Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2011, Az. X ZR 3/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2030

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[X.]NDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X [X.]
vom

25. Oktober 2011

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Levitationsanlage
ZPO § 139; GG Art. 103 Abs. 1
Eine [X.], der Prozesskostenhilfe für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gewährt worden ist, kann und darf nicht darauf vertrauen, dass ihre Nichtzulassungsbeschwerde nicht ohne vorherigen Hinweis zurückgewiesen wird.

[X.], Beschluss vom 25. Oktober 2011 -
X [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.], Dr.
Bacher und Hoffmann
sowie die Richterin Schuster

beschlossen:

Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 8.
Juni 2011 wird auf Kosten der Beklagten zu
3 und 4 zurückgewiesen.

Gründe:
[X.] 1. Die Beklagte zu
1, deren Gesellschafter die Beklagten zu
3 bis 5 sind, und die L.

GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) schlossen 1999
und 2001 zwei Lizenzverträge über Levitationsanlagen zur Energetisierung von Trinkwasser.
Bis zum 11.
November 2004 flossen der Beklagten zu
1 auf der Grundla-ge der beiden Verträge u.
a. Lizenzzahlungen der Schuldnerin über 190.099,21

er Zinsen in Höhe von 21.245,85

e-klagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung an den klagenden Verwalter im Insol-venzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin verurteilt. Das Berufungsge-richt hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
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2. Der Senat hat den Antrag der Beklagten zu
1 auf Bewilligung von Pro-zesskostenhilfe für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts zurückgewiesen, das Verfahren auf [X.] hinsichtlich des Beklagten zu
2 nach dessen Ab-leben für gegenstandslos erklärt und den Beklagten zu
3 und 4 Prozesskosten-hilfe ohne Ratenzahlung für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Berufungsurteil bewilligt, soweit sie ihre eigene Verurteilung, die Verurteilung der Beklagten zu
1 und die Verurteilung des verstorbenen [X.] zu
2 angreifen wollen.
Die von den Beklagten zu
1, 3 und 4 anschließend eingelegte [X.] hat der Senat durch Beschluss vom 8.
Juni 2011 zurück-gewiesen. Dagegen haben die Beklagten zu
3 und 4 eine Anhörungsrüge erho-ben.
I[X.] Der Rechtsbehelf ist nicht begründet.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts
sind die Lizenzverträge nach §
17 GWB in der vom 1.
Januar 1999 bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung in Verbindung mit §
134 BGB nichtig. Für den demnach gegen die Beklagte zu
1 bestehenden Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung der von der Schuldnerin geleisteten Lizenzzahlungen hafteten die Beklagten zu
3 und 4 als Gesellschafter akzessorisch. Der Anspruch sei nicht nach §
814 BGB ausgeschlossen. Die Ausführungen der Beklagten zur (angeblichen) Kenntnis der Schuldnerin von der vorherigen Übertragung der Rechte an die
F.

K.

berührten den Bereicherungsanspruch insoweit nicht, als damit
auch in zweiter
Instanz nicht die Kenntnis von einer Nichtschuld, die gemäß §
814 BGB die Rückforderung des Geleisteten ausschließen würde, behauptet werden solle. Dass die Schuldnerin als Leistende gewusst habe, dass sie nach 3
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der Rechtslage nichts schulde und über die Kenntnis aller relevanten Tatsachen hinaus diese zudem rechtlich eingeordnet habe, trügen die Beklagten auch in der Berufungsbegründung nicht vor ([X.] 5).
Daneben sei der Beklagte zu
2 (und der Beklagte zu 3) aus §
823 Abs.
2 BGB in Verbindung
mit § 263 StGB zur Erstattung verpflichtet. Eine Täuschung der Schuldnerin über die Inhaberschaft der Vertragsschutzrechte wäre nur aus-geschlossen,
wenn sie gewusst hätte, dass ihre eigene Berechtigung infolge
der zeitlich früheren Übertragung der Rechte an die F.

