Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.09.2023, Az. VIII R 31/20

8. Senat | REWIS RS 2023, 9086

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Gegenstand

Notwendige Beiladung der Erben eines im Revisionsverfahren verstorbenen beizuladenden Gesellschafters


Leitsatz

1. Die Erben eines gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung notwendig beizuladenden ehemaligen Gesellschafters, der während des Revisionsverfahrens verstirbt, sind notwendig beizuladen.

2. Die Erben sind auch dann notwendig beizuladen, wenn der Rechtsstreit die Zeit bis zum Eintritt der Erbfolge betrifft, sie nach dem Erbfall aber nicht selbst Gesellschafter der klagenden Personengesellschaft werden.

3. Das Revisionsverfahren wird aufgrund des Todes eines notwendig Beizuladenden während des Verfahrens nicht unterbrochen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 26.11.2020 - 9 K 2236/18 F aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob für die in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG als Steuerberatungsgesellschaft gegründete Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für das [X.] (Streitjahr) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert und einheitlich festzustellen sind.

2

Gesellschafter der Klägerin im Streitjahr waren nach § 5 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin die [X.] Steuerberatungsgesellschaft mbH ([X.]eigeladene) als Komplementärin ohne [X.]eteiligung am Gewinn, Verlust und Gesellschaftsvermögen, als weiterer Komplementär Herr Steuerberater [X.], der in Höhe von 99,9 % am Gewinn und am Vermögen der Klägerin beteiligt war und Frau Steuerberaterin [X.], die als Kommanditistin in Höhe von 0,1 % am Gewinn, Verlust und Gesellschaftsvermögen beteiligt war. [X.] war im Streitjahr zugleich [X.]lleingesellschafter und Geschäftsführer der [X.]eigeladenen.

3

Geschäftsgegenstand der Klägerin war nach § 2 des Gesellschaftsvertrags die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen und die [X.]usübung damit vereinbarer Tätigkeiten entsprechend § 33 i.V.m. § 57 [X.]bs. 3 des [X.] einschließlich der Treuhandtätigkeit. Das im Streitjahr maßgebliche Geschäftsjahr lief als Rumpfgeschäftsjahr von deren Eintragung im Handelsregister am 29.11.2016 bis zum 31.12.2016 (§ 4 [X.]bs. 2 des Gesellschaftsvertrags).

4

Im Streitjahr waren [X.] und die [X.]eigeladene für die Klägerin jeweils einzelvertretungsberechtigt und von den [X.]eschränkungen des § 181 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs befreit. [X.] und die [X.]eigeladene waren als persönlich haftende Gesellschafter jeweils auch einzeln geschäftsführungs- und vertretungsbefugt (§ 9 i.V.m. § 10 [X.]bs. 2 des Gesellschaftsvertrags). Für den Fall, dass bei der Willensbildung zu [X.] innerhalb der Geschäftsführung keine Einigkeit erzielt werden konnte, waren die Stimmen der Steuerberater unter den persönlich haftenden Gesellschaftern ausschlaggebend. [X.] und die [X.]eigeladene durften nach § 11 des Gesellschaftsvertrags zudem nicht in ihrer Unabhängigkeit und Freiheit zu pflichtgemäßem Handeln beeinträchtigt werden.

5

Nach § 11 des Gesellschaftsvertrags hatten die [X.]eigeladene und [X.] die Gesellschafterversammlungen der Klägerin einzuberufen. Die [X.]eigeladene war in den Gesellschafterversammlungen jedoch nicht stimmberechtigt, da nach dem Gesellschaftsvertrag nur je angefangene 100,00 € der Festeinlage eine Stimme in der Gesellschafterversammlung gewährt wurde und die [X.]eigeladene keine Festeinlage leisten musste und auch nicht geleistet hatte.

6

[X.] und die [X.]eigeladene hatten als persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin den Jahresabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr festzustellen (§ 12 des Gesellschaftsvertrags). Der Gewinn war nur zwischen [X.] und [X.] quotal zu verteilen. Die [X.]eigeladene nahm am Ergebnis nicht teil.

