Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.09.2013, Az. V B 78/12

5. Senat | REWIS RS 2013, 2604

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Gegenstand

Beiladung


Leitsatz

NV: Die Ablehnung einer einfachen Beiladung ist in der Regel ermessensfehlerfrei, wenn der Beizuladende ein den Belangen des Klägers entgegengesetztes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, der Kläger der Beiladung ausdrücklich widerspricht und das Interesse an der Wahrung des Steuergeheimnisses des Klägers gegenüber dem Interesse des Beizuladenden an der Verbesserung seiner Rechtsposition überwiegt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Ermessensentscheidung des Finanzgerichts ([X.]) über die Ablehnung der Beiladung ist nicht zu beanstanden.

2

1. Wie das [X.] zu Recht ausgeführt hat, liegt ein Fall der notwendigen Beiladung i.S. des § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) nicht deshalb vor, weil der Beschwerdeführer ein wirtschaftliches Interesse hat, nicht als [X.] für die vor seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft entstandenen Umsatzsteuerschulden in Anspruch genommen zu werden. Nach § 60 Abs. 3 [X.]O sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, beizuladen. Da das rechtliche Schicksal des Steuerbescheides und des Haftungsbescheides jedoch nicht notwendig verbunden sind, liegen diese Voraussetzungen nicht vor (vgl. Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 5. September 2012 II B 61/12, [X.], 1995; vom 23. Januar 2004 VII B 184/03, [X.], 795).

3

2. Die Ermessensentscheidung des [X.] ist aber auch nicht insoweit zu beanstanden, als es eine einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 [X.]O abgelehnt hat. Vielmehr hat es sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt.

4

a) Zunächst hat das [X.] zu Recht ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung, wonach das [X.] von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen kann, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, grundsätzlich gegeben sind. Zweck der Beiladung ist es, im Interesse der Prozessökonomie und der Rechtssicherheit widersprechende Entscheidungen über denselben Gegenstand zu verhindern. Wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.] vom 1. Februar 2001 V B 199/00, [X.], 23, [X.] 2001, 418; vom 9. April 2008 V B 143/07, [X.], 1339), berührt eine Entscheidung im Rechtsstreit des leistenden Unternehmers über die Steuerpflicht seiner Umsätze die rechtlichen Interessen des den Vorsteuerabzug begehrenden Leistungsempfängers, sodass eine einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 [X.]O grundsätzlich in Betracht kommt ([X.] in [X.], 23, [X.] 2001, 418, Rz 8). Das Beiladungsinteresse des Beschwerdeführers ergibt sich daraus, dass nach der Rechtsprechung des [X.] --BGH-- ([X.] vom 2. November 2001 V ZR 224/00, [X.] 2002, Beilage 3, 115) ein zivilrechtlicher Anspruch auf Rechnungserstellung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis in nicht einfach gelagerten Fällen nur bei einer bestandskräftigen Feststellung der Steuerbarkeit durch das Finanzamt oder das [X.] besteht. Dies ist vorliegend der Fall, weil es im Streitfall in der Hauptsache um Steuerbarkeit der Übertragung eines [X.] gegen die Rückgabe eines Gesellschaftsanteils geht, insbesondere um die Frage, ob es sich hierbei ggf. um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes handelt.

5

b) Die Ablehnung der Beiladung erscheint gleichwohl ermessensfehlerfrei, weil nach der Rechtsprechung des [X.] das Interesse des Steuerpflichtigen an der Wahrung des Steuergeheimnisses im Regelfall höher zu bewerten ist als das Interesse des [X.] an der Verbesserung seiner Rechtsposition, zumal, wenn der [X.] ein den Belangen des [X.] entgegengesetztes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat und der Steuerpflichtige der Beiladung --wie im [X.] widerspricht ([X.] vom 23. April 2007 I B 27/07, [X.] 2007, 1675; vom 17. August 1978 VII B 30/78, [X.]E 126, 7, [X.] 1979, 25).

6

c) Da die Beiladung der Prozessökonomie dient, kann auch der Konflikt des [X.] des Beschwerdeführers mit dem Steuergeheimnis nur ausnahmsweise dadurch gelöst werden, dass das Steuergeheimnis durch Ausheftung weniger Aktenteile oder durch Schwärzung einzelner Textstellen gewahrt bleibt. Dass diese Voraussetzungen gegeben sind, hat die Klägerin nicht dargetan.

7

3. Über die Kosten des Verfahrens hat das [X.] im Rahmen der Entscheidung über die Hauptsache zu entscheiden ([X.] vom 4. August 1988 VIII B 82/87, [X.] 1989, 249, und vom 13. Juli 2009 II B 10/09, [X.] 2009, 1663).

Meta

V B 78/12

19.09.2013

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 12. Juni 2012, Az: 6 K 1998/10, Beschluss

§ 60 Abs 1 FGO, § 30 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.09.2013, Az. V B 78/12 (REWIS RS 2013, 2604)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2604

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