Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.05.2010, Az. IV B 15/10

4. Senat | REWIS RS 2010, 6813

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Gegenstand

Akteneinsicht im Verfahren der Beschwerde gegen eine Beiladung


Leitsatz

NV: Im Verfahren der Beschwerde gegen eine Beiladung beschränkt sich die Akteneinsicht auf diejenigen Akten, die die Grundlage für die Entscheidung des Gerichts über die Beiladung bilden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer zu 1. (Kläger) hat vor dem Finanzgericht ([X.]) Untätigkeitsklage gegen den Bescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --[X.]--) über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen der Einkommensbesteuerung für 1998 vom 21. Dezember 2005 für die [X.] erhoben. In diesem Bescheid wird ausgeführt, der Kläger habe den Bescheid als Treugeber eines Kommanditanteils erhalten. Die [X.] sei bereits erloschen. In der Einspruchsentscheidung vom 6. November 2009 hat das [X.] ausgeführt, die [X.] sei Kommanditistin der [X.] gewesen und habe ihren Anteil treuhänderisch für mehrere natürliche Personen, u.a. den Kläger gehalten. Die [X.] sei bereits im Handelsregister gelöscht. Der angegriffene Bescheid vom 21. Dezember 2005 sei ein Bescheid im sog. zweistufigen Feststellungsverfahren. In der ersten Stufe sei der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb der [X.] festgestellt und auf die Gesellschafter verteilt worden. In der zweiten Stufe sei der Gewinnanteil des Treuhänders ([X.]) auf die Treugeber verteilt worden. Diese Feststellungen seien zu einem Bescheid verbunden worden, weil es sich um ein offenes Treuhandverhältnis gehandelt habe.

2

Das [X.] hat mit Beschluss vom 21. Januar 2010 den Beigeladenen, Beschwerdeführer zu 2. und Antragsteller (Antragsteller) als Nachtragsliquidator der [X.] zum Verfahren beigeladen.

3

Der Kläger und der Antragsteller haben hiergegen Beschwerde eingelegt.

4

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens beantragt der Antragsteller "Einsicht in die gesamte Prozessakte (Finanzgerichtsakten, Verwaltungsakten, etc.)".

5

Der Kläger ist der Auffassung, die Gewährung von Akteneinsicht verstoße gegen das Steuergeheimnis.

Entscheidungsgründe

6

II. Dem Antragsteller wird teilweise Akteneinsicht gewährt.

7

1. Die Entscheidung über die Akteneinsicht trifft entsprechend dem laufenden Beschwerdeverfahren der Beschlusssenat in der Besetzung mit drei Richtern und nicht der Senatsvorsitzende alleine (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2004 [X.]/02, juris).

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2. Nach § 78 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]) können die Beteiligten die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen.

9

a) Diese Vorschrift gilt auch im Beschwerdeverfahren. Denn für dieses unvollständig geregelte Verfahren sind über den sinngemäß anwendbaren § 121 [X.] die Vorschriften der Abschnitte [X.] und [X.] des Zweiten Teils der [X.] anzuwenden (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 30. April 1987 [X.]/86, [X.], 437, [X.] 1987, 502; vgl. auch [X.] vom 22. Dezember 2005 [X.], [X.], 784).

b) Im Beschwerdeverfahren ist der [X.] --im Streitfall neben dem Kläger der Antragsteller-- Beteiligter i.S. des § 57 [X.], der im Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 16. Januar 1984 GrS 5/82, [X.]E 140, 408, [X.] 1984, 439, unter [X.].2.a der Gründe).

3. Allerdings kann das Recht auf Akteneinsicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 der Abgabenordnung) eingeschränkt sein ([X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 78 [X.] Rz 80, m.N. aus der Rechtsprechung).

Dies gilt insbesondere für die Beschwerde gegen die Beiladung. Denn erst mit der Entscheidung über die Beschwerde ist geklärt, ob die Stellung des Beigeladenen als Beteiligter des Klageverfahrens (§ 57 Nr. 3 [X.]) weiter bestehen bleibt. Nur ein Beteiligter hat aber das Recht auf Akteneinsicht (§ 78 Abs. 1 [X.]). Zum Schutz des Steuergeheimnisses hat der Gesetzgeber --anders als nach § 65 Abs. 4 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 75 Abs. 3 Satz 3 des [X.] in der [X.] die Möglichkeit geschaffen, auch den die Beiladung anordnenden Beschluss anzugreifen ([X.] in [X.], § 60 [X.] Rz 100; vgl. schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses vom 9. Juni 1965, zu [X.]. [X.]/3523, [X.], zu § 58 [X.]). Im Beschwerdeverfahren über die Beiladung beschränkt sich daher die Akteneinsicht auf diejenigen Akten, die die Grundlage für die Entscheidung des [X.] über die Beiladung bilden.

4. Vorliegend ist dem Antragsteller demnach Einsicht in die Akte des [X.] zu gewähren, da sich diese nur auf die Beiladung bezieht. Ferner kann vom Antragsteller die [X.] eingesehen werden, weil die Frage der Beiladung von den vorgebrachten Einwendungen des Klägers abhängt.

Da das [X.] den Antragsteller als Nachtragsliquidator der [X.] beigeladen hat, ist dem Antragsteller auch Einsicht in die Rechtsbehelfsakte zur [X.] der [X.] sowie in den Schriftwechsel zwischen dem [X.] und dem Amtsgericht hinsichtlich der [X.] zu gewähren.

Über den Inhalt der genannten Akten hinaus haben allerdings die Akten über den Schriftwechsel im Einspruchsverfahren des Klägers, über die Betriebsprüfung bei der [X.] sowie die Feststellungsakten und die [X.] der [X.] keine Bedeutung für die Beiladung. Daher hat der Antragsteller insofern kein Recht auf Akteneinsicht.

Meta

IV B 15/10

10.05.2010

Bundesfinanzhof 4. Senat

Beschluss

§ 57 FGO, § 78 Abs 1 FGO, § 121 FGO, § 30 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.05.2010, Az. IV B 15/10 (REWIS RS 2010, 6813)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6813

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