K.

zumindest
zweifelhaft war. Den entsprechenden Beweis könnten die Beklagten durch den hierzu benannten Zeugen B.

nicht
führen. In der mündlichen Verhand-
lung habe der Senat die Einschätzung geäußert, die von den Beklagten einge-reichte, notariell beglaubigte "eidesstattliche Versicherung" dieses Zeugen kön-ne so verstanden werden, dass er dort alles gesagt habe, was er wisse, so dass diese Erklärung das Maximum an Aussageinhalt aufweise, das von einer Vernehmung erwartet werden könne. Nachdem die Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem beigepflichtet habe, und die schriftlichen Angaben des Zeugen für die Annahme einer Kenntnis der Schuldnerin nicht ausreichten, sei der [X.] nicht als geeignetes Beweismittel anzusehen, so dass eine Vernehmung unterbleiben könne.
2. Die Beklagten zu 3 und 4 sehen sich in ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil der Senat ihre Nichtzulassungsbeschwerde ohne vorheri-gen Hinweis nach §
139 ZPO zurückgewiesen hat, nachdem er ihnen für deren Durchführung Prozesskostenhilfe gewährt und dazu ausgeführt hat, sie seien auch als Erben des Beklagten zu
2 bei dem bisherigen Prozessergebnis be-schwert und, ihnen sei Prozesskostenhilfe auch zu gewähren, um sich gegen ihre Inanspruchnahme als Erben zur Wehr zu setzen. Es werde übersehen, dass die zu Lasten aller Beklagten rechtswidrig unterbliebene Vernehmung des 7
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Zeugen B.

sich auf den [X.] in seiner Gesamtheit ausgewirkt
habe. Auf die Nichtigkeit des Lizenzvertrags
komme es nicht an, weil den [X.] der Schuldnerin, die Richtigkeit der zu den Akten gereichten schriftlichen Angaben des Zeugen unterstellt, die vorherige Abtretung
der Rechte aus dem Lizenzvertrag danach bekannt gewesen sei. In diesem Fall fehle es an einer für den Anspruch aus §
823 Abs.
2 BGB erforderlichen Täuschungshandlung und außerdem wäre eine den Bereicherungsanspruch nach §
814 BGB ausschlie-ßende bewusste Begleichung einer Nichtschuld anzunehmen.
3. Der Anspruch der Beklagten zu
3 und 4 auf rechtliches Gehör ist nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
a) Die Anhörungsrüge weist im Ansatz zwar zutreffend darauf hin, dass sich für ein Gericht nach §
139 ZPO die Verpflichtung ergeben kann, einer [X.] oder beiden Seiten einen Hinweis zu geben, wenn es seine konkret zu einer für die [X.]en und ihre prozessuale Situation in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Frage geäußerte Rechtsauffassung [X.] hat
(vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Juni 2011
X
ZB
3/10, [X.], 851

Werkstück). Nur dann wird für die [X.]en ein schützenswerter Vertrauens-tatbestand dahin geschaffen, dass das Gericht sich nicht ohne Weiteres von der offenbarten Ansicht lösen und eine Entscheidung treffen wird, die sich nicht mit dem gegebenen
Hinweis vereinbaren
lässt.
Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend aber nicht. Die Beklagten zu
3 und 4 konnten und durften aus dem Umstand, dass der Senat ihnen Prozesskostenhilfe gewährt hat, nicht [X.], dass ihre Nichtzulassungsbeschwerde
nicht ohne vorherigen Hinweis zu-rückgewiesen würde.
Der Senat hat von Amts wegen im Wege einer Prognoseentscheidung geprüft, ob es den Beklagten zu
3 und 4 im Umfang ihrer gesamten Beschwer 9
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gelingen kann, eine zulässige und begründete Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
Januar 2009
VII
ZR
187/08, [X.]Z 179, 315 Rdn.
3). Die Gewährung von Prozesskostenhilfe knüpfte nicht an kon-krete
[X.] der Beklagten zu
3 und 4 an, so dass es an den Voraussetzungen für das Entstehen eines die Hinweispflicht begründenden Vertrauenstatbe-stands (vorstehend II
3
a) fehlt. Die Beklagten hatten in der Eingabe ihrer zweit-instanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 7.
April 2010
über die Darlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus zwar rudimentäre Ausführungen zur Sache gemacht. Diese
boten
jedoch
was mit der Anhörungsrüge auch nicht geltend gemacht wird

