Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2004, Az. X ZR 30/03

X. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2912

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 3. Juni 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 3. Juni 2004 durch [X.] [X.], [X.], die Richterinnen [X.] und Mühlens und [X.] Meier-Beck

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 5. Februar 2003 wird auf ihre Ko-sten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Das klagende Unternehmen verlangt von der beklagten [X.] Ersatz ent-gangenen Gewinns, weil sie nicht den Zuschlag für die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm erhalten hat.
Die Beklagte schrieb die Verwertung des in ihrer Kläranlage anfallenden Klärschlamms im Jahre 1998 für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 europaweit im Offenen Verfahren nach der [X.] ([X.]) aus. Die [X.] be-- 3 - gannen mit dem Hinweis, daß der Auftraggeber nach der [X.] verfahre. In der Ausschreibung hieß es, daß der Zuschlag gemäß § 25 Abs. 3 [X.] auf das Angebot erteilt werde, das unter Berücksichtigung aller technischen, wirt-schaftlichen und umweltverträglichen Gesichtspunkte sowie der Verwertungs-sicherheit als das annehmbarste erscheine. Ausweislich des [X.] war der Klärschlamm vom Auftragnehmer abzutransportieren, [X.] zwischenzulagern und auf von ihm zu akquirierende landwirt-schaftliche Nutzflächen aufzubringen. In den Vorbemerkungen zum [X.] hieß es unter anderem: "Grundlage für die Klärschlammverwertung ist die Klärschlammverordnung ...". Der zu verwertende Klärschlamm wurde unter anderem wie folgt charakterisiert: "Der Klärschlamm kann gekalkt oder ungekalkt angeboten werden."
Die Klägerin bot die Entsorgung sowohl mit als auch ohne Zwischenla-gerung zum Preis von 40,50 DM/t an. Ein weiterer Anbieter, die [X.], verlangte 41,00 DM/t bei [X.] des Klärschlamms und 43,00 DM/t bei Zwischenlagerung. Nach Ablauf der Angebotsfrist erfragte die Beklagte bei den [X.], in welchem Umfang die Bereitstellung gekalkten Klär-schlamms gewünscht werde. Sie wies zugleich darauf hin, daß bei einer Kalkzugabe aus technischen Gründen ein Minimum von 20 % zugesetzt wer-den müsse. Die [X.] gab an, während der gesamten [X.] nur 30 % der Abnahmemenge gekalkt zu benötigen. Die Klägerin antworte-te der [X.] mit Schreiben vom 26. Oktober 1998, daß sie in Kenntnis der derzeitigen Bodenwerte in den umliegenden [X.] ca. 70 % gekalkten Klärschlamm und 30 % ungekalkten Klärschlamm benötige. Obwohl aus ihrer Sicht eine Kalkzugabe von 5 - 6 % ausreichend sei, beziehe sie in ihre Planung - 4 - ein, daß es aus technischen Gründen in jedem Fall ca. 20 % sein müßten. Bei einer 20 %igen Kalkzugabe ändere sich der Bedarf an Klärschlamm im Jahre 2001 auf ca. 60 % gekalkten Klärschlamm und 40 % ungekalkten Klärschlamm.
Die Beklagte erteilte am 16. November 1998 der [X.] den Zuschlag. Sie bewertete deren Angebot unter Berücksichtigung des höhe-ren Angebotspreises einerseits und der niedrigeren [X.]skosten [X.] als das wirtschaftlichere.
Auf Antrag der Klägerin stellte die Vergabeprüfstelle des Innenministeri-ums [X.] fest, daß die Vergabe rechtsfehlerhaft erfolgt sei. Die Klägerin meint, die [X.]skosten hätten bei der Bewertung der [X.] keine Rolle spielen dürfen, weil sich dieses Kriterium nicht aus den [X.] ergeben habe. Bei Zugrundelegung des reinen Angebots-preises hätte sie als günstigste Bieterin den Zuschlag erhalten müssen. Sie verlangt deshalb Ersatz des ihr entgangenen Gewinns, den sie mit 675.000,-- DM beziffert.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage [X.].