7

Im Fall der [X.]uflösung der Klägerin waren [X.] und die [X.]eigeladene als Liquidatoren bestimmt, soweit nicht durch [X.]eschluss der Gesellschafterversammlung besondere Liquidatoren bestellt würden (§ 15 des Gesellschaftsvertrags).

8

Mit ihrer aktiven Geschäftstätigkeit als Steuerberatungsgesellschaft begann die Klägerin erst nach dem Streitjahr im März 2017.

9

Im [X.]escheid zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr vom 13.04.2018 wurden [X.] ([X.]eteiligung 99,9 %), die [X.]eigeladene ([X.]eteiligung 0 %) und [X.] ([X.]eteiligung 0,1 %) als Feststellungsbeteiligte behandelt. [X.]ls Einkunftsart der Klägerin wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt. Es wurden ein negativer laufender Gesamthandsgewinn in Höhe von 689,62 € und Sonderbetriebseinnahmen des [X.] in Höhe von 1,22 € festgestellt. Der negative laufende Gesamthandsgewinn wurde an [X.] und an [X.] quotal verteilt.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) sah die [X.]eigeladene als Mitunternehmerin der Klägerin an. Da die [X.]eigeladene kraft Rechtsform gemäß § 8 [X.]bs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele, sei sie als berufsfremde, nicht freiberuflich tätige Mitunternehmerin der Klägerin zu qualifizieren. Dies schließe die Erzielung und Feststellung von Einkünften aus selbständiger [X.]rbeit auf [X.] der Klägerin aus. Die [X.]egründung des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 204 mitgeteilt.

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie rügt im Hinblick auf die Einordnung der [X.]eigeladenen als Mitunternehmerin der Klägerin im Streitjahr die Verletzung materiellen [X.]undesrechts.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] Düsseldorf vom 26.11.2020 - 9 K 2236/18 F sowie die Einspruchsentscheidung vom 20.07.2018 und den [X.]escheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr vom 13.04.2018 dergestalt zu ändern, dass Einkünfte aus selbständiger [X.]rbeit gesondert und einheitlich festgestellt werden.

Das F[X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die [X.]eigeladene hat keinen [X.]ntrag gestellt.

Die [X.]eigeladene trat bereits am 10.04.2018 als Komplementärin wieder aus der Klägerin aus. Nach der [X.]ustellung des [X.]-Urteils am 10.12.2020 wechselte [X.] zum 30.12.2020 von der Stellung als Komplementär in die Stellung eines Kommanditisten der Klägerin. [X.] übertrug ihren Mitunternehmeranteil zum 30.12.2020 auf [X.] und schied aus der Klägerin aus, sodass [X.] ab diesem [X.]eitpunkt alleiniger Kommanditist der Klägerin war. ([X.]lleinige) Komplementärin der Klägerin war seit dem 30.12.2020 die wieder in die Klägerin eingetretene [X.]eigeladene.

[X.] übertrug im Jahr 2021 seinen Kommanditanteil auf die [X.] als neue alleinige Kommanditistin. [X.] verstarb während des Revisionsverfahrens am 27.04.2023. [X.]um [X.]eitpunkt des Todes des [X.] bestand die Klägerin somit nur noch aus der [X.]eigeladenen als Komplementärin und der [X.] als Kommanditistin. Die Erben des [X.] sind nicht bekannt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet.

[X.] und die (derzeit unbekannten) Erben des [X.] sind zum Verfahren gemäß § 60 [X.]bs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) jeweils notwendig beizuladen. Der Senat übt das ihm nach § 123 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]O eingeräumte Ermessen dahingehend aus, die erforderlichen notwendigen [X.]eiladungen nicht selbst vorzunehmen und den Streitfall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

1. [X.] und [X.] sind als nach dem Streitjahr aus der Klägerin ausgeschiedene Gesellschafter gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 60 [X.]bs. 3 [X.]O zum Verfahren notwendig beizuladen. Da [X.] während des Revisionsverfahrens verstorben ist, sind dessen (derzeit unbekannte) Erben als Gesamtrechtsnachfolger notwendig beizuladen.

