Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.05.2022, Az. VI R 37/20

6. Senat | REWIS RS 2022, 4398

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Gegenstand

Anforderungen an die Revisionsbegründung


Leitsatz

NV: Die Bezugnahme auf erstinstanzliche Schriftsätze ist für eine Revisionsbegründung regelmäßig unzureichend. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Klagevorbringen sich bereits umfassend und abschließend mit denjenigen Argumenten auseinandergesetzt hat, mit denen das FG nachfolgend die Klageabweisung begründet hat (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des BFH).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 07.08.2020 - 13 K 378/19 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Eheleute K und [X.] übertrugen ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit allen Aktiven und Passiven "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge" durch notariell beurkundeten "[X.]ofübergabevertrag" vom 16.06.2015 auf die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine aus ihren [X.]öhnen [X.] und A bestehende GbR. Ausweislich des Gesellschaftsvertrags der Klägerin, an der [X.] und A je zur [X.]älfte beteiligt waren, bestand der Gesellschaftszweck in der gemeinsamen Bewirtschaftung des übergebenen landwirtschaftlichen Betriebs.

2

[X.]ach § 1 des [X.]ofübergabevertrags erstreckte sich die Übergabe insbesondere auf das Flurstück 1, Gebäude- und Freifläche 272 qm sowie das Flurstück 2, Gebäude- und Freifläche, landwirtschaftliche Fläche 11.158 qm.

3

K und [X.] hatten neben [X.] und A noch zwei weitere Kinder, nämlich [X.] und [X.] Die GbR hatte gemäß § 2 Abs. 1 des [X.]ofübergabevertrags einen Übergabepreis von 20.000 € unmittelbar an [X.] zu zahlen. [X.] erhielt aufgrund des [X.]ofübergabevertrags keine Zuwendung.

4

[X.]eben der Zahlung des [X.] war die Klägerin nach § 2 Abs. 2 und Abs. 3 des [X.]ofübergabevertrags [X.] eingegangen, hatte Verbindlichkeiten übernommen und Altenteilsleistungen zugesagt.

5

[X.]it notariell beurkundetem "[X.]chenkungsvertrag" vom 09.05.2016 übertrug die Klägerin die neu aufgeteilten bzw. neu gebildeten Flurstücke 3 und 4 unentgeltlich auf [X.]. [X.]it einem weiteren Vertrag vom 09.05.2016 schlossen die Klägerin und [X.] eine schriftliche "[X.]utzungsvereinbarung", in der es u.a. wie folgt hieß:

6

"Die ... [Klägerin] hat mit notariellem [X.] das neu gebildete Flst [X.]r. [3]... unentgeltlich an ... [[X.]] übertragen. [X.]iermit überlasse ich ... [[X.]] die gesamte Fläche ... des Flst [X.]r. [3] zur unentgeltlichen [X.]utzung an die ... [Klägerin]. Der [X.]utzende ist berechtigt, die gesamte Fläche für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen. ... Das [X.]utzungsrecht hat eine unbestimmte Laufzeit. Das [X.]utzungsrecht endet spätestens mit der Bebauung durch den Eigentümer ... [[X.]]."

7

Die auf den Flurstücken befindliche [X.]cheune wurde abgerissen und [X.] errichtete darauf anschließend ein selbstgenutztes Wohnhaus.

8

Die Klägerin, die ihren Gewinn im [X.]treitjahr (2015) für das landwirtschaftliche [X.]ormalwirtschaftsjahr nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG) ermittelte, erklärte für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in [X.]öhe von 439 €. [X.]iervon entfiel ein Betrag von 219 € auf das [X.]treitjahr.

9

Auf [X.]achfrage des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) teilte der steuerliche Berater der Klägerin mit, [X.] habe bereits am 25.04.2016 angefangen, die auf den Flurstücken 3 und 4 vorhanden gewesene landwirtschaftliche [X.]cheune abzureißen, um anschließend darauf ein eigengenutztes Einfamilienhaus zu errichten. [X.] werde das [X.]aus nach der Fertigstellung zu 100 % selbst bewohnen. Er beantrage deshalb, den [X.] für den entnommenen Grund und Boden gemäß § 13 Abs. 5 E[X.]tG außer Ansatz zu lassen.

Das [X.] war demgegenüber der Auffassung, in Bezug auf die ([X.]cheunen-)Grundstücke sei im Wirtschaftsjahr 2015/2016 ein [X.] in [X.]öhe von 23.151 € zu berücksichtigen, der für das [X.]treitjahr zur [X.]älfte anzusetzen sei. Dem entsprechend stellte das [X.] die Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft für das [X.]treitjahr in [X.]öhe von 11.794,50 € fest und rechnete diese A und [X.] nach ihrem Beteiligungsverhältnis je zur [X.]älfte zu.

Die Klägerin legte gegen den Feststellungsbescheid Einspruch ein, den das [X.] als unbegründet zurückwies. Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1831 veröffentlichten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.

[X.]it der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

[X.]ie beantragt sinngemäß,
das Urteil des Finanzgerichts ([X.]), den Feststellungsbescheid vom 23.01.2018 und die Einspruchsentscheidung vom 16.01.2019 aufzuheben, hilfsweise, den [X.] nur zur [X.]älfte anzusetzen.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Der Inhalt der Revisionsbegründung entspricht nicht den gesetzlichen [X.]indestanforderungen.