Entscheidungsgründe:

- 5 - Die Revision hat keinen Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Beklagte habe bei der Erteilung des Zuschlages ihre vorvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Das Angebot der [X.] sei wegen deren geringe- ren [X.]sbedarfs wirtschaftlicher gewesen als das der Klägerin, welches nicht nur zu höheren [X.]skosten, sondern auch zu einer größeren Menge des zu entsorgenden Klärschlamms geführt und im [X.] von 132.021,80 DM verursacht hätte. Die Beklagte habe den Faktor "[X.]" auch berücksichtigen dürfen. Denn der mit der Materie vertraute Bieter habe den Ausschreibungsunterlagen entnehmen können und müssen, daß bei der betriebswirtschaftlichen [X.] der Angebote, die aufgrund des ausdrücklich genannten Zuschlagskriteriums der "[X.]" durchzuführen war, die [X.]skosten eine Rolle spielen konnten. Dies sei für die auf Klärschlammentsorgung spezialisierten Bieter schon aus der ausdrücklich in Bezug genommenen Klärschlammverordnung erkennbar gewe-sen, weil nach dieser die Beklagte als "Produzent" des Klärschlamms für eine dem Kalkbedarf der Aufbringungsflächen entsprechende Aufkalkung des Klär-schlamms rechtlich verantwortlich geblieben sei. Die Relevanz der [X.]s-kosten habe sich überdies aus der Vorbemerkung zur Leistungsbeschreibung ergeben, daß Klärschlamm gekalkt oder ungekalkt angeboten werden könne und auf Wunsch des Auftragnehmers gekalkter Schlamm zusätzlich untersucht werde, wenn es das Verwertungsziel erforderlich mache. [X.]sowenig habe die Beklagte gegen ihre Pflicht zur Leistungsbeschreibung nach § 8 Nr. 1 (1) [X.] verstoßen, da die Zufügung von Kalk keine Leistung des [X.], sondern eine Vorleistung der [X.] gewesen sei. Auch das [X.] sei nicht verletzt worden, weil wegen der explizit angesprochenen Möglichkeit der Kalkbeimengung für die Bieter offenkundig gewesen sei, daß die Beklagte je nach Qualität der Böden die erforderliche Kalkmenge zusetzen werde und ihr dadurch Betriebskosten entstehen mußten. Die Beklagte habe auch nicht gegen das Gebot zur Gleichbehandlung aller Bieter verstoßen. Denn sie habe alle Bieter nach der erforderlichen Kalkbeimengung gefragt. Die Bieter hätten durch ihre Antwort nicht etwa den angebotenen Preis nachträglich beeinflußt, sondern lediglich pflichtgemäß das [X.] der [X.] offengelegt.
I[X.] Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht entschieden, daß die [X.] nicht gegen ihre Pflicht zur Leistungsbeschreibung verstoßen habe. [X.] hätte die Beklagte ihre [X.]skosten nicht als [X.] an-wenden dürfen, weil die Ausschreibung insoweit unklar war. [X.] wegen die-ser Unklarheit durfte die Klägerin aber nicht auf ihr eigenes Verständnis ver-trauen, so daß ihr im Ergebnis trotz des Vergabefehlers kein Schadensersatz-anspruch zusteht.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]ats kommt bei [X.] durchgeführten Ausschreibungen für den übergangenen erst-rangigen Bieter ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen in Betracht. Aufgrund der öffentlichen Ausschreibung besteht ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Auftraggeber und den [X.], das bei einer Verletzung der Ausschreibungsregeln und -bedingungen einen Schadensersatzanspruch des übergangenen Bieters we-- 7 - gen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen begründen kann, wenn der Bieter in seinem berechtigten und schutzwürdigen Vertrauen enttäuscht [X.] ist, das Vergabeverfahren werde nach den maßgeblichen Bestimmungen abgewickelt (vgl. nur [X.].Urt. v. 06.02.2002 - [X.], NJW 2002, 1952 unter [X.]; v. 16.12.2003 - [X.], unter [X.]). Der Anspruch richtet sich grundsätzlich auf Ersatz des [X.] (negatives Interesse), d.h. auf Erstattung der nutzlosen Aufwendungen für die Erstellung des Angebots, ausnahmsweise jedoch auf Ersatz des entgangenen Gewinns (positives [X.]), falls der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich erteilt wurde und bei [X.] Verfahrensablauf dem übergangenen Bieter hätte zugeschla-gen werden müssen ([X.].Urt. v. 05.11.2002 - [X.], [X.], 240 unter III a).