a) Die Feststellung zur [X.]rt der auf [X.] der Mitunternehmerschaft erzielten Einkünfte gehört zu den selbständig anfechtbaren Feststellungen eines Gewinnfeststellungsbescheids (vgl. z.[X.]. Urteile des [X.] --[X.]FH-- vom 04.07.2007 - VIII R 77/05, [X.], 53, unter [X.] [Rz 21]; vom 01.10.2020 - IV R 4/18, [X.], 154, Rz 25, m.w.N.; vom 29.09.2022 - IV R 18/19, [X.], 273, [X.] 2023, 326, Rz 14; vom 19.01.2023 - IV R 5/19, [X.], 450, [X.] 2023, 649, Rz 30). Hinsichtlich der Feststellung zur [X.]rt der Einkünfte ist während ihres [X.]estehens die Gesellschaft (Klägerin) als Prozessstandschafterin gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]O vorrangig klagebefugt ([X.]FH-Urteile vom 04.07.2007 - VIII R 77/05, [X.], 53, unter [X.] [Rz 21]; vom 22.11.1994 - VIII R 63/93, [X.], 28, [X.] 1996, 93, unter [X.] [Rz 13]). [X.]uch einem ausgeschiedenen Gesellschafter steht wegen dieser Feststellung gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 3 [X.]O jedoch eine eigene Klagebefugnis zu ([X.]FH-Urteile vom 10.09.2020 - IV R 14/18, [X.], 363, [X.] 2021, 367, Rz 16; vom 28.10.2008 - VIII R 71/06, juris, unter I[X.]b [Rz 25]; vom 04.07.2007 - VIII R 77/05, [X.], 53, unter [X.] [Rz 22]).

b) Nach § 60 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.]O muss eine [X.]eiladung notwendig erfolgen, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die gerichtliche Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. [X.]usgeschiedene Gesellschafter sind im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns bei sie betreffenden streitigen Feststellungen stets notwendig beizuladen, und zwar auch dann, wenn es um Feststellungen geht, für die an sich nur der zur Vertretung berufene Geschäftsführer nach § 48 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]O klagebefugt ist ([X.] vom 07.10.2008 - VIII [X.] 9/08, juris, unter II.2. [Rz 11, 12]). Die notwendige [X.]eiladung ist auch dann erforderlich, wenn ein Gesellschafter erst während eines bereits in Gang gesetzten Revisionsverfahrens aus einer Personengesellschaft ausscheidet, die als Prozessstandschafterin Klage gegen einen Feststellungsbescheid erhoben hat (vgl. [X.] vom 01.10.2010 - IV R 32/07, [X.], 271, Rz 22, 23). Ist der an sich klagebefugte und beizuladende ausgeschiedene Gesellschafter (Mitunternehmer) vor der [X.]eiladung verstorben, sind dessen Erben notwendig beizuladen.

aa) Die Voraussetzungen für eine notwendige [X.]eiladung sind im Hinblick auf die hier streitige Feststellung zur [X.]rt der Einkünfte für [X.] und [X.] erfüllt. [X.]eide sind mit ihrem [X.]usscheiden aus der [X.] ([X.]) und im Jahr 2021 ([X.]) gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 3 [X.]O im Revisionsverfahren klagebefugt geworden. Dass während der Mitunternehmerstellung beider Gesellschafter zunächst eine ausschließliche Klagebefugnis der Klägerin gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]O bestand und die Klagebefugnis der Klägerin als Prozessstandschafterin bislang mangels Vollbeendigung der Klägerin auch nicht erloschen ist, steht der Klagebefugnis von [X.] und [X.] als ausgeschiedene Gesellschafter und der damit einhergehenden erforderlichen notwendigen [X.]eiladung nicht entgegen (vgl. [X.] vom 01.10.2010 - IV R 32/07, [X.], 271, Rz 22, 23).

bb) Für den verstorbenen [X.] sind dessen Erben als Gesamtrechtsnachfolger notwendig beizuladen (vgl. [X.] vom 30.01.2004 - IV [X.] 81/02, juris, unter 2. [Rz 32]). Dies gilt selbst dann, wenn der oder die Erben nach dem Erbfall nicht selbst Gesellschafter der Klägerin werden sollten. Die [X.]eiladung ist auch in diesem Fall erforderlich, weil der Rechtsstreit die [X.] bis zum Eintritt der Erbfolge betrifft. Da auch die Erben als Gesamtrechtsnachfolger des [X.] wie dieser selbst durch die angefochtene Feststellung zur [X.]rt der Einkünfte für das Streitjahr betroffen sind, kann die [X.]eiladung auch nicht ausnahmsweise unterbleiben (vgl. [X.] vom 07.10.2008 - VIII [X.] 9/08, juris, unter II.2. [Rz 13, 14]).

