Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.09.2013, Az. 29 W (pat) 550/12

29. Senat | REWIS RS 2013, 2929

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GoldHouSe24" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 062 574.0

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 11. September 2013 unter Mitwirkung der Richterin [X.] als Vorsitzenden, der Richterin [X.] und des Richters Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]24

3

ist am 26. Oktober 2010 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden. Nach einer Neufassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses wird die Eintragung begehrt für die Waren und Dienstleistungen der

4

Klasse 14: Edelmetallen und deren Legierungen sowie daraus hergestellte Waren oder damit plattierte Waren, soweit nicht in anderen Klassen enthalten, [X.], Schmuckwaren, Edelsteine, Ketten, Münzen, Ringe, Goldbarren, Altgold, Teile und Bestandteile der genannten Waren, soweit in Klasse 14 enthalten;

5

Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen, auch Onlineversandhandelsdienstleistungen und Ankauf in den Bereichen: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte Waren oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten, [X.], Schmuckwaren, Edelsteine, Ketten, Münzen, Ringe, Goldbarren und Altgold.

6

Mit Beschluss vom 24. März 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und eines [X.]ses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zurückgewiesen.

7

Der Wortbestandteil „[X.]“ werde unmittelbar als „Goldhouse“ oder „[X.]“ verstanden. Beide Begriffe seien im Verkehr als Bezeichnung einer Vertriebs-/Angebots-/Verkaufsstätte für Gold bzw. Waren aus Gold oder anderen Edelmetallen gebräuchlich. Die Zahl „24“ werde [X.] als Hinweis auf ein rund um die Uhr verfügbares Waren- und Dienstleistungsangebot oder eine Vertriebsstelle, die [X.] geöffnet sei, verstanden. Die Binnengroßschreibung führe zu keiner anderen zeichenrechtlichen Beurteilung, weil auch sie ein gebräuchliches werbegrafisches Ausgestaltungsmittel sei. Dass es sich bei den Großbuchstaben um die Initialen des Anmelders handele, sei irrelevant, da es auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise und nicht auf die Vorstellung des Anmelders ankomme.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt,

9

den Beschluss des [X.] vom 24. März 2012 aufzuheben.

Er hat die Beschwerde nicht begründet. Im Anmeldeverfahren hat er vorgetragen, das Zeichen erhalte die erforderliche Unterscheidungskraft durch die in ihm enthaltenen Großbuchstaben, die die Initialen seines Namens bildeten. Die Anmeldemarke unterscheide sich von anderen Goldhandelsunternehmen dadurch, dass das [X.] des Anmelders 24 Stunden geöffnet sei. Ein weiteres „Goldhouse 24“ existiere nicht. Die Möglichkeit, dass das Zeichen gleichzeitig oder gar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst werde, rechtfertige es nicht, ihm die Unterscheidungskraft abzusprechen. Ein [X.] bestehe nicht. Die Versagung der Eintragung sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, da vergleichbare Zeichen wie z. B. „[X.]“ oder „immobilienscout24“eingetragen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 i.V.m. § 64 Abs. 6 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Der Eintragung des angemeldeten Zeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] steht in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr.1 [X.] entgegen, sodass die Markenstelle die Anmeldung zurecht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen hat.

1.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 [X.]. 66 f. – [X.]; [X.], 825, 826 [X.]. 13 – [X.]; 935 [X.]. 8 – [X.]; [X.], 850, 854 [X.]. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 233, 235 [X.]. 45 - Standbeutel; 229, 230 [X.]. 27 - BioID; a.a.[X.]. 66 - [X.]; [X.], 710 [X.]. 12 - [X.]; [X.], 949 [X.]. 10 - My World; a.a.[X.] – [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a.a.[X.] - [X.]; [X.], 411 [X.]. 8 - [X.]; 778, 779 [X.]. 11 - [X.]; 949 f. [X.]. 10 - My World; a.a.[X.] - [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411, 412 [X.]. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 [X.]. 24 - [X.] 2; [X.] a.a.[X.] – [X.]; 825, 826 [X.]. 13 – [X.]; a.a.[X.] - [X.]).

Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428, 431 [X.]. 53 - [X.]; [X.] [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, 678 [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.], 952, 953 [X.]. 10 - [X.]; a.a.[X.]. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 – [X.]; a.a.[X.] - marktfrisch; [X.], 1153 - anti [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u.a. [X.] a.a.[X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.], 1100, 1102 [X.]. 23 – [X.]!; a.a.[X.] 855 [X.]. 28 f. - [X.]).

2.

Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] genügt das angemeldete Zeichen nicht.