Als Verfahrensfehler kommt hier nur ein Verstoß gegen die Bestimmun-gen der [X.] in der damals geltenden Ausgabe 1997 (künftig: [X.]) in [X.]. Die Beklagte wies in den [X.] ausdrücklich darauf hin, daß sie nach der [X.] verfahre. Falls sie deren Bestimmungen entgegen ihrer Zusage nicht einhielt, verletzte sie also ihre vorvertraglichen Pflichten.
2. Zu Recht beanstandet die Revision eine Verletzung des Gebots, bei der Wertung der Angebote nach § 25 [X.] nur solche Kriterien zu berück-sichtigen, die in den Verdingungsunterlagen angegeben waren.
a) Dieses Gebot ergibt sich schon aus der wegen Überschreitung des [X.] von 200.000 [X.] gebotenen richtlinienkonformen Ausle-gung der [X.]. Die Richtlinie 92/50/EWG des Rates über die Koordinierung - 8 - der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge vom 18. Juni 1992 will eine Gleichbehandlung aller Bewerber um öffentliche Aufträge und eine Vergabe allein nach sachlichen und [X.] Kriterien sicherstellen. Mit diesem Zweck ist die Berücksichtigung erst nachträglich gebildeter, aus der Ausschreibung selbst nicht hervorgehender Zuschlagskriterien unvereinbar. Könnte der Auftraggeber nachträglich den Kriterienkatalog beliebig ändern oder anders gewichten, wäre die nach dem Zweck der Regelung erforderliche Überprüfbarkeit seiner Vergabeentscheidung nach objektiven Kriterien nicht mehr gewährleistet. Es würden vielmehr nachträgliche Veränderungen im [X.] ermöglicht, mit deren Hilfe der Auftraggeber einen dem Gebot der Chancengleichheit widersprechenden Einfluß auf die Vergabeentscheidung nehmen könnte, der mit Sinn und Zweck der europarechtlichen Vorgaben zum Vergaberecht unvereinbar wäre. Es ist deshalb unabdingbar, daß die Wertung der Angebote nur auf solche Kriterien gestützt wird, die vorher, d.h. bei der [X.] zur Angebotsabgabe, bekanntgemacht worden sind. Nur dann ist auch dem Gebot der Rechtsst[X.]tlichkeit genügt, zu dem die Vorhersehbarkeit und Transparenz st[X.]tlichen Handelns gehören ([X.].Urt. v. 17.02.1999 - [X.], [X.], 137 unter [X.]).
b) Die Bekanntmachung setzt voraus, daß der Auftraggeber den [X.] die Zuschlagskriterien hinreichend klar und deutlich vor Augen geführt hat. Der Auftraggeber darf zwar bei der Gestaltung seiner Ausschreibung genügenden Sachverstand der Bieter voraussetzen. Er muß die Ausschreibung und insbe-sondere die Vergabekriterien jedoch so klar formulieren, daß jedenfalls [X.] Bieter keine Verständnisschwierigkeiten haben ([X.]/[X.]/ [X.], [X.], 5. Aufl., § 8 Rdn. 29). Auch ein mißverständlich formuliertes - 9 - Kriterium ist daher nicht hinreichend bekanntgemacht und darf deshalb bei der Wertung der Angebote nicht berücksichtigt werden.
c) Die demnach entscheidende Frage, ob das Kriterium der [X.]sko-sten der [X.] aus den ursprünglichen Verdingungsunterlagen klar genug erkennbar war, ist zu verneinen. Der gegenteilige Standpunkt des Berufungs-gerichts, wonach es für die Bieter offensichtlich gewesen sei, daß die [X.] der [X.] ein [X.] darstellen sollten, ist nicht frei von [X.].
(1) Dabei kann hier dahinstehen, ob ihm eine der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur begrenzt unterliegende tatrichterliche Auslegung zugrunde liegt oder diese Auslegung der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Über-prüfung unterworfen ist. Auch wenn es sich um eine ursprünglich dem [X.] vorbehaltene Auslegung handeln sollte, kann sie mit Blick auf den fest-zustellenden Rechtsfehler, der dem erkennenden [X.]at die eigene Auslegung eröffnet (st. Rspr. des [X.], vgl. nur Urt. v. 14.12.1990 - V ZR 223/89, NJW 1991, 1180 unter 2), keinen Bestand haben.
(2) Bei seiner Würdigung hat das Berufungsgericht den vorliegenden Sachverhalt nicht ausgeschöpft.
