Der Beklagte ist im streitbefangenen Zeitraum für das [X.]-Leistungsbegehren der örtlich zuständige Leistungsträger und damit richtiger Beklagter. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb den Senat bindenden (§ 163 [X.]) Feststellungen des [X.] hatte der [X.]läger vor seiner Inhaftierung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bezirk des Beklagten. An dieser hierdurch nach § 36 [X.] begründeten örtlichen Zuständigkeit hat sich nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] durch die Aufenthalte des [X.] zunächst in der JVA und sodann in der [X.]linik [X.] nichts geändert, weil dadurch kein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist (vgl zum gewöhnlichen Aufenthalt während Haftstrafen und Unterbringung in stationären Einrichtungen [X.] in Eicher, [X.], 3. Aufl 2013, § 36 [X.]9 - 40).

4. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass der [X.]läger während des Aufenthalts in der [X.]linik N. nach § 7 Abs 4 [X.] (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.], [X.] 1706, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.8.2006 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) von Leistungen nach dem [X.] ausgeschlossen war, sofern nicht eine der Rückausnahmen nach § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] vorlag (dazu nachfolgend 5. und 6.).

a) Nach § 7 Abs 4 [X.] erhält Leistungen nach dem [X.] nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder [X.]nappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht (Satz 1). Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt (Satz 2). In Ausnahme von dem grundsätzlichen Leistungsausschluss des § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] erhält Leistungen nach dem [X.] gleichwohl, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem [X.]rankenhaus (§ 107 Sozialgesetzbuch [X.] <[X.]>) untergebracht ist (Satz 3 [X.]) oder wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (Satz 3 [X.]).

b) Im Sinne dessen ist der Aufenthalt des [X.] in der [X.]linik N. vom [X.] bis zum 11.4.2011 ungeachtet der zuletzt vom BSG aufgestellten Anforderungen an den Unterbringungsbegriff des § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] (vgl [X.] vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] 4-4200 § 7 [X.] vorgesehen, Rd[X.]4 ff; ebenso nunmehr Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - B 14 [X.]/13 R -) nach der Regelungssystematik als Unterbringung schon deshalb anzusehen, weil die [X.]linik ein [X.]rankenhaus iS von § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.] darstellt, und ein [X.]rankenhaus die Anforderungen an den Begriff der stationären Einrichtung notwendig erfüllt, weil sonst die Rückausnahme zu § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] ins Leere liefe. Zu diesen [X.]rankenhäusern, auf die § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.] Bezug nimmt, zählen nicht nur die [X.]rankenhäuser iS des § 107 Abs 1 [X.], sondern wegen des unbeschränkten [X.]lammerzusatzes "§ 107 des [X.]" auch die dort in [X.] aufgeführten Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (BT-Drucks 16/1410 [X.]; vgl auch Spellbrink/[X.] in Eicher, [X.], 3. Aufl 2013, § 7 Rd[X.]29; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl 2013, § 7 RdNr 88).

c) Dem steht nicht entgegen, dass mit der [X.] ein Rentenversicherungsträger und nicht eine [X.]rankenkasse als Leistungsträger nach dem [X.] die [X.]osten der Drogentherapie des [X.] getragen hat. Denn die Bezugnahme in § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.] auf § 107 [X.] dient allein der Übernahme der dort konstituierten Anforderungen an [X.]rankenhäuser und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (vgl dazu [X.] vom [X.] [X.]R 14/07 R - [X.] 4-2500 § 39 [X.]4 Rd[X.]6 ff) für den Einrichtungsbegriff des § 7 Abs 4 Satz 1 [X.], nicht aber begrenzt sie den Anwendungsbereich des § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.] auf Leistungen, für die die [X.]rankenversicherung [X.]ostenträger ist (vgl [X.] in jurisP[X.]-[X.], 3. Aufl 2012, § 7 RdNr 63).

5. Ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] deshalb nicht greift, weil die Unterbringung eine [X.]rankenhausversorgung von voraussichtlich weniger als sechs Monaten Dauer betrifft - für eine Rückausnahme nach § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.] spricht vorliegend nichts -, beurteilt sich entgegen der Auffassung des [X.] nach den Umständen bei Aufnahme in die [X.]linik und nicht nach denen zum Zeitpunkt der möglicherweise späteren Beantragung von [X.].

a) Für dieses Verständnis spricht schon der Wortlaut des § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.], soweit danach Leistungen abweichend vom Regelfall des [X.] nach § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] erhält, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem [X.]rankenhaus "untergebracht ist", was auf die Unterbringung als solche und damit auf deren Gesamtdauer abstellt. In diese Richtung weist ebenfalls das [X.] der beiden Normen. Grundlage des [X.] auch bei Unterbringungen im [X.]rankenhaus ist nicht § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.], sondern § 7 Abs 4 Satz 1 Alt 1 [X.]. Maßgebend für den Leistungsausschluss kann danach auch insoweit grundsätzlich nur die Lage bei deren Beginn sein, ohne dass es auf ihre Dauer zunächst ankommt (so ausdrücklich zur [X.]onzeption der Neufassung BT-Drucks 16/1410 [X.]). Bedeutung hat die [X.] nur für die Rückausnahme des § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.] und damit für die Frage, ob der Leistungsausschluss ausnahmsweise deshalb nicht greift, weil die Versorgung im [X.]rankenhaus voraussichtlich weniger als sechs Monate andauern wird. Möchte man nicht annehmen, dass ein ursprünglich wegen eines voraussichtlich länger andauernden [X.]rankenhausaufenthaltes ausgeschlossener Leistungsanspruch zu einem späteren Zeitpunkt trotz weiteren Verbleibs im [X.]rankenhaus wieder aufleben kann, so kann diese Rückausnahme nur einheitlich und demgemäß allein aus der Perspektive bei Aufnahme in das [X.]rankenhaus zu beurteilen sein.

b) Für eine solche gespaltene Beurteilung der leistungsrechtlichen Wirkungen eines [X.]rankenhausaufenthaltes spricht auch nach dem Regelungszweck nichts. Sinn und Zweck der Vorschrift richten sich darauf, die für die Existenzsicherung zuständigen [X.] des [X.] und des [X.] aufgrund objektiver [X.]riterien klar voneinander abzugrenzen (vgl dazu zuletzt [X.] vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] 4-4200 § 7 [X.] vorgesehen, [X.]3; vgl auch [X.] in ders, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Einrichtung, stationäre" [X.]: § 7 Abs 4 Satz 1 Alt 1 [X.] als "Weiche" in die verschiedenen [X.]). Im Rahmen dessen sollen im Grundsatz diejenigen Personen, die für ihre Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, dem [X.], und diejenigen, die hierfür nicht zur Verfügung stehen, dem [X.] zugeordnet werden. Vor diesem Hintergrund bezweckt § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.], Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] davor zu bewahren, deshalb aus dem Leistungsbezug zu fallen, weil sie auf absehbare Zeit in einem [X.]rankenhaus iS des § 107 [X.] untergebracht sind; wird die [X.] voraussichtlich weniger als sechs Monate dauern, soll sie bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen an der [X.] nichts ändern. Nur bei einer Unterbringung von voraussichtlich mindestens sechs Monaten Dauer soll der Ausschluss von Leistungen nach dem [X.] greifen und damit verbunden ein Wechsel in das Leistungssystem des [X.] stattfinden. Ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 1 [X.] eingreift oder ausnahmsweise nicht besteht, kann nach diesem Regelungszweck für die gesamte Dauer der Unterbringung nur einheitlich und deshalb nur aus der Perspektive bei Aufnahme in das [X.]rankenhaus zu beurteilen sein; ein Wiederaufleben eines zunächst ausgeschlossenen Anspruchs bei einem [X.]rankenhausaufenthalt von voraussichtlich nicht unter sechs Monaten durch eine spätere Antragstellung wäre hiermit nicht zu vereinbaren. Auch das spricht dafür, die Prognose über die Dauer der voraussichtlichen [X.] allein am Zeitpunkt der Aufnahme in das [X.]rankenhaus auszurichten und nicht am Leistungsantrag (ebenso [X.] in [X.], [X.]/[X.]I, § 7 [X.] [X.]8, Stand Januar 2009; [X.] in ders, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Einrichtung, stationäre" [X.]; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl 2013, § 7 RdNr 89, 94; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 7 Rd[X.]44 f, Stand X/13).