1.a) Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a [X.]O muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dies erfordert, dass die erhobene Rüge eindeutig erkennen lassen muss, welche Norm der Revisionskläger für verletzt hält. Ferner muss der Revisionskläger die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Erforderlich ist damit eine zumindest kurze Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, aus der zu erkennen ist, dass der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 09.03.2016 - I R 79/14, Rz 12; Senatsbeschluss vom 29.03.2017 - VI R 83/14, Rz 7, und die Nachweise bei Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 120 Rz 59, 65; Rüsken in [X.], [X.]O § 120 Rz 172 f.). Der Revisionskläger muss danach im Einzelnen und in Auseinandersetzung mit der Argumentation des [X.] dartun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen (z.B. [X.] vom 20.08.2012 - I R 3/12, Rz 8, und Senatsbeschluss vom 29.03.2017 - VI R 83/14, Rz 7, m.w.[X.]).

Der Umstand, dass das [X.] die Revision --wie im [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat, macht eine Begründung der Revision nicht entbehrlich (BFH-Urteil vom 20.04.1999 - VIII R 81/94, [X.] 1999, 1457, unter [X.]). Auch eine vom [X.] zugelassene Revision ist dementsprechend nach § 120 Abs. 2 und Abs. 3 [X.]O zu begründen ([X.] vom 05.06.2012 - I R 51/11, Rz 9).

b) Die von der Klägerin vorgelegte Revisionsbegründung entspricht den vorgenannten Anforderungen nicht. Es fehlt an einer ausreichenden Darstellung der Gründe, die das Urteil des [X.] nach Auffassung der Klägerin als unrichtig erscheinen lassen.

aa) Die Vorinstanz hat im Einzelnen dargelegt, dass die fraglichen Grundstücke nach der Hofübergabe auf die Klägerin (§ 6 Abs. 3 EStG) zunächst als Gesamthandsvermögen und aufgrund der anschließenden schenkweisen Übertragung auf [X.] als dessen Sonderbetriebsvermögen zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Klägerin gehört hätten. Das [X.] hat ferner ausgeführt, die innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG erfolgte Bebauung mit einem zu privaten Wohnzwecken des [X.] genutzten Gebäude habe zur Folge gehabt, dass die Grundstücke rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung mit dem Teilwert anzusetzen seien und die Übertragung insoweit als Entnahme zu behandeln sei. Der [X.] sei auch nicht nach § 13 Abs. 5 EStG ganz oder teilweise außer Ansatz zu lassen, weil die Entnahme, auf die sich der in dem angefochtenen Bescheid festgestellte [X.] beziehe, nicht dadurch eingetreten sei, dass auf den Grundstücken die Wohnung des [X.]itunternehmers [X.] errichtet worden sei, sondern durch die Sperrfristverletzung, die nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG zum Ansatz des Teilwertes führe.

bb) Die Klägerin setzt sich mit der Argumentation des [X.] in der Revisionsbegründung nicht hinreichend auseinander.

(1) Sie nimmt zum einen Bezug auf verschiedene erstinstanzliche Schriftsätze. Dies ist für eine Revisionsbegründung regelmäßig unzureichend (s. BFH-Urteil in [X.] 1999, 1457, unter [X.], und Senatsbeschluss vom 19.10.2000 - VI R 73/00, [X.] 2001, 333, jeweils m.w.[X.]). Dies gilt nur dann nicht, wenn das Klagevorbringen sich bereits umfassend und abschließend mit denjenigen Argumenten auseinandergesetzt hat, mit denen das [X.] nachfolgend die Klageabweisung begründet hat (BFH-Urteil vom 25.08.2009 - I R 88, 89/07, [X.], 296, [X.], 438, unter [X.]; [X.] vom 05.06.2012 - I R 51/11, Rz 19, und in [X.] 2001, 333).

Die Klägerin hat sich in den von ihr mit der Revisionsbegründung in Bezug genommenen erstinstanzlichen Ausführungen indessen nicht näher mit denjenigen Argumenten auseinandergesetzt, mit denen das [X.] nachfolgend die Klageabweisung begründet hat. Die Ausführungen der Klägerin lassen auch sonst nicht erkennen, dass sie --wie es erforderlich gewesen wäre (s. BFH-Urteil vom 16.03.2000 - III R 21/99, [X.], 169, [X.], 700)-- ihr eigenes bisheriges Vorbringen unter Berücksichtigung der Begründung des angefochtenen Urteils überprüft hat.

(2) Zum anderen stellt die Klägerin in der Revisionsbegründung die Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen dar, ohne sich allerdings auch insoweit näher mit der vom [X.] ausführlich begründeten Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG auseinanderzusetzen. Um den Abzug von Versorgungsleistungen gemäß § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG geht es im Streitfall zudem nicht.

(3) Soweit die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG und § 13 Abs. 5 EStG anspricht, bleibt es neben der (unzureichenden) Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen bei der --ohne nähere Begründung-- geäußerten Rechtsansicht, die Entnahme sei nicht steuerpflichtig und im Falle einer Besteuerung sei "die Vorschrift des § 13 Abs. 5 EStG zur Hälfte anzuwenden". Eine Auseinandersetzung mit der Argumentation des [X.] fehlt insoweit vollständig.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 37/20

12.05.2022

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 7. August 2020, Az: 13 K 378/19, Gerichtsbescheid

§ 120 Abs 3 Nr 2 Buchst a FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.05.2022, Az. VI R 37/20 (REWIS RS 2022, 4398)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4398


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 13 K 378/19

Finanzgericht Baden-Württemberg, 13 K 378/19, 07.08.2020.


Az. VI R 37/20

Bundesfinanzhof, VI R 37/20, 12.05.2022.


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