[X.]) Rechtlich bedenkenfrei hat das Berufungsgericht aus der [X.] zur Leistungsbeschreibung, in welcher die Beklagte den Klärschlamm gekalkt oder ungekalkt anbot, allerdings den Schluß gezogen, daß die mit der Materie vertrauten, auf Klärschlammentsorgung spezialisierten Bieter erkennen - 10 - konnten und mußten, daß die Beklagte in Befolgung der gesetzlichen Pflicht nach der Klärschlammverordnung ([X.] v. 15.04.1992, BGBl. [X.]992, 912) zur Aufkalkung bedürftiger Böden, die gleichermaßen zu beachten hat, wer Abwasserbehandlungsanlagen betreibt und Klärschlamm zum Aufbringen auf landwirtschaftlich genutzte Böden abgibt und wer Klärschlamm auf landwirt-schaftlich genutzte Böden aufbringt (§§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 9 [X.]), je nach Bedarf und Wahl des Auftragnehmers Kalk zusetzen werde. Unbegründet ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt, sie habe den Hinweis, der Klärschlamm kön-ne gekalkt oder ungekalkt angeboten werden, dahin verstanden, daß die [X.] den Kalk im eigenen Interesse, nämlich zwecks besserer Handhabung, mit Kalk versetzen wolle und sie, die Klägerin, den Kalk daher nehmen müsse, "wie es kommt". Da ein solches Mißverständnis der Klägerin dem vom [X.] zutreffend ermittelten objektiven Erklärungsinhalt widersprochen hätte, kommt es darauf nicht an. [X.]falls keinen Erfolg hat die in diesem Zu-sammenhang erhobene weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei rechtswidrig davon ausgegangen, eine nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen erforderliche [X.] habe zwingend durch [X.] zum Klärschlamm erfolgen müssen und sei daher von der [X.] zu veranlassen gewesen. Es trifft zwar zu, daß der Kalk auch unmittelbar auf die [X.] aufgebracht werden kann und deshalb die [X.] auch vom Abneh-mer des Klärschlamms vorgenommen werden darf. Ein etwaiger diesbezügli-cher Irrtum des Berufungsgerichts war für das Ergebnis seiner Auslegung [X.] nicht kausal. Für das Berufungsgericht war entscheidend, daß die [X.] für eine ausreichende [X.] der Aufbringungsflächen rechtlich ver-- 11 - antwortlich blieb. Ob neben der [X.] auch die Klägerin verantwortlich war, spielte keine Rolle.
Auch die weitere Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, für die Bieter sei gleichfalls offenkundig gewesen, daß der - Material und Arbeit erfordernde - Kalkzusatz die Betriebskosten der [X.] vermehren und außerdem die Menge des zu entsorgenden Klärschlamms vergrößern und damit die von der [X.] zu zahlende, nach einem Einheitspreis pro Tonne Klärschlamm zu errechnende Gesamtvergütung erhöhen werde, kann nach der Fachkunde der Bieter erwartet werden.
[X.]) [X.] rechtlichen Bedenken begegnet hingegen die An-nahme des Berufungsgerichts - die es, wenn überhaupt, auch nur konkludent geäußert hat -, die Beklagte habe ferner hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß ihre [X.]skosten ein [X.] seien. Dem [X.] hat hierfür die von ihm zugrunde gelegte, für die Bieter ersichtli-che Tatsache genügt, daß eine [X.] die Kosten der [X.] erhöhte.
Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Grundsatzfrage, inwieweit of-fensichtliche Faktoren, die sich auf die Kosten des Auftraggebers auswirken, über die bloße Erwähnung des [X.] hinaus als [X.] genannt werden müssen, stellt sich nicht. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß eine ausreichende Deutlichkeit des [X.]s der [X.]skosten allenfalls dann zugrunde gelegt werden kann, wenn die Bieter aufgrund dieses Wissens davon ausgehen müssen und insgesamt [X.] auch davon ausgehen, daß diese Kosten in die Bewertung des annehm-- 12 - barsten Gebots einfließen werden. Eine Klarheit in diesem Sinne schafft die hier vorliegende Ausschreibung nicht. Mit der Bedeutung dieser Kosten [X.] sich die Ausschreibungsunterlagen nicht; sie stellen vielmehr die Auswahl zwischen gekalktem und ungekalktem Klärschlamm ohne jede Einschränkung in die Entscheidung des Abnehmers. Für den unbefangenen Leser verbleibt auch vor dem Hintergrund des vom Berufungsgericht angenommenen [X.] der Bieter auf ihrer Seite die nach dem Wortlaut nicht fernliegende Möglichkeit, daß es dem [X.] auf diese Kosten nicht ankomme, etwa weil sie im konkreten Fall nicht ins Gewicht fallen oder durch anderweitige Vorteile wie eine kostengünstige Entsorgung von kalkhaltigem Material kom-pensiert werden. Daß es sich für die Beklagte bei diesen Kosten um einen Um-stand von Bedeutung handeln kann, ist mit der nötigen Klarheit erst durch ihre der Ausschreibung nachfolgende Anfrage bei den in