2. Der Senat übt das ihm nach § 123 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]O eingeräumte Ermessen dahingehend aus, die erforderlichen notwendigen [X.]eiladungen von [X.] und der (unbekannten) Erben des [X.] nicht selbst vorzunehmen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Der mit dieser Regelung verbundene Zweck der Verfahrensbeschleunigung kann im Streitfall nicht erreicht werden. Die Erben des [X.] sind derzeit unbekannt und können vom Senat auch nicht ermittelt werden. Der Prozessbevollmächtigte hat mitgeteilt, das Testament des [X.] sei trotz des seit dem Tod des [X.] inzwischen vergangenen [X.]raums noch nicht eröffnet worden. Eine Entscheidung im Revisionsverfahren ohne Vornahme der [X.]eiladungen kommt nicht in [X.]etracht, da eine unterbliebene notwendige [X.]eiladung ausgeschiedener klagebefugter Gesellschafter (oder von deren Erben) zu einem Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens führen würde (vgl. [X.]FH-Urteile vom 07.06.2018 - IV R 11/16, [X.]FH/NV 2018, 1156, Rz 18). Vorliegend ist die Zurückverweisung des Streitfalls an das [X.] auch deshalb zweckmäßig und ermessensgerecht, um [X.] und den unbekannten Erben des [X.] die Möglichkeit zu geben, sich zu dem angegriffenen Gewinnfeststellungsbescheid als Verfahrensbeteiligte (§ 57 Nr. 3 [X.]O) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht äußern zu können.

3. Der Senat ist nicht wegen einer Unterbrechung des Revisionsverfahrens gemäß § 155 [X.]O i.V.m. § 239 [X.]bs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) an einer Entscheidung gehindert.

Zwar kann ein finanzgerichtliches Verfahren nach diesen Vorschriften auch unterbrochen sein, wenn ein notwendig [X.]eigeladener als Verfahrensbeteiligter während des Verfahrens verstirbt ([X.]FH-Urteil vom 20.11.2014 - IV R 1/11, [X.]FHE 248, 28, [X.] 2017, 34, Rz 11; zur unterbleibenden Unterbrechung, wenn die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten über den Tod des vertretenen [X.]eteiligten hinaus fort gilt s. aber § 155 [X.]O i.V.m. § 86, § 246 [X.]bs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO). Eine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 155 [X.]O i.V.m. § 239 [X.]bs. 1 ZPO setzt bei sinngemäßer [X.]nwendung des Merkmals des "Todes einer Partei" im Rahmen eines finanzgerichtlichen Verfahrens jedoch voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter im Sinne des § 57 Nr. 1 bis 3 [X.]O verstirbt. [X.] hatte zum [X.]punkt seines Todes die Stellung eines notwendig [X.]eigeladenen nicht inne und war bis zu seinem Tod nicht Verfahrensbeteiligter gemäß § 57 Nr. 3 [X.]O geworden. Ein notwendig [X.]eizuladender erhält die Stellung als Verfahrensbeteiligter gemäß § 57 Nr. 3 [X.]O erst durch den [X.]eiladungsbeschluss, der gegenüber [X.] bis zu dessen Tod nicht ergangen ist (vgl. [X.] vom 01.10.2010 - IV R 32/07, [X.], 271, Rz 24).