Das Zeichen setzt sich aus „Gold“, „HouSe“ und der daran ohne Abstand anschließenden Zahl „24“ zusammen.

a)

Unter „Gold“ versteht man ein rötlich gelb glänzendes Edelmetall und die Farbe dieses Metalls. Der Begriff wird auch verkürzend zur Bezeichnung für Goldmünzen oder Gegenstände aus Gold verwendet (Duden-online).

b)

„HouSe“ gehört zum [X.] Grundwortschatz und wird auch wegen der klanglichen Identität mit dem [X.] Wort in der Bedeutung von „Haus“ verstanden. Unter einem Haus versteht man ein Gebäude, das zum Wohnen dient oder zu einem bestimmten Zweck errichtet wurde oder die Gesamtheit seiner Bewohner. Das Wort kann auch eine Familie bezeichnen, ein Herrschergeschlecht oder die Wirtschaft einer Familie. Häufig wird es in Zusammensetzung mit einem weiteren Substantiv benutzt, das den Zweck des Hauses oder die Gegenstände, die dort aufbewahrt oder vertrieben werden, beschreibt, wie zum Beispiel [X.], [X.], [X.], [X.], Softwarehaus, Kaffeehaus, Einrichtungshaus, Modehaus ([X.], [X.] Wörterbuch der [X.], [X.]/[X.], 2005). Die Wortkombination „[X.]“ ist bisher noch nicht lexikalisch nachweisbar, fügt sich aber in diese Wortbildung ein.

c)

In der Bedeutung „Gebäude, in dem Gegenstände aus Gold oder Edelmetall verkauft werden“ wird das angemeldete Zeichen auch bereits benutzt, wie sich aus der Recherche des Senats ergibt:

- www.proaurum.de: „In der ersten Januarwoche 2013 ist unser Goldschmied nicht im [X.] [X.] vor Ort“;

- www.goldhaus-hartmann.de: Das [X.] Hartmann ist spezialisiert auf den Ankauf von Gold und Silber“.

d)

Die Zahl „24“ wird im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen im Sinne von [X.] oder „Service rund um die Uhr“ verwendet ([X.], 27 W (pat) 181/09 – [X.]; 33 W (pat) 529/10 - [X.] 24). In dieser beschreibenden Bedeutung will auch der Anmelder selbst den Begriff verstanden wissen.

e)

Das angemeldete Wortzeichen wird in seiner Gesamtbedeutung von den angesprochenen inländischen breiten Verkehrskreisen daher im Sinne eines Rund um die Uhr geöffneten bzw. erreichbaren [X.]es verstanden. Damit beschreibt es unmittelbar den Ort, wo die beanspruchten Waren angeboten und die angemeldeten Dienstleistungen erbracht werden.

f)

Für die beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen der Klasse 35 gibt das beanspruchte Zeichen den Erbringungsort an.

g)

Für die in Klasse 14 beanspruchten Waren stellt die angemeldete Wortkombination als Bezeichnung einer Verkaufsstätte für solche Produkte einen engen sachlichen Bezug zu diesen her und wird deshalb nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst ([X.] GRUR 2007, 61,62 – [X.]; 24 W (pat) 256/03 – tabakwelt; 25 W (pat) 70/09 - CHOCOLATERIA).

h)

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers vermittelt auch die Binnengroßschreibung dem Zeichen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Denn bei einer Wortmarke ist die Großschreibung nicht verbindlich. Der Begriff ist in jeder üblichen Schreibweise geschützt. Die Binnenmajuskel kann nur in einer Wort-/Bildmarke als graphische Ausgestaltung Berücksichtigung finden ([X.], 27 W (pat) 95/12 – [X.]). Ungeachtet dessen ist die Binnengroßschreibung ein [X.]es Gestaltungsmittel, das nicht geeignet ist, dem Zeichen Kennzeichnungskraft zu vermitteln ([X.] GRUR 2003, 963, 965 - [X.]/[X.]us). Dass es sich bei den Großbuchstaben um die Initialen des Beschwerdeführers handelt, ist für das angesprochene Publikum nicht erkennbar und wird daher nicht als Hinweis auf den Betrieb des Anmelders wahrgenommen.

3.

Da es dem angemeldeten Wortzeichen hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob seiner Eintragung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verfügbarkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht.

4.

Die zitierten Voreintragungen „[X.]“ und immobilienscout24“ rechtfertigen keine abweichende Entscheidung. Abgesehen davon, dass zweifelhaft ist, ob diese beiden Marken zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch eingetragen würden, zumal die Anmeldung des Wortzeichens „AUTOSCOUT24“ vom [X.] (R 0476/2005-1) und die Anmeldezeichen „[X.]“ ([X.] 25 W (pat) 86/04), „Anwaltsscout“ (33 W (pat) 24/06) und „ingenieurscout“ (24 W (pat) 143/05) vom [X.] zurückgewiesen worden sind, lässt sich aus den beiden Voreintragungen allein noch nicht der Vorwurf eines willkürlichen Abweichens von einer ständigen Verwaltungspraxis ableiten.

Meta

29 W (pat) 550/12

11.09.2013

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.09.2013, Az. 29 W (pat) 550/12 (REWIS RS 2013, 2929)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2929

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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