Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.03.2013, Az. III S 2/12

3. Senat | REWIS RS 2013, 7545

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Gegenstand

Erneuter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in derselben Sache vor dem BFH


Leitsatz

NV: Hat das FG bereits über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) entschieden, ist die Zulässigkeit eines in derselben Sache beim BFH als Gericht der Hauptsache gestellten AdV-Antrags an die Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO gebunden (Bestätigung der BFH-Rechtsprechung) .

Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage, mit der sich der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) gegen die Aufhebung der Festsetzung und Rückforderung von Kindergeld wendete, mit Urteil vom 2. Januar 2012  5 K 2629/10 ab. Ebenso lehnte das [X.] den im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Antrag, die Vollziehung des [X.] auszusetzen, mit Beschluss vom 9. November 2010  5 V 2643/10 ab. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ließ das [X.] nicht zu.

2

Der Antragsteller legte gegen das genannte Urteil des [X.] beim Bundesfinanzhof ([X.]) Beschwerde (Az. III B 24/12) wegen Nichtzulassung der Revision ein. Zugleich beantragte er, die Vollziehung bis zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auszusetzen. Der Senat hat die Beschwerde III B 24/12 durch Beschluss vom 8. März 2013 als unbegründet zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

3

II. Der Antrag hat keinen Erfolg.

4

1. Der Antrag ist unzulässig. Nachdem bereits das [X.] über einen entsprechenden Antrag des Antragstellers entschieden hat, wäre ein erneuter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) nur unter denjenigen Voraussetzungen statthaft, unter denen nach § 69 Abs. 6 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) eine Änderung jener Entscheidung verlangt werden könnte ([X.] vom 19. November 2003 I S 7/03, [X.], 516, m.w.N.). Die in § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O genannten Voraussetzungen liegen jedoch im Streitfall nicht vor.

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a) [X.] kann einen einmal ergangenen Beschluss jederzeit ändern oder aufheben (§ 69 Abs. 6 Satz 1 [X.]O). Die Beteiligten können die Aufhebung oder Änderung jedoch nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O). Diese Regelung erfasst nicht nur diejenigen Fälle, in denen formal die Aufhebung oder Änderung einer ergangenen Entscheidung begehrt wird, sondern greift auch dann ein, wenn zunächst über einen [X.] entschieden worden ist und nunmehr ein Beteiligter erneut einen solchen Antrag stellt. Demgemäß ist die Zulässigkeit eines solchen Folgeantrags ebenfalls an die Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O gebunden (z.B. [X.] vom 13. Oktober 1999 I S 4/99, [X.], 34, [X.], 86). Dies gilt auch dann, wenn --wie im [X.] die ursprüngliche Entscheidung vom [X.] erlassen wurde, inzwischen aber der [X.] das Gericht der Hauptsache i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 [X.]O geworden ist und deshalb der Folgeantrag bei ihm gestellt wird. Im Ergebnis kann deshalb auch ein --zutreffenderweise-- beim [X.] gestellter erneuter Antrag auf AdV nur nach Maßgabe des § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O statthaft sein ([X.] in [X.], 34, [X.], 86; Gräber/[X.], Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 201).

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b) Umstände i.S. des § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O liegen vor, wenn entweder nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Gegebenheiten den Fall in tatsächlicher Hinsicht in einem neuen Licht erscheinen lassen oder wenn eine Gesetzesänderung oder eine zwischenzeitlich ergangene gerichtliche Entscheidung zu einer veränderten Beurteilung der maßgeblichen Rechtslage führen kann ([X.] in [X.], 516). Bei unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Ausgangslage erfüllen jedoch neue rechtliche Überlegungen des Antragstellers ebenso wie die bloße Wiederholung der bisherigen Argumentation den Tatbestand des § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O nicht ([X.] in [X.], 516).

7

c) Im Streitfall hat der Antragsteller seinen beim [X.] gestellten [X.] --wie bereits den beim [X.]-- im Wesentlichen damit begründet, die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hätten nicht vorgelegen, weil die zu ändernde Festsetzung von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Die Beklagte und Antragsgegnerin (Familienkasse) habe das Kindergeld unter Verstoß gegen § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG rechtsfehlerhaft festgesetzt. Die Festsetzung hätte daher nicht, so der Antragsteller, rückwirkend ab dem Monat, in dem die Kindsmutter in [X.] eine Beschäftigung aufgenommen habe, sondern erst mit Wirkung für die Zukunft (§ 70 Abs. 3 EStG) aufgehoben werden dürfen. Er hat jedoch weder geltend gemacht noch ist sonst erkennbar, dass in der [X.] seit dem Ergehen der Entscheidung des [X.] für den Streitfall bedeutsame tatsächliche Umstände entstanden oder zu Tage getreten seien oder dass sich in rechtlicher Hinsicht eine neue Entwicklung ergeben habe, die sich auf die Beurteilung der maßgeblichen Fragen auswirken könnte. Im Ergebnis handelt es sich um die schlichte Wiederholung eines bereits beschiedenen Antrags, die wegen § 69 Abs. 6 Satz 2 [X.]O nicht statthaft ist.

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2. Der Antrag ist aber auch deshalb erfolglos, weil ein Verfahren --unabhängig davon, ob ein solches nach § 69 Abs. 3 [X.]O oder eines nach § 69 Abs. 6 [X.]O gegeben ist-- zur Voraussetzung hat, dass ein in der Hauptsache angefochtener Verwaltungsakt vorliegt, der noch geändert oder aufgehoben werden kann (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2012 III S 1/12, [X.]/NV 2012, 1475). Im Streitfall ist das Urteil des [X.] jedoch durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 8. März 2013 rechtskräftig geworden (§ 116 Abs. 5 Satz 3 [X.]O). Der angefochtene Bescheid kann daher nicht mehr geändert oder aufgehoben werden.

Meta

III S 2/12

08.03.2013

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

§ 69 Abs 3 FGO, § 69 Abs 6 S 2 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.03.2013, Az. III S 2/12 (REWIS RS 2013, 7545)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7545

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