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das [X.] hat im zweiten Rechtsgang die [X.]eiladungen der [X.] und der (unbekannten) Erben des [X.] nachzuholen. [X.]us prozessökonomischen Gründen weist der Senat ohne [X.]indungswirkung gemäß § 126 [X.]bs. 5 [X.]O zu dem Streitpunkt, ob die [X.]eigeladene im Streitjahr Mitunternehmerin der Klägerin ist und ob die Voraussetzungen für eine Erzielung von Einkünften aus selbständiger [X.]rbeit auf [X.] der Klägerin im Streitjahr erfüllt sind, auf Folgendes hin.

a) Die [X.]eigeladene kann im Streitjahr Mitunternehmerin der Klägerin (und Feststellungsbeteiligte) sein, wenn sie ein schwach ausgeprägtes [X.] getragen hat, welches durch besonders stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiativrechte kompensiert worden ist. Es erscheint aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des [X.] als naheliegend, dass die hierfür erforderlichen Voraussetzungen im Streitfall erfüllt sind.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]FH ist nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft auch Mitunternehmer im Sinne von § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dies ist er nur dann, wenn er aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen (oder einer wirtschaftlich vergleichbaren) Stellung [X.] ausüben kann und ein [X.] trägt ([X.]FH-Urteile vom 10.10.2012 - VIII R 42/10, [X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79; vom 03.11.2015 - VIII R 63/13, [X.]FHE 252, 294, [X.] 2016, 383; [X.]eschluss des Großen Senats des [X.]FH vom 25.06.1984 - GrS 4/82, [X.]FHE 141, 405, [X.] 1984, 751). Die Kriterien für die [X.]nnahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich dabei grundsätzlich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft (§ 18 [X.]bs. 4 Satz 2 EStG, s. z.[X.]. [X.]FH-Urteile vom 10.10.2012 - VIII R 42/10, [X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79; vom 08.04.2008 - VIII R 73/05, [X.]FHE 221, 238, [X.] 2008, 681, m.w.N.). Die Merkmale der [X.] und des [X.]s können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein (z.[X.]. [X.]FH-Urteil vom 10.10.2012 - VIII R 42/10 [X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79). [X.]llerdings müssen beide Merkmale vorliegen. [X.]ei [X.]bweichungen von der Regelausprägung kann ein stark ausgeprägtes Initiativrecht ein schwach ausgeprägtes [X.] ausgleichen. Ob beide Merkmale vorliegen und ob gegebenenfalls eine solche Kompensation eines schwächer ausgeprägten Merkmals vorliegt, ist unter [X.]erücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen. Die für die Entscheidung über die Mitunternehmerstellung erforderliche Gesamtwürdigung obliegt in erster Linie dem [X.] als Tatsacheninstanz. Sie ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar ([X.]FH-Urteile vom 10.10.2012 - VIII R 42/10, [X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79; vom 25.04.2006 - VIII R 74/03, [X.]FHE 213, 358, [X.] 2006, 595; vom 17.05.2006 - VIII R 21/04, [X.]FH/NV 2006, 1839, jeweils m.w.N.).

bb) Wie der [X.]FH mehrfach entschieden hat, trägt der persönlich haftende Gesellschafter (Komplementär) in einer kapitalistisch organisierten [X.] wegen seines [X.] ein [X.] und zwar selbst dann, wenn ihm kein Gewinnanteil und kein [X.]nteil am Kapital der Gesellschaft (einschließlich einer [X.]eteiligung an den stillen Reserven) zusteht und er im Innenverhältnis von der Haftung freigestellt wird. Ist neben einer (vermögenslosen) Komplementär-GmbH eine natürliche Person weiterer Komplementär und ist deshalb bei wirtschaftlicher [X.]etrachtung die vorrangige Inanspruchnahme dieses Komplementärs durch Gläubiger der Klägerin wahrscheinlich, spricht dieses faktisch reduzierte Risiko der Inanspruchnahme im [X.]ußenverhältnis ebenfalls nicht gegen das Tragen von [X.] der [X.] Es genügt, dass sich aus der Sicht der Komplementär-GmbH eine Inanspruchnahme im [X.]ußenverhältnis abstrakt weder ganz noch teilweise ausschließen lässt ([X.]FH-Urteile vom 11.06.1985 - VIII R 252/80, [X.]FHE 144, 357, [X.] 1987, 33, unter 2.b [Rz 16]; vom 10.10.2012 - VIII R 42/10, [X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79, Rz 25, 26).