c) Das gilt entgegen der Auffassung des [X.] auch bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen nach dem [X.] während eines [X.]rankenhausaufenthaltes iS von § 7 Abs 4 Satz 3 [X.] [X.] (für ein alternatives Abstellen auf den Beginn des Aufenthalts im [X.]rankenhaus oder die Antragstellung aber [X.] in jurisP[X.]-[X.], 3. Aufl 2012, § 7 RdNr 63; S. [X.]nickrehm in [X.]reikebohm/Spellbrink/Waltermann, [X.]ommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 7 [X.] Rd[X.]5; Spellbrink/[X.] in Eicher, [X.], 3. Aufl 2013, § 7 Rd[X.]30). Zunächst bestehen insoweit schon die vom [X.] erwogenen Nachteile nicht. Insbesondere sind die Leistungsberechtigten bezogen auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nicht schlechter gestellt, denn die Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff [X.] umfasst über die Verweisung in § 54 Abs 1 Satz 1 [X.] auf § 33 [X.] das gesamte Leistungsspektrum der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (ebenso [X.] vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] 4-4200 § 7 [X.] vorgesehen, [X.]4; vgl im Einzelnen Voelzke in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 54 Rd[X.]6 ff, Stand V/13). Vor allem aber wäre nicht zu rechtfertigen, warum bei gleicher Ausgangslage - Unterbringung in einem [X.]rankenhaus von voraussichtlich nicht weniger als sechs Monaten - bereits vor der [X.]rankenhausaufnahme im Bezug von Leistungen nach dem [X.] stehende Hilfebedürftige während der gesamten Unterbringungszeit auf den Bezug von Leistungen nach dem [X.] verwiesen und [X.] dagegen von Anfang an in das System des [X.] einbezogen sind.

6. a) Nicht zu beanstanden ist nach diesem Maßstab die Einschätzung, dass der [X.]läger im Zeitpunkt seiner Aufnahme in der [X.]linik N. nicht für voraussichtlich weniger als sechs Monate untergebracht sein würde. Der Aufnahme am [X.] lag die [X.]ostenzusage der [X.] für 26 Wochen bis 11.4.2011 zugrunde, die ihrerseits an den [X.]linikkonzepten der Rehabilitationseinrichtungen für Patienten mit Drogenabhängigkeit anknüpfte, in denen meist 26 Wochen - also ein Zeitraum von sechs Monaten - als durchschnittlich zu erwartende Rehabilitationsdauer zugrunde gelegt werden. Dementsprechend ging auch die [X.]linik N. bei Aufnahme des [X.] aus ärztlicher Sicht von einer Behandlungsdauer vom [X.] bis 11.4.2011 aus. Diese Einschätzung wurde nicht dadurch unzutreffend, dass der [X.]läger (erst) am [X.] [X.] beantragt hat. Anhaltspunkte, die im Zeitpunkt seiner Aufnahme dafür hätten sprechen können, dass die Unterbringung voraussichtlich vor Ablauf von 26 Wochen enden werde, hat das [X.] ebenfalls nicht festgestellt.

b) Darauf, ob der [X.] aus der [X.]linik, vorliegend der 11.4.2011, noch zur Unterbringung zählt oder nicht, kommt es für die im Zeitpunkt der Aufnahme in die [X.]linik anzustellende Prognose über die Dauer der Unterbringung nicht an. Eine Aufnahme für eine Unterbringung von voraussichtlich 26 Wochen würde sich nicht dadurch verkürzen, wenn der [X.] nicht mehr zur Unterbringung gezählt werden würde. Die rechtliche Einordnung dieses Tages berührt nicht die Prognose über die voraussichtliche Unterbringung am Tag der Aufnahme.