Aussicht genommenen [X.] hervorgetreten, in welchem Umfang sie die Lieferung von gekalktem Schlamm benötigten. Diese Anfrage konnte jedoch aufgrund des Zeitpunkts, zu dem sie erfolgt ist, die bis zum Ende der Ausschreibungsfrist bestehende und dort der Beurteilung zugrundeliegende Unklarheit nicht beseitigen. Der erken-nende [X.]at hat bereits entschieden, daß es genügt, wenn zweifelsfrei zu er-kennen war, daß bestimmte Kosten bei der Auftragserteilung eine Rolle spielen würden (Urt. v. 06.02.2002, [X.]O). So lag es hier aber gerade nicht. Weil die Frage nach dem [X.]sbedarf fehlt, muß den Bewerbern auch die entge-gengesetzte Verständnismöglichkeit eingeräumt werden, daß nämlich die [X.] nicht nur die gewünschte [X.] kostenlos vornehmen, sondern dar-über hinaus darauf verzichten wolle, die individuellen [X.]swünsche der Bewerber bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Angebote in ihre Berechnung einzustellen. Die Bieter brauchten diese Möglichkeit nicht etwa wegen der - 13 - mutmaßlichen Höhe der [X.]skosten und/oder der Pflicht der [X.] zur Berücksichtigung ihrer sämtlichen Kosten bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung auszuscheiden. Solche Überlegungen haushaltsrechtlicher Art oblagen viel-mehr allein der [X.]. Beide [X.] waren somit ver-tretbar. Dann aber war das [X.] der [X.]skosten aus den [X.] nicht klar genug ersichtlich.
Nach alledem hat die Beklagte mit der Berücksichtigung ihrer [X.]s-kosten bei der Vergabeentscheidung gegen das öffentliche Vergaberecht (§ 25 [X.]) verstoßen.
3. Trotz diesem Verstoß ist die Schadensersatzforderung der Klägerin nicht begründet.
Dies ergibt sich daraus, daß die Schadensersatzpflicht des [X.], die ihren Grund in der Verletzung des Vertrauens des Bieters darauf [X.], daß das Vergabeverfahren nach den einschlägigen Vorschriften des [X.] abgewickelt wird ([X.].Urt. v. 16.12.2003, [X.]O unter [X.]), ein be-rechtigtes und schutzwürdiges Vertrauen voraussetzt ([X.]Z 124, 64, 70; [X.].Urt. v. 12.06.2001 - [X.], NJW 2001, 3698 unter 3; v. 16.04.2002 - [X.]/00, NJW 2002, 2558 unter 2 e; v. 28.10.2003 - [X.], [X.], 166 unter 1 d). Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens entfällt, wenn der Bieter bei der ihm im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung erkannt hat oder hätte erkennen müssen, daß der Auftraggeber von den für ihn geltenden Regeln ab-weicht ([X.]Z [X.]O; [X.].Urt. v. 12.06.2001, [X.]O). Darüber hinaus verdient sein Vertrauen aber auch dann keinen Schutz, wenn sich ihm die ernsthafte Gefahr - 14 - eines [X.] des Auftraggebers aufdrängen muß, ohne daß die Ab-weichung schon sicher erscheint. Aus diesem Grund war im vorliegenden Fall das Vertrauen der Klägerin, die Beklagte werde ihre - ersichtlich anfallenden, aber nicht zum [X.] erklärten - [X.]skosten bei der Wertung der Angebote außer acht lassen, nicht berechtigt. Dazu war die Ausschreibung in diesem Punkt unklar. [X.] weil das Angebot der [X.], den Klär-schlamm nach Wahl des Auftragnehmers zu kalken, mehrdeutig war, also ver-schiedene, auch entgegengesetzte [X.] eröffnete - was ein fachkundiger Bieter auch erkennen mußte -, hätte die Klägerin sich nicht ohne weiteres auf die ihr günstigere Auslegungsmöglichkeit verlassen dürfen, sondern damit rechnen müssen, daß die Beklagte ihre [X.]skosten doch zum Wertungskriterium machen wolle.
Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden, ob der Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres entgangenen Gewinns auch am Gesichtspunkt des sogenannten rechtmäßigen Alternativverhaltens scheitert.
4. Einen Anspruch auf Ersatz ihres negativen Interesses, d.h. ihrer nutz-losen Aufwendungen für die Teilnahme an der Ausschreibung, hat die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nicht, auch nicht hilfsweise, geltend gemacht.

[X.] Scharen [X.]

Mühlens Meier-Beck

Meta

X ZR 30/03

03.06.2004

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.06.2004, Az. X ZR 30/03 (REWIS RS 2004, 2912)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2912

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