cc) Hat die fehlende [X.]eteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens bei einer Komplementär-GmbH zur Folge, dass sich das Unternehmerrisiko auf eine unbeschränkte Haftung für die Schulden der [X.] begrenzt und damit die [X.] an das Vorliegen mitunternehmerischen Risikos nicht erfüllt werden, kann und muss das schwach ausgeprägte [X.] durch eine besondere [X.]usprägung der Mitunternehmerinitiativrechte kompensiert werden ([X.]FH-Urteile vom 25.04.2006 - VIII R 74/03, [X.]FHE 213, 358, [X.] 2006, 595, unter [X.] [Rz 22]; vom 01.07.2010 - IV R 100/06, [X.]FH/NV 2010, 2056; vom 22.08.2002 - IV R 6/01, [X.]FH/NV 2003, 36, m.w.N.; vom 11.12.1990 - VIII R 122/86, [X.]FHE 163, 346). Zu den [X.]nforderungen an ausreichend stark ausgeprägte (kompensierende) Mitunternehmerinitiativrechte einer Komplementär-GmbH hat der [X.]FH unter anderem die folgenden Grundsätze aufgestellt.

aaa) Für eine Komplementär-GmbH, die alleinige Vollhafterin einer [X.] ist und nicht am Gewinn, Verlust und den stillen Reserven beteiligt ist, hat der Senat im [X.]FH-Urteil vom 10.10.2012 - VIII R 42/10 ([X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79) das Vorliegen ausreichend ausgeprägter Mitunternehmerinitiativrechte bejaht, wenn die Komplementär-GmbH die Kontroll-, Widerspruchs- und Informationsrechte ausüben kann, die einem Kommanditisten nach dem Handelsgesetzbuch (HG[X.]) zustehen (vgl. §§ 161 [X.]bs. 2, 118, 164, 166 HG[X.], dazu [X.]FH-Urteil vom 11.10.1988 - VIII R 328/83, [X.]FHE 155, 514, [X.] 1989, 762, unter 1. [Rz 18]) und sie im [X.]ußenverhältnis vertretungsbefugt ist. Dies gilt selbst dann, wenn eine solche Komplementär-GmbH von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist und über kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der [X.] verfügt ([X.]FH-Urteile vom 10.10.2012 - VIII R 42/10, [X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79; vom 08.04.2008 - VIII R 73/05, [X.]FHE 221, 238, [X.] 2008, 681, unter II.2.d [Rz 36]; auch [X.]FH-Urteil vom 01.08.1996 - VIII R 12/94, [X.]FHE 181, 423, [X.] 1997, 272, unter II.2.d [Rz 46]; zustimmend [X.], [X.] 2013, 284, 285; [X.], juris Praxisreport-Steuerrecht 5/2013 [X.]nm. 1; kritisch [X.], [X.] 2013, 163, 163: problematisches Sonderrecht für die Mitunternehmerstellung einer Komplementär-GmbH).

bbb) Haften mehrere Gesellschafter als Komplementäre persönlich unbeschränkt für die Schulden einer [X.], so liegen besonders stark ausgeprägte (kompensierende) Mitunternehmerinitiativrechte der Komplementär-GmbH vor, wenn ihr eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis und Einzelvertretungsmacht eingeräumt wird (vgl. [X.]FH-Urteil vom 25.04.2006 - VIII R 74/03, [X.]FHE 213, 358, [X.] 2006, 595, unter [X.] [Rz 22]). Ebenso genügt es für ausreichend ausgeprägte besondere Mitunternehmerinitiativrechte, wenn einem einzelnen Komplementär eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis und ein Widerspruchsrecht gegen Geschäftsführungsmaßnahmen des anderen unbeschränkt haftenden und vertretungsberechtigten Gesellschafters (§ 161 [X.]bs. 2 i.V.m. § 114, § 115 HG[X.]) zustehen (vgl. [X.]FH-Urteile vom 25.04.2006 - VIII R 74/03, [X.]FHE 213, 358, [X.] 2006, 595, unter [X.] und I[X.] [Rz 22, 25] mit Verweis auf [X.]FH-Urteil vom 16.12.2003 - VIII R 6/93, [X.]FH/NV 2004, 1080, unter 2.e bb [Rz 31, 32]; vom 09.02.1999 - VIII R 43/98, [X.]FH/NV 1999, 1196, unter 1.a bis 1.a cc [Rz 15 bis 18]; zum Widerspruchsrecht s. § 161 [X.]bs. 2, § 114 [X.]bs. 1, § 115 [X.]bs. 1 HG[X.], dazu [X.] in [X.]/[X.], [X.]. [X.], 5. [X.]ufl., § 52 Rz 1).