7. Ob darüber hinaus der [X.]läger von Leistungen nach dem [X.] auch deshalb weiter ausgeschlossen war, weil der Wechsel in die [X.]linik N. keine Zäsur bewirkt, sondern nur einen anderen Aufenthaltsort begründet hat, an dem mit der Resozialisierung die im Wesentlichen gleiche Zielrichtung verfolgt worden sei, wie der Beklagte meint, ist hiernach ohne Bedeutung. Nicht zu befinden ist deshalb ebenfalls über die [X.], das [X.] habe sich nicht hinreichend mit der Zusammenrechnung der Aufenthaltsorte und Aufenthaltszeiten in der JVA und der Rehabilitationseinrichtung auseinandergesetzt.

8. In Betracht kommt aber, dass dem [X.]läger für den streitbefangenen Zeitraum Leistungen nach dem [X.] zustehen. Eine abschließende Entscheidung hierüber ist dem Senat indes verwehrt, weil insoweit tatsächliche (§ 163 [X.]) sowie Feststellungen zum Landesrecht (§ 162 [X.]) des [X.], das von seinem Standpunkt aus Leistungsansprüche nach dem [X.] zu Recht nicht geprüft hat, fehlen.

a) Leistungen nach dem Dritten [X.]apitel des [X.] kommen in Betracht, weil der [X.]läger iS des § 5 [X.] Satz 1 [X.] keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] hatte. Er war auch nicht iS des § 21 Satz 1 [X.] als Erwerbsfähiger dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem [X.]. Ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs 4 Satz 1 Alt 1 [X.] schließt in diesem Sinne die [X.] nach dem [X.] dem Grunde nach aus (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl 2014, § 21 RdNr 5; [X.] in ders, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Einrichtung, stationäre" [X.]). Für Hilfen nach dem Fünften bis [X.] [X.]apitel des [X.] besteht ohnehin keine Sperrwirkung des [X.].

b) Die nach § 18 Abs 1 [X.] (in der seither unverändert gebliebenen Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.], [X.] 3022) erforderliche [X.]enntnis des beigeladenen Trägers der Sozialhilfe setzte hier mit der Antragstellung des [X.] beim Beklagten am [X.] ein. Denn nach der Rechtsprechung des für das Sozialhilferecht zuständigen 8. Senats des BSG, der sich der 14. Senat anschließt, gilt § 16 [X.], der Regelungen zur Antragstellung auf Sozialleistungen trifft, auch für die Sozialhilfe, obwohl diese nicht im eigentlichen Sinne antragsabhängig ist, und vermittelt die Antragstellung beim unzuständigen Leistungsträger die nach § 18 [X.] erforderliche [X.]enntnis (vgl BSG Beschluss vom 13.2.2014 - [X.] [X.] 58/13 B - [X.] 4-3500 § 25 [X.] RdNr 8; [X.] vom 26.8.2008 - [X.]/9b [X.] 18/07 R - [X.] 4-3500 § 18 [X.] Rd[X.]2 ff). Im Zweifel ist danach davon auszugehen, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem [X.] wegen der gleichen Ausgangslage (Bedürftigkeit und Bedarf) auch als Antrag nach dem [X.] zu werten ist. Dass der [X.]läger die Bedarfslage nach dem [X.] überstanden hat - auch durch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zugesprochene [X.]-Leistungen -, steht dem Anspruch aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes ebenfalls nicht entgegen (vgl [X.] vom [X.] - [X.] [X.] 16/08 R - [X.] 104, 213 = [X.] 4-1300 § 44 [X.], Rd[X.]4 mwN).