für sich allein keine hinreichende Grundlage für die Be-urteilung der Erfolgsaussichten ihrer beabsichtigten [X.] und die Gewährung von Prozesskostenhilfe konnte auch im Lichte dieser Eingabe einen entsprechenden Vertrauenstatbestand nicht begründen. Der [X.] war in dieser Situation auch weder verpflichtet noch berechtigt, den [X.] mitzuteilen, welchen [X.] gegen das Berufungsurteil
möglicherweise die gemäß §
114 ZPO für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche [X.] zukommen könnte.
b) Es liegt kein Widerspruch darin, dass der Senat den Beklagten zu
3 und 4 Prozesskostenhilfe auch zur Verteidigung gegen die Verurteilung des Beklagten zu
2 bewilligt hat, durch die sie als Miterben beschwert sind, im Be-schluss vom 8.
Juni 2011 aber angenommen hat, dass sie durch diese [X.] nicht zusätzlich beschwert sind.
Die Ausführungen im Beschluss über das [X.] auf der Prämisse, dass sich die Beklagten zu
3 und 4 gegen ihre eigene Verurteilung mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen könnten. Unter dieser Vo-raussetzung wären sie durch die Verurteilung des Beklagten zu
2 beschwert 12
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gewesen, weil sie als dessen Erben zur Zahlung verpflichtet blieben, auch wenn die Klage gegen sie persönlich abzuweisen wäre.
Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde ist der [X.] zu dem Ergebnis gelangt, dass das Rechtsmittel der Beklagten zu
3 und 4 gegen ihre eigene Verurteilung unbegründet ist, insbesondere
dass
auch die mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte Gehörsverletzung durch das [X.] insoweit die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt, weil das als übergangen gerügte Vorbringen insoweit nicht entscheidungserheblich ist. Vor diesem Hintergrund liegt in dem Umstand, dass die Beklagten zu
3 und 4 zu-sätzlich auch als Erben des Beklagten zu
2 verurteilt sind, keine zusätzliche Beschwer, die eine Zulassung der Revision gerechtfertigt hätte.
c) Eine Verpflichtung, der mittellosen [X.] in einem solchen Fall vor [X.] der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, den rechtlichen Hinweis zu erteilen, dass die Erfolgsaussichten sich nunmehr anders darstellen, besteht weder aus §
139 ZPO, noch ergibt sich eine solche aus Art.
103 GG. Dadurch würde die auf Gewährung von Prozesskostenhilfe angewiesene
[X.] vielmehr ohne rechtfertigenden Grund gegenüber einer [X.] bevorzugt, die die Prozesskosten selbst aufbringen kann. Denn das Revisionsgericht wäre weder verpflichtet noch berechtigt, eine bemittelte [X.]
darauf hinzuweisen, dass zusätzlich zu den von ihr erhobenen [X.] möglicherweise noch andere Revisions-
oder Zulassungsgründe in Betracht kommen
oder
dass andere Rü-gen dem Rechtsmittel zum Erfolg verhelfen könnten. Aus dem Umstand, dass
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8
-
einer [X.] vor Einlegung oder Begründung des Rechtsmittels Prozesskosten-hilfe gewährt worden ist, kann sich keine weitergehende Hinweispflicht ergeben. Dadurch würde sie vielmehr ohne rechtfertigenden Grund und zu Lasten ihres Prozessgegners bevorzugt.

Meier-Beck
[X.]
Bacher

Hoffmann
Schuster
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.05.2008 -
4a O 14/05 -

O[X.], Entscheidung vom 15.12.2009 -
I-20 [X.]/08 -

Meta

X ZR 3/11

25.10.2011

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2011, Az. X ZR 3/11 (REWIS RS 2011, 2030)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2030

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 3/11

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