b) Wäre die [X.]eigeladene nach diesen Vorgaben Mitunternehmerin der Klägerin, wären die Voraussetzungen für eine Erzielung und Feststellung von Einkünften aus selbständiger [X.]rbeit nicht erfüllt.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]FH entfaltet eine Personengesellschaft nur dann eine Tätigkeit, die die [X.]usübung eines freien [X.]erufs im Sinne von § 18 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien [X.]erufs erfüllen, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personengesellschaft selbst, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden. Das Handeln der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und damit das Handeln der Gesellschaft darf kein Element einer nicht freiberuflichen Tätigkeit enthalten. Das bedeutet, dass jeder Gesellschafter als Steuerpflichtiger die Hauptmerkmale des freien [X.]erufs in eigener Person positiv erfüllen muss; er muss über die persönliche [X.]erufsqualifikation verfügen und eine freiberufliche Tätigkeit, zu deren [X.]usübung er persönlich qualifiziert ist, tatsächlich auch entfalten. Erfüllt auch nur einer der Gesellschafter diese Voraussetzungen nicht, so erzielen alle Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der schädlichen [X.]eteiligung eines [X.]erufsfremden gleichgestellt ist die mitunternehmerische [X.]eteiligung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft im Sinne des § 1 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.], da diese gemäß § 8 [X.]bs. 2 [X.] keine freiberuflichen Einkünfte beziehen kann, selbst wenn sie durch ihre Organe, insbesondere durch ihre Geschäftsführer, der [X.]rt nach ausschließlich freiberuflich tätig ist und sowohl diese als auch sämtliche Gesellschafter die persönliche Qualifikation für eine freiberufliche Tätigkeit besitzen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf seine [X.]egründung in den [X.] vom 08.04.2008 - VIII R 73/05, ([X.]FHE 221, 238, [X.] 2008, 681) und vom 10.10.2012 - VIII R 42/10 ([X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79, jeweils m.w.N.) [X.]ezug.

bb) Die zu § 15 [X.]bs. 3 Nr. 1 Satz 1 [X.]lternative 1 und § 15 [X.]bs. 3 Nr. 1 Satz 2 [X.]lternative 1 EStG und auch im Verlustfall für die sogenannte Seitwärtsabfärbung von der [X.]FH-Rechtsprechung entwickelte absolute und relative [X.]agatellgrenze (vgl. [X.]FH-Urteil vom 30.06.2022 - IV R 42/19, [X.], 42, [X.] 2023, 118, m.w.N.) ist im Fall des Erzielens auch geringfügiger gewerblicher Einkünfte wegen eines [X.] Mitunternehmers nicht anwendbar. Denn in diesem Fall ist der Tatbestand des § 18 EStG nicht erfüllt, sodass eine [X.]bweichung vom Grundtatbestand des § 15 [X.]bs. 2 Satz 1 EStG wegen des Erzielens freiberuflicher Einkünfte nicht in [X.]etracht kommt ([X.]FH-Urteile vom 10.10.2012 - VIII R 42/10, [X.]FHE 238, 444, [X.] 2013, 79, Rz 30; vom 04.08.2020 - VIII R 24/17, [X.], 310, [X.] 2021, 81, Rz 22).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 31/20

05.09.2023

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 26. November 2020, Az: 9 K 2236/18 F, Urteil

§ 48 Abs 1 Nr 1 FGO, § 48 Abs 1 Nr 3 FGO, § 60 Abs 3 FGO, § 155 FGO, § 239 Abs 1 ZPO, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, § 15 Abs 3 Nr 1 EStG 2009, § 18 Abs 4 S 2 EStG 2009, EStG VZ 2016, § 57 Nr 3 FGO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 8 Abs 2 KStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.09.2023, Az. VIII R 31/20 (REWIS RS 2023, 9086)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9086

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