c) In Betracht kommen Leistungen für den notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35 [X.] (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 2.12.2006, [X.] 2670, im Folgenden § 35 [X.] aF) bzw nach § 27b [X.] (idF des [X.] [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.] 453; im Folgenden § 27b [X.] nF). Soweit es sich bei der [X.]linik um eine Einrichtung im sozialhilferechtlichen Sinne handelt (vgl § 13 [X.]; zu den Voraussetzungen [X.] vom 13.7.2010 - [X.] [X.] 13/09 R - [X.] 106, 264 = [X.] 4-3500 § 19 [X.], Rd[X.]3; [X.] vom 23.8.2013 - [X.] [X.] 14/12 R - [X.] 4-5910 § 97 [X.] Rd[X.]4 ff; Waldhorst-[X.]ahnau in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 13 Rd[X.]7 ff; zur Harmonisierung des Einrichtungsbegriffs in [X.] und [X.] auch [X.] vom 5.6.2014 - B 4 AS 32/13 R - zur Veröffentlichung in [X.] und [X.] 4-4200 § 7 [X.] vorgesehen, [X.]3) wird zu prüfen sein, ob dem [X.]läger insoweit - da die übrigen Bedarfe durch die Einrichtung bereits gedeckt sein dürften - als Leistung des weiteren notwendigen Lebensunterhalts nach § 35 Abs 2 Satz 1 und 2 [X.] aF bzw § 27b [X.] Satz 1 und 2 [X.] nF ein Barbetrag zur persönlichen Verfügung zustand (dazu näher [X.] vom 23.8.2013 - [X.] [X.] 17/12 R - [X.] 114, 147 = [X.] 4-3500 § 92a [X.] Rd[X.] ff und [X.] in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 27b RdNr 53 ff). Zum Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen und zur Bestimmung des nach Landesrecht zuständigen Leistungsträgers bedarf es noch Feststellungen des [X.].

Liegen die Voraussetzungen für Leistungen in einer stationären Einrichtung dagegen nicht vor, bestimmt sich ein möglicher Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27, 28 [X.] (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.], [X.] 3022; im Folgenden §§ 27, 28 [X.] aF) bzw § 27a [X.] (idF des [X.] [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.] 453; im Folgenden § 27a [X.] nF). Ob im vorliegenden Einzelfall, der durch die weitgehende Bedarfsdeckung durch die Unterbringung in der Rehabilitationsklinik gekennzeichnet ist, weitergehende Bedarfe zu decken sind, beurteilt sich dann nach § 28 Abs 1 Satz 4 [X.] aF bzw § 27a Abs 4 Satz 1 [X.] nF (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl 2014, § 27a Rd[X.]7 ff; [X.] in jurisP[X.]-[X.], 2. Aufl 2014, § 27a RdNr 86 ff; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2012, § 27a Rd[X.]2 ff). Auch hierzu und zum nach Landesrecht dann zuständigen und ggf noch beizuladenden Leistungsträger bedürfte es - liegen die Voraussetzungen für eine stationäre Einrichtung nicht vor - Feststellungen des [X.].

9. Das [X.] wird im Rahmen der erneuten Entscheidung auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 14 AS 66/13 R

02.12.2014

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Würzburg, 30. Juni 2011, Az: S 9 AS 968/10, Urteil

§ 7 Abs 4 S 1 Alt 1 SGB 2, § 7 Abs 4 S 3 Nr 1 SGB 2, § 5 Abs 2 S 1 SGB 2, § 107 Abs 1 SGB 5, § 107 Abs 2 SGB 5, § 13 SGB 12, § 18 Abs 1 SGB 12, § 21 S 1 SGB 12, § 27a Abs 4 S 1 SGB 12, § 27b Abs 1 S 1 SGB 12, § 27b Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB 12, § 28 Abs 1 S 2 SGB 12 vom 27.12.2003, § 35 Abs 1 S 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 35 Abs 2 S 1 Halbs 1 SGB 12 vom 27.12.2003, § 75 Abs 2 Alt 2 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 02.12.2014, Az. B 14 AS 66/13 R (REWIS RS 2014, 